Teil II: Nichtkommutative Algebra
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- Hertha Burgstaller
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1 Teil II: Nichtkommutative Algebra Alle Ringe in diesem Kapitel sind assoziativ und mit Grundlagen und Beispiele Sei R ein Ring. Zur Erinnerung: I R ist ein Linksideal (bzw. Rechtsideal) falls I, a, b I : a + b I, a I, λ R : λa I (bzw. aλ I). I R ist ein Ideal (auch 2-seitiges Ideal genannt) falls es Links- und Rechtsideal ist. R heißt links- (bzw. rechts-)noethersch, falls R die aufsteigende Kettenbedingung für Linksideale (bzw. Rechtsideale) erfüllt. R heißt links- (bzw. rechts-)artinsch, falls R die absteigende Kettenbedingung für Linksideale (bzw. Rechtsideale) erfüllt. Sei M ein Links- (bzw. Rechts-)R-Modul. Dann heißt M noethersch (bzw. artinsch) falls M die aufsteigende (bzw. absteigende) Kettenbedingung für seine Untermoduln erfüllt. Bemerkung. Also gilt: R links-noethersch genau dann wenn R R noethersch, R rechts-noethersch genau dann wenn R R noethersch. Analog für artinsch. Definition 9.1. Ein Ring R heißt einfach falls (0) und R die einzigen Ideale in R sind. Bemerkung 9.2. Sei R ein kommutativer Ring. Dann gilt: R einfach R ist ein Körper. Beispiel 9.3. Seien R, S Ringe und sei M = R M S ein (R, S)-Bimodul, also ein Links-R- und Rechts-S-Modul. Wir definieren ( ) {( ) R M r m A = A(M) = = r R, s S, m M}. 0 S 0 s 1
2 Dies ist ein Ring mit der üblichen Matrizenaddition und -multiplikation: ( ) ( ) ( ) r m r m + r + r m + m 0 s 0 s = 0 s + s und Einselement Man kann zeigen: ( ) ( ) ( ) r m r m rr rm 0 s 0 s = + ms 0 ss ( ) 1R 0 1 A = 0 1 S A links-noethersch R und S links-noethersch und R M noethersch; A rechts-noethersch R und S rechts-noethersch und M S noethersch; analog für links/rechts-artinsch. Damit erhält man: (1) Ist S ein kommutativer noetherscher Integritätsbereich mit Quotientenkörper K, und betrachtet man K = K K S als (K, S)-Bimodul, so ist ( ) K K A = 0 S links-noethersch aber weder rechts-noethersch noch links/rechts-artinsch. (2) Sei S R eine Körpererweiterung mit [R : S] = und betrachte wieder R als (R, S)-Bimodul. Dann ist ( ) R R A = 0 S links-noethersch und links-artinsch, aber weder rechts-noethersch noch rechts-artinsch. Zur Erinnerung: In einem Ring R heißt a R links- (bzw. rechts-)invertierbar falls b R mit ba = 1 (bzw. ab = 1). a heißt invertierbar falls a links- und rechtsinvertierbar ist. 2
3 Lemma und Definition 9.4. (i) a R ist invertierbar b R mit ab = ba = 1. Ist a invertierbar mit ab = ba = 1, und hat man ac = 1 oder ca = 1 für c R, so gilt c = b. Ist a R invertierbar, so gibt es also ein eindeutig bestimmtes b R mit ab = ba = 1 und man nennt b das (multiplikative) Inverse von a, in Zeichen b = a 1. Die invertierbare Elemente werden auch Einheiten genannt. (ii) R = {a R a invertierbar} ist eine multiplikative Gruppe, genannt Einheitengruppe von R. Gilt R = R\{0}, so nennt man R einen Divisionsring. Definition und Lemma 9.5. Sei R ein Ring und S R. Man definiert den Zentralisator von S in R als Z R (S) ist ein Unterring von R. Man definiert das Zentrum von R als Z R (S) := {x R xs = sx s S}. Z(R) := Z R (R) = {x R xr = rx r R}. Z(R) ist ein kommutativer Unterring von R. Satz 9.6. Ist R ein einfacher Ring, so ist Z(R) ein Körper. Beispiel 9.7. Quaternionenalgebren Sei K ein Körper mit char(k) 2. Seien a, b K. Wir definieren formal einen 4-dimensionalen K-Vektorraum Q mit fester Basis {e 0, e 1, e 2, e 3 }. Wir machen Q zu einem assoziativen Ring wie folgt: Die Addition ist die übliche Vektoraddition in Q. Zum Multiplizieren müssen wir die Produkte e i e j definieren, dann multipliziert man distributiv. ( 3 ) ( 3 ) λ i e i µ i e i := λ i µ j e i e j i=1 i=1 Die Relationen sind: 0 i,j 3 e 1 e 1 = ae 0 e 2 e 2 = be 0 e 3 e 3 = abe 0 e 1 e 2 = e 2 e 1 = e 3 e 2 e 3 = e 3 e 2 = be 1 e 3 e 1 = e 1 e 3 = ae 2 3
4 Damit: ( 3 i=1 x ) ( 3 ie i i=1 y ) ie i = 0 i,j 3 x iy j e i e j = (x 0 y 0 + ax 1 y 1 + bx 2 y 2 abx 3 y 3 )e 0 = +(x 0 y 1 + x 1 y 0 bx 2 y 3 + bx 3 y 2 )e 1 = +(x 0 y 2 + x 2 y 0 ax 3 y 1 + ax 1 y 3 )e 2 = +(x 0 y 3 + x 3 y 0 + x 1 y 2 x 2 y 1 )e 3 Man rechnet mühsam nach, dass diese Multiplikation in der Tat assoziativ ist und damit Q zu einem assoziativen Ring mit 1 Q = e 0 wird. Da char(k) 2 und somit 1 1 gilt, so folgt, dass Q sicher nicht kommutativ ist. Die Abbildung ϕ : K Q : x xe 0 ist dann ein injektiver Ringhomomorphismus mit ϕ(k) = Ke 0 Z(Q). Insbesondere ist Q eine 4-dimensionale K- Algebra mit K-Basis {e 0, e 1, e 2, e 3 }. Üblich ist es, K mit Ke 0 zu identifizieren und die Basis mit {1, i, j, k} zu bezeichnen, sodass K = K 1 ein Unterkörper von Q ist. Also Q = K Ki Kj Kk. Die Relationen sind entsprechend i 2 = a, j 2 = b, ij = ji = k. Die übrigen ergeben sich aus der Assoziativität (die man auch gleich hätte fordern können) und der Tatsache, dass die Elemente aus K mit allen Elementen aus Q kommutieren: Zum Beispiel k 2 = (ij)(ij) = (ji)(ij) = ij 2 i = ibi = i 2 b = ab. Wir schreiben Q = (a, b) K und nennen Q eine verallgemeinerte Quaternionenalgebra über K. Man definiert die sogenannte Konjugation auf Q: Es gilt: : Q Q : ζ = x + yi + zj + wk ζ = x yi zj wk ζ Q: ζ = ζ. Insbesondere ist die Konjugation bijektiv. Die Konjugation ist K-linear: a 1, a 2 K, ζ 1, ζ 2 Q: a 1 ζ 1 + a 2 ζ 2 = a 1 ζ 1 + a 2 ζ 2. Die Konjugation ist antimultiplikativ: ζ 1, ζ 2 Q: ζ 1 ζ 2 = ζ 2 ζ 1. Definition 9.8. Sei R ein Ring. σ : R R heißt Antiautomorphismus falls gilt: σ ist bijektiv; σ(1) = 1; 4
5 σ(x + y) = σ(x) + σ(y) x, y R; σ(xy) = σ(y)σ(x) x, y R. Ein Antiautomorphismus σ ist eine Involution falls gilt σ 2 = id. Ist R eine K-Algebra, (K Körper) und gilt σ K = id K, so spricht man von einem K- Antiautomorphismus bzw. einer K-Involution. Beispiel. (i) Ist R kommutativ, so sind Antiautomorphismen genau die Automorphismen und Involutionen sind Automorphismen der Ordnung 1 oder 2. Beispiel: die komplexe Konjugation auf C. (ii) Sei R = M n (K). Dann ist das Transponieren A A t eine K-Involution (wobei man K mit KI n, den skalaren Vielfachen der Einheitsmatrix, identifiziert). Zurück zu der Quaternionenalgebra Q = (a, b) K. Sei ζ = x + yi + zj + wk Q. Dann gilt ζζ = ζζ = x 2 ay 2 bz 2 + abw 2. Man definiert N Q : Q K : ζ ζζ und nennt dies die Norm auf Q (oder Normabbildung). Die Eigenschaften von Q und der Norm N Q sind im folgenden Satz zusammengefasst. Satz 9.9. Sei K ein Körper mit char(k) 2, und seien a, b K. Sei Q = (a, b) K die assoziative 4-dimensionale K-Algebra mit Basis 1, i, j, k und Relationen i 2 = a, j 2 = b, ij = ji = k, und sei N = N Q : Q K die Norm. (i) Die einzigen 2-seitigen Ideale in Q sind (0) und Q. Insbesondere ist Q ein einfacher Ring. (ii) Z(Q) = K. (iii) ζ 1, ζ 2 Q : N(ζ 1 ζ 2 ) = N(ζ 1 )N(ζ 2 ). (iv) Für ζ Q gilt: ζ Q N(ζ) 0. In diesem Fall gilt ζ 1 = 1 N(ζ) ζ. (v) Q ist ein Divisionsring N(ζ) 0 ζ Q \ {0} die quadratische Gleichung X 2 ay 2 bz 2 + abw 2 = 0 hat als einzige Lösung über K nur die triviale Lösung (X, Y, Z, W ) = (0, 0, 0, 0). Beispiel. Hamilton s Quaternionen H := ( 1, 1) R = R Ri Rj Rk 5
6 mit i 2 = j 2 = 1 und ij = ji = k. Es gilt dann auch k 2 = 1. Die quadratische Gleichung X 2 + Y 2 + Z 2 + W 2 = 0 hat über R natürlich nur die triviale Lösung (X, Y, Z, W ) = (0, 0, 0, 0), somit ist H eine Divisionsalgebra. Man beachte, dass man H als Ringerweiterung von C auffassen kann indem man C mit R + Ri (oder mit R + Rj, oder mit R + Rk,...) identifiziert. (William Rowen Hamilton, irischer Mathematiker und Physiker, ) Beispiel. Betrachte über einem Körper K (char(k) 2) ( ) ( ) ( ) i =, j =, k = Man rechnet leicht nach (wobei 1 = 1 M2 (K) die Einheitsmatrix I 2 bedeutet): M 2 (K) = K.1 K.i K.j K.k und i 2 = j 2 = 1, ij = ji = k. Man erhält damit: M 2 (K) = (1, 1) K, d.h. jeder 2 2 Matrizenring über einem Körper der Charakteristik 2 ist eine Quaternionenalgebra. 6
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