Der Klärschlamm-Entschädigungsfonds
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- Ella Günther
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1 Hessisches Ministerium für Umwelt, ländlichen Raum und Verbraucherschutz Symposium Zukunft der landwirtschaftlichen Klärschlammverwertung in Sachsen-Anhalt 27. März 2008 Der Klärschlamm-Entschädigungsfonds Dr. Jörg Hüther Hessisches Ministerium für Umwelt, ländlichen Raum und Verbraucherschutz - Ländervertreter im Beirat des Klärschlamm-Entschädigungsfonds -
2 Der Klärschlamm-Entschädigungsfonds 1 Geschichtlicher Abriss 2 Warum überhaupt eine Haftungsregelung 3 Der freiwillige Klärschlammfonds 4 Der gesetzliche Klärschlamm-Entschädigungsfonds - Rechtliche Grundlage - Aufgaben - Organisation und Aufbau 5 Aktueller Sachstand und Perspektive
3 Geschichtlicher Abriss In den 1970er Jahren führen Veröffentlichungen über Schadstoffgehalte von Klärschlämmen zu einem drastischen Rückgang der landwirtschaftlichen Klärschlammverwertung. Kommunen wollen aber nicht auf diesen Entsorgungs-/Verwertungsweg verzichten Mitte der 1980er Jahre formulieren die Bauernverbände Forderungskataloge (Haftung!) zur landwirtschaftlichen Klärschlammverwertung 1990 tritt der freiwillige Klärschlammfonds in Kraft 1999 tritt der gesetzliche Klärschlamm-Entschädigungsfonds in Kraft
4 Warum überhaupt eine Haftungsregelung? These 1: Die Landwirtschaft erhält mit dem Klärschlamm eine wertvolle und kostengünstige Alternative zum Mineraldünger, deshalb soll sie auch dafür zahlen! These 2: Wenn die Landwirtschaft den entsorgungspflichtigen Kommunen hilft, eine kostengünstige Verwertung des anfallenden Klärschlamms zu realisieren, will sie auch eine angemessene finanzielle Entschädigung und vor allem nicht mit etwaigen Problemen alleine gelassen werden! Image-Killer Klärschlamm
5 Warum überhaupt eine Haftungsregelung? Fakten Mit der stofflichen Verwertung des Klärschlamms erbringt die Landwirtschaft der Gesellschaft einen Dienst, der insbesondere aus Kostengründen von den Kommunen (und somit auch von den Bürgerinnen und Bürgern) gerne in Anspruch genommen wird. Zur schadensrechtlichen Absicherung von Risiken, die auch bei der Beachtung der geltenden Rechtslage nie ausgeschlossen werden können (Beherrschung des Restrisikos = Problem der hochentwickelten Gesellschaften?) wurde die Notwendigkeit einer Haftungsregelung diskutiert. Aber: Jede Medaille hat zwei Seiten!
6 Beispiel: Das Wetterauer Modell Verkürzte Probenintervalle: Klärschlamm viertel- anstatt halbjährlich, Böden alle 3 anstatt 10 Jahre Intensive Beratung aller Beteiligten (landw. Betriebe und Kläranlagen- Betreiber) Nur regionale Verwertung der Klärschlämme innerhalb des Wetteraukreises Direkte Beteiligung der landw. Betriebe bei der Ausbringung Kontrollierte Verwertung Uneingeschränkte nkte Haftungsübernahme durch den Wetteraukreis mit Beweislastumkehr
7 Der freiwillige Klärschlammfonds 1990: Nachdem Verhandlungen gescheitert waren, das Risiko in der von der Landwirtschaft gewünschten Form in den Haftpflichtversicherungsschutz der Kommunen als Klärschlammabgeber einzubeziehen, gründen die kommunalen Spitzenverbände nde unter Mitwirkung der Abwasser- technischen Vereinigung und des Deutschen Bauernverbandes auf freiwilliger Basis einen Klärschlammfonds, der von der Bundesarbeitsgemeinschaft Deutscher Kommunalversicherer (BADK) betrieben und aus Beiträgen der überwiegend kommunalen Klärschlammabgeber gespeist wird. Dem Klärschlammfonds beitreten können Klärschlammerzeuger/-abgeber, d.h. die für die Entsorgung verantwortlichen Körperschaften. Sie treten dem Fonds auch dann bei, wenn die Klärschlamverwertung von privaten Dritten im Auftrag durchgeführt wird.
8 Der freiwillige Klärschlammfonds Der freiwillige Klärschlammfonds hat die Aufgabe, den Landwirten, die Klärschlamm abnehmen, Entschädigungen für Schäden zu leisten, die durch die Aufbringung von Klärschlamm auf landwirtschaftlichen Böden entstehen können und die nicht aus dem Verschulden eines der beteiligten Partner resultieren. Über die Anerkennung und die Höhe der Entschädigung entscheidet eine Regulierungskommission. Gegen deren Entscheidung können der Landwirt und der Klärschlammabgeber einen Widerspruchsausschuss anrufen. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.
9 Der freiwillige Klärschlammfonds was wurde reguliert Fall Herausnahme von Flächen aus einem Förderprogramm Regulierungssumme 828,74 DM Feststoffe gelangten auf Ackerfläche (Ausfall Rechen) Keine (Haftpflicht) Streifenweise Verfärbung von WWz (Flüssigschlammausbringung auf gefrorenem Boden) 4.052,00 DM Tomatenpflanzen auf Maisacker (7,5 ha) 1.274,30 DM Flughaferbefall in SG (trotz Bewirtschaftungsfehler werden 40% anerkannt) 5.800,00 DM Mindererträge bei Getreide (Kulanz) 5.400,00 DM
10 Der freiwillige Klärschlammfonds was wurde reguliert Fall Schorfbildung bei Speisekartoffeln aus der Klärschlammzwischenlagerung am Feldrand Tomaten in Ackerbohnen (8 ha), zusätzl. Trocknungskosten Regulierungssumme 2.931,79 DM 6.500,00 DM Hirse auf Rübenäcker (Kulanz) 1.800,00 DM ph-wert-anstieg 1.617,00 DM Aufwuchsstörungen Futtererbsen 1.669,24 DM 200 Rundballen Stroh können nicht mehr an Reitverein verkauft werden 2.000,00 DM
11 Der freiwillige Klärschlammfonds was wurde reguliert Fall Unkrautbewuchs (Nachtschattengewächse) auf beschlammten Flächen Dillbewuchs auf beschlammten Flächen Regulierungssumme 800,00 DM 1.500,00 DM Verfärbung des im Herbst 1998 angepflanzten Winterweizens im Frühjahr 1999 sowie eine mangelnde Bestockung (Kulanz) Wiederholt unterschiedlicher und teilweise kranker Aufwuchs bei Mais (Verdacht auf Al-Überbelastung); Kulanz 1.200,00 DM 1.564,38 DM Auskeimen von Stechäpfeln 200,00 DM Kletten keimen auf Kartoffelacker aus 360,00 DM
12 Der freiwillige Klärschlammfonds hat bislang rd reguliert (bei rd Gutachterkosten), verfügt derzeit (Stand: 2003!) über ein Regulierungsvermögen von 35 Mio, konnte seinerzeit bei der Schaffung des gesetzlichen Fonds mit diesem nicht vernetzt werden, sollte bereits zweimal rückgezahlt werden, soll aber auf Beschluss des Fonds-Verwaltungsrats beibehalten werden, da nicht auszuschließen ist, dass aufgrund verbesserter Nachweismethoden Schadensfälle im Nachhinein entstehen können.
13 Der gesetzliche Klärschlamm-Entschädigungsfonds wurde aufgrund massiver Forderungen des landwirtschaftlichen Berufsstands eingerichtet Verordnungsermächtigung findet sich in 9 des Düngemittelgesetzes Die Verordnung trat am 01. Januar 1999 in Kraft
14 Der gesetzliche Klärschlamm-Entschädigungsfonds Rechtliche Grundlagen, Aufgaben, Organisation 1 Rechtsform und Verwaltung Sondervermögen, vom übrigen Vermögen des Bundes getrennt Verwaltung erfolgt über die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) in Bonn Bei Auflösung des Vermögens fließt dieses anteilig an die Beitragspflichtigen zurück
15 Der gesetzliche Klärschlamm-Entschädigungsfonds Rechtliche Grundlagen, Aufgaben, Organisation 2 Beirat besteht aus zwölf Mitgliedern: 1 BMELV (Herr Dr. von Heydebrand), Vorsitzender 1 BMU (Herr Dr. Bergs) 1 Ländervertreter (Herr Dr. Hüther) 2 Vertreter der komm. Klärschlammabgeber (Herr Dr. Bleicher, Deutscher Landkreistag und Herr Huter, Deutscher Städtetag) 1 Vertreter der sonst. beitragspflichtigen Klärschlammabgeber (Herr Prof. Melsa, Vorstand des Niersverbands) 3 Vertreter des landw. Berufsstands (Herr Pingen, DBV, Herr Gersteuer, BV SH, Herr Voss-Fels, HBV) 3 Vertreter als neutrale Sachverständige (Herr Prof. Dichtl, TU Braunschweig, Herr Dr. Rieß, Herr Dr. Severin, LK Hannover)
16 Der gesetzliche Klärschlamm-Entschädigungsfonds Rechtliche Grundlagen, Aufgaben, Organisation 2 Beirat entscheidet über die gestellten Anträge Mitglieder sind ehrenamtlich tätig
17 Der gesetzliche Klärschlamm-Entschädigungsfonds Rechtliche Grundlagen, Aufgaben, Organisation 3 Haushalts- und Wirtschaftsführung Die Beiträge sind bis zur bestimmungsgemäßen Verwendung verzinslich anzulegen Personal- und Sachkosten der BLE werden aus den Mitteln erstattet Für jedes Kalenderjahr sind ein Wirtschaftsplan und ein Jahresabschluss anzufertigen Eine Kreditaufnahme ist unzulässig
18 Der gesetzliche Klärschlamm-Entschädigungsfonds Rechtliche Grundlagen, Aufgaben, Organisation 4 Beitragshöhe 20 DM je t Klärschlamm-Trockenmasse 5 Beitragszahlung jährliche Erhebung Beitragspflichtiger muss bis Ende März des Folgejahres Beitrag errechnen Zahlung bis 30. April
19 Der gesetzliche Klärschlamm-Entschädigungsfonds Rechtliche Grundlagen, Aufgaben, Organisation 6 Ruhen und Wiederaufleben der Beitragspflicht Die Beitragspflicht ruht, wenn das Fondsvermögen einen Umfang von (125 Mio DM) erreicht hat; Mitteilung im Bundesanzeiger; die übrigen Pflichten bleiben unberührt (Mengenmeldung an BLE!) Die Beitragspflicht lebt wieder auf, wenn (100 Mio DM) unterschritten werden Steigt das Fondsvermögen nach dem Ruhen auf (250 Mio DM) und ist absehbar, dass die Mittel nicht benötigt werden, werden die Beiträge anteilig zurückerstattet, bis die Ausstattung wieder (125 Mio DM) beträgt
20 Der gesetzliche Klärschlamm-Entschädigungsfonds Rechtliche Grundlagen, Aufgaben, Organisation 7 Nachschusspflicht Sollten die Fondsmittel erschöpft sein, sind alle Klärschlammabgeber (seit Inkrafttreten der Verordnung, jedoch maximal 30 Jahre zurück) zum Nachschuss verpflichtet, bis wieder erreicht sind 8 Auskunftspflicht, Überwachung Verbindliche Zweckbestimmung muss bei der Abgabe vom Abgeber getroffen werden und ist auf Verlangen vorzulegen Bei Weigerung des Abgebers kann die BLE die erforderlichen Feststellungen schätzen
21 Der gesetzliche Klärschlamm-Entschädigungsfonds Rechtliche Grundlagen, Aufgaben, Organisation 9 Antragstellung Schriftlich bei der BLE einzureichen 10 Selbstbehalt für Sachschäden Der Geschädigte hat pro Schadensfall 576 (1.125 DM) selbst zu tragen
22 Der gesetzliche Klärschlamm-Entschädigungsfonds Rechtliche Grundlagen, Aufgaben, Organisation 11 Entschädigungshöchstbetrag Pro Schadensfall (5 Mio DM) für aus der landwirtschaftlichen Verwertung von Klärschlamm entstehende Schäden an Personen und Sachen sowie sich daraus ergebende Folgeschäden (z.b. Ertragseinbußen in Folge behördlicher Anbaubeschränkungen) 12 Übergang von Ansprüchen Soweit der Fonds die Ansprüche des Geschädigten befriedigt, gehen dessen Forderungen gegen sonstige Ersatzpflichtige auf den Fonds über
23 Aktueller Sachstand und Perspektive Am 30. Juni 2007 erfolgte im Bundesanzeiger die Bekanntmachung, dass die Ausstattung des Fonds den Betrag von erreicht hat und die Verpflichtung zur Beitragszahlung somit rückwirkend zum 01. Januar 2007 ruht (Mengenmeldung bleibt davon unberührt). Bislang wurde ein Antrag beim gesetzlichen Klärschlamm-Entschädigungsfonds gestellt (PFT in Nordrhein-Westfalen), über den aber erst nach Abschluss der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen beraten werden kann.
24 Aktueller Sachstand und Perspektive Bei der derzeitigen Novellierung des Düngemittelgesetzes (Düngegesetz) sollen folgende Punkte erwogen werden: Berücksichtigung von innergemeinschaftlich importierten Klärschlämmen (Handelshemmnisse?) Inwieweit können Teile des Zinsertrags für Grundlagen- und Begleitforschung bei der landwirtschaftlichen Klärschlammverwertung genutzt werden (z.b. PFT-Problematik, Eliminierung der wertgebenden Inhaltsstoffe).
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