Der Dritte Bildungsweg
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- Wilhelmine Kohler
- vor 8 Jahren
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1 Der Dritte Bildungsweg Dr. Walburga Freitag Werkstattgespräch der Hans-Böckler-Stiftung, Dritter Bildungsweg und Akkreditierung, 09./ , Düsseldorf 1
2 Gliederung 1. Hintergrund und Grundlagen 2. Entwicklungen seit Bedeutung der KMK-Beschlüsse und Länderregelungen 4. Der Fall Niedersachsen 5. Studienerfolg, Soziale Herkunft, Selektivität, Geschlechtsspezifische Aspekte 6. KMK-Beschluss von 2009 und seine Bedeutung 7. Forschung und Berichtssysteme 8. Forschungsdesiderate 2
3 1. Hintergrund und Grundlagen Expertise Zweiter und Dritter Bildungsweg in die Hochschule - Forschungsstand und Forschungsbedarfe. Systematisierung von Publikationen zwischen 1959 und 2011, Identifizierung von Diskurssträngen und Skizze der aktuellen Lage. Dritter Bildungsweg als Thema im Rahmen der Wissenschaftlichen Begleitung ANKOM Stellungnahme für eine Anhörung im Landtag NRW 2009 Liste der Fortbildungen, die zum Hochschulzugang berechtigen 3
4 2. Entwicklungen seit 1948 rechtliche Ebene 1948 erste Gesetzliche Regelungen der Länder zum Hochschulzugang von besonders befähigten Beruflich Qualifizierten. 1959: KMK-Vereinbarung über den Hochschulzugang von besonders befähigten Berufstätigen, letzte Änderung 2010 Seit den 1960er Jahren in Niedersachsen und seit den 1980er Jahren in anderen Bundesländern: Regelungen für beruflich Qualifizierte, z.t. als Meisterparagraphen bezeichnet. 2009: KMK-Beschluss: Hochschulzugang für beruflich qualifizierte Bewerber ohne schulische Hochschulzugangsberechtigung. 4
5 Statistisches Bundesamt drei Dritte Bildungswege 1. Besonders befähigte Berufstätige die Begabtenprüfung 2. Studienberechtigung ohne formale Hochschulreife künstlerisch Begabte 3. Beruflich Qualifizierte 5
6 Publikationen & Forschungsarbeiten - Dritter Bildungsweg 1959 bis heute Prolog: Auseinandersetzung der Erwachsenenbildung um die Bedeutung von Maßnahmen, die dem zweiten Bildungsweg ähneln. Stichworte: Auftrag der VHS, Entwicklung von Bildungswerken etc. Erste Forschungs- u. Publikationswelle: Studien der Oldenburger Bildungsforschung 1982ff., auf Niedersachsen konzentriert; Zweite Welle: 1992ff. BIBB Stellungnahmen, Studien und Befragungen, Meisterstudium und Evaluationen dieser Option. Dritte Welle 2009ff.: BLK-Bericht zum Hochschulzugang; Politische Stellungnahmen, Arbeitspapier vom CHE und Stellungnahme für Landtag NRW vom HIS. 6
7 Effekte der Länderregelungen bis 2009 Heterogene Landesregelungen; von Hochschulen in der Regel nicht praktiziert; große Unterschiede zwischen Hochschulen und Fächern; Zulassung zu einem konkreten Studiengang; hochschulgebunden. Quantitativ: 2009 weniger als 1% der Studienanfänger/innen aufgrund DBW; Universitäten ca. 0,6% und Fachhochschulen ca. 1,6% (StatBu). Große Unterschiede zwischen den Ländern: von fast 3% in Berlin bis 0,4% im Saarland. 7
8 4. Der Fall Niedersachsen Seit den späten 1960er Jahren existierten Regelungen zum Hochschulzugang ohne Abitur in Reaktion auf Lehrermangel (Niedersachsen) Zunächst nur für Pädagogische Hochschulen (1976: 27% der Studienanfänger/innen auf dem DBW). Ab 1971 für alle Wissenschaftlichen Hochschulen (PH und Uni) (1980: Uni Lüneburg: 32%, Uni Oldenburg: 16%, Uni Osnabrück 13% und Uni Göttingen 2%) Ab 1985 auch für die Fachhochschulen 8
9 Der Fall Niedersachsen (II) Vorbereitung durch Zulassungskurse, auch Z-Kurse genannt. Durchgeführt von der VHS oder Arbeit & Leben Abendkurse: vier Abende die Woche je 4 Stunden über zwei Semester zur Vorbereitung auf den allgemeinen Teil der Prüfung. Insgesamt nahezu 600 Stunden! Hinzu kommen die Vorbereitungen für den fachspezifischen Teil. 9
10 Forschungsprojekte in Niedersachsen Eine einzige repräsentative und vergleichend angelegte Studie, Schulenberg et al. (1986): Beruf und Studium. Studienerfahrungen und Studienerfolg von Berufstätigen ohne Reifezeugnis. Oldenburg. Ergebnis: Studierfähigkeit von Studierenden des DBW ist gleich gut wie die von Studierenden des EBW und ZBW. Das Ergebnis wird durch eine Studie von Richter (1995) bestätigt; Studierende der Psychologie an Uni Osnabrück. Unklar: welche Bedeutung hat der Z-Kurs? Wie hoch ist die Selektivität durch den Z-Kurs? 10
11 5. Studierfähigkeit, Soziale Herkunft, Selektivität Das Thema Studierfähigkeit dominiert die gesamte Forschung zum DBW; Themen wie Kritikpotential des DBW, Anpassung oder Entfremdung haben wenig Platz. Soziale Herkunft: Studierende des DBW kommen aus Sozialschichten, die sonst an der HS unterrepräsentiert sind (Isserstedt 1994); für die letzten zwanzig Jahre keine Aussage möglich. Selektivität: wenig beforscht; für Schleswig- Holstein sehr hohe Selektivität nachgewiesen (Schroeter 1998). 11
12 Selektivität am Beispiel Schleswig- Holsteins Bereits 1991 rechtliche Regelung, dass Beruflich Qualifizierte durch ein Eignungsgespräch oder auf dem Weg es Probestudiums für Studiengänge an Universitäten und Fachhochschulen bewerben können. Nach Gesetzeinführung: 800 Nachfragen, für WS 92/93 48 Zugangsberechtigungen ausgestellt. 1996: nur noch 75 Nachfragen, für WS 96/97 vier Zugangsberechtigungen erteilt. Zwischen 1992 und 1997 wurden 150 Berechtigungen erteilt, 99 Personen begannen ein Studium, davon ein Drittel an der privaten AKAD. 25% brachen das Studium noch im Befragungszeitraum ab. (Schroeter 1998) 12
13 Geschlechtsspezifische Aspekte (Oldenburger Befragungen) Schulenberg et al. 1986: 52% der Studierenden des DBW sind weiblich, 42% Erster BW DBW als Chance für Frauen (Reibstein 1990) Unterschiedlicher beruflicher Sozialstatus trotz gleicher Schulabschlüsse: 75% der Frauen im Vergleich zu 35% der Männer einfache und mittlere Angestellte. Frauen häufiger als Männer mit akademisch qualifizierten Partnern zusammen. Bildungsaspiration des Elternhauses bei Frauen geringer als bei Männern. 13
14 Geschlechtsspezifische Aspekte (Oldenburger Befragungen) Frauen häufiger fachschulisch qualifiziert als Männer 40% der Frauen kamen aus typischen Frauenberufen, schlecht bezahlt, Sackgassen Unterschiedliche Studienfachwahlen Unterschiedliche Studienverwertungsinteressen. Berufliche Verbesserung ist Männern wichtiger als Frauen. 14
15 Geschlechtsspezifische Aspekte DBW als Chance für Frauen: Mythos, basiert auf der Hochschulstruktur Niedersachsens. Bundesweite Erhebungen zeigen eine Unterrepräsentanz von Frauen im Vergleich zu Männern (ca. 40%/60%). Studierende des DBW werden als besonders fleißig, lernbereit, anpassungsfähig etc. beschrieben. Diskussion um Arbeitstugenden der Frauen in der Geschlechterforschung. 15
16 6. KMK-Beschluss von 2009 und seine Bedeutung Vereinbarung einheitlicher Kriterien auf der Plenarsitzung der Kultusministerkonferenz im März 2009 in Stralsund. Gruppe 1 Fortbildungsabsolventen: Erwerb der allgemeinen Hochschulzugangsberechtigung Gruppe 2 Ausbildungsabsolventen mit dreijähriger Berufserfahrung: Hochschulzugang zu fachlich affinen Studiengängen an Universitäten und Fachhochschulen nach einem Eignungsfeststellungsverfahren 16
17 Bedeutung für die Absolvent(inn)en der Gruppe 1: Aufstiegsfortbildungen Hochschulzugang für alle Studiengänge Zugang zu Universitäten und Fachhochschulen Zugang nicht mehr an die Frage der Affinität zwischen Aus- oder Weiterbildung und Studium geknüpft ohne Prüfung Nachweis der Berufstätigkeit entfällt 17
18 Bedeutung für die Absolvent(inn)en der Gruppe 2: Ausbildung und Berufspraxis Zugang zu Universitäten und Fachhochschulen Zugang weiterhin an der Frage der Affinität zwischen Ausbildung und Studium geknüpft Eignungsfeststellungsprüfung das Mindestalter, der in einigen Bundesländern geforderte Nachweis von mehr als drei Jahren Berufspraxis, der Nachweis von Mindestdurchschnittsnoten und die Landeskinderregelung entfallen 18
19 Deutsche Studienanfänger/innen DBW Vergleich 2009 und 2010 Daten des Statistischen Bundesamtes Universitäten 0,6% 1,9% Fachhochschulen 2,5% 2,5% Gesamt 1,4% 2,1% 19
20 Zahl der DBW-Studienanfänger/innen in NRW (Quelle: Wissenschaftsministerium NRW auf der Grundlage einer Befragung der Hochschulen) WS WS 09/10 10/11 Universitäten Der Hochschulzugang für beruflich Qualifizierte hat zu einem Run auf die Fernuniversität in Hagen geführt. FernUni Hagen Fachhochschulen
21 Qualitative und quantitative Effekte Die Umsetzung ist zur Aufgabe der Hochschulen gemacht worden. Der Hochschulzugang für beruflich Qualifizierte wurde in Zielvereinbarungen zwischen Ländern und Hochschulen aufgenommen. Die quantitativen Effekte gehen zu einem großen Teil auf den enormen Anstieg an der Fernuni zurück. 21
22 7. Forschung und Berichtssysteme Der Gegenstand Dritter Bildungsweg, Öffnung der Hochschule, Durchlässigkeit ist bisher nicht systematisch wissenschaftlich verankert. Fehlende Journale, fehlende Forschungspublikation Kein Thema bei der Studienberatungsliteratur Mangelnde Quellenkritik Mangelnde Methodenkritik Mangelnde Rezensionskultur Forschung HS-Bildung und Soziale Ungleichheit fokussiert auf Normalstudierende 22
23 Forschung und Berichtssysteme Gerechtigkeitsdimension Migrationshintergrund wird gar nicht thematisiert Qualitative Forschung hat Seltenheitswert Bester Datenlieferant: Statistische Bundesamt 23
24 8. Forschungsdesiderate Die Umsetzung in den Ländern wissenschaftlich begleiten (Ausnahme RPL). Erhebung über Eignungsfeststellungsverfahren im Hochschul- und Ländervergleich: Reproduktion des Bildungskanon Abitur? Geschlechtspez. Aspekte? Erhebungen über die Phase von der Interessenbekundung bis zur Prüfung und Immatrikulation. Beschreibung und Erhebung von Selektivität, Entwicklung eines Selektionsmodells 24
25 Forschungsdesiderate (II) Bei zulassungsbeschränkten Studiengängen: Auswirkung der Gleichstellung der Abschlussnoten Weiterbildung mit dem Abitur Wie weit verbreitet ist die NRW-Regelung für Medizinische Studiengänge: Prüfung oder Note 4,0 Bearbeitung der Fragen der Affinität: wie wird sie bestimmt welche Studiengänge werden als fachlich affin eingeordnet welche Unterschiede gibt es zwischen Hochschulen und Bundesländern. 25
26 Forschungsdesiderate (III) Erhebung über die Lern- und Studienkulturen des Studierenden des DBWs (Fach- u. Hochschulspezifisch). Erhebung über Nutzung des Sozialen Raumes Hochschule, Zuweisung von Räumen, Gatekeeping durch Hochschullehrende. Bedeutung des Typus und der Größe der Hochschule für Studierende des Dritten Bildungswegs. Qualitative Forschung über Bildungsbiographien, Bildungsaspiration etc. etc. etc. 26
27 Danke für Ihre Aufmerksamkeit! Kontakt: Mail: Fon: Web: 27
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