VL März 2012-R Was ist der Mensch? Andreas Brenner FS-12
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1 VL März 2012-R Was ist der Mensch? Andreas Brenner FS-12 1
2 Der Mensch und seine Würde 2
3 2. Des Menschen Würde: Cicero Das Schickliche (wird) bei allen Handlungen, Äußerungen, endlich in der Bewegung und Haltung des Körpers sichtbar. ( ) drei Voraussetzungen: Schönheit, Sinn für Ordnung und ein dem Handeln angemessenes Auftreten. (Cicero, De officiis 1, 126) 3
4 2. Des Menschen Würde: Cicero Reden: Zügellosigkeit und Anzüglichkeit der Rede vermeiden Unterschied zwischen Reden und Tun: (Cicero, De officiis 1, 128) 4
5 2. Des Menschen Würde: Cicero (Cicero, De officiis 1, 128) Räuberei, Betrug, Ehebruch Reden ehrenhaft Kinderzeugen schändlich Tun schändlich ehrenhaft 5
6 2. Des Menschen Würde: Cicero Takt und Anstand als natürliche Gefühle, Nähe, Abstand, Kraft und Intensität einstudierte Bewegungen sind oft recht geckenhaft. ( schlechte Schauspieler, Affektiertheit (Cicero, De officiis 1, 130) 6
7 2. Des Menschen Würde: Cicero Bewegen: Wir müssen uns auch davor hüten, allzu langsam und steif einherzugehen, damit wir nicht den Traggestellen bei den feierlichen Aufzügen ähneln. Auf der anderen Seite ist eine übertriebene Hast zu vermeiden, wenn wir in Zeitnot geraten sind. Denn sonst werden wir atemlos, der Gesichtsausdruck ändert sich, und die Gesichtszüge verzerren sich. Daraus ergibt sich dann unverkennbar, dass es uns an innerer Beständigkeit fehlt. (Cicero, De officiis 1, 131) 7
8 2. Des Menschen Würde: Cicero Verbale und non-verbale Äusserungen: die rechte Mitte das Beste ist. (Cicero, De officiis 1, 130) wir im ganzen Leben Leidenschaften meiden, d.h. allzu übersteigerte Erregungen der Seele, die sich der Vernunft nicht unterordnen. (Cicero, De officiis 1, 136) 8
9 Maß-Halten 2. Des Menschen Würde: Cicero daß, wie in einer ausgewogenen Rede, so in der Lebensführung alles zueinander passend und in ausgewogenem Verhältnis sei. (Cicero, De officiis 1, 144) 9
10 Die Würde des Takts 10
11 Was ist Takt? schwer zu erkennen Taktlosigkeit sticht ins Auge, Takt bleibt verborgen (implizit, statt explizit) Mitte wahren sittlicher Geschmack (Herbart) (ders. Schriften zur Praktischen Philosophie) 11
12 Warum taktvoll sein? Plessner: «Weisheit des Taktes: Schonung des anderen um meiner selbst willen.» «Echte Grazie, eine aus dem Herzen kommende Ursprünglichkeit und Wärme.» (Ders, Grenzen der Gemeinschaft, S. 108f). 12
13 Warum taktvoll sein? Takt als Spiegel der Natur, Ausdruck der Authentizität der Persönlichkeit Bedeutung der Authentizität 13
14 Die Bedeutung der Authentizität: Was ist Authentizität Bei sich sein Übereinstimmung mit sich selbst Sich selbst sein Eigentlichkeit (Heidegger) 14
15 Die Schwierigkeit der Authentizität Charles Taylor (* 1931): Bedeutung der Innerlichkeit Quellen des Selbst, 1989 Ethik der Authentizität,
16 Die Schwierigkeit der Authentizität: Charles Taylor Bedeutung und Paradox der Innerlichkeit : Vorstellung der Innerlichkeit beginnt sich erst in der Neuzeit zu entwickeln und entfaltet sich im 18. Jahrhundert mit einem Begriff des reflexiven Selbst. 16
17 Die Schwierigkeit der Authentizität: Quellen des Selbst und Weg zur Innerlichkeit Antike Vorarbeit der Selbstsorge (Aristoteles` Ethik, Stoische Arbeit an sich selbst); Christliche Selbsterfahrung: Gebet und Meditation Radikale Aufklärung: Vernunft-Subjekt 17
18 Die Schwierigkeit der Authentizität: Quellen des Selbst und Weg zur Innerlichkeit Genereller Einwand: Innerlichkeit als zeit- und kulturrelatives Konstrukt 18
19 Der unmögliche Weg zur Innerlichkeit? Innereuropäischer Einwand: Rousseau ( ), Emile (1762): gesunder Menschenverstand ( eine Art sechster Sinn ) statt Vernunft Natur als Quelle des Selbst (Emile, S. 339) 19
20 Der unmögliche Weg zur Innerlichkeit? Rousseau ( ), Emile (1762): Sensitive oder kindliche Vernunft (Emilie, S. 339) Bedeutung der Pädagogik: Erziehung zum Selbst Aber wie? 20
21 Der unmögliche Weg zur Innerlichkeit? Rousseau ( ), Emile (1762): Bedeutung der Pädagogik: Erziehung zum Selbst Aber wie? Bedeutung der natürlichen Erziehung (Emile 389) 21
22 Der unmögliche Weg zur Innerlichkeit? Rousseau ( ), Emile (1762): Bedeutung der natürlichen Erziehung Vorbild Robinson Crusoe Nur auf sich und seine Natur gestellt Edler Wilde ( Paul Gauguin Claude Levi-Strauss, Tristes tropiques) Ideal der Kindheit: Romantische Kindheitssehnsucht (Emile 389ff) 22
23 Der unmögliche Weg zur Innerlichkeit? Rousseau ( ), Emile (1762): Bedeutung der natürlichen Erziehung Selbstliebe einzige natürliche Leidenschaft Selbstliebe stärken (Emile 211) 23
24 Der unmögliche Weg zur Innerlichkeit? Rousseau ( ), Discours, 1755 Was ist Selbstliebe? Amour de soi Amour de propre natürlich x gesellschaftlich X präreflexiv x reflexiv X 24
25 Authentisch sein Shaftesbury ( ): They have acted like themselves, and to their own Genius and Character. (Vol. I, 280) 25
26 Authentisch sein a) Aufrichtigkeit: moralisch b) Eigentlichkeit: Aufgabe und Gefahr der Inszenierung 26
27 Authentisch sein als Eigentlichkeit Schwierigkeiten: Erkennen der eigenen Wünsche (H. Frankfurt) Gestaltung der eigenen Persönlichkeit: Werde der Du bist : Seine Rolle finden, seine Rolle gestalten 27
28 Authentisch sein als Eigentlichkeit: Die Bedeutung der Mode: Spitzt das Bewusstsein mehr und mehr auf die Gegenwart zu (Georg Simmel: Die Mode, 1996, 197f) Verlust an Eigenzeit Gefahr der Externalisierung Wunsch der Erneuerung Pseudoreinkarnation (Meinold), (Der Mode-Mythos 2005, 28). 28
29 Authentisch sein als Eigentlichkeit - Die Bedeutung der Mode: Pseudoreinkarnation (Meinold), (Der Mode-Mythos 2005, 28). Zeit anhalten Ein anderer sein um sich selbst zu sein 29
30 Authentisch sein als Eigentlichkeit als Rollenspiel Erwing Goffman: «Wir alle spielen Theater: die Selbstdarstellung im Alltag» (1959) Kritisch u.a. Eugen Fink 30
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