Tücken bei der Auflösung oder beim Abschluss von Anschlussverträgen
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- Joseph Schräder
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1 Berufliche Vorsorge und die öffentliche Hand Herausforderungen und Klippen Tücken bei der Auflösung oder beim Abschluss von Anschlussverträgen Stephan Wyss Leiter Vorsorgeberatung Zürich lic. oec. HSG, eidg. dipl. Finanzanalytiker, eidg. dipl. Pensionsversicherungsexperte, Präsident der Schweiz. Kammer der Pensionskassen-Experten Zürich,
2 Rechtsbeziehungen Arbeitgeber (AG) Anschlussvertrag (AV) (Art. 11 BVG, MitwGesetz) Vorsorgeeinrichtung (VE) Arbeitnehmer (AN) Hat ein AG keine "eigene" VE, muss er sich mittels AV einer Sammelstiftung oder einer Gemeinschaftseinrichtung anschliessen, ansonsten Zwangsanschluss durch AHV-Ausgleichskasse an Auffangeinrichtung (vgl. Art. 11 Abs. 6 BVG) 2
3 Anschluss von AG an eine VE Stiftungsurkunde (privatrechtliche VE) bzw. öffentlicher Erlass (öffentlichrechtliche VE) legt Kreis der potenziellen angeschlossenen AG fest, z.b. wirtschaftlich oder finanziell eng verbundene Arbeitgeber AG, die öffentliche Aufgaben im Kanton erfüllen Oberstes Organ entscheidet über die Aufnahme von neuen AG Anschluss muss im Einverständnis mit dem Personal oder der allfälligen Arbeitnehmervertretung erfolgen Durch den Anschluss eines neuen AG müssen die erworbenen Rechte der Destinatäre gewahrt werden ("keine" Deckungsgradverwässerung) 3
4 Wichtigste Inhalte von AV AV = Innominatvertrag, d.h. keine spezifischen gesetzlichen Vorgaben AG verpflichtet sich u.a. die heutigen und zukünftigen Reglemente der VE anzuerkennen sein (sämtliches) Personal entsprechend der VE zu melden bzw. bei ihr versichern zu lassen die reglementarischen Beiträge fristgerecht zu bezahlten VE verpflichtet sich, die berufliche Vorsorge für das Personal des AG entsprechend dem BVG und den Reglementen durchzuführen Wichtig: Regelung der Kündigungsbedingungen und "Schicksal" der Rentner bei Kündigung 4
5 Sammel- vs. Gemeinschaftseinrichtung Sammeleinrichtung Gemeinschaftseinrichtung Vorsorgewerk A (DG 102%) Vorsorgewerk B (DG 96%) Vorsorgewerk C (DG 107%) Personal AG A Personal AG B Personal AG C Deckungsgrad 101% Bei einer Gemeinschaftseinrichtung (z.b. BVK) gibt es Solidaritäten zwischen den einzelnen angeschlossenen AG AV und Anschlussbedingungen sollten (müssen?) einheitlich sein Bei Sammelstiftungen sind kundenspezifische Regelungen möglich 5
6 Anschluss an VE bzw. Wechsel der VE Voraussetzungen Einhaltung der Kündigungsfrist (meist 6-12 Monate und nur per Ende Kalenderjahr möglich) Je nach Regelung des bisherigen AV kann dieser erst aufgelöst werden, wenn neue VE bestätigt hat, dass sie die Rentner zu den gleichen Bedingungen übernimmt (Art. 53e Abs. 4 bis BVG): Laufende und anwartschaftliche Leistungen gleich Aber: Anspruch auf Teuerungsanpassungen, falls bish. VE dies gewährt? Einverständnis des Personals oder der allfälligen AN-Vertretung erforderlich Voraussetzungen in der Praxis immer erfüllt? "Wo kein Kläger, da kein Richter" 6
7 Wechsel VE: Einverständnis Personal I/II (Art. 11 Abs. 2 und 3 bis BVG, in Kraft seit und ) Zustimmung der AN als Bestandteil der sozialpartnerschaftlichen Parität: Oberstes Organ kann Wechsel der VE nicht alleine beschliessen AN-Stiftungsräte AN-Vertretung! Mitwirkung = Information, Anhörung und Mitbestimmung der AN AN-Vertretung gemäss Mitwirkungsgesetz vorhanden? Falls Ja: AN-Vertretung stimmt über Wechsel ab Falls Nein: Personal muss sich selbst organisieren; grundsätzlich muss in diesem Fall die Mehrheit des Personals zustimmen 7
8 Wechsel VE: Einverständnis Personal II/II (Art. 11 Abs. 2 und 3 bis BVG, in Kraft seit und ) Keine Mitbestimmung der Rentner (aber Information); problematisch? Falls keine Einigung neutraler Schiedsrichter, ggf. Aufsichtsbehörde Art. 11 BVG nur im obligatorischen Bereich anwendbar! Aber: Umhüllende VE kann kaum getrennt werden Keine Mitsprache bei "Zwangsanschlüssen" (teilweise bei öff-re VE) 8
9 Folgen einer Kündigung des AV? Teilliquidation ausgelöst? Aktive Versicherte: Je nach Deckungsgrad: Partizipation an Unterdeckung oder an freien Mitteln Rückstellungen und Wertschwankungsreserven werden kollektiv an neue VE überwiesen Rentner Laufende Rente unbeeinflusst, aber: Verbleib oder Austritt (Preis?) Regelung im AV? Aktive Versicherte: Unabhängig vom Deckungsgrad werden die Austrittsleistungen zu 100% an die neue VE überwiesen Rentner Laufende Rente unbeeinflusst, aber: Verbleib oder Austritt (Preis?) Regelung im AV? 9
10 Alte AV: Rentnerverbleib als Regelfall Weil auf Vorsorgekapital Rentner "nur" Nominalrendite von rund 4.5% erzielt werden muss, waren Rentner früher ein Geschäft AV hatten oft keine Regelung ( Rentnerverbleib) oder sahen explizit vor, dass Rentner bei Austritt in der VE verbleiben 7.0% Renditen der 10-jährigen Bundesobligationen 6.0% 5.0% 4.0% 3.0% 2.0% Die Zeiten haben sich geändert! 1.0% 0.0% 10
11 Problemfall 1 Ausgangslage Bestehende AV sehen bei Kündigung den Verbleib der Rentner in der VE vor VE weist eine erhebliche Unterdeckung aus und muss von AN und AG Sanierungsbeiträge erheben Es gibt Anzeichen, dass angeschlossene AG den Austritt in Erwägung ziehen Was kann die VE tun? 11
12 Problemfall 1 Dammbruch ist mit allen Mitteln zu vermeiden, denn die Behebung der Unterdeckung der Rentner der austretenden AG fällt auf die Bleiber Neues Reglement / Gesetz, wonach Rentner bei Austritt ausfinanziert werden müssen? Rechtlich nur erlaubt, wenn a.o. Kündigungsrecht zu bisherigen Konditionen ermöglicht wird Überzeugungsarbeit: Gespräche suchen und Appell an AG zu Bekenntnis zur Kasse ("Zwar San.massnahmen, in Vergangenheit haben Anschlüsse dafür von (zu) günstigen Bedingungen profitiert") Falls möglich einen Anreiz zum Verbleib bieten, wie BVK Schlechte Verhandlungsposition; Fehler bei neuen AV nicht wiederholen 12
13 Neuer einheitlicher AV der BVK Muss von angeschlossenen AG bis unterzeichnet werden Sonst, d.h. bei Kündigung oder Nichtunterzeichnung: Austritt bis spätestens zwingend mit Ausfinanzierung der Aktiven Versicherten und Zurücklassen der Rentner bei der BVK gemäss bisherigem AV Mindestdauer neuer AV = 5 Jahre + Rechtzeitige Unterzeichnung ist Voraussetzung für Partizipation an Einlage von CHF 2 Mrd. durch Zürcher Steuerzahler Bei späterem Austritt aus der BVK müssen Rentner auf neue VE transferiert werden 13
14 Behandlung Rentner im Austrittsfall regeln (Art. 53e BVG, in Kraft seit und ) Vorgaben des BVG: 1. AG kündigt den AV Regelung im AV massgebend Falls keine Regelung: AG und VE müssen sich einigen Falls keine Einigung: Rentner verbleiben bei der VE 2. VE kündigt den AV Möglichkeit: "Rentner treten grundsätzlich aus; oberstes Organ kann jedoch über Verbleib entscheiden, wenn diese zum Zinssatz xy% inkl. Wertschwankungsreserven ausfinanziert werden." AG und VE müssen sich einigen Falls keine Einigung: Rentner verbleiben bei der VE BVG-Regelung bezweckt den Schutz der Rentner 14
15 Problemfall 2 Ausgangslage Firma A kauft Firma B Firma A entlässt sogleich alle AN der ehemaligen Firma B am Standort X, stellt diese aber am Standort Y wieder ein (neuer Arbeitsvertrag mit Firma A) AV kann erst aufgelöst werden, wenn eine neue VE bestätigt hat, dass sie die Rentner zu den gleichen Bedingungen übernimmt AV sieht Rentnermitnahme vor. Wo liegt dennoch das Problem? 15
16 Problemfall 2 Die gekaufte Firma B muss den AV gar nicht kündigen! Firma A versichert die neuen Mitarbeitenden der ehemaligen Firma B bei der eigenen VE Gemäss Art. 53e BVG bleibt der AV mit der alten VE in Bezug auf die Rentner bestehen, aber Firma B wird liquidiert "Ausblutung", d.h. die bisherige VE hat nun einen reinen Rentneranschluss; im Sanierungsfall können weder von der liquidierten Firma B noch von der Firma A (keinen AV und keine Versicherten mehr in der alten VE) Sanierungsbeiträge erhoben werden Erfolgte Entsolidarisierung bei dieser Konstellation möglich, d.h. solche Fälle sind gemäss heutiger gesetzlicher Regelung nicht verhinderbar "Appell an die Vernunft und Solidarität" (frommer Wunsch?) 16
17 Checkliste bei Abschluss eines AV Falls Wechsel der VE: Liegt das Einverständnis des Personals vor? Welche Regelung sieht der AV bzgl. Behandlung der Rentner bei einem späteren Austritt vor? Legt der AV eine Mindestlaufdauer fest (bspw. BVK neu 5 Jahre)? (Gesetzliches Kündigungsrecht bei wesentlichen Änderungen gemäss Art. 53f BVG geht jedoch vor) Falls Einkauf in kollektive Mittel (Wertschwankungsreserven und Rückstellungen) verlangt: Besteht bei allfälligem späteren Austritt Einkauf grundsätzlich auch wieder Anspruch auf kollektive Mittel? Sieht der AV beim Austritt im Falle einer Unterdeckung eine Ausfinanzierungspflicht des AG vor? Wieso fällt Wahl auf VE X? Günstigste Offerte (dafür baldige Sanierung wahrscheinlich oder ungünstiges Aktiven-Rentner-Verhältnis)? 17
18 Fragen und Diskussion 18
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