Merkblatt: Krankheit, Unfall
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- Hartmut Kaiser
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1 1/ 5 Merkblatt: Krankheit, Unfall Krankheit Die KTG-Versicherung eines anderen allgemein verbindlich erklärten GAV sieht die Ausrichtung eines Krankentaggelds von 80% des ausfallenden Lohnes ab dem 2. Tag vor. Geht diese Bestimmung der KTG-Lösung des GAVP vor? Nein. Entgegen der (unglücklichen) Formulierung in Art. 3 Abs. 2 GAVP geht die KTG-Lösung des GAVP in diesem Fall vor (vgl. auch die Übersicht im Leporello). Jede andere Auslegung würde eine Rückkehr zur Situation vor dem GAV Personalverleih bedeuten und zu grossen Abgrenzungsschwierigkeiten führen: Die Sozialpartner des GAVP haben ein Gutachten zur Auslegung des Begriffs der Gleichwertigkeit in Auftrag gegeben. Dieses lässt die Frage nach wie vor offen, wann im Einzelfall die KTG-Lösung vorgeht und wann nicht. Bei der Bestimmung der Gleichwertigkeit dürfen gemäss dem Gutachten nämlich nicht einzelne KTG-Leistungen miteinander verglichen werden (z.b. Karenzfrist, Taggeldhöhe), sondern es muss ein sogenannter Gruppenvergleich vorgenommen werden; dabei müssen neben dem Vergleich der Leistungen bei Krankheit (Taggeldhöhe, Dauer der Taggeldberechtigung, Karenztage, Umfang der Versicherungsabdeckung (insbesondere die Versicherungsvorbehalte und Leistungsausschlüsse etwa für die Teilarbeitsunfähigkeit, Prämienaufteilung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, Höhe der Verwendung der Überschussanteile)) auch die Regelungen betreffend Lohnfortzahlung bei Unfall, Erfüllung gesetzlicher Pflichten etc. einbezogen werden. Diese Handhabung würde in der Praxis zu einer grossen Rechtsunsicherheit bei den betroffenen Personalverleihbetrieben führen. Ein ausdrücklich geregelter allgemeiner Vorrang der Bestimmungen zur Krankentaggeldversicherung des ave GAVP gegenüber denjenigen anderer ave GAV bzw. GAV nach Anhang 1 des ave GAVP wäre deshalb aus Gründen der Rechtssicherheit, der Praktikabilität sowie des geringeren administrativen Aufwands wünschenswert. Jedenfalls haben sich die Sozialpartner darauf geeinigt, diesen Punkt zwar zu kontrollieren, nicht aber zu sanktionieren. Des Weiteren ist der Vorrang der KTG-Lösung nach GAVP einer unserer Hauptforderungen bei den laufenden GAVP-Verhandlungen und wird gegebenenfalls in einen GAVP 2016 einfliessen.
2 2/ 5 Karenztage Wann besteht eine Zahlungspflicht des Arbeitgebers während der Karenzfrist bei Krankheit und Unfall? Die Anwendbarkeit des GAV Personalverleih (GAVP) vorausgesetzt, entsteht ein Lohnfortzahlungsanspruch bei krankheitsbedingter Abwesenheit nach einer Karenzfrist von zwei Tagen am dritten Tag. Dabei hat der temporäre Mitarbeiter keinen Anspruch auf Lohnfortzahlung während der zwei Wartetage. Hinsichtlich der Berufs-/Nichtberufsunfälle sind die Bestimmungen der SUVA anwendbar (Art. 30 GAVP). Gerne verweise ich Sie auf die entsprechenden Versicherungsbestimmungen der SUVA (Punkt Taggeld ): Nach diesen Bestimmungen wird das Taggeld bei voller Arbeitsunfähigkeit zu 80% des versicherten Verdienstes ab dem 3. Tag nach dem Unfalltag bis zur Wiedererlangung der vollen Arbeitsunfähigkeit bzw. bis zum Beginn einer allfälligen Invalidenrente für jeden Kalendertag periodisch ausbezahlt (bei teilweiser Arbeitsunfähigkeit wird das Taggeld entsprechend ausbezahlt). Damit ist gemeint, dass die Taggeldleistungen erst nach einer Karenzfrist von 2 Tagen ausbezahlt werden, wie das auch Art. 16 Abs. 2 des Bundesgesetzes über die Unfallversicherung vorsieht ( der Anspruch auf Taggeld entsteht am dritten Tag nach dem Unfalltag ). Dies wurde mir seitens Herrn Gucchi von der Schadensabteilung der SUVA auch telefonisch bestätigt. Demgemäss hat der temporäre Mitarbeiter sowohl bei Krankheit als auch bei Unfall ein Lohnfortzahlungsanspruch ab dem dritten Tag seit dem Krankheits-/Unfalltag. Während der Karenzfrist ist der Arbeitgeber aber nur bei einem Unfall (Berufs-/Nichtberufsunfall) nicht bei Krankheit verpflichtet, Lohn zu bezahlen.
3 3/ 5 Sperrfrist Ein Arbeitnehmer wird kurz hintereinander mehrmals krank. Wird jeweils eine neue Sperrfrist ausgelöst? Das Bundesgericht hat entschieden, dass jede auf einem neuen Grund beruhende Krankheit eine neue Sperrfrist auslöst (vgl. etwa BGE 1C_296/2008). Eine Kumulation der Krankheitstage erfolgt demnach nur dann, wenn sich aufgrund derselben gesundheitlichen Ursache (z.b. wegen eines Rückfalls) mehrere Absenzperioden ereignen. Taggeldleistungen Wie lange werden einem kranken Mitarbeitenden, der freiwillig Beiträge in die berufliche Vorsorge einbezahlt, Taggeldleistungen ausgerichtet? Da er nicht der obligatorischen Versicherungspflicht gemäss Art. 31 GAVP untersteht, sind die Taggeldleistungen während maximal 60 Tagen (innerhalb von 360 Tagen) auszurichten (Art. 28 Abs. 3 Punkt 3 GAVP). Vorbestehende Krankheiten Ist der Personalverleiher berechtigt, die Regelung von Ziffer 5.4 des Rahmenvertrages zur Branchenlösung (reduzierte Leistungsdauer bei vorbestehenden Krankheiten) in den Rahmenarbeitsvertrag oder den Einsatzvertrag aufzunehmen? Ja. Nur wenn der Verleiher die entsprechende Regelung in den Rahmenarbeitsvertrag oder den Einsatzvertrag aufnimmt, gilt die reduzierte Leistungsdauer auch im Verhältnis zwischen ihm und dem/der Mitarbeitenden. Die Skala gemäss Ziffer 5.4 des Rahmenvertrages zur Branchenlösung sieht wie folgt aus: Ununterbrochene Anstellungsdauer Maximale Leistungsdauer beim gegenwärtigen Arbeitgeber pro Krankheitsfall bis 6 Monate 4 Wochen bis 9 Monate 6 Wochen bis 12 Monate 2 Monate bis 5 Jahre 4 Monate Wir empfehlen deshalb, diese Regelung unbedingt in unveränderter Form in den Rahmenarbeitsvertrag oder den Einsatzvertrag aufzunehmen. Andernfalls riskiert der Personalverleiher, dass er bei vorbestehenden Krankheiten des/der Mitarbeitenden Taggeldleistungen bis zu den in Art. 28 Abs. 3 GAV Personalverleih festgelegten Maximalfristen ausrichten muss, sollte der Versicherer den Leistungsanspruch gestützt auf Ziffer 5.4 des Rahmenvertrages zur Branchenlösung eingestellt haben. Unfall
4 4/ 5 Wann sind Mitarbeitende obligatorisch gegen Nichtberufsunfälle versichert? Mitarbeitende, deren wöchentliche Arbeitszeit bei einem Arbeitgeber mindestens acht Stunden betragen, sind auch gegen Nichtberufsunfälle versichert. Wird diese minimale Stundenzahl nicht erreicht, gelten Unfälle auf dem Arbeitsweg als Berufsunfälle (Art. 13 UVV). Die Prämie für NBU darf dem Arbeitnehmer überwälzt werden. Im Personalverleih kommt es öfters vor, dass Mitarbeitende unregelmässig arbeiten und ihre wöchentliche Arbeitszeit teils weniger und teils mehr als acht Stunden beträgt. Wie ist hier zu verfahren? Insoweit hat das Bundesgericht einen Grundsatzentscheid gefällt (vgl. BGE 8C_859/2012). Die Deckung von NBU ist dann zu bejahen, wenn entweder die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit mindestens acht Stunden beträgt oder die Wochen mit mindestens acht Stunden überwiegen. Es zählen die effektiv geleisteten Arbeitsstunden. Hinzugerechnet werden Ausfallstunden infolge Krankheit, Unfall, Militärdienst, Ferien etc.
5 5/ 5 Verhältnis Arbeitsunfähigkeit Ferienunfähigkeit Dürfen kranke Mitarbeitende in die Ferien reisen? Zu unterscheiden sind die Begriffe Arbeitsunfähigkeit und Ferienunfähigkeit. Es gibt Fälle, in denen eine Arbeitsunfähigkeit eines Arbeitnehmers nicht seiner Erholung und Entspannung entgegensteht. In diesen Fällen ist der Betroffene ferienfähig, obwohl er nicht voll arbeitsfähig ist. Gemäss Lehre muss die gesundheitliche Beeinträchtigung ein einigermassen erhebliches Ausmass hinsichtlich Intensität und Dauer annehmen, um den Ferienzweck vereiteln zu können. Dies ist beispielsweise der Fall bei Bettlägerigkeit, Spitalaufenthalt oder regelmässiger medizinischer Behandlung. Dübendorf, 18. Oktober 2013 Bei Fragen steht Ihnen unser Rechtsdienst zur Verfügung:
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