Suchtentstehung und Suchtdynamik
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- Babette Heidrich
- vor 6 Jahren
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1 Dr. Rainer Eckert Seminarvortrag 30. & 31. Januar 2007 Das Goldstein Projekt Suchtentstehung und Suchtdynamik 1. Blickwinkel und Tendenzen 2. Süchtiges Verhalten, Suchtdynamiken, Suchtformen 3. Neurobiologische Bedingungen 4. Soziales Setting
2 Notwendigkeiten Sucht und Gewalt sind allgegenwärtig in unserer Gesellschaft. Sie sind alles andere als ein Kinder- und Jugendproblem. Die wesentlichen Tendenzen in allen seriösen Untersuchungen: Suchtgefährdungen: Zunahme riskanter Konsummuster Zunahme von Mischkonsum Sinkendes Einstiegsalter Gewalttendenzen: Zunahme riskanten Verhaltens Zunahme verschiedener Formen Sinkendes Einstiegsalter Mit Blick auf charakteristische Formen und Verhaltensweisen, mit Blick auf bestimmte Ursachen und die Dynamik der Entwicklung gibt es Übereinstimmungen zwischen Sucht- und Gewaltgefährdung, Allerdings sind Sucht und Gewalt keine identischen Phänomene. Man muss auch ihre wesentlichen Unterschiede beachten.
3 Ein Blick auf Sucht
4 Typische Aspekte von Suchtkarrieren Anfangsmuster Bitte überlegen Sie, Neugierde, Abenteuerlust Exalthiertheit, Langeweile Konflikte, Krisen Anreize Verfügbarkeit von Suchtmitteln Vorhandene günstige Gelegenheiten Cliquen, Anpassungsdruck an Gruppennormen Reize durch bewusste Regelverletzungen welche Aspekte auch auf Gewaltkarrieren zutreffen können, welche gemeinsamen Züge es geben kann, welche Unterschiede zu beachten sind. Basis fortgesetzter Suchtentwicklung Nicht bearbeitete, nicht bewältigte Konflikt- und Belastungssituationen Entwertung sozialer Beziehungen Tendenzen zu Selbstverletzung
5 Süchtiges Verhalten Jeder Mensch hat die Fähigkeit, süchtig zu werden. Jede Substanz, jede Verhaltensweise, die Menschen Wohlbefinden verschafft, kann zur Sucht führen Allgemein vorhersehbare Signale dafür, welcher Mensch unter welchen Bedingungen süchtig wird, gibt es nach heutigem Kenntnisstand nicht Süchtige wollen immer alles und immer sofort... haben keine Geduld, können schlecht warten... werden nervös, wenn Dinge nicht laufen... sind extrem konzentriert auf ihre Gegenwart... neigen zu übersteigertem Selbstmitleid... sind rücksichtslos gegenüber ihrer Umwelt... suchen stets "Schuldige" für eigene Misserfolge
6 Ein schleichender Prozess Sucht ist ein schleichender Prozess Sucht entwickelt sich manchmal über Jahrzehnte. Der Beginn einer Abhängigkeit ist fast immer unspektakulär. Gefährdet ist, wer regelmäßig ein Suchtmittel einsetzt, um cool zu sein, geachtet zu werden, ein respektierter Mitläufer oder Anführer zu sein um sich zu entspannen, anzuregen, zu trösten, zu belohnen um Gefühle wie Stress, Ärger, Wut, Enttäuschung, Verzweiflung, Trauer oder Langeweile besser aushalten zu können um schwierige Situationen "besser" zu bewältigen um die Unfähigkeit zu verdecken, Konflikte aktiv meistern zu können um schwaches Selbstbewusstsein und mangelndes Selbstwertgefühl zu überspielen um Scham und Schuldgefühle nicht spüren zu müssen
7 Definition von Sucht Sucht ist eine Krankheit: Zwanghaftes Verlangen nach psychoaktiven Substanzen oder nach Ausübung bestimmter Aktivitäten Wesentliche Merkmale: Tendenz zur steten Dosissteigerung Körperliche und / oder psychische Unfähigkeit zur Kontrolle der stets weiteren Zufuhr Auftreten körperlicher / psychischer Entzugserscheinungen bei Abbruch der Zufuhr Ausrichtung aller Aktivitäten auf die regelmäßige Beschaffung von Nachschub Vernachlässigung fast aller anderen Lebensäußerungen Tendenzen zu körperlichem, psychischem, sozialem und moralischem Verfall
8 Suchtformen Nicht stoffgebunde Süchte Stoffgebunde Süchte Legale Substanzen Gestörtes Essverhalten Arbeitssucht Kaufsucht Spielsucht Legale Spielsucht Illegale Spielsucht Mediensucht TV - Sucht PC Sucht Internetsucht Beziehungssucht Und andere mehr... Coffein Nikotin Alkohol Medikamente Taurin Und andere mehr... Illegale Substanzen Cannabis Kokain Synthetische Drogen LSD Heroin Und andere mehr...
9 Sucht ist multifaktoriell 1 Gesellschaftliche Faktoren Nationale / internationale Ökonomie Nationale / internationale Politik Vorherrschende ideologische Orientierungen Kulturelle Traditionen Gewaltcharakter der Gesellschaft Transparenz / Reale Partizipation Effektive Konfliktlösungsmöglichkeiten / Leistungsorientierung Lebenschancen Und andere mehr... Soziale (Klein-) Gruppenfaktoren Familie Schule, soziale Einrichtungen, Organisationen, Vereine Peer Groups (v.a. unter Jugendlichen) Und andere mehr...
10 Sucht ist multifaktoriell 2 Persönlichkeitsfaktoren Genetische Dispositionen Neurobiologische Dispositionen Pränatale und frühkindliche Entwicklungen Allgemeine Persönlichkeitsstrukturen Leistungsfähigkeiten Frustrationstoleranz Und andere mehr... Suchtmittel- und Suchtaktivitätsfaktoren Verfügbarkeit Art und Qualität Dosierung Gebrauchsdauer Und andere mehr...
11 Sucht als Aggression Sucht: Aggressive Verletzung eigener Gesundheit Sucht ist ein Ausdruck mangelnder Gesundheitsbalance: ein Versuch zur scheinbaren Bewältigung von Belastungen Sucht wird zu dem Problem, als dessen Lösung sie sich ausgibt Sucht: Aggressive Verletzung sozialer Beziehungen Jegliches süchtiges Verhalten [stoffgebunden oder nicht] schädigt, verletzt, zerstört soziale Beziehungen: Kind Eltern - Beziehung Freundschaften - Partnerschaften - Liebe Schule - Arbeit u.a.m.
12 Warum wird einer süchtig s? Beispiel Cannabis (Aufnahme von THC) 'Joint' (Lungenzug): Etwa 50 % Wasserpfeife (Lungenzug): Etwa 80 % der aufgenommenen THC Menge sind nach etwa 30 Minuten 'biologisch verfügbar' (resorbiert) Vom Körper aufgenommenes THC wird vom Blutkreislauf aufgenommen und rasch in alle Organe verteilt Die hohe Fettlöslichkeit von THC führt zur Akkumulation besonders in Geweben mit hohem Fettanteil zum leichten Eindringen ins Gehirn zum relativ langsamen Umsatz mit einer Eliminations - Halbwertzeit von 30 Stunden bis zu 4 Tagen
13 Halbwertzeit In Abhängigkeit vom Dosierungsintervall [im Verhältnis zur Halbwertzeit] und der Dosis kommt es selbst bei 'moderatem' Gebrauch zur Akkumulation der Substanz im Körper Einige Eliminations- Halbwertzeiten Nikotin 2 h Alkohol (0,2 l Bier) ca. 1 h (Linearer Abbau!) THC (Cannabis) 30 h 90 h Benzodiazepine bis zu 60 h (bei Älteren bis zu 10 d) Neben der Halbwertzeit ist die Herausbildung von Toleranzen entscheidend. Drei Mechanismen sind von besonderer Bedeutung
14 Metabolische Toleranz Die häufige / regelmäßige Anwesenheit einer Substanz im Körper kann dazu führen, dass in der Leber metabolisierende Enzyme verstärkt induziert werden dass damit der Abbau der Substanz schneller erfolgt als normal üblich dass damit eine höhere Zufuhr der Substanz für die gleiche Wirkung erforderlich ist Dies ist ein pharmakologischer Mechanismus der Toleranzbildung, der auf der Bewegung und Verteilung von Substanzen im Körper beruht.
15 Synapsen - Schema
16 Zusätzlicher Hinweis Substanz Rezeptor Schema Erläuterung * Der Rezeptor befindet sich auf einem Protein, das die Zellmembran durchzieht * Ein Typ-I-Agonist [AG 1]passt auf die Bindungsstelle für den endogenen Liganden * Ein Typ-II-Agonist [AG 2] bindet an eine benachbarte Stelle und beeinflusst [verstärkt] damit die Signalübertragung Reizleitung * Die Signalübertragung aktiviert intrazelluläre Vorgänge, die ohne Rezeptoraktivierung nicht stattfinden
17 Rezeptoradaption Die häufige / regelmäßige Anwesenheit einer Substanz im Körper kann dazu führen, dass die für die Substanz geeignete Rezeptoren ihre Anzahl erhöhen dass die Rezeptorempfindlichkeit für die Substanz abnimmt dass damit eine höhere Zufuhr der Substanz für die gleiche Wirkung erforderlich ist Dies ist ein pharmakologischer Mechanismus der Toleranzbildung, der auf der Wechselwirkung von Substanzen und Nervenzellen beruht.
18 Verhaltenskonditionierung Bedingte Reflexe (Konditionierte Reflexe) sind psychische Reaktionen, die unter bestimmten Bedingungen (Konditionen) auftreten Äußere Umstände des regelmäßigen Konsums einer Substanz können zu konditionierenden Reizen werden, die konditionierte Reaktionen hervorrufen Der soziale Kontext (das "Umfeld") des Konsums erfordert eine höhere Zufuhr der Substanz für die gleiche Wirkung Dies ist ein wesentlich verhaltenskonditionierter, d.h. ein sozialer Mechanismus der Toleranzbildung
19 Soziales Setting Drogen und Gelegenheiten für nicht-stoffgebundene Aktivitäten sind zu jeder Zeit an jedem Ort erhältlich, verfügbar (Familien, Freundeskreis, Parties, Vereine ) sind häufig akzeptiert im privaten und im öffentlichen Umfeld erfahren oft nur geringe Behinderungen durch Polizei und Justiz Quasi-Zustimmung durch soziale Schichten mit hohem Einfluss: in kulturellen Institutionen: (Lehrer / Journalisten / Künstler / Pfarrer / Sportler / Sozialarbeiter / Wissenschaftler ) in gesellschaftlichen Institutionen: (Politiker / Juristen / Mediziner )
20 Jugendliches Setting Vielfach besondere Wirkung auf Kinder und Jugendliche Relativ leicht erhältlich und relativ billig Bei zunächst mäßigem Konsum akut nur leichte Wirkungen Nur sehr langsame Akkumulation von Veränderungen und Problemen Viele Abläufe und Wirkungen ähneln zunächst, oft über lange Phasen "üblichen" Pubertäts Verhaltensweisen Oft stimmen sie überein mit bestimmten typisch kindlich jugendlichen Verhaltensmustern: Neugier / "Ausprobieren" Abenteuerlust / "Risikobereitschaft" Pflege von Heimlichkeiten [vor Eltern, Lehrern ]
21 Wie kann man weiterarbeiten? In der Lernplattform im Internet Das gesamte Projekt-Programm als Lernumgebung im Internet Offen für jeden Interessenten Nutzen Sie bitte auch das Projekt - Forum Kontakte: Evangelische Kita Katholische Kita Goldsteinschule Dr. Rainer Eckert
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