Machbarkeitsstudie. Biomasse-Heiz(kraft)werk mit Fernwärmeausbau. Gemeinde Feldkirchen-Westerham
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1 Machbarkeitsstudie Biomasse-Heiz(kraft)werk mit Fernwärmeausbau im Auftrag der Gemeinde Feldkirchen-Westerham Erstellt von: Ingenieurbüro KESS GmbH Verfasser: Dipl.-Ing. Ralf Gundelach Dipl.-Ing. Manfred Lins Datum: KESS GmbH: Konzeption und Planung ökologischer Energiesysteme
2 Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung Aufgabenstellung Ausgangsdaten Grundlagenermittlung Funktionsweise eines Biomasse-Heizwerkes Definition der Varianten V1: Reine Wärmeerzeugung V2: Wärme- und Stromerzeugung (ORC-Splitsystem) Mögliche Standorte Konzeption eines Fernwärmenetzes Abschätzung des maximalen Jahres- Wärmebedarfs Dimensionierung des Wärmenetzes Auslegung der Verbund-Heizanlage Jahresdauerlinie für Wärmebedarf und -erzeugung Verfügbarkeit Jahresdauerlinien "Netzausbau" Wirtschaftlichkeitsberechnung Kostenschätzungen Heizwerk (Variante 1) Heizkraftwerk (Variante 2) Fernwärmenetz Kapital- und Instandhaltungskosten Heizwerk (Variante 1) Heizkraftwerk ORC (Variante 2) Fernwärmenetz Förderung Heiz(kraft)werk Fernwärmenetz...22 KESS GmbH: Konzeption und Planung ökologischer Energiesysteme Seite 2 von 42
3 Inhaltsverzeichnis 3.4 Jahreskosten nach VDI 2067 (Statische Betrachtung) Heizwerk (Variante 1) Heizkraftwerk ORC (Variante 2) Fernwärmenetz Vergleich der Varianten Gesamtbetrachtung Heiz(kraft)werk + Netz Einfluss der Anschlussdichte Entwicklung über 20 Jahre (Dynamische Betrachtung) Heizwerk (Variante 1) Heizkraftwerk ORC-Splitsystem (Variante 2) Fernwärmenetz Angepasster Ausbau der Heizkraftwerks Vergleich Wärmebezug - Einzelbeheizung Grenzen für Wirtschaftlichkeit CO 2 -Einsparung durch Biomasse Spezifische Emissionswerte Emissionsvergleich Einsparpotentiale Sonstige Einflussfaktoren Allgemeine Randbedingungen Bestehende Versorgungskonzepte Fazit und weitere Vorgehensweise Anlagenverzeichnis Quellenverzeichnis...42 KESS GmbH: Konzeption und Planung ökologischer Energiesysteme Seite 3 von 42
4 Inhaltsverzeichnis Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Mögliche Standorte Biomasse-Heizkraftwerk... 9 Abbildung 2: Definition der Versorgungsgebiete Abbildung 3: Fernwärme-Hauptstrang (fiktiv) Abbildung 4: Geordnete Jahresdauerlinie (Beispiel Feldkirchen-Westerham, AD=100 %) Abbildung 5: Lageplan Biogasanlage KESS GmbH: Konzeption und Planung ökologischer Energiesysteme Seite 4 von 42
5 1 Einleitung Machbarkeitsstudie Biomasse-Heiz(kraft)werk mit Fernwärmeausbau 1 Einleitung Das Ingenieurbüro KESS GmbH wurde von der Gemeinde Feldkirchen- Westerham mit der Ausarbeitung einer Machbarkeitsstudie beauftragt. Durch Aufzeigen der Möglichkeiten und Potentiale einer Fernwärmeversorgung aus Biomasse sowie einer Beurteilung der Wirtschaftlichkeit soll eine Entscheidungsgrundlage für das weitere Vorgehen geschaffen werden. 1.1 Aufgabenstellung Für das Ortsgebiet von Feldkirchen-Westerham sollen auf Basis der bisher bekannten Daten verschiedene Szenarien für die Errichtung und den stufenweisen Ausbau eines Fernwärmenetzes entwickelt werden. In der vorliegenden Grundstudie wird dazu eine Abschätzung für ein fiktives Wärmenetz vorgenommen, also noch kein konkreter Trassenverlauf festgelegt. Folgendes Arbeitsprogramm liegt der Studie zugrunde: Definition der Varianten Technische Auslegung Ermittlung der Investitionskosten Übernahme der Daten in eine statische Wirtschaftlichkeitsbetrachtung nach VDI 2067 Übernahme der Daten in eine dynamische Wirtschaftlichkeitsbetrachtung über 20 Jahre Ermittlung der Auswirkungen von Änderungen der Eingabeparameter Bewertung der Ergebnisse KESS GmbH: Konzeption und Planung ökologischer Energiesysteme Seite 5 von 42
6 1 Einleitung 1.2 Ausgangsdaten Von der Gemeinde wurde uns umfangreiches Kartenmaterial zur Verfügung gestellt, welches im Rahmen des Projektes "Dorferneuerung Westerham" erstellt wurde. Weiterhin erhielten wir eine Tabelle der öffentlichen Liegenschaften mit teilweisen Angaben zu vorhandenen Heizungsanlagen und Energieverbrauch. Nachgereicht wurde noch eine Auswahl an Kaminkehrerprotokollen der öffentlichen Liegenschaften. KESS GmbH: Konzeption und Planung ökologischer Energiesysteme Seite 6 von 42
7 2 Grundlagenermittlung 2 Grundlagenermittlung 2.1 Funktionsweise eines Biomasse-Heizwerkes In einem Biomasse-Heizwerk werden in einem Feststoff-Kessel je nach Randbedingungen Holz-Hackschnitzel (gehäckseltes Waldholz), unbehandelte Resthölzer aus holzverarbeitenden Betrieben oder spezielle Holzbrennstoffe (Pellets) verbrannt. Die entstehende Wärme wird in ein Heizungsnetz eingespeist. Da ein Biomasse-Kessel, d. h. im Regelfall ein Holzkessel, gegenüber konventionellen Öl- oder Gaskesseln im Verhältnis sehr viel teurer ist, wird aus wirtschaftlichen Gründen der Biomasse-Kessel nicht auf die volle im Winter benötigte Spitzenleistung ausgelegt, sondern je nach Randbedingungen nur auf ca % der maximalen Leistung. Als zusätzliche Heizquelle dient ein Spitzenlastkessel, der mit Gas oder Öl betrieben werden kann und bei steigendem Wärmebedarf hinzu geschaltet wird. Aus feuerungs- und regelungstechnischen Gründen kann ein Biomasse- Kessel nur auf ca % seiner Nennleistung heruntergeregelt werden. Taktbetrieb wie bei einem Öl- oder Gaskessel ist nicht ohne weiteres möglich. Das führt dazu, dass im Sommer, wenn der Wärmebedarf unter diese Marke absinkt, der Biomasse-Kessel abgeschaltet und durch den Zusatzkessel ersetzt werden muss. Je nach den Voraussetzungen des Projekts und der Auslegung werden über das gesamte Jahr ca % der benötigten Wärme über den Biomasse-Kessel erzeugt. In ökologischer Hinsicht hat ein Biomasse-Kessel den Vorteil, dass die Verbrennung CO 2 -neutral erfolgt, da hierbei nur diejenige Menge an CO 2 frei wird, welche die Pflanzen im Verlauf Ihres Wachstums aufgenommen haben. Außerdem wird beim Verbrennen von Biomasse genau dieselbe Menge CO 2 freigesetzt, die auch beim Verrotten z. B. des Holzes im Wald frei würde. In diesem Fall könnte allerdings die dabei entstehende Wärme nicht genutzt werden. Lediglich für die Bereitstellung des Brennstoffs (Transport und Häckseln mit fossil betriebenen Fahrzeugen und Maschinen) entsteht ein geringer zusätzlicher CO 2 -Anteil. Die CO 2 -Einsparung beträgt je nach Auslegung und Anwendungsfall ca %. Andere Emissionen wie z.b. Staub können durch Abscheidung und Filterung unter die erforderlichen Grenzwerte gebracht werden. KESS GmbH: Konzeption und Planung ökologischer Energiesysteme Seite 7 von 42
8 2 Grundlagenermittlung 2.2 Definition der Varianten Um konkrete Aussagen bezüglich der Wirtschaftlichkeit des betrachteten Projektes treffen zu können, müssen zunächst alle relevanten Rahmenbedingungen und Parameter erfasst und festgelegt werden. Für die nachfolgenden Betrachtungen haben wir deshalb zwei separate wirtschaftliche Einheiten definiert: Energiezentrale/Heizhaus: o Bereitstellung der Wärmeenergie aus Biomasse o Bereitstellung von Spitzenlast-, Reserve- und Redundanzversorgung o ggf. Stromerzeugung Wärmenetz: o Erschließung des Versorgungsgebiets o Verteilung der Wärme und Abrechnung an die Endkunden Zwischen diesen Einheiten ergeben sich somit eine technische und eine wirtschaftliche Schnittstelle, auf die später noch näher eingegangen wird. Für die Einheit "Energiezentrale" haben wir nachfolgend zwei verschiedene Varianten definiert und untersucht V1: Reine Wärmeerzeugung Der prinzipielle Aufbau einer Fernwärmeversorgung mittels eines Biomasse-Heizwerkes ist in der Skizze in Anlage A1a dargestellt. Da ein Biomasse-Kessel, d. h. im Regelfall ein Holzkessel, gegenüber konventionellen Öl- oder Gaskesseln bei gleicher Leistung sehr viel teurer ist, wird er aus wirtschaftlichen Gründen nicht auf die volle im Winter benötigte Spitzenleistung ausgelegt, sondern je nach Randbedingungen nur auf ca % der maximalen Leistung. Als zusätzliche Heizquelle dient ein Spitzenlastkessel, der üblicherweise mit fossilen Brennstoffen betrieben und bei steigendem Wärmebedarf oder bei Ausfällen des Grundlastkessels hinzu geschaltet wird V2: Wärme- und Stromerzeugung (ORC-Splitsystem) Wie man in Anlage A1b erkennt, ist für die zusätzliche Stromerzeugung ein erheblicher anlagentechnischer Mehraufwand nötig. Der Biomassekessel wird nicht mehr direkt vom Heizwasser durchströmt, sondern von einem Thermoöl, welches seine Energie im Regelfall an den Verdampfer KESS GmbH: Konzeption und Planung ökologischer Energiesysteme Seite 8 von 42
9 2 Grundlagenermittlung der ORC-Anlage abgibt. Die im Kondensator anfallende Abwärme wiederum speist den Heizwasserkreislauf. 2.3 Mögliche Standorte 1 2 Abbildung 1: Mögliche Standorte Biomasse-Heizkraftwerk Im Rahmen der Voruntersuchungen und Klärungsgespräche wurden uns folgende mögliche Standorte für ein Biomasse-Heiz(kraft)werk genannt: südwestlich der Mangfall-Halle/Feuerwehrhaus zwischen Feldkirchen und Westerham westlich des Klärwerks im Osten von Feldolling Diese Standorte haben wir bezüglich folgender Kriterien bewertet: Allgemeine Lage und Anfahrt Emissionen Einfluss auf die Netzplanung Gerade die Flächen zwischen den beiden Ortsteilen Feldkirchen und Westerham werden Vorzugsgebiete für zukünftige Baumaßnahmen und Erweiterungen des Gemeindegebietes sein. Ein Biomasse-Heizwerk könnte hier eine Beeinträchtigung darstellen. Der Standort an der Kläranlage hätte hier aufgrund der Entfernung zur nächsten Ansiedlung eindeutig einen Vorteil, auch was die Zufahrt zum Heizwerk betrifft. Besonders, wenn das Nahwärmenetz später einmal ausgebaut werden KESS GmbH: Konzeption und Planung ökologischer Energiesysteme Seite 9 von 42
10 2 Grundlagenermittlung soll, ist aufgrund des steigenden Brennstoffbedarfs mit erhöhtem Anlieferverkehr zu rechnen. Bei einigen laufenden Genehmigungsverfahren zeigt sich, dass die Bevölkerung zunehmend empfindlich auf die Emissionen aus Biomassefeuerungen reagiert. Hierzu gehören auch Lärmemissionen sowie Staub und Gerüche, welche durch die Holzlagerung und die Holzmanipulation entstehen. Ein Standort außerhalb der geschlossenen Bebauung ist daher in jedem Fall zu bevorzugen. Durch die Lage des Kläranlagenstandortes am östlichen Ortsrand sind beste Verhältnisse gegeben für einen Abzug der Rauchgase weg vom Ort durch die vorherrschenden Westwinde. Bezüglich der Netzplanung unterscheiden sich die Standorte nicht entscheidend. Ein Standort im Zentrum mit sternförmiger Verteilung in alle Himmelsrichtungen ist zwar in der Regel günstiger, kommt aber hier aufgrund der Ausdehnung der Bebauung nicht sonderlich zum Tragen. In Summe sprechen die meisten Argumente für den Standort 2 "Kläranlage". Für die weiteren Untersuchungen gehen wir deshalb von diesem Standort aus. 2.4 Konzeption eines Fernwärmenetzes Ausgehende vom Biomasse-Heizwerk soll das gesamte Kerngebiet von Feldkirchen-Westerham erschlossen werden. Im Rahmen dieser Studie wird dazu kein konkreter Trassenverlauf festgelegt, sondern ein "fiktives" Wärmenetz definiert und anhand von Kennzahlen ausgelegt Abschätzung des maximalen Jahres-Wärmebedarfs Gemäß den Angaben der Online-Enzyklopädie "Wikipedia" besteht die Gemeinde Feldkirchen-Westerham aus über 50 Dörfern, Weilern und Einöden. Für Bayern sind diese Siedlungstypen wie folgt definiert: Einöde: 1 bis 2 Wohngebäude Weiler: 3 bis 9 Wohngebäude Dorf: mehr als 9 Wohngebäude Das Gemeindegebiet erstreckt sich auf eine Fläche von über 52 km², die größte Ausdehnung in Nord-Süd-Richtung beträgt fast 10 km. Es ist offensichtlich, dass die Vollversorgung eines so großen und dünn besiedelten Gebiets mit einem Fernwärmenetz auf keinen Fall wirtschaftlich möglich ist. Im Rahmen dieser Studie haben wir uns deshalb auf die Versorgung eines "Kerngebietes", bestehend aus den Ortsteilen Feldkirchen, KESS GmbH: Konzeption und Planung ökologischer Energiesysteme Seite 10 von 42
11 2 Grundlagenermittlung Westerham und Feldolling, beschränkt. Damit können ca. zwei Drittel der Gemeindebevölkerung erreicht werden. Anhand der vorliegenden Daten wurden für die öffentlichen Liegenschaften der voraussichtliche Leistungs- und Wärmebedarf abgeschätzt. Aus Jahresnutzungsgrad und Primärenergieverbrauch ergibt sich die Nutzwärmeerzeugung. Zusammen mit den so genannten "Vollbenutzungsstunden", die auf Erfahrungs- und Standardwerten ähnlicher Gebäudetypen beruhen, erhält man die tatsächlich benötigte Heizleistung. In Anhang A2 wurde für die Gebäude, bei denen uns ein Kaminkehrerprotokoll mit den nötigen Daten vorlag, die Berechnung von Jahresnutzungsgrad und jährlicher Wärmeerzeugung durchgeführt. Von den betrachteten 17 Liegenschaften können nur sieben für das oben genannte Fernwärmekonzept berücksichtigt werden. Diese sind in der Tabelle von Anlage A4a farbig hervorgehoben. So werden beispielsweise Grund-/Hauptschule, Mangfallhalle und Feuerwehrhaus bereits in einem lokalen Wärmeverbund mit einem Biomassekessel beheizt. Das Feuerwehrhaus Feldolling hat eine Elektroheizung, hier wäre eine Umrüstung des gesamten Gebäudeheizsystems vermutlich unwirtschaftlich. Die übrigen Gebäude liegen außerhalb des Kerngebietes. Für die anzuschließenden Privathäuser haben wir ausgehend von statistischen Daten der Gemeinde Feldkirchen-Westerham [7] drei durchschnittliche Gebäudetypen definiert: EFH Einfamilienhaus : 14 kw Leistung, 24 MWh Jahresverbrauch ZFH Zweifamilienhaus : 20 kw Leistung, 34 MWh Jahresverbrauch MFH Mehrfamilienhaus : 29 kw Leistung, 52 MWh Jahresverbrauch Zusätzlich weist die Statistik einen geringen Anteil an Wohnungen in Nichtwohngebäuden aus. Diese ergeben sich zu NWG Nichtwohngebäude : 17 kw Leistung, 29 MWh Verbrauch. Um das gesamte Wärmeabnahmepotential abzuschätzen, wurden fünf Wohngebiete definiert und diesen anhand der Größe und relativen Einwohnerzahlen die entsprechende Anzahl an Häusern zugewiesen. Die Zuordnung der öffentlichen Liegenschaften (gelbe Markierung) erfolgte direkt anhand der Adressen. Bei dem Gewerbegebiet wurden Leistungsund Wärmebedarf mittels der Fläche und geeigneter Kennzahlen abgeschätzt. Die Versorgungsgebiete und der im nächsten Abschnitt beschriebene Hauptstrang sind in der Skizze von Anlage A3 eingezeichnet. KESS GmbH: Konzeption und Planung ökologischer Energiesysteme Seite 11 von 42
12 2 Grundlagenermittlung Abbildung 2: Definition der Versorgungsgebiete Für jedes Gebiet erhält man so maximal mögliche Werte für Leistungs-, Heizungs- und Warmwasserbedarf (siehe Anlage A4). In Summe ergeben sich für ca Gebäude ein Leistungsbedarf von gut kw und eine Wärmemenge von ca MWh Dimensionierung des Wärmenetzes In einfachsten Fall erhält man den Gesamtleistungsbedarf eines Fernwärmenetzes durch Aufsummieren der Einzelleistungen aller potentiellen Teilnehmer. Bei größeren Netzen wird diese Maximalleistung in der Praxis jedoch nie erreicht, da aufgrund der Vielzahl der Abnehmer eine statistische zeitliche Verteilung der Wärmeanforderung stattfindet. Bei der Netzdimensionierung berücksichtigt man dies mit so genannten Gleichzeitigkeitsfaktoren, die abhängig von Netzaufbau und -größe gewählt werden. Bei dem hier betrachteten fiktiven Fernwärmenetz ergibt sich in der Gesamtheit ein Gleichzeitigkeitsfaktor von etwa 50 %, welcher sich in von uns betreuten, real existierenden Netzen gleicher Größenordnung auch praktisch bestätigt hat. Für eine erste Abschätzung haben wir einen Hauptversorgungsstrang festgelegt. Ausgehend von der Kläranlage verläuft dieser zunächst entlang der Breitenstein- und Vagener Straße durch Feldolling und dann entlang der KESS GmbH: Konzeption und Planung ökologischer Energiesysteme Seite 12 von 42
13 2 Grundlagenermittlung Aiblinger Straße le durch das Gewerbe- und Industriegebiet und Westerham. bis zur Miesbacher Straße. Dort zweigt er nach Norden ab, quert die Bahnlinie und bindet über die Westerhamer und Glonner Straße schließlich den Ortsteil Feldkirchen an. Für diese Haupttrasse ergibt sich eine Länge von ca m. Abbildung 3: Fernwärme-Hauptstrang (fiktiv) Für typische Versorgungsgebiete kann man die erforderlichen Leitungslängen und -querschnitte anhand der anzuschließenden Gebäudeanzahl abschätzen. In dieser Studie haben wir für Wohngebiete pro Gebäude 10 m Hausanschluss und 15 m Verteilnetz angesetzt, im Industriegebiet liegen die Werte bei 50 m bzw. 60 m. Vergleichende Auswertungen von existierenden Fernwärmenetzen haben gezeigt, dass damit relativ genaue Ergebnisse zu erzielen sind. Um später den schrittweisen Ausbau unseres fiktiven Wärmenetzes simulieren zu können, haben wir den Parameter "Anschlussdichte" definiert. Dieser kann im Bereich von 0 % (kein Netz) bis 100 % (Vollversorgung des in Kapitel definierten Gebiets) variiert werden. Die Ergebnisse der Netzberechnung sind in der Tabelle in Anhang A4b aufgelistet. Der Leistungsbedarf der Verbraucher beträgt bei Berücksichtigung des Gleichzeitigkeitsfaktors ca kw. Bei einem Vollausbau (das entspricht einer Anschlussdichte von 100 %) ergibt sich ein Fernwärmenetz von über 51 km Trassenlänge (19 km Hausanschlüsse, 32 km KESS GmbH: Konzeption und Planung ökologischer Energiesysteme Seite 13 von 42
14 2 Grundlagenermittlung Verteilnetz). Dieses generiert eine Verlustleistung von kw, das sind 6,2 % der notwendigen Gesamtleistung von kw. Bei dem erforderlichen ununterbrochenen Betrieb des Netzes werden MWh Energie verbraucht, 15,4 % der eingespeisten Wärmemenge gehen also im Fernwärmenetz verloren. Diese Verluste sind bei einer Wirtschaftlichkeitsbetrachtung mit zu berücksichtigen. Bei einer Verringerung der Anschlussdichte nehmen die Netzlänge und damit auch die Netzverluste und -kosten nicht linear ab. Beim Ausbau des Verteilnetzes wird man entgegen dem idealisierten theoretischen Verlauf auch weiter entfernte Abnehmer anbinden bzw. Anschlusslücken zulassen müssen. Auch der Hauptstrang muss zunächst relativ weit vorangetrieben werden, um überhaupt Versorgungsgebiete zu erreichen. Bei unserer Simulation wird das durch geeignete Korrekturfaktoren berücksichtigt. So hätte das Netz bei 50% Anschlussdichte beispielsweise noch eine rechnerische Länge von 28 km, also etwa 55 % des Ausgangswertes, und eine Verlustleistung von 716 kw (58%) Auslegung der Verbund-Heizanlage Der Heizenergiebedarf unterliegt über das Jahr gesehen naturgemäß erheblichen Schwankungen. Eine so kapitalintensive Wärmequelle wie ein Biomasse-Kessel muss für einen wirtschaftlichen Betrieb aber möglichst lange mit voller Leistung betrieben werden. Deshalb wird die Biomasse wie in Abschnitt bereits angedeutet in der Regel zur Grundlastversorgung eingesetzt. Abhängig von der Anschlussleistung des Fernwärmenetzes und der maximal zur Verfügung stehenden Biomasseleistung sind zur Abdeckung des Spitzenbedarfs sowie zur Erzielung einer hinreichenden Versorgungssicherheit weitere, üblicherweise mit fossilen Brennstoffen befeuerte Wärmeerzeuger vorzusehen. Die Spitzenlast-Kesselanlage sollte dabei so ausgelegt werden, dass sie den gesamten Leistungsbedarf des Wärmenetzes notfalls auch alleine abdecken kann, um eventuelle Ausfälle der Biomasse (Defekte, Revision o. ä.) zu überbrücken. Die Auslegung und Ermittlung der jeweiligen Anteile von Grundlast- und Spitzenlastkessel erfolgt anhand der so genannten "Geordneten Jahresdauerlinie" (JDL). Aus ihr geht hervor, wie viele Stunden im Jahr welcher Wärmeleistungsbedarf besteht. Sie ist dabei so geordnet, dass die höchste Verbrauchsspitze im Winter am Anfang steht und die Grundlast aus Netzverlusten und Warmwasserbedarf im Sommer am Ende. Dazwischen sind die Wärmeleistungen so sortiert, dass die Jahresdauerlinie ständig fällt. KESS GmbH: Konzeption und Planung ökologischer Energiesysteme Seite 14 von 42
15 2 Grundlagenermittlung Leistung in MW Spitzenlast 5 Biomasse Zeit in Stunden Abbildung 4: Geordnete Jahresdauerlinie (Beispiel Feldkirchen-Westerham, AD=100 %) In Abbildung 4 ist beispielhaft der voraussichtliche Leistungsbedarf eines Fernwärmenetzes zur Komplettversorgung des oben definierten Vorzugsgebiets dargestellt. Anhand der roten Kurve erkennt man, dass die Maximalleistung von 20 MW nur sehr kurz benötigt wird und die meiste Zeit mittlere Leistungen zwischen 3 und 12 MW abgenommen werden. Die Biomasse kann im Beispiel knapp 8 MW liefern (grüner Bereich). Wird eine höhere Leistung gebraucht, muss der Spitzenlast-Kessel einspringen (gelber Bereich). Die Größe der farbigen Flächen unterhalb der Kurve ist ein Maß für die von dem jeweiligen Wärmeerzeuger gelieferte Energiemenge. 2.5 Jahresdauerlinie für Wärmebedarf und -erzeugung Das Aussehen der Jahresdauerlinie wird maßgeblich vom Leistungsbedarf des zu versorgenden Wärmenetzes sowie von der zur Verfügung stehenden Biomasseleistung bestimmt. Ein Fernwärmenetz existiert in der Regel nicht sofort in der geplanten Größe, sondern muss in einem mehrere Jahre dauernden Prozess aufgebaut und erweitert werden. Deshalb wird auch der Leistungsbedarf ausgehend von einem relativ kleinen Wert nur allmählich zunehmen. In der vorliegenden Studie wird dieses Verhalten durch den Parameter "Anschlussdichte" simuliert. Wie in Kapitel 2.1 dargelegt wurde, kann ein Biomasse-Kessel nicht beliebig weit heruntergeregelt werden. Technisch und wirtschaftlich KESS GmbH: Konzeption und Planung ökologischer Energiesysteme Seite 15 von 42
16 2 Grundlagenermittlung ergibt sich hier eine Untergrenze von ca. 20 bis 30% der Nennleistung. Dies macht deutlich, dass es nicht möglich sein wird, über den gesamten Netzausbau ein und denselben Kessel sinnvoll zu betreiben. In der Praxis wird man zunächst mit einem kleineren Biomassekessel starten und abhängig vom Netzausbau diesen später ergänzen oder durch ein größeres Modell ersetzen. Für eine erste Dimensionierung haben wir deshalb bei der Variante 1 (reine Wärmeerzeugung) eine Biomasse-Heizleistung von 4 MW angenommen. Bei der als Variante 2 betrachteten kombinierten Wärme- und Stromerzeugung muss der eigentliche Biomassekessel entsprechend größer ausgelegt werden, da ja noch die Antriebsenergie für den ORC- Prozess bereitgestellt werden muss. Zur Dimensionierung wird jedoch wieder die für Heizzwecke zur Verfügung stehende thermische Leistung betrachtet. Im Beispiel haben wir die Daten einer ORC-Anlage des italienischen Herstellers Turboden herangezogen, die eine Heizleistung von maximal kw liefert. In den Diagrammen in Anlage A5 ist die von der Biomasse (Grundlast) gelieferte Wärmemenge jeweils als grüne Fläche dargestellt, die vom Spitzenlastkessel bereitgestellte Wärme in rot Verfügbarkeit In unserer Simulation werden die Energieanteile von Biomasse und Spitzenlast durch eine numerische Integration der Flächen unterhalb der Jahresdauerlinie ermittelt. Man kann nicht davon ausgehen, dass die aus Hackschnitzeln erzeugte Wärme über mehrere Jahre rund um die Uhr zur Verfügung steht, da es aufgrund von Defekten und Wartungsarbeiten immer zu Anlagenausfällen kommen kann. In diesen Situationen muss der Spitzenlastkessel zusätzlich einspringen. Wir haben deshalb die Biomasse-Verfügbarkeit als Parameter definiert und in der vorliegenden Studie mit 98 % angenommen, sofern nicht anders angegeben. Der zusätzliche Anteil des Spitzenkessels ist in den Diagrammen in Anlage A5 exemplarisch am Ende der Zeitachse eingezeichnet. Er könnte aber auch an jeder anderen Stelle liegen, da man ja nicht weiß, zu welchem Zeitpunkt und damit bei welchem Leistungsbedarf eine Störung eintritt Jahresdauerlinien "Netzausbau" Durch eine Variation der Anschlussdichte und damit des Leistungs- und Energiebedarfs kann der Ausbau des Wärmenetzes bis hin zur Vollversorgung simuliert werden. Dies wurde für die beiden Varianten der Wärmeerzeugung in Anlage A5 durchgeführt. KESS GmbH: Konzeption und Planung ökologischer Energiesysteme Seite 16 von 42
17 2 Grundlagenermittlung Jahresdauerlinie bei 20% Anschlussdichte: Bei diesem Netzausbau besteht ein Wärmebedarf von knapp MWh bei einer Spitzenleistung von gut kw. Wie aus den Jahresdauerlinien in Anlage A5-20% ersichtlich ist, kann bei diesem Ausbaugrad leistungsmäßig fast die gesamte Wärmeversorgung mit Biomasse erfolgen. Allerdings sinkt der Energiebedarf im Sommer soweit ab, dass der Biomasse-Kessel abgeschaltet werden muss und der Spitzenlastkessel so insgesamt 12,9 % der Wärmemenge bereitstellt. Für die Variante 2 ergibt sich rechnerisch ein kleiner Vorteil (Anteil 11,4 %), da sich wegen der etwas geringeren Leistung die Laufzeit im Teillastbereich verlängert. Jahresdauerlinie bei 50% Anschlussdichte: Bei einer Anschlussdichte von 50% wächst der Energiebedarf auf MWh, die Leistungsspitze liegt bei kw. Der Anteil des Spitzenlastkessels von fast 21 % (22 % bei V2) macht deutlich, dass der Biomassekessel an seine Kapazitätsgrenzen stößt (siehe Anlage A5-50%). Jahresdauerlinie bei 70% Anschlussdichte: Diesen Netzausbau nehmen wir üblicherweise als Endzustand an, da aus verschiedenen Gründen ein Anschluss aller möglichen Wärmeabnehmer in der Praxis nicht vorkommen wird. Nur noch 64 % (V2: 63 %) der Gesamtwärmemenge von MWh kann der Biomassekessel liefern. Bei einem Spitzenleistungsbedarf von ca kw reicht zudem über weite Teile des Jahres die Leistung der Biomasse allein nicht aus, weshalb eine Erweiterung dringend angebracht wäre. (siehe Anlage A5-70%). Jahresdauerlinie bei 100% Anschlussdichte: Ein Vollausbau des Fernwärmenetzes wird in der Realität praktisch nie erreicht, trotzdem ist die Betrachtung zu Dimensionierungs- und Auslegungszwecken sinnvoll. Anlage A5-100% zeigt, dass bei maximaler Anschlussdichte die Biomasse nur noch gut 49 % (48 % bei V2) der benötigten Wärmemenge von MWh abdecken kann. Der Spitzenlastkessel muss eine Leistung von knapp 20 MW liefern können. Zur Bereitstellung von mehr als der Hälfte der Gesamtwärmemenge würde die vorgesehene Kesselanlage annähernd 4,3 Mio. l Heizöl oder 4,3 Mio. m³ Erdgas benötigen. KESS GmbH: Konzeption und Planung ökologischer Energiesysteme Seite 17 von 42
18 3 Wirtschaftlichkeitsberechnung 3 Wirtschaftlichkeitsberechnung Die Wirtschaftlichkeitsberechnung wird entsprechend den Vorgaben der VDI 2067 durchgeführt. Bei sämtlichen Preisen und Kosten in dieser Studie und in den Anlagen handelt es sich, soweit nicht anders vermerkt, um Nettobeträge, denen die jeweils gültige gesetzliche Mehrwertsteuer hinzugerechnet werden muss. 3.1 Kostenschätzungen Heizwerk (Variante 1) In Anlage A6.1 haben wir die zu erwartenden Investitionskosten für die Errichtung eines Biomasse-Heizwerks mit 4 MW Leistung abgeschätzt. Um eine ausreichende Lagerkapazität bereitstellen zu können, ist neben dem eigentlichen Heizhaus zusätzlich Platz für ein Hackschnitzellager erforderlich. Wir haben insgesamt eine Grundstücksgröße von m² angenommen, was bei 50 EUR pro Quadratmeter einen Grundstückspreis von EUR ergibt. Die öffentliche Erschließung (Strom, Wasser, Abwasser) wurde mit EUR veranschlagt. Gebäude und Außenanlagen kommen auf EUR. Die technischen Anlagen (Biomasse- und Spitzenlastkessel, Elektrofilter, Tankanlage, sonstige Peripherie) schlagen inklusive Montage und Inbetriebnahme mit 1,24 Mio. EUR zu Buche. Die anfallenden Planungs- und Beratungskosten für Gebäude und Anlagentechnik lassen sich im gegenwärtigen Stadium noch nicht exakt vorhersagen. Aus Erfahrungswerten abgewickelter Projekte haben wir deshalb einen prozentualen Zuschlag auf die jeweiligen Investitionen gebildet. In Summe ergeben sich hier gut EUR Heizkraftwerk (Variante 2) Eine kombinierte Wärme- und Stromerzeugung erfordert deutlich höhere Investitionen, wie die Abschätzung in Anlage A6.2 zeigt. Die Stromeinspeisung in das öffentliche Netz erfordert einen wesentlich stärkeren und damit teureren Anschluss, wir haben dafür EUR angesetzt. Für die Unterbringung der ORC-Anlage muss das Heizhaus KESS GmbH: Konzeption und Planung ökologischer Energiesysteme Seite 18 von 42
19 3 Wirtschaftlichkeitsberechnung größer ausfallen, die höhere Kesselleistung bedingt ein größeres Brennstofflager. Gebäude und Außenanlagen kommen so auf 1,36 Mio. EUR. Der Biomassekessel wird aufgrund der höheren Leistung und des zusätzlichen Thermoölkreislaufs wesentlich teurer. Für das ORC-Modul sind 1,2 Mio. EUR zu veranschlagen. Die Kosten der technischen Anlagen summieren sich so auf 3,5 Mio. EUR. Aufgrund der komplexeren Technik steigen auch der Planungsaufwand und damit die diesbezüglichen Kosten auf EUR Fernwärmenetz Die für die Errichtung eines Fernwärmenetzes erforderlichen Investitionen wurden in Anlage A6.N für den angenommenen Endausbau mit der Anschlussdichte AD=70 % grob abgeschätzt. Dabei sind wir davon ausgegangen, das Heizhaus mitbenutzen zu können, und haben deshalb keine Kosten für Grundstück oder Gebäude angesetzt. Die technische Ausstattung umfasst im Wesentlichen die Netzpumpen mit Regelungstechnik sowie die Druckhaltung und Entgasung. Im Sinne eines stufenweisen Ausbaus und aus Verfügbarkeitsgründen kommen mehrere kleine Netzpumpen zum Einsatz, bei 70 % Anschlussdichte beispielsweise zwei Stück. Die Kosten liegen insgesamt bei EUR. Die Aufwendungen für den Bau des eigentlichen Rohrnetzes (Verteilnetz und Hausanschlüsse) sowie für die Übergabestationen zur Anbindung der Wärmeabnehmer sind natürlich extrem abhängig vom Ausbaugrad des Netzes; in unserer Simulation damit von der Anschlussdichte. Beim angenommenen Endausbau (AD=70 %), ergibt sich ein Fernwärmenetz von knapp 38 km Trassenlänge. Das eigentliche Verteilnetz ( m) erfordert Aufwendungen in Höhe von 13,7 Mio. EUR, die Hausanschlüsse summieren sich auf m und kosten 4,9 Mio. EUR. Bei den Kunden sind Übergabestationen zu installieren, diese schlagen mit 3,6 Mio. EUR zu Buche. Ein so umfangreiches Projekt bringt auch einen hohen Entwicklungs-, Planungs- und Beratungsaufwand mit sich. Wiederum über prozentuale Zuschläge auf die Investitionen errechnen sich hierfür Kosten von ca. 1,9 Mio. EUR. KESS GmbH: Konzeption und Planung ökologischer Energiesysteme Seite 19 von 42
20 3 Wirtschaftlichkeitsberechnung 3.2 Kapital- und Instandhaltungskosten Ausgehend von der Kostenschätzung haben wir in den Anlagen A7 die voraussichtlichen Kapital- und Instandhaltungskosten berechnet. Zur Verwendung kam die Annuitätenmethode, dabei wurde der Zinssatz mit 5 % angesetzt. Die jeweiligen Nutzungsdauern sowie die Faktoren für die Instandhaltung orientieren sich an den Vorgaben der VDI Heizwerk (Variante 1) Die geschätzten Kosten für ein reines Biomasse-Heizwerk inklusive Spitzenlast- und Redundanzversorgung belaufen sich zusammen mit Planungs- und Ingenieurleistungen auf ca. 2,54 Mio. EUR. Hieraus ergeben sich jährliche Kapitalkosten von ca EUR und Instandhaltungskosten von EUR (siehe A7.1) Heizkraftwerk ORC (Variante 2) Wie bereits bei der Kostenschätzung erläutert, verteuert die zusätzliche Stromerzeugung das Projekt in fast allen Belangen. Das größere Gebäude und die aufwändige Technik summieren sich auf gut 5,9 Mio. EUR. Dadurch steigen auch die Kapitalkosten auf über EUR und die Instandhaltungskosten auf EUR pro Jahr (siehe A7.2) Fernwärmenetz Für den angenommenen Endausbau des Wärmenetzes ergibt sich in Summe ein Investitionsaufwand von gut 24,3 Mio. EUR. Gemäß der Annuitätenmethode führt dies zu Kapitalkosten von 1,54 Mio. EUR pro Jahr. Für die Instandhaltung sind jährlich etwa EUR einzuplanen (siehe A7.N-70%). 3.3 Förderung Der Bund fördert unter anderem über die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) mit dem Programm Nr. 270 Maßnahmen zur Nutzung erneuerbarer Energien in Deutschland. Hierunter fallen auch Anlagen zur Verbrennung fester Biomasse für die thermische Nutzung oder streng wärmegeführte KWK-Biomasse-Anlagen und die zugehörigen Wärmenetze. Die Förderbedingungen werden in der Regel jährlich angepasst und gelten nach Genehmigung durch die zuständige EU-Kommission dann rückwirkend. KESS GmbH: Konzeption und Planung ökologischer Energiesysteme Seite 20 von 42
21 3 Wirtschaftlichkeitsberechnung Im Falle einer Realisierung des Vorhabens müssen die dann aktuellen Konditionen zeitnah abgefragt und in die Berechnungen eingearbeitet werden. Bei aktuell laufenden Projekten, die unser Büro in der Planungsund Realisierungsphase betreut, arbeiten wir diesbezüglich mit externen Beratern zusammen, die sich auf die Recherche und Akquise in Frage kommender Fördermittel spezialisiert haben Heiz(kraft)werk Im aktuellen Merkblatt der KfW für 2009 heißt es unter anderem: 2. Biomasse-Anlagen zur Verbrennung fester Biomasse für die thermische Nutzung oder 3. streng wärmegeführte KWK-Biomasse-Anlagen: Gefördert wird die Errichtung und Erweiterung automatisch beschickter Anlagen zur Verfeuerung fester Biomasse (z. B. Holzpellets, Scheitholz, oder Holzhackschnitzel) mit einer installierten Nennwärmeleistung von mehr als 100 kw, bei Anlagen nach Nr. 3 bis maximal 2 MW, sofern die im Antrag auf Tilgungszuschuss (Formular-Nr ) genannten Emissionswerte eingehalten werden. Bei der angenommenen Nennwärmeleistung des Biomassekessels von 4 MW wären diese Bedingungen also erfüllt, weshalb wir bei der Variante 1 die entsprechenden Fördermittel angesetzt haben. Diese sehen einen Zuschuss von 20 EUR je kw installierte Nennwärmeleistung vor, höchstens jedoch EUR. Der Bonus für besonders niedrige Staubemissionen in gleicher Höhe blieb vorerst unberücksichtigt, da erst technisch geklärt werden müsste, ob die diesbezüglichen Grenzwerte unterschritten werden könnten. Bei der Variante mit zusätzlicher Stromerzeugung ist die Förderung auf Anlagen kleiner 2 MW Nennwärmeleistung beschränkt, weshalb in der vorliegenden Wirtschaftlichkeitsbetrachtung keine direkten Zuschüsse zum Ansatz kommen. Allerdings findet über die Vergütung der eingespeisten Elektrizität nach EEG und damit deutlich über Marktpreis eine indirekte Förderung statt. Die nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz gewährte Einspeisevergütung ist gleichzeitig auch ein Ausschlusskriterium für einige weitere Fördermaßnahmen beispielsweise nach dem neuen KWK-Gesetz (Kraft-Wärme-Kopplung). KESS GmbH: Konzeption und Planung ökologischer Energiesysteme Seite 21 von 42
22 3 Wirtschaftlichkeitsberechnung Fernwärmenetz Für eine thermische Nutzung großer Biomasse-Anlagen ist die Errichtung von Fernwärmenetzen unabdingbar. Das KfW-Programm 270 sieht diesbezüglich vor: Gefördert wird die Errichtung und die Erweiterung eines Wärmenetzes (inkl. die Errichtung der Hausübergabestationen), sofern das Wärmenetz zu mindestens 50 % mit Wärme aus erneuerbaren Energien gespeist wird oder zu mindestens 20 % aus solarer Strahlungsenergie gespeist wird, sofern ansonsten fast ausschließlich Wärme aus hocheffizienten KWK-Anlagen oder aus Wärmepumpen eingesetzt wird Für das Wärmenetz muss im Mittel über das gesamte Netz ein Mindestwärmeabsatz von 500 kwh pro Jahr und Meter Trasse nachgewiesen werden. Die Förderung findet über zinsbegünstigte Darlehen und zusätzliche Tilgungszuschüsse statt. Letztere bemessen sich laut Merkblatt: Für förderfähige Wärmenetze (ohne Anspruch auf Zuschlagszahlung gemäß 7 a des Gesetzes für die Erhaltung, die Modernisierung und den Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung (KWKG): a) 60 Euro je neu errichteten Meter Trassenlänge im Rahmen einer erstmaligen Erschließung, b) 80 Euro je neu errichteten oder verstärkten (erweiterten) Meter Trassenlänge, höchstens jedoch eine Million Euro (Förderhöchstbetrag) Bei Wärmenetzen mit einem im Mittel über das gesamte Netz erreichten Wärmeabsatz über 3 MWh pro Jahr und Meter Trasse halbiert sich der Förderhöchstbetrag Da der Wärmedurchsatz voraussichtlich zwischen den beiden oben genannten Grenzwerten liegt und das Netz in einem bereits bebauten Areal errichtet würde, haben wir für das Wärmenetz den Förderbetrag von 80 EUR pro Trassenmeter angesetzt. Die resultierenden Förderbeträge und die sich ergebenden Kapitalkostenminderungen sind in den Berechnungsblättern der Anlage A7 bereits berücksichtigt. Die in Kapitel 3.2 genannten Beträge reduzieren sich entsprechend. KESS GmbH: Konzeption und Planung ökologischer Energiesysteme Seite 22 von 42
23 3 Wirtschaftlichkeitsberechnung 3.4 Jahreskosten nach VDI 2067 (Statische Betrachtung) In den Anlagen A8 werden die Jahreskosten, die sich aus den Kapital-, Instandhaltungs-, Betriebs-, Verbrauchs- und sonstigen Kosten zusammensetzen, ermittelt. Davon abgezogen werden die Erlöse aus dem Wärmeverkauf. Die verbleibenden Jahresgesamtkosten fallen für Errichtung und Betrieb der jeweiligen Variante an. Ist der Wert negativ, so ist ein Gewinn zu erwarten. Zwischen den definierten Einheiten "Heiz(kraft)werk" und "Fernwärmenetz" gibt es wie bereits in Kapitel 2.2 angesprochen die wirtschaftliche Schnittstelle "Wärmeverkauf". Der hier verrechnete Preis hat keinen Einfluss auf das Gesamtergebnis, wohl aber auf die Telergebnisse der beiden Einheiten. So führt ein höherer Wärmepreis zu einem höheren Gewinn beim Heizhaus, aber gleichermaßen zu schlechteren Konditionen beim Netzbetrieb und umgekehrt. Im vorliegenden Fall haben wir mit einem Preis von 35,00 EUR/MWh gerechnet, basierend auf Erfahrungs- und Durchschnittswerten bestehender Biomasse-Heizwerke. Zahlreiche Kostenpositionen und auch die Einnahmen hängen vom Wärmeabsatz ab, der wiederum mit dem Ausbaugrad und damit der Anschlussdichte des Netzes korreliert. Für eine nach VDI 2067 vorgesehene statische Momentaufnahme haben wir deshalb zunächst wieder den theoretischen Endausbau betrachtet und deshalb eine Anschlussdichte von 70 % angenommen. Für die Hackschnitzel als Hauptenergielieferant wurde ein Mischpreis von 60,00 EUR pro Tonne (bei einem Wassergehalt von w=40 %) angesetzt. Dies entspricht in etwa dem Durchschnittspreis, der bei der Brennstoffausschreibung für das Holz-Heiz-Kraft-Werk Ainring erzielt wurde. Die Spitzenlast-Kesselanlage soll mit Heizöl betrieben werden. Der Kalkulationspreis von 65 Cent/l (netto) entspricht in etwa dem vom Statistischen Bundesamt veröffentlichten Mittelwert für das Jahr 2008 und wurde erstmals wieder Mitte Oktober 2008 unterschritten Heizwerk (Variante 1) Durch den Bau und Betrieb eines Biomasse-Heizwerks entstehen jährliche Kosten von 2,5 Mio. EUR (siehe Anlage A8.1). Davon entfallen über 88 % (2,2Mio. EUR) auf verbrauchsgebundene Kosten (Hackschnitzel, Heizöl, Strom für Hilfsantriebe), 7,7 % machen die in Kapitel ermittelten Kapitalkosten aus. KESS GmbH: Konzeption und Planung ökologischer Energiesysteme Seite 23 von 42
24 3 Wirtschaftlichkeitsberechnung Die an den Netzbetreiber verkaufte Nutzwärmemenge von etwa MWh bringt beim angenommenen Preis von 35,00 EUR/MWh Einnahmen in Höhe von 1,73 Mio. EUR. In Summe ergeben sich jährliche Gesamtkosten von ca EUR. Als alternative Betrachtung kann man die Wärmegestehungskosten ermitteln. Bei der Variante 1 sind diese gleich der Summe der Ausgaben, also knapp 2,5 Mio. EUR. Teilt man diese durch die erzeugte Wärmemenge von ca MWh, ergibt sich ein Wärmepreis ab Heizhaus von 50,60 EUR/MWh Heizkraftwerk ORC (Variante 2) Aufgrund des für die Stromerzeugung nötigen höheren Primärenergieeinsatzes steigen die verbrauchsgebundenen Kosten auf 2,48 Mio. EUR, was aber nur 77 % der Gesamtkosten ausmacht. Die höheren Kapitalkosten stellen nun ca. 15 % des Gesamtbetrages von 3,21 Mio. EUR. Zu den gleichen Einnahmen aus dem Wärmeverkauf kommen nun noch die Erlöse der Stromeinspeisung hinzu. Das ab geltende EEG sieht eine jährliche Degression der Vergütung von 1 % vor, abhängig vom Jahr der Inbetriebnahme; in dieser Studie haben wir dafür 2010 angenommen. Inklusive der Zuschläge für den Einsatz nachwachsender Rohstoffe (Waldholz), innovativer Anlagentechnik (ORC) und KWK (streng wärmegeführter Betrieb) erhält man damit eine mittlere Vergütung von 18,57 ct/kwh. Bei einer eingespeisten Strommenge von MWh führt das zu zusätzlichen Erlösen von 1,4 Mio. EUR. Mit den Gesamteinnahmen von 3,13 Mio. EUR verbleiben bei dieser Variante Kosten von EUR pro Jahr (Anlage A8.2). Die Wärmegestehungskosten ergeben sich bei Variante 2 aus den Gesamtausgaben abzüglich der Erlöse aus der Stromerzeugung zu 1,81 Mio. EUR. Damit erhält man einen spezifischen Wärmepreis von 36,61 EUR/MWh Fernwärmenetz Die in der Energiezentrale erzielten Einnahmen fallen für den Netzbetrieb natürlich in gleicher Höhe als Ausgaben für den Wärmebezug an. Zusammen mit der Hilfsenergie entstehen verbrauchsgebundene Kosten von 1,87 Mio. EUR (48 % der Gesamtausgaben). Die Investition von 23,3 Mio. EUR für den Bau des Wärmenetzes führen zu Kapitalkosten von 1,48 Mio. EUR (38 %). KESS GmbH: Konzeption und Planung ökologischer Energiesysteme Seite 24 von 42
25 3 Wirtschaftlichkeitsberechnung Zusammen mit den Kosten für Instandhaltung, Betrieb und Sonstiges kommt man so auf Gesamtausgaben von ca. 3,94 Mio. EUR pro Jahr. Aus dem Verkauf der Nutzwärme an die Endkunden resultieren entsprechende Erlöse. Um diese zu quantifizieren, haben wir ein (fiktives) Tarifmodell "Fernwärme Feldkirchen-Westerham" definiert (siehe Anlage A9). Dieses orientiert sich an existierenden Fernwärmetarifen und besteht aus den Komponenten Grundpreis (GP), Arbeitspreis (AP), Hausanschlusskosten (HAK) und Baukostenzuschuss (BKZ), die jeweils nach Leistung bzw. Verbrauch gestaffelt sind. Die Wärmebedarfsabschätzung aus Abschnitt wurde nun mit diesem Tarifmodell belegt. Die Ergebnisse sind in Anlage A10 aufgeführt. Bei der angenommenen Anschlussdichte von 70 % verbrauchen Abnehmer etwa MWh Nutzwärme und bezahlen dafür 3,04 Mio. EUR. Die einmalig erhaltenen Hausanschlusskosten und Baukostenzuschüsse führen zu einem niedrigeren Kapitalbedarf und reduzieren damit die Kapitalkosten um gut EUR pro Jahr. Die Gesamteinnahmen summieren sich auf 3,5 Mio. EUR und führen so zu einem jährlichen Verlust von EUR (Anlage A8.N). So wie für das Heiz(kraft)werk die Wärmegestehungskosten eine wichtige Kenngröße sind, kann man für das Netz die Wärmeverteilungskosten ermitteln. Diese sind gleich der Summe der Ausgaben abzüglich der Kosten für den Wärmebezug vom Heizhaus und errechnen sich in unserem Beispiel zu 2,21 Mio. EUR. Da die Netzverluste ebenfalls den Verteilkosten zuzuordnen sind, muss man diese zur Preisermittlung auf die verteilte Nutzwärmemenge von gut MWh beziehen. Damit ergibt sich ein Verteilpreis von 53,67 EUR pro MWh Nutzwärme Vergleich der Varianten In dem Diagramm in Anlage A11 haben wir die Verhältnisse grafisch dargestellt. Da an der Hochachse die Kosten aufgetragen sind, entspräche ein negativer Wert einem Gewinn. Ein Biomasse-Heizwerk wie in V1 betrachtet kann unter den angenommenen Randbedingungen nicht wirtschaftlich arbeiten. Erst bei einem Wärmepreis über 51 EUR/MWh würde hier die Gewinnzone erreicht. KESS GmbH: Konzeption und Planung ökologischer Energiesysteme Seite 25 von 42
26 3 Wirtschaftlichkeitsberechnung Auch bei der Variante 2 mit Stromerzeugung bleibt ein Verlust, wenn auch deutlich geringer. Ab einem Wärmepreis von 37 EUR/MWh wäre hier Gewinn zu erzielen, allerdings sind dafür auch Investitionen von über 5,9 Mio. EUR zu tätigen. Das Fernwärmenetz erreicht aufgrund der großen Ausdehnung des Versorgungsgebiets unter den angenommenen Randbedingungen ebenfalls nur ein negatives Jahresergebnis. Für eine "schwarze Null" dürfte der Wärmepreis nicht höher als etwa 26 EUR/MWh sein, alternativ müsste der Tarif für die Endkunden erhöht werden Gesamtbetrachtung Heiz(kraft)werk + Netz Betrachtet man wie in Anlage A12 dargestellt das Heiz(kraft)werk und das Wärmenetz als eine Einheit, ergibt sich bei der Variante 1 ein Gesamtverlust von 1,21 Mio. EUR pro Jahr. Die Einspeisevergütung für den erzeugten Strom wird nur zum Teil durch höhere Kapital- und Betriebskosten aufgezehrt und kann bei V2 den Verlust auf ca EUR reduzieren. Wie in den Abschnitten bis erläutert lässt sich auch für diese Gesamtbetrachtung der spezifische Wärmegestehungspreis beim Endkunden ermitteln. Dieser ergibt sich aus der Summe aller Kosten (bei der Variante 2 reduziert um die Stromerlöse) bezogen auf die ausgelieferte Nutzwärmemenge. In unserem Beispiel hat ein durch ein Biomasse-Heizwerk (V1) gespeistes Fernwärmenetz beim Endkunden einen Wärmegestehungspreis von 114,23 EUR pro MWh. Kommt für die Wärmeerzeugung ein Heizkraftwerk (V2) zum Einsatz, reduziert sich durch die zusätzlichen Einnahmen aus der Stromeinspeisung der Wärmepreis auf 97,49 EUR/MWh. Bei diesen Gestehungspreisen wird es sehr schwer werden, potentiellen Fernwärmekunden ein interessantes und konkurrenzfähiges Angebot zu unterbreiten. Die Ergebnisse resultieren aus einer statischen Betrachtung bei heutigen Energiepreisen. Ein allmählicher Ausbau oder eine mögliche Nachverdichtung des Fernwärmenetzes können in der Wirtschaftlichkeitsberechnung nach VDI 2067 nicht oder nur unzureichend berücksichtigt werden. KESS GmbH: Konzeption und Planung ökologischer Energiesysteme Seite 26 von 42
27 3 Wirtschaftlichkeitsberechnung 3.5 Einfluss der Anschlussdichte Bei der im vorigen Abschnitt angestellten Wirtschaftlichkeitsbetrachtung wurde deutlich, dass die beiden Varianten der Energiezentrale unterschiedliche Kosten- und Erlösstrukturen aufweisen, die zudem von der Anschlussdichte, also der abzusetzenden Wärmemenge abhängig sind. Um herauszufinden, welche Variante bei welchem Netzausbaugrad die günstigste ist, haben wir durch eine Variationsrechnung die resultierenden Jahreskosten in Abhängigkeit von der Anschlussdichte ermittelt. Die Ergebnisse sind im Diagramm in Anlage A13 dargestellt. Das Heizwerk (V1) erreicht sein Kostenminimum bei ca. 35 %, erwirtschaftet allerdings auch hier einen Verlust. Das Heizkraftwerk (V2) arbeitet unter den angenommenen Randbedingungen zwischen 20 % und 65 % Anschlussdichte wirtschaftlich, das Optimum liegt bei ca. 40 %. Der Netzbetrieb bleibt immer ein Zuschussgeschäft und verursacht Kosten zwischen und EUR. Fasst man die beiden Einheiten "Heizwerk" und "Wärmenetz" zusammen, so ergibt sich bei keiner Variante zu irgendeinem Zeitpunkt eine wirtschaftliche Betriebsweise (durchgehende Linien im Diagramm). Das Optimum, d. h. der geringste Verlust, liegt im Bereich zwischen ca. 28 und 38 % Anschlussdichte. Auch dieser Betrachtungsweise liegt die statische Wirtschaftlichkeitsberechnung aus Abschnitt 3.4 zugrunde. Die jeweilige Anschlussdichte wird als zum heutigen Zeitpunkt gegeben angenommen ("Momentaufnahme"), der Weg dahin außer Acht gelassen. Allerdings ist hierbei zu beachten, dass auch die Kesselauslegung über den gesamten Variationsbereich konstant gehalten wird. In Abschnitt wurde gezeigt, dass bereits ab ca. 50 % Anschlussdichte eine Biomasse-Leistung von 4 MW nicht mehr ausreicht, um einen hinreichenden Beitrag zur Gesamt- Energiebilanz zu leisten. Der extreme Anstieg der Kosten für Spitzenlast- Brennstoff ist der Hauptgrund für das vorliegende Ergebnis. 3.6 Entwicklung über 20 Jahre (Dynamische Betrachtung) Sowohl der Bau eines Biomasse-Heizkraftwerks als auch die Errichtung eines Fernwärmenetzes erfordern hohe Investitionen. Um eine Aussage über die Gesamtwirtschaftlichkeit eines solchen Projektes abgeben zu können, ist eine dynamische Betrachtung über einen längeren Zeitraum erforderlich. Wir haben dafür eine Projektdauer von 20 Jahren gewählt. KESS GmbH: Konzeption und Planung ökologischer Energiesysteme Seite 27 von 42
28 3 Wirtschaftlichkeitsberechnung Bei einer solchen Betrachtung haben die jährlichen Preissteigerungen einen erheblichen Einfluss auf das Gesamtergebnis. Wir haben in unserer Simulation folgende Raten verwendet: Heizöl/Erdgas: 8,0 %, Strom: 4,0 %, Biomasse: 2,0 %, Investitionskosten: 2,0 %, Lohnkosten: 2,0 %. Diese Daten sind vorsichtig anhand der Preisentwicklung der letzten Jahre abgeschätzt. Sowohl der Preis der Nutzwärme ab Heizhaus als auch Arbeits- und Grundpreis für den Wärmeverkauf an die Endverbraucher sind über beispielhafte Preisgleitklauseln an die oben genannten Teuerungsraten gekoppelt. Mit den gewählten Gewichtungsfaktoren ergeben sich so folgende Steigerungen: Wärme ab Heizwerk: 3,4 %, Fernwärme Arbeitspreis: 3,6 %, Fernwärme Grundpreis: 2,0 %. Die Fernwärme verteuert sich also weniger als halb so stark wie Heizöl oder Erdgas. Solche Konditionen sind erfahrungsgemäß als Marketinginstrument unerlässlich, um hinreichend viele Neukunden für den Anschluss an das Wärmnetz gewinnen zu können. Gerade Hausbesitzer, die bereits eine funktionierende Heizungsanlage in Betrieb haben, lassen sich in der Regel nur mit der Aussicht auf deutliche Kosteneinsparungen zu einem Umstieg motivieren. Aufgrund der im vorigen Kapitel gezeigten Abhängigkeiten haben wir den optimalen Endzustand mit 35 % Anschlussdichte festgelegt. Diese soll im ersten Betriebsjahr mit 5 % bezogen auf den Gesamtwärmebedarf beginnen und dann jährlich um 5 % wachsen, bis nach 7 Jahren der Endausbau erreicht ist. Diese 5 % Zuwachs pro Jahr decken sich mit unseren Erfahrungen aus der Praxis und lassen sich auch rechnerisch herleiten. Wenn man eine durchschnittliche Lebensdauer einer Heizungsanlage von 20 Jahren annimmt, müssen statistisch gesehen pro Jahr 5 % der Heizungen erneuert bzw. ersetzt werden. In der Praxis wird ein Fernwärmenetz in einzelnen Bauabschnitten ausgebaut, für die jeweils ein Anfangs-Anschlussgrad von ca. 40 % angestrebt wird. KESS GmbH: Konzeption und Planung ökologischer Energiesysteme Seite 28 von 42
29 3 Wirtschaftlichkeitsberechnung Durch die Verzögerung zwischen dem Zeitpunkt der Investition und den ersten Einnahmen fallen zunächst Anlaufverluste an. Diese sollen zu einem Zinssatz von 6 % pro Jahr zwischenfinanziert werden Heizwerk (Variante 1) Bei einem reinen Biomasse-Heizwerk setzt sich die bereits bei der statischen Betrachtung zu beobachtende Tendenz über die gesamte Laufzeit fort. Zu keinem Zeitpunkt werden die Einnahmen größer als die Ausgaben, es entsteht also in jedem Jahr ein Betriebsverlust. Über den betrachteten Zeitraum von 20 Jahren summieren sich diese auf ca. 11,6 Mio. EUR (Anlage A14.1) Heizkraftwerk ORC-Splitsystem (Variante 2) Die zusätzlichen Einnahmen aus der Stromeinspeisung führen ab dem sechsten Jahr zu einem Einnahmenüberschuss, der aufgrund der Preisentwicklung allerdings ab dem vierzehnten Jahr wieder einem Verlust weicht. Die Anlaufverluste können durch diese kurzzeitigen Gewinne zunächst zwar reduziert, aber nie vollständig abgebaut werden, wie im Diagramm von Anlage A14.2 ersichtlich ist. Bis zum Ende des Betrachtungszeitraums sammeln sich Verluste von fast 3,1 Mio. EUR an Fernwärmenetz Der Netzbetrieb weist unter den angenommenen Randbedingungen eine ungünstige Kostenstruktur auf; die notwendigen Investitionen sind im Verhältnis zu den erzielbaren Erlösen relativ hoch. Deshalb wird der verbleibende Verlust mit jedem Jahr größer und summiert sich letztendlich auf 15,1 Mio. EUR (Anlage A14.N). Die oben stehenden Einzelergebnisse führen dazu, dass auch bei einer gesamtwirtschaftlichen Betrachtung von Heiz(kraft)werk und Fernwärmenetz das kumulierte Gesamtergebnis stets negativ bleibt und nach 20 Jahren Werte von 26,7 (V1+Netz) bzw. 18,2 Mio. EUR (V2+Netz) erreicht. 3.7 Angepasster Ausbau der Heizkraftwerks Die Ergebnisse der bisherigen Untersuchungen lassen den Schluss zu, dass bei der gewählten Dimensionierung des Heizkraftwerks mit ca. 4 MW Biomasse-Heizleistung eine wirtschaftliche Versorgung des definierten Kerngebiets mit Biowärme nicht möglich ist. Hauptursache ist zum einen die große Ausdehnung des Versorgungsgebiets, die hohe KESS GmbH: Konzeption und Planung ökologischer Energiesysteme Seite 29 von 42
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