Sehr geehrte Damen und Herren!
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- Lioba Färber
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1 1 Sehr geehrte Damen und Herren! Herzlich willkommen im Landhaus, ich freue mich sehr darüber, dass die heurige Einladung zur Gedenkveranstaltung anlässlich des Internationalen Holocaust-Gedenktages am 27. Jänner von so vielen angenommen wurde. Seien Sie alle herzlich in unserer Landstube begrüßt. Wie immer darf ich auch einige Persönlichkeiten namentlich begrüßen: Begrüßungsliste
2 2 Sehr geehrte Damen und Herren! Am 27. Jänner 1945 erfolgte die Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz-Birkenau, im Jahr 2005 wurde dieser Tag von den Vereinten Nationen zum Internationalen Holocaust-Gedenktag erklärt. Die heutige Gedenkveranstaltung anlässlich dieses Tages, die nach 2016 und 2017 zum dritten Mal hier in der Landstube stattfindet, ist eine der drei Säulen der Initiative Lebendige Erinnerungskultur in der Steiermark. Die zweite Säule stellt auch heuer die wieder von Jugendlichen aus sieben steirischen Schulen gestaltete Ausstellung von Mai bis Anfang Juli hier im Landhaus dar. Sie nähert sich mit dem Jahresthema Schule 1938 an, indem sich die Jugendlichen der Frage stellen: Was will der Staat von der Schule? -
3 3 Die Jugendlichen werden dabei von Prof. Lamprecht von Erinnern.at und Dr. Halbrainer vom Verein CLIO begleitet, herzlichen Dank an Sie beide! Ich darf Sie alle bereits heute sehr herzlich zur feierlichen Eröffnung am 7. Mai 2018 einladen, die Einladung ergeht natürlich wie immer auch schriftlich an all jene, die die Initiative bereits unterstützen. Die dritte Säule ist die Verankerung der Initiative in der Gesellschaft und damit Sie, sehr geehrte Damen und Herren. Sie beziehen durch Ihr Hiersein Stellung und setzen sich für eine aktive Erinnerungsarbeit ein, die Ausdruck für eine liberale, gerechte und weltoffene Gesellschaft ist. Dafür danke ich Ihnen ganz herzlich bitte tragen Sie die Initiative auch weiter, sie bedarf noch vieler weiterer Unterstützungserklärungen. Auf der Homepage des Landtages ist alles dafür Notwendige bereit zum Herunterladen.
4 4 Eine lebendige Erinnerungskultur ist mir ein wahres Herzensanliegen. Zum einen aus meiner tiefen Überzeugung heraus, dass den Opfern ein niemals endendes Gedenken geschuldet ist. Zum anderen aus der tiefen Verantwortung für die Zukunft unserer Gesellschaft heraus. Genau diese Verantwortung bedingt ja ein stetes Reflektieren von historischen Fakten, auch wenn sie so unvorstellbar und dramatisch sind, dass man sie am liebsten ruhen lassen möchte. Mehr als 70 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges sind noch wenige Menschen unter uns, die das schreckliche NS-Regime und den damit verbundenen Holocaust selbst miterleben mussten. Hier gilt mein Dank noch einmal ganz speziell Frau Sibyl Urbancic dafür, dass sie sich dazu bereit erklärt haben, heute bei uns zu sein.
5 5 Die große Verantwortung der nach dem Krieg geborenen Generation, zu der ich ja auch zähle, ist es nun, den Übergang von individuellen persönlichen Erinnerungen zu einer Art gesellschaftlich kollektiven Erinnerung an die Ereignisse des letzten Jahrhunderts zu schaffen. Dies vor allem im Hinblick darauf, dass die gesellschafts- und machtpolitischen Mechanismen, die zu diesem menschlichen Versagen und damit zur humanitären Katastrophe geführt haben, wohl keine Spezifika des 20. Jahrhunderts waren, sondern jederzeit wieder auftreten könnten. Geschätzte Damen und Herren, Mit dem offiziellen Einmarsch der Nazis in Österreich im März 1938 viele von ihnen waren ja schon da - wurde in alle Lebensbereiche eingegriffen.
6 6 So war auch das Schulleben unmittelbar betroffen: jüdische Lehrerinnen und Lehrer wurden von den Schulen abgezogen, jüdische Kinder wurden in eigens gegründeten Schulen zusammengezogen, bevor sie gänzlich ausgeschlossen wurden. Lehrpläne und Schulbücher wurden entsprechend der nationalsozialistischen Weltanschauung abgeändert, so hieß es zb. in einem 1936 erschienenen Rechenbuch: Der Bau einer Irrenanstalt kostet etwa 6 Mill.RM. Wieviel Familien könnten dafür eine Wohnung erhalten? Oder ein weiteres geht ein auf die Kosten für Taube, Blinde, körperlich und geistig Behinderte. Es werden dann die Zahlen von geistig Behinderten, Tauben und Blinden sowie körperlich Behinderten genannt. Die daran anschließende Frage lautet: Wieviel erbgesunde Familien könnten bei durchschnittlicher Monatsmiete von 60 RM für diese Summe untergebracht werden?
7 7 So wurde schon bei Jugendlichen gezielt Hass geschürt. Vielen dürfte auch das von Baldur von Schirach geschriebene Fahnenlied Vorwärts! Vorwärts! Schmettern die hellen Fanfaren der Hitlerjugend bekannt sein, das an den Eliteschulen der Nazis wie den Nationalpolitischen Erziehungsanstalten oder den Adolf-Hitler-Schulen zum Einsatz kam. Einige Textstellen greife ich kurz heraus: Jugend! Jugend! Wir sind der Zukunft Soldaten. Träger der kommenden Taten. Führer, wir gehören dir! Wir marschieren für Hitler durch Nacht und durch Not. Mit der Fahne der Jugend für Freiheit und Brot usw. bis zur letzten Zeile: Die Fahne ist mehr als der Tod. Lieder in solch einem Zusammenhang sind regelmäßig dazu da, den Gemeinschaftssinn zu stärken. Dies sieht man nicht nur unzweifelhaft am Inhalt, sondern auch deren Inszenierung.
8 8 Mit anderen Worten: Gemeinschaftslieder sind auch Ausdruck der Ideologie einer Gruppe. Der Beweis für diesen Schluss lässt sich mit unzähligen Beispielen jederzeit führen. Wenn also aktuell eine Burschenschaft über ein Liedgut verfügt wie das unsägliche, das gerade äußert zweifelhaften Ruhm erlangt hat, dann wissen wir auch über Ansichten, Denkweisen und ideologische Fundamente dieser Gruppe Bescheid. Herr Landbauer hat mit Bekanntwerden des Liederbuches der Burschenschaft Germania unfreiwillig mit der Gesinnung seiner Gruppe auch seine eigene politische Heimat öffentlich gemacht. Die halbherzige Distanzierung bestätigt eher noch die Identifikation mit den Inhalten, als dass sie zu einer glaubhaften Abgrenzung beiträgt. Hier kann man es unserem Bundespräsidenten nicht übelnehmen, dass er die Landbauer sche Unkenntnis in Zweifel zieht.
9 9 Auch wenn uns hier das alles unvorstellbar, sozusagen wie aus einem schlechten Film erscheint: wir dürfen es uns nicht so leichtmachen und derartige Unvorstellbarkeiten einfach in das Reich der Absurditäten schieben. Der Mensch als Individuum neigt dazu, die Vergangenheit zu verklären frei nach dem Motto: früher war alles besser. Dies ist für den Einzelnen oft ein wichtiger Schutzschirm und ein oft praktizierter Umgang mit schmerzvollen Ereignissen des persönlichen Lebens, um ein Weiterleben zu ermöglichen. Eine Gesellschaft in ihrer Gesamtheit aber ist schlecht beraten, wenn sie beginnt ihre bittere und negative Geschichte zu vergessen, statt sie aufzuarbeiten und präsent zu behalten. Vom deutschen Politiker August Bebel stammt der weise Satz: nur wer die Vergangenheit kennt, kann die Gegenwart verstehen und die Zukunft gestalten.
10 10 Dem ist nichts hinzuzufügen und wenn ich diesen Satz in den Kontext des Erinnerns an einen der dunkelsten Punkte unserer Geschichte setze, dann wird es zu unserer Pflicht, niemals zu vergessen und auch den nachkommenden Generationen diese Erfahrungen weiterzugeben. Die jungen Menschen von heute werden in nicht allzu langer Zeit an unserer Stelle sein und die Verantwortung für unsere Gesellschaft übernehmen. Unsere Aufgabe ist es daher, sie darauf vorzubereiten. Und neben der Erziehung in der Familie ist wohl die wichtigste Lebensvorbereitung die Schule. Und damit ist mir der Bogen zu unserem Jahresthema Schule 1938 gelungen, womit ich, geschätzte Damen und Herren, zum Schluss komme: Die Überlebenden, die am 27. Jänner 1945 aus dem Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz- Birkenau befreit wurden, hatten wohl längst vergessen, was Hoffnung, was Freude, was Zuversicht bedeutet.
11 11 Nehmen wir gemeinsam die Verantwortung für die Zukunft unserer Gesellschaft und damit der nächsten Generationen wahr und tun wir gemeinsam alles dafür, dass Zuversicht Teil ihres Lebens bleibt und sie vor Erfahrungen wie vor jener des Holocaust gefeit bleiben. Ein herzliches steirisches Glück auf! und ich darf nun an unsere Moderatorin Colette Schmidt übergeben.
die Jugendlichen aus Belgien und Deutschland, die ihr diese Gedenkfeier heute mitgestaltet.
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