Bachmuschelprojekt NRW - Kartierungshilfe

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1 Bachmuschelprojekt NRW - Kartierungshilfe Leere Muschelschalen: Am häufigsten dürften bei Begehungen am Gewässer Funde von leeren Muschelschalen sein. Dabei lohnt in jedem Fall ein etwas genauerer Blick. Handelt es sich um relativ dünne Schalen, die im Bereich des Gelenks zur Verbindung der Schalenhälften (= Ligament) keine Zähne aufweisen, können Muscheln der Gattung Unio ausgeschlossen werden. Es handelt sich dann häufig um Teichmuscheln. Sind aber die Schalen dickwandig und stabil und deutliche Zähne ausgebildet, kann der Puls gerne schon mal ein paar Schläge zulegen: Es könnte sich um Schalen der Bachmuschel, der Großen Flussmuschel oder der Malermuschel handeln. Anhand von Bestimmungshilfen ist bei größeren und vollständigen Schalen dann meistens eine exakte Bestimmung durchführbar (Link Bestimmungsschlüssel). Dünnwandige Schale einer Gemeinen Teichmuschel ohne Zähne (links) und dickwandige Schale einer Bachmuschel mit typischen Zähnen im Bereich des Ligamentes (rechts, rote Pfeile) Leider ist es nicht sicher möglich, anhand von Schalenfunden zu sagen, wann das Tier gelebt hat. Schalen, die über lange Zeit im Sediment vergraben waren und z. B. im Rahmen von Gewässerrenaturierungen oder durch eigendynamische Veränderung des Gewässers frei gespült werden, sehen oft erstaunlich frisch aus. Das heißt, dass die bräunlich gefärbte Haut, die die kalkige Schale umschließt, glänzend und unverletzt sein kann, obwohl das Tier schon viele Jahre tot ist. Trotzdem sind Fundort und Fundumstände in jedem Fall wichtig, um eine bessere Wissensgrundlage über die Bachmuschel zu bekommen. Manchmal gibt es beim Suchen von Muschelschalen unerwartete Hilfe. So konnten an einem Nebengewässer der Lippe nach Unterhaltungs- und Mäharbeiten im abgelagerten Räumgut zahlreiche Leerschalen, aber auch sogar noch lebende Tiere gefunden werden, die dann wieder in den Bach zurück gesetzt werden konnten. Es lohnt sich also, nach solchen Unterhaltungsarbeiten einmal ganz genau hin zu schauen. 1

2 Schalenfunde der Bachmuschel aus dem Sediment des Boker Kanals (links) und Muschelfriedhof auf der Bachsohle vor einem Bisambau (rechts) Nebengewässer der Lippe nach Einsatz eines Mähkorbes. Zahlreiche Leerschalen, aber auch lebende Muscheln wurden mit dem Räumgut aus dem Gewässer geschleudert. Regelmäßig kommt es auch vor, dass Bisame, die sich sonst ganz überwiegend eher vegetarisch ernähren, in ihren Gewässerabschnitten lebende Muscheln ausgraben, in die Nähe ihres Baues transportieren und dort das Muschelfleisch fressen. Die Schalen können sich dann als auffällige Spuren regelrecht anhäufen. So konnten über 70 Bachmuschelschalen vor einem Bisambau an einem Nebengewässer der Lippe gezählt werden (was dort natürlich Anlass für eine stärkere Bisam-Bejagung gewesen ist). 2

3 Werden Leerschalen mit Verdacht auf Bachmuschel-Zugehörigkeit im Gelände gefunden, kann ein Fotobeleg für die Nachbestimmung ausreichend sein, wenn die Fotos eine Mindestqualität aufweisen: seitliches Gesamtfoto einer Schalenhälfte mit definiertem Größenvergleich (z. B. Euromünze), Detailfotos der Zähne. Nicht vergessen: In jedem Fall sollte ein Foto vom Fundort, das einen Eindruck vom jeweiligen Gewässerlebensraum vermittelt, angefertigt werden! Falls eine Bestimmung vor Ort oder/und die Anfertigung geeigneter Fotos zu schwierig sein sollten, können die Schalen auch an die angegebene Kontaktadresse geschickt werden. Dabei müssen die Schalen in Papier, Watte oder Luftpolsterfolie einzeln vorverpackt und zum Schluss in einen stabilen Karton gegeben werden, der beim Transport nicht seitlich zusammen gedrückt werden kann. Beim Versenden bitte immer den entsprechenden Meldebogen (Link nach Fertigstellung) mitschicken. Sammlung von Schalen der Bachmuschel aus einem Nebengewässer der Lippe Wichtig: Bachmuscheln sind durch europäisches Recht und das Bundesnaturschutzgesetz streng geschützt. Es ist verboten, lebende Muscheln aus den Gewässern zu entnehmen oder zu stören. Das gilt auch für die Mitarbeiter bei diesem Projekt. Selbst Leerschalen dürfen eigentlich nicht eingesammelt werden. Im Rahmen des laufenden Bachmuschelprojektes des LfV wurde mit den für Artenschutz zuständigen Fachbehörden eine befristete Ausnahme vereinbart. Aufgrund der großen Bedeutung der zu klärenden Fragen für den Erhalt der Bachmuschel dürfen ausnahmsweise Leerschalen zum Zwecke der genauen Bestimmung gesammelt werden. 3

4 Bachmuscheln kommen nicht nur in besonders naturnahen Gewässern vor. Dieser begradigte und regelmäßig unterhaltene Bach beherbergt eine sich fortpflanzende Population von Unio crassus. Ein Lebensraumfoto bei Muschelfunden bitte nicht vergessen! Spuren auf der Gewässersohle Was vielleicht nicht jeder weiß: Muscheln können sich auf der Gewässersohle bewegen. Dabei strecken sie einen muskulösen Fuß aus, mit dem sie sich im Substrat verankern. Durch Zusammenziehen des Muskels kommen sie dann Stück für Stück voran. Und das gar nicht mal so langsam! Bis zu 2 m Wegstrecke pro Stunde wurden schon beobachtet. Bei sandigen oder lehmigen Substraten hinterlassen Muscheln bei der Fortbewegung charakteristische Spuren. Wie ein kleiner Pflug zeihen sie durch die Gewässersohle. Bachmuschel mit ausgestrecktem hellen Fuß (links) und typische Muschelspuren am Gewässergrund (rechts) 4

5 Leider ist es nicht möglich, anhand der Fußspuren auf der Gewässersohle die genaue Muschelart zu bestimmen. Oft helfen bei solchen Spuren aber zusätzliche Fotos der sie verursachenden Muscheln, die zumindest teilweise aus dem Substrat herausragen (s. Foto oben). Lebende Tiere dürfen auch zur besseren Bestimmung nicht ohne besondere Genehmigung aus dem Gewässer entnommen werden. Häufig kommen allerdings mehrere Indizien für einen Bachmuschelverdacht zusammen. Wenn ihre Leerschalen sicher nachgewiesen wurden, eventuell Bisame Muscheln gefressen und Schalen zusammengetragen haben oder auch noch Fortbewegungsspuren zu beobachten sind, wird es höchste Zeit unter der angegebenen Kontaktadresse die Experten zu informieren. Gezielte Nachsuche mit speziellen Hilfsmitteln Es gibt immer wieder einmal Anlässe, in Gewässern mit speziellen Hilfsmitteln und Methoden nach Muscheln zu suchen. Beispielsweise sind manchmal Sanierungsmaßnahmen an Brücken und Durchlässen im Bereich von Gewässern mit Bachmuschelpopulationen nötig. Dann sollte der Eingriffsbereich vorher abgesucht und gefundenen Tiere an sichere Stellen umgesiedelt werden. Auch zur Abklärung von Verdachtsfällen (z. B. aufgrund von Schalenfunden und Kriechspuren) sollten spezielle Untersuchungen durchgeführt werden. Bei kleineren Gewässern kann dazu ein sogenanntes Ankersuchrohr oder ein Glasbodeneimer verwendet werden. Dadurch werden Lichtreflektionen an der Gewässeroberfläche vermieden. Der Betrachtungsabstand wird verringert, so dass mehr Details deutlich werden. Trotzdem ist es nicht leicht, die z. T. eingegrabenen Muscheln zu finden. Oft sind die Tiere durch Sedimente bedeckt und durch Algen und Verkrustungen überwachsen. Nur die Ein- und Ausstromöffnungen sind auffällig. Man benötigt viel Erfahrung und ein klares Suchbild. Bei größeren Gewässern wie der Lippe muss im Zweifelsfall getaucht werden. Einsatz eines Suchrohres im Boker Kanal mit Zusatzlicht (links) und Taucheinsatz in der Lippe (rechts) 5

6 Bachmuschel auf dem Grund des Boker Kanals (links) und in der Kiessohle der Lippe (rechts, Foto Ferlemann) Bachmuscheln auf dem Grund des Boker Kanals Geöffnete Ein- und Ausstromöffnungen einer Bachmuschel 6