Kapitel 2 Das Recht der privaten und gesetzlichen Krankenversicherung inklusive Vertragsarztrecht (von Dr. Rainer Hess)
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- Helga Graf
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1 Inhaltsübersicht Kapitel 1 Verfassungs- und europarechtliche Grundlagen des Medizinrechts (von Prof. Dr. Helge Sodan ) Kapitel 2 Das Recht der privaten und gesetzlichen Krankenversicherung inklusive Vertragsarztrecht (von Dr. Rainer Hess) Kapitel 3 Zahnärztliches Berufs- und Vertragsrecht (von Dr. Thomas Muschallik) Kapitel 4 Das Recht der medizinischen Behandlung (von Dr. Frank Wenzel, Pprof. Dr. Gerd Geilen) Kapitel 5 Die Haftpflichtversicherung von Arzt und Krankenhausträger (von prof. Dr. Christian Katzenmeier, Philipp Brennecke, Christian Lutterbeck, Patrick Weidinger) Kapitel 6 Außergerichtliche Streitbeilegung durch ärztliche Gütestellen (von Dr. Heinz-Dieter Laum) Kapitel 7 Das arzthaftungsrechtliche Mandat (von Dr. Frank Wenzel, Rainer Rosenberger, Jan Luckey, Lothar Jaeger, Frank H. Langen) Kapitel 8 Pflegeversicherung (von Prof. Dr. Peter Udsching) Kapitel 9 Berufsrecht der Heilberufe (von Prof. Dr. Jörg-Dietrich Hoppe, Horst Dieter Schirmer, Arno Zurstraßen) Kapitel 10 Vertrags- und Gesellschaftsrecht der Heilberufe (von Dr. Hansjörg Haack) Kapitel 11 Vergütungsrecht der Heilberufe (von Renate Hess, Dr. Marlis Hübner, Dr. Thomas Clemens, Dr. Gernot Steinhilper, Prof. Dr. Hermann Plagemann) Kapitel 12 Krankenhausrecht (von Prof. Dr. Michael Quaas) Kapitel 13 Arbeitsrecht im Krankenhaus und in der Arztpraxis (von Boris Hörle, Martin Steinmeister)
2 Kapitel 14 Grundzüge des Arzneimittelrechts Kapitel 15 Grundzüge des Medizinprodukterechts Kapitel 16 Grundzüge des Apothekenrechts Kapitel 17 Grundzüge des Heilmittelwerberechts Kapitel 18 Einführung in das österreichische Medizinrecht (von Prof. Dr. Erwin Bernat) Kapitel 19 Die Haftung des Arztes in der Schweiz (von Prof. Dr. Walter Fellmann) Kapitel 20 Lexikon der wichtigsten medizinischen Begriffe (von Prof. Dr. Wolfgang Eisenmenger)
3 Kapitel 7 B. Der Haftungsprozess I. Einführung 298 Der Arzthaftungsprozess findet selbstverständlich nach Maßgabe und innerhalb der Regeln der Zivilprozessordnung statt. Allerdings ist nicht zu verkennen, dass sich der vermeintlich oder tatsächlich durch eine ärztliche Behandlungsmaßnahme vermeidbar geschädigte Patient wegen der Komplexität und Vielschichtigkeit der betroffenen Rechtsmaterie mehr noch als in anderen Spezialrechtsgebieten (man denke etwa an das Baurecht) erheblichen praktischen Problemen bei der Anspruchsdurchsetzung ausgesetzt sieht. Das beginnt bei der Erfassung und nachvollziehbaren Darstellung des rechtlich relevanten Sachverhalts, setzt sich fort bei der Konkretisierung der dem Behandler vorzuwerfenden Pflichtverletzung und mündet schließlich in die Schwierigkeit, sachdienliche, zielführende Anträge zu stellen und die während der prozessualen Auseinandersetzung zutage tretenden (Beweis-) Ergebnisse kritisch zu würdigen sowie daraus die richtigen Konsequenzen zu ziehen (z. B. Gutachtenkritik und die Art und Weise ihrer prozessualen Geltendmachung). Im Mittelpunkt steht zweifellos die strukturelle Unterlegenheit des Patienten gegenüber dem überlegenen Fachwissen des Behandlers, die zum einen eine ausgleichende Verfahrensgestaltung des Gerichts erfordert, um überhaupt ein faires Verfahren zu gewährleisten (Stichwort: Waffengleichheit) 340) und zum anderen zu einer Verminderung der Anforderungen an die Vortragslast des Patienten führen muss. 341) Darüber hinaus ist das Gericht deshalb von Amts wegen in erhöhtem Maße zur Aufklärung des medizinischen Sachverhalts und Erteilung von Hinweisen ( 139 ZPO) verpflichtet. 342) 340) 341) 342) BVerfG NJW 1979, BGH NJW 2004, BGH NJW 1991, 1541 in st. Rspr.
4 Kapitel 11 Vergütungsrecht der Heilberufe C. Die Pflicht zur persönlichen Leistungserbringung in der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung I. Der Vertragsarzt als Freiberufler Der Vertragsarzt betreibt kein Gewerbe, sondern ist freiberuflich tätig. Der Begriff»freiberuflich«ist nicht konturenscharf und daher kaum justitiabel. 267) Er erweckt bei Vertragsärzten den Eindruck weitgehender Freiheit von Regulierungen, Vorgaben und Kontrollen; sie vergleichen sich gerne mit anderen Freiberuflern (insbes. Rechtsanwälten), für die der Grundsatz der persönlichen Leistungserbringung nicht gilt. Für Vertragsärzte gilt jedoch die Pflicht zur persönlichen Leistungserbringung. 268) Anders ist die Situation im Krankenhaus. Der Patient hat dort keinen Anspruch auf die Behandlung durch einen von ihm vorher ausgewählten Arzt. Nach dem Dienstplan des Krankenhauses wird ihm ein entsprechender Arzt für die Betreuung zugeordnet (Ausnahme: wahlärztliche Leistungen außerhalb der gesetzlichen Krankenversicherung 269) ). II. Rechtsgrundlagen des Grundsatzes der persönlichen Leistungserbringung 335 Der Grundsatz der persönlichen Leistungserbringung ist in folgenden Normen verankert: SGB V Zulassungsverordnung-Ärzte (Ärzte-ZV) Bundesmantelverträge (Ärzte und Ersatzkassen) Einheitlicher Bewertungsmaßstab (EBM) Musterberufsordnung-Ärzte (MBO) BGB ( 611 ff.) als Grundlage für den Behandlungsvertrag zwischen Arzt und Patient 1. SGB V a) Arztvorbehalt ( 15 Abs. 1 SGB V) Nach dieser Vorschrift wird»ärztliche oder zahnärztliche Behandlung... von Ärzten oder Zahnärzten erbracht«. Ausnahmen sind in Satz 2 formuliert:»sind Hilfeleistungen anderer Personen erforderlich, dürfen sie nur erbracht werden, wenn sie vom Arzt angeordnet oder von ihm verantwortet werden«. Der Gesetzgeber fordert also, dass der Vertragsarzt seine ärztlichen Leistungen grundsätzlich selbst erbringt. 270) Entsprechend hoch ist auch das ärztliche Honorar. Delegationen sind z. T. zulässig. Der Umfang der Delegationsmöglichkeit ist im Gesetz jedoch nicht immer näher geregelt. b) Behandlungsanspruch ( 28 Abs. 1 SGB V) 338 Nach 28 Abs. 1 SGB X hat der GKV-Patient einen Anspruch auf die»tätigkeit des Arztes, die zur Verhütung, Früherkennung und Behandlung von Krankheiten nach den Regeln der ärztlichen Kunst ausreichend und zweckmäßig ist«. Auch hier wird der Grundsatz durch Ausnahmen durchbrochen. Nach Satz 2 zählen zur ärztlichen Behandlung auch die»hilfeleistungen anderer Personen, die von dem Arzt angeordnet und von ihm zu verantworten ist«. Der Arzt darf sich also in nicht näher bestimmtem Umfang der Mitwirkung Dritter bedienen. 267) 268) 269) 270) Das BVerfG ist dem weitgehend gefolgt (BVerfGE 11, 30); s. auch NJW 1963, 1667 und BVerfG MedR 2004, 680; Sodan, NJW 2003, 257; Quaas MedR 2001, 34 u. Weiß NZS 2005, 67. Zu diesem Grundsatz s. Gitter/Köhler, Der Grundsatz der persönlichen Leistungserbringung, 1989; Köhler/Fleischmann, Der Grundsatz der persönlichen Leistungserbringungspflicht, 1991; Peikert, MedR 2000, 353; Steinhilper, Persönliche Leistungserbringung in der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung, in: Halbe/Schirmer (Hrsg.): Handbuch Kooperationen im Gesundheitswesen, Beitrag E 1200; ders., Persönliche Leistungserbringung, in: Rieger/Dahm/Steinhilper (Hrsg.), HK-AKM, Heidelberg 2008, Beitrag Nr. 4060; Hartmannsgruber, Die Verpflichtung zur persönlichen Leistungserbringung, in: Ratzel/Luxenburger (Hrsg.), Handbuch Medizinrecht, Bonn 2008, 7 (Vertragsarztrecht), Rdnrn. 201ff. S. beispielhaft Miebach/Patt, NJW 2000, Den Arztvorbehalt im Gesetz hat das BSG ausdrücklich bestätigt (BSG E 38, 73; 48 47). Erg. s. BVerfG 78, 155; MedR 1989, 135.
5 2. Zulassungsverordnung- Ärzte ( 32 Ärzte-ZV) Am deutlichsten umschreibt die Ärzte-ZV die Pflicht zur persönlichen Leistungserbringung:»Der Vertragsarzt hat die vertragsärztliche Tätigkeit persönlich in freier Praxis auszuüben«( 32 Abs. 1 Satz 1 Ärzte-ZV 271) ); folgende Ausnahmen sind vorgesehen: Vertretung eines Vertragsarztes bei dessen Krankheit, Urlaub oder Teilnahme an ärztlicher Fortbildung oder an einer Wehrübung ( 32 Abs. 1 Satz 2 Ärzte-ZV), Beschäftigung von Weiterbildungs- oder Entlastungsassistenten ( 32 Abs. 2 Ärzte-ZV i.v. m. 3 Abs. 3 Ärzte-ZV), Beschäftigung von angestellten Ärzten (ganztags oder halbtags) nach Job-Sharing ( 95 Abs. 9 Satz 1, 101 Abs. 1 Nr. 5 SGB V i.v. m. Angestellte-Ärzte-Richtlinien) ohne Anrechnung auf die Bedarfsplanung, Beschäftigung von angestellten Ärzten nach 32 b Ärzte-ZV (i. d. F. v bis ) unter Anrechnung auf die Bedarfsplanung; so auch wieder ab (s. VÄndG), im jeweiligen KV-Bezirk zulässig durch landesrechtliche Umsetzung der MBO, Beschäftigung von angestellten Ärzten in Medizinischen Versorgungszentren 272) (MVZ) ( 95 Abs. 2 SGB V). 3. Bundesmantelverträge und Einheitlicher Bewertungsmaßstab Abs. 1 Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ärzte) = 14 Abs. 1 Bundesmantelvertrag-EK (BMV-EK), jeweils idf vom ; DÄBl. 2007, S. A 3431; s. zuvor DÄBl. 2007, S. A- 1684) normiert zunächst den Grundsatz der persönlichen Leistungserbringungspflicht und umschreibt sodann Ausnahmen, insbesondere für die Apparategemeinschaft ( 15 Abs. 3 BMV-Ärzte = 14 Abs. 2 BMV-EK ) und für Laborleistungen ( 25 BMV-Ärzte = 28 BMV-EK ). 14a BMV-Ärzte regelt (als Folge der Liberalisierungen nach dem VÄndG) ergänzend die Voraussetzungen für die persönliche Leitung einer Vertragsarztpraxis mit angestellten Ärzten ( s. dazu die Definition in 1a Nr. 25 BMV-Ärzte). Geregelt sind auch die Anforderungen an die vertragsärztliche Tätigkeit an weiteren Orten ( 15a BMV-Ärzte ivm 24 Abs. 3 Ärzte-ZV). Nach 1a Nr. 24 BMV-Ärzte bedeutet persönliche Leistungserbringung: die durch gesetzliche und vertragliche Bestimmungen näher geregelte Verpflichtung des Vertragsarztes bzw. angestellten Arztes zur unmittelbaren Erbringung der vorgesehenen medizinischen Leistungen, auch im Rahmen zulässiger Delegation. Zum war in Ziffer 2.2 der allgemeinen Bestimmungen des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes (EBM) erstmals normiert worden:»eine Leistung ist nur berechnungsfähig, wenn der an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Arzt die Tätigkeit gem. 15 und 25 BMV-Ä bzw. 14 und 28 BMV-EK persönlich ausübt; auch muss der Leistungsinhalt vollständig erbracht sein (Ziffer 2.1).«4. Musterberufsordnung-Ärzte (MBO) 343 Für den privatärztlichen Bereich ergeben sich der Grundsatz der persönlichen Leistungserbringungspflicht sowie die Ausnahmen aus 38 Abs. 1 Satz 1 MBO sowie 1 Abs. 1 Sätze 2 und 3 MBO. 273) Durch die Beschlüsse des Deutschen Ärztetages im Mai ) wurden ärztliche Kooperationsmöglichkeiten erweitert, nachdem durch das Gesundheitsmodernisierungsgesetz 275) (GMG) Krankenhäuser für die ambulante Versorgung geöffnet ( 116 a bis 119 SGB V) und den Medizinischen Versorgungszentren ( 95 Abs. 1 SGB V) Erleichterungen bei der Organisation des Praxisablaufes und der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung zugestanden wurden. Auch der Grundsatz der persönlichen Leistungserbringung wurde dabei liberalisiert:»in Fällen, in denen der Behandlungsauftrag der Patienten oder des Patienten regelmäßig nur von Ärztinnen und Ärzten verschiedener Fachgebiete gemeinschaftlich durchgeführt werden kann, darf eine Fachärztin oder ein Facharzt als Praxisinhaberin oder Praxisinhaber die für sie oder ihn fachgebietsfremde ärztliche Leistung auch durch eine angestellte Fachärztin oder einen angestellten Facharzt eines anderen Fachgebietes erbringen«( 19 Abs. 2 MBO). Diese Vorschrift wurde in den meisten Berufsordnungen der Länder übernommen 276) und entfaltet dadurch unmittelbare rechtliche Wirkung. 271) 272) 273) 274) 275) 276) Zur Ärzte-ZV s. die Kommentare von Schallen, Zulassungsverordnung für Vertragsärzte, Vertragzahnärzte, Medizinische Versorgungszentren, Psychotherapeuten, 6. Aufl., St. Augustin 2008 und von Bäune/Meschke/Rothfuß, Kommentar zur Zulassungsverordnung für Vertragsärzte und Vertragszahnärzte, Berlin Zu angestellten Ärzten im MVZ s. sehr ausführlich und übersichtlich Möller GesR 2004, 456. I. d. F. v (DÄBl. 1997, S. A-2354 = NJW 1997, 3076). DÄBl. 2004, S. A Zu den berufsrechtlichen Auswirkungen s. Ratzel/Lippert MedR 2004, 525, ferner Ratzel ZMGR 2005, 143 und Ratzel/Lippert, Kommentar zur MBO der deutschen Ärzte, 4.Aufl. 2006; erg. s. Koch GesR 2005, 241. Vom (BGBl. I, S 2190); in Kraft seit Vergl. Ratzel ZMGR 2005, 143; erg. s. Ratzel/Lippert aao.
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