Selenit. Materialbeschrieb. Marienglas. Selenit ist eine Gipsvarietät, für die spätige, besonders reine und transparente Kristalle kennzeichnend sind.

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1 Marienglas Materialgruppen: Mineralische Werkstoffe Materialbeschrieb ist eine Gipsvarietät, für die spätige, besonders reine und transparente Kristalle kennzeichnend sind. Gipsstein (Calciumsulfat-Dihydrat) ist ein weltweit häufig vorkommendes, durch Ausfällung bei der Verdunstung von Meerwasser entstandenes Sedimentgestein. Unter besonderen Umständen und Bildungsbedingungen können sich darin Hohlräume bilden, in denen die reinen Gipskristalle entstehen. Diese werden unterschiedlich bezeichnet, u. a. ist auch der Begriff Marienglas gebräuchlich. Gipskristalle können beachtliche Dimensionen erreichen. So besteht der grösste Kristall der Welt aus der Gipsvarietät. Er hat eine Länge von 13 m und wurde im Jahr 2000 in der mexikanischen Mine von Naica entdeckt. ist durchsichtig bis durchscheinend und weist eine höchst vollkommene Spaltbarkeit auf. Der Gipskristall ist weich und mit dem Fingernagel ritzbar. Fein gemahlen kann als Pigment einer Farbe einen Glanzeffekt und Brillanz verleihen. lässt sich von Hand mit Stein- und Holzwerkzeugen bearbeiten. In Form dünn abgespaltener Platten diente als Fensterglas von Reliquienbehältern und Marienbildern, worauf die Bezeichnung Marienglas zurückzuführen ist. Gebrannt und fein gemahlen war das Material z. B. ein gefragter Ausgangsstoff zur Herstellung von Stuckmarmor, da sich damit aufgrund seiner Reinheit eine sehr weisse Stuckmasse erzeugen lässt. Andere Bezeichnungen/Synonyme: Chemische Formel: Spätiger Gips, Gipsspat, Blättergips, Frauenglas, Fraueneis, Seidenspat, Gipsglas, Lapis specularis, Spiegelstein CaSO 4 x 2H 2 O Chemische Bezeichnung: Calciumsulfat-Dihydrat Italienische Bezeichnung: selenite MATERIAL ARCHIV / 5

2 Französische Bezeichnung: Englische Bezeichnung: sélénite selenite Ähnliche Materialien: Alabaster, Gipsstein, Anhydritstein Hintergrund Etymologie: Die Bezeichnung wird vom Namen der griechischen Mondgöttin Selene abgeleitet. Die Benennung erfolgte möglicherweise aufgrund der mondscheinartigen Wirkung des Kristalls, wird aber auch auf eine Legende zurückgeführt, nach der Kristalle vor allem nachts bei zunehmendem Mond gefunden werden. Geschichte: hatte schon in römischer und byzantinischer Zeit Bedeutung und war vermutlich unter der Bezeichnung Lapis specularis (Spiegelstein) bekannt. Neben der Verwendung als Fensterglas wurde auch als Symbolträger eingesetzt. In der christlichen Kultur galt er in weisser, reiner Farbe als Sinnbild für Reinheit und Keuschheit und wurde in Kombination mit Heiligenbildern aufgehängt. Herstellung Herkunft, geografische Region: weltweite Vorkommen; bekannte Fundorte: Mine von Naica (Mex), Marienglashöhle Friedrichroda (D), Ilfeld am Harz (D) Entstehung: Gipsstein und damit auch entstand vor rund Mio. Jahren durch Auskristallisation und Ablagerung bei der Verdunstung von Meerwasser. Das Gestein hat sich in verschiedenen Regionen und zu unterschiedlichen Zeiten gebildet. Im Zeitraum des Perm (vor ca Mio. Jahren) und der Trias (vor ca Mio. Jahren) entstanden die grossflächigsten und mächtigsten Gipsablagerungen der Erdgeschichte. Bei der Verdunstung von Meerwasser fallen zunächst die wenig löslichen Karbonate aus, gefolgt von den Sulfaten, zu denen Gips und Anhydrit gehören. Zuletzt fallen die gut löslichen Chloride sowie die Kalium- und Magnesiumsalze aus. Das kristalline Gefüge der Gips- und Anhydritgesteinen kann spätig, körnig, blättrig oder faserig aufgebaut sein. Die Varietät hat einen spätigen Aufbau. Gewinnung: In den meisten Gipslagerstätten gibt es auch vorkommen, die im Tageoder Untertagebau gewonnen werden können. Da dem als Werkstoff eine geringe Bedeutung zukommt, ist der spezifische Abbau dieses Nischenprodukts jedoch eher eine Seltenheit. Eigenschaften MATERIAL ARCHIV / 5

3 Zusammensetzung/Analyse: ist Calciumsulfat-Dihydrat und besteht aus 79,08% Calciumsulfat und 20,92% Kristallwasser. Beimischungen, Art: Gefüge/Mikrostruktur: kann geringe Mengen von Tonmineralien enthalten. Monoklines Kristallsystem Nachweis: Im Unterschied zum Kalkstein schäumt in Salzsäure nicht auf. Das Gestein ist relativ weich und mit dem Fingernagel ritzbar. Erscheinung Aussehen: Durch den spätigen, geschichteten Aufbau und geringe Mengen von beigemischten Tonmineralien kann das Gestein schillernd wirken. Farbe: Weisstöne kann durch Beimischungen auch leichte Grau-, Gelb- oder Brauntöne aufweisen. Geruch: neutral Mechanische Eigenschaften Dichte [ρ]: Härte nach Mohs: Spaltbarkeit: Strichfarbe: kg/m Mohs höchst vollkommen weiss Optische Eigenschaften Lichtdurchlässigkeit: transluzid - halbtransparent - partielle Lichtdurchlässigkeit, transparent - durchsichtig - vollständige Lichtdurchlässigkeit Bearbeitung Trennen und Subtrahieren: feilen, raspeln, spalten Anwendung Anwendungsgebiete: Kunstgewerbe, Baugewerbe Anwendungsbeispiele: MATERIAL ARCHIV / 5

4 Pigment, pulverisiert und gebrannt als Gipsbindemittel, Schmuckstein Sammlungen Muster in folgenden Sammlungen: ETH Zürich Baubibliothek, Gewerbemuseum Winterthur, HSLU T+A Campus Horw, Sitterwerk St. Gallen Standort in der Sammlung ETH Zürich Baubibliothek: auf Anfrage Gewerbemuseum Winterthur: Gesteine und Minerale > Schublade 40 Spezialmuster HSLU T+A Campus Horw: auf Assistenz verfügbar Bezugsquelle Bezugsquelle Sammlungsmuster: Haus der Edelsteine, Uznach Quellennachweis Verwendete Quellen: Hauber, L. & Stucky, K. (1997). Gips und Salz. In: Kündig, R. u. a. (Hrsg.). Die Mineralischen Rohstoffe der Schweiz. Zürich: Schweizerische Geotechnische Kommission, S Heusinger von Waldegg, E. (1906). Der Gips. Leipzig: von Theod. Thomas. Langbein R., Peter H. & Schwahn H. (1982). Karbonat- und Sulfatgesteine. Leipzig: Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie. Stössel, I., Stehrenberger, W. & Stamm, U. (2005). Das Schleitheimer Gipsgewerbe. Schleitheim: Stiftung zur Förderung des Gipsbergwerkes und Gipsmuseums Schleitheim. Datenblatt Kremer Pigmente: (Stand ) Weitere Quellen: Badino G. (2008). Giganti di Cristallo nelle grotte di Naica. Treviso: La Venta esplorazioni geografiche. Semyonov V. B. (1984). Satin-spar. Sverdlovsk: Mid-Urals Publishing House. Expertin / Experte: Andreas Küng Material-Archiv-Signatur: MIN_1 Text verfasst von: Sitterwerk, LJ, 2015 Stand: (Online-Schaltung: ) MATERIAL ARCHIV / 5

5 Permalink: materialarchiv.ch/detail/1715 MATERIAL ARCHIV / 5