Das neue Versicherungsvertragsgesetz ist am 1. Januar 2008 in Kraft getreten
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1 Das neue Versicherungsvertragsgesetz ist am 1. Januar 2008 in Kraft getreten Das am 5. Juli 2007 vom Bundestag verabschiedete Gesetz zur Reform des Versicherungsvertragsrechtes (VVG) novelliert das Versicherungsvertragsgesetz aus dem Jahr 1908 grundlegend. Es ist am 1. Januar 2008 in Kraft getreten und gilt für die nach diesem Zeitpunkt geschlossenen Verträge sowie für zu diesem Zeitpunkt bereits laufenden Verträge ab dem 1. Januar Ziele sind insbesondere Verbraucherschutz und Transparenz. Das Gesetz sieht neue Regelungen zur Laufzeit von Verträgen, zu Beratung und Information des Versicherungsnehmers, zu Widerrufs-, Rücktritts- und Kündigungsrechten und zur Pflichtversicherung vor. Darüber hinaus wird das Recht der Lebensversicherung modernisiert. Im Folgenden geben wir Ihnen einen Überblick über die wichtigsten Neuregelungen. Beratung, Information und Widerrufsrecht, 6 ff. VVG Die Vorschriften der 6 und 7 VVG regeln, wie der Versicherer den Versicherungsnehmer vor Abschluss eines Vertrages beraten und informieren muss. Im Rahmen der Beratung nach 6 VVG muss der Versicherer den Versicherungsnehmer nach seinen Wünschen und Bedürfnissen befragen und in angemessenem Umfang beraten sowie die Gründe für einen erteilten Rat angeben. Das entsprechende Beratungsgespräch ist zu dokumentieren und dem Versicherungsnehmer vor Vertragsschluss klar und verständlich in Textform zu übermitteln. Der Versicherungsnehmer kann auf Beratung und Dokumentation verzichten. Dieser Verzicht ist allerdings zu seinem Schutz nur wirksam, wenn er durch gesonderte schriftliche Erklärung erfolgt und der Versicherer den Versicherungsnehmer vorher ausdrücklich auf die Folgen eines Verzichts (wie zum Beispiel Beweisschwierigkeiten im Rahmen eines Prozesses) hingewiesen hat. Beispiel: Möchte ein Autofahrer eine Vollkaskoversicherung für einen Urlaub in einem nichteuropäischen Land abschließen und wird ihm, z.b. weil der Vermittler nicht gefragt hat, ein Vertrag vermittelt, der nur für Europa gilt, ist der Vermittler wegen falscher Beratung schadensersatzpflichtig. Wird der Vertrag über einen angestellten Vertreter einer Versicherung abgeschlossen, hat der Versicherer den Schaden zu ersetzen. Der Beratungsfehler kann über die Dokumentation, die dem Versicherungsnehmer zu übermitteln ist, festgestellt werden. Nach 7 VVG hat der Versicherer dem Versicherungsnehmer rechtzeitig vor Abgabe von dessen Vertragserklärung seine Vertragsbestimmungen einschließlich der Allgemeinen Versicherungsbedingungen mitzuteilen. Diese Mitteilungspflicht umfasst darüber hinaus weitere Informationen, die in der -ebenfalls zum 1. Januar 2008 in Kraft getretenen "Verordnung über Informationspflichten bei Versicherungsverträgen" (VVG-InfoV) geregelt werden. Dabei sind die Mitteilungen in einer dem eingesetzten Kommunikationsmittel entsprechenden Weise klar und verständlich zu übermitteln. Es ist daher nicht mehr zulässig, erst mit dem Versicherungsschein sämtliche Vertragsunterlagen zu übersenden. Der Versicherungsnehmer hat nach 8 VVG das Recht, seine Vertragserklärung innerhalb von zwei Wochen ohne Angabe von Gründen zu widerrufen. Das Widerrufsrecht galt bisher nur bei Fernab-
2 satzverträgen und für Verbraucher, zukünftig bei allen Vertriebswegen und für alle Versicherungsnehmer (auch Freiberufler, Gewerbetreibende und Handwerker). Die Widerrufsfrist beginnt zu laufen, wenn dem Versicherungsnehmer Versicherungsschein, Vertragsbedingungen einschließlich der Allgemeinen Vertragsbedingungen und die weiteren Informationen aus der VVG-InfoV sowie eine deutlich gestaltete Belehrung über das Widerrufsrecht und die Rechtsfolgen des Widerrufs übermittelt worden sind. Anzeigepflicht des Versicherungsnehmers, 19 VVG Der Versicherungsnehmer muss nach 19 Abs. 1 VVG dem Versicherer vor Vertragsschluss nur noch die ihm bekannten Gefahrumstände anzeigen, nach denen der Versicherer in Textform explizit gefragt hat. Alle anderen Umstände werden von der Anzeigepflicht nicht mehr erfasst. Das Risiko wird insofern auf den Versicherer verlagert. Beispiel: Wohnungseigentümer A gibt bei Abschluss einer Hausratversicherung nicht an, dass sich im Erdgeschoss des Hauses ein Hotel (mit der Folge erhöhten Publikumsverkehrs) befindet. Wird in seine Wohnung eingebrochen, kann sich die Versicherung auf diesen Umstand nur berufen, wenn sie den Versicherungsnehmer vor dem Vertragsschluss ausdrücklich danach gefragt hatte, ob sich in dem Haus Gewerbebetriebe befinden. Ein Rücktritt der Versicherung vom Vertrag kommt zudem nur dann in Betracht, wenn A die Existenz des Hotels vorsätzlich verschwiegen hatte. Vorzeitige Vertragsbeendigung, 39 VVG Wird das Versicherungsverhältnis vor Ablauf der Versicherungsperiode beendet, muss der Versicherungsnehmer die vereinbarte Prämie nur noch bis zu dem Zeitpunkt zahlen, in dem Versicherungsschutz bestanden hat. Bislang schuldete er in diesem Fall die vollständige Prämie bis zum Ende der Vertragslaufzeit. Beispiel: Kündigt der Versicherer den Vertrag aufgrund Zahlungsverzugs des Versicherungsnehmers zum 1. Juli eines Jahres und endet die Versicherungsperiode am 31. Dezember dieses Jahres, so hat der Versicherungsnehmer nach geltendem Recht die Beiträge lediglich bis Ende Juni zu zahlen. Nach altem Recht hätte er bis einschließlich Dezember zahlen müssen. Interessenausgleich, Aufgabe des Alles-oder-nichts-Prinzips, 81, 82 VVG Der Versicherer ist nur noch bei vorsätzlicher Herbeiführung des Versicherungsfalls durch den Versicherungsnehmer von seiner Leistungspflicht befreit. Das bisher geltende Alles-oder-Nichts-Prinzip, nach dem sämtliche Ansprüche des Versicherten ausgeschlossen waren, sobald ihn ein Mitverschulden traf, fällt weg. Vielmehr ist der Versicherer berechtigt, den Anspruch des Versicherten in einem der Schwere des Mitverschuldens entsprechenden Verhältnis zu kürzen. Beispiel: Ein Versicherungsnehmer verlässt für mehrere Stunden sein Haus; ein von der Straße aus nicht einsehbares Erdgeschossfenster steht in Kippstellung. Es wird eingebrochen. Dieses Verhalten kann als grob fahrlässig anzusehen sein, so dass nach altem Recht die Hausratversicherung von einer Zahlungspflicht befreit gewesen wäre. Ab dem 1. Januar 2008 wird sie unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls (Verschuldensanteil des Versicherungsnehmers) zumindest eine Quote leisten müssen.
3 Direktanspruch bei Pflicht- und Haftpflichtversicherungen, 115 VVG Der bislang nur im Rahmen der Kfz-Haftpflichtversicherung bestehende Direktanspruch des Geschädigten gegen den Versicherer wird ausgedehnt. Ein Dritter kann nach 115 Abs. 1 VVG seinen Anspruch auf Schadenersatz auch gegen den Versicherer geltend machen, wenn es sich um eine Haftpflichtversicherung zur Erfüllung einer nach dem Pflichtversicherungsgesetz bestehenden Versicherungspflicht handelt, der Versicherungsnehmer insolvent ist oder der Aufenthaltsort des Versicherungsnehmers unbekannt ist. Beispiel: Ein Mandant verliert einen Schadensersatzprozess gegen seinen Anspruchsgegner durch fehlerhaftes Handeln seines Rechtsanwaltes. Er verlangt Schadensersatz von seinem Rechtsanwalt. Über das Vermögen des Anwaltes wurde ein Insolvenzverfahren eröffnet. Der Mandant kann nach neuem Recht direkt die Berufshaftpflichtversicherung des Anwaltes in Anspruch nehmen und ggf. auf Schadensersatz verklagen. Klagefrist Die Klagefrist ist ersatzlos weggefallen. Bisher musste der Versicherungsnehmer nach 12 Abs. 3 VVG seinen Anspruch auf die Versicherungsleistung innerhalb von sechs Monaten geltend machen, nachdem der Versicherer die Leistung schriftlich abgelehnt hat. Lebensversicherung, 150 ff. VVG Die Lebensversicherung ist inzwischen ein bedeutendes Instrument der privaten Altersvorsorge. Auch hier ist die Stellung des Versicherungsnehmers durch das neue VVG gestärkt worden. Der Anspruch auf Überschussbeteiligung ist gesetzlich verankert. Dem Versicherungsnehmer steht nach 153 VVG eine Beteiligung an dem Überschuss und an den Bewertungsreserven zu. Dabei soll der Versicherungsnehmer nach den Vorgaben aus dem Urteil des Bundesverfassungsgericht vom 26. Juli 2005 auch an den noch nicht realisierten Gewinnen (sog. stille Reserven) beteiligt werden, soweit sie durch seine Beiträge erzielt worden sind. Die Versicherungsunternehmen haben danach die stillen Reserven offen zu legen und den Versicherungsnehmer jährlich über den auf ihn entfallenden Teil zu unterrichten. Die Hälfte davon, soweit mit den Beträgen des Versicherungsnehmers erwirtschaftet, ist diesem bei Beendigung des Vertrags auszuzahlen. Die andere Hälfte verbleibt dem Versicherer zur Erhaltung von Reserven zum Ausgleich von Wertschwankungen. Ferner sind Versicherungsnehmer darüber zu unterrichten, welche Leistungen zu erwarten sind. Dafür hat der Versicherer nach 154 VVG dem Versicherungsnehmer eine Modellrechnung zu übermitteln, bei der die Ablaufleistung unter bestimmten Bedingungen, unter anderem mit drei verschiedenen Zinssätzen, darstellen. Der Rückkaufswert der Lebensversicherung ist nach 169 VVG künftig nach dem Deckungskapital der Versicherung zu berechnen. Dies gilt auch bei vorzeitiger Beendigung des Vertrages. Der Rückkaufswert ist das nach anerkannten Regeln der Versicherungsmathematik berechnete Deckungskapital der Versicherung, bei einer Kündigung des Versicherungsverhältnisses jedoch mindestens der
4 Betrag des Deckungskapitals, das sich bei gleichmäßiger Verteilung der angesetzten Abschluss- und Vertriebskosten auf die ersten fünf Jahre ergibt. Mit dieser Regelung lässt sich der Rückkaufswert im Einzelfall klar bestimmen. Bei vorzeitiger Kündigung werden die Abschlusskosten der Lebensversicherung auf die ersten 5 Vertragsjahre verteilt. Vorbild ist insoweit das Modell der Riester-Rente. Der Rückkaufswert fällt damit in den ersten Jahren höher aus. Weil die gezahlten Prämien bisher zunächst und zwar häufig in den ersten zwei Vertragsjahren mit den Abschlusskosten des Vertrages verrechnet werden, erhält der Versicherungsnehmer derzeit in der Regel keinen oder nur einen sehr geringen Rückkaufswert, wenn der Vertrag frühzeitig beendet wird. Auch dies gilt für ab dem 1. Januar 2008 neu abgeschlossene Verträge. Beispiel: Ein 30 Jahre alter Versicherungsnehmer schließt eine Kapitallebensversicherung mit einer Laufzeit von 35 Jahren und einem Jahresbeitrag von ab. Kündigt der Versicherungsnehmer nach einem Jahr, so erhielt er nach bislang geltendem Recht vor der genannten Entscheidung des Bundesgerichtshofes keinen Rückkaufswert. Nach der Neuregelung und der dort vorgesehenen Verteilung der Abschlusskosten auf die ersten fünf Jahre beträgt der Rückkaufswert ca. 560,00. (Dabei wird Folgendes angenommen: Die Verwaltungskosten betragen 8 % vom Jahresbeitrag, die Abschlusskosten 4 % der Beitragssumme ohne Berücksichtigung eines weiteren Stornoabzugs. Ferner wurde die Sterbetafel der Deutschen Aktuarvereinigung e.v. (DAV) von 1994 mit 2,75 % Rechnungszins zugrunde gelegt.) Stand: Januar 2012 Hinweis: Dieses Merkblatt soll - als Service Ihrer IHK Köln - nur erste Hinweise geben und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Obwohl es mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt wurde, kann eine Haftung für die inhaltliche Richtigkeit nicht übernommen werden. Ansprechpartnerinnen: Silvia Hilger Tel Fax silvia.hilger@koeln.ihk.de Kathrin Hüschelrath Tel Fax kathrin.hueschelrath@koeln.ihk.de Industrie- und Handelskammer zu Köln Unter Sachsenhausen Köln
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