Berücksichtigung der Kriterien des Fairen Handels bei Beschaffungen
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- Oswalda Pfaff
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1 Stadt Karlsruhe Umwelt- und Arbeitsschutz Berücksichtigung der Kriterien des Fairen Handels bei Beschaffungen Umfrageergebnisse bei den städtischen Dienststellen und Gesellschaften
2 In der Sitzung am 21. Februar 2006 hat der Gemeinderat beschlossen, dass die Verwaltung bei Beschaffungen Waren aus fairem Handel beziehen und Waren aus regionaler, möglichst ökologischer Produktion bevorzugen soll. Der Umwelt- und Arbeitsschutz sollte den Dienststellen und Gesellschaften entsprechende Informationen verschaffen und nach angemessener Zeit über den Stand berichten. Die stadtinterne Information hierüber erfolgte per Rathausbrief Nr. 5 vom 8. Mai Am 27. Oktober 2006 erfolgte eine erste Umfrage bei den Dienststellen und städtischen Gesellschaften. Hierüber wurde im AUG am 9. März 2007 berichtet. Beschaffung nach Kriterien des Fairen Handels erfolgte demnach nicht systematisch, sondern nur für einige wenige Teilbereiche. Gründe für die zögerliche Haltung waren insbesondere die Vorgaben der Vergabe- Dienstanweisung, das jeweils günstigste Angebot zu bevorzugen, außerdem Unsicherheiten bezüglich der rechtlichen Situation, der Eigenschaften und der Qualität der Produkte. Im Juni 2008 erfolgt die Anpassung der Vergabe-Dienstanweisung der Stadt Karlsruhe um den Punkt 1.8. Beschaffung nach Kriterien des Fairen Handels, nach der bei Beschaffungen der Stadt nur Produkte, die nicht mit ausbeuterischer Kinderarbeit hergestellt werden, zu beschaffen sind. Im März 2009 fand eine Informationsveranstaltung für die städtischen Beschaffungsstellen durch den Umweltund Arbeitsschutz (UA) statt. Des Weiteren wird seither die Informationsplattform Umweltfreundliche und Faire Beschaffung für die Beschaffungsstellen im Intranet Rhin vom UA regelmäßig aktualisiert und mit einer Liste empfehlenswerter Sozialsiegel, einer Eigenerklärung für Händler und Informationen zum Thema ergänzt. Am 24. April 2009 trat in Deutschland das Gesetz zur Modernisierung des Vergaberechts in Kraft. Darin werden explizit soziale und ökologische Kriterien in der Vergabe berücksichtigbar. Im Wortlaut: Artikel 1, 97, Abs. 4:... Für die Auftragsausführung können zusätzliche Anforderungen an Auftragnehmer gestellt werden, die insbesondere soziale, umweltbezogene oder innovative Aspekte betreffen, wenn sie in sachlichem Zusammenhang mit dem Auftragsgegenstand stehen und sich aus der Leistungsbeschreibung ergeben. Im Frühjahr 2011 startete der UA eine zweite Umfrage bei den Dienststellen und Gesellschaften über ihre Erfahrungen bei Beschaffungen fairer Produkte, über dessen Ergebnisse hier berichtet wird: Angeschrieben wurden: 55 Stellen (40 Stellen innerhalb des Kämmereibereichs, 15 Gesellschaften) Rücklauf kam von: 30 Stellen = 55 % (21 Dienststellen und 9 Gesellschaften) Gefragt wurde nach Produkten und Dienstleistungen, die im Zeitraum seit Änderung der Vergabeordnung 2008 nach den Kriterien des Fairen Handels (hier: ohne ausbeuterische Kinderarbeit) beschafft oder beauftragt worden waren. 1
3 Nachfolgende Grafik zeigt die Häufigkeit der Nennung von fair beschafften Produkten aller antwortenden Dienststellen. Schnittblumen: 9 Catering: 7 weitere Lebensmittel: 7 Kaffee & Co.: 13 Merchandising: 1 Papier: 1 Natursteine: 3 Weitere: 16 weitere Textilien: 4 Kunsthandwerk: 1 Spielzeug, Bastelbedarf: 3 Entsorgung: 2 Möbel: 10 Holz, Holzprodukte: 5 Dienst- und Schutzbekleidung, Schutzausrüstung: 14 Sportartikel: 1 Beschaffungen Anzahl der genannten Produkte je Stelle Anzahl der Dienststellen bzw. Gesellschaften Anzahl der Produkte Insgesamt wurden 81 Produkte und Dienstleistungen genannt, durchschnittlich rund drei Produkte pro Dienststelle bzw. Unternehmen. 2
4 Herausragende Ergebnisse: Folgende Produkte werden in der Stadtverwaltung nach den Kriterien des Fairen Handels ohne ausbeuterische Kinderarbeit entsprechend der ILO-Konvention 182 beschafft: Kaffee und andere Getränke in zahlreichen Dienststellen Schnittblumen werden von den Dienststellen in der Regel zentral über das Gartenbauamt bezogen, das wiederum entweder Waren aus eigenem Anbau verwendet, aus regionalem Bezug oder fair gehandelt bezieht. Holzprodukte (Möbel, Latten, Bänke, etc.) werden meist aus regionaler oder EU-Produktion bezogen, sind häufig zertifiziert oder mit einer Eigenerklärung versehen. Schutzausrüstung kann seit April 2011 zentral über den Arbeitssicherheitsdienst des Personal- und Organisationsamtes bezogen werden. Der beauftragte Generallieferant erfüllt die städtischen Vergaberichtlinien mit einer Eigenerklärung, gemäß der er aktive und zielführende Maßnahmen ergriffen hat, um ausbeuterische Kinderarbeit (...) auszuschließen. Dienst- und Schutzbekleidung bei der Branddirektion 3
5 Weitere Ergebnisse: Mehrheitlich geben die antwortenden Dienststellen an, dass keine oder kaum Mehrkosten durch die Beschaffung nach Kriterien des Fairen Handels entstehen dass Waren bevorzugt aus regionaler, deutscher oder EU-Produkten bezogen werden (und damit die Kriterien erfüllt sind) sie positive Erfahrungen gemacht haben aufgrund der guten Qualität der Produkte dass keine Mehrarbeit entsteht, da etliche Waren zentral beschafft werden die zur Verfügung stehenden Informationen im städtischen Intranet Rhin ausreichend sind und kein weiterer Informationsbedarf besteht Vereinzelt geben Dienststellen an, dass ihre Beschaffungen weitgehend oder vollständig zentral über andere Dienststellen erfolgen und sie aus diesem Grund über wenig Erfahrung verfügen das Kriterium ohne ausbeuterische Kinderarbeit oft mit einer hohen Qualität des Produkts einhergeht. Dieser willkommene Zusatznutzen erhöht die Akzeptanz der Beschaffung nach Kriterien des Fairen Handels deutlich Preise zu hoch seien Schlussfolgerungen: Positive Ergebnisse und Erfolge: Die Beachtung der Kriterien des Fairen Handels ist bei den beteiligten Dienststellen und Gesellschaften zwei Jahre nach Erweiterung der Vergaberichtlinien relativ gut verankert. Hauptgrund hierfür dürfte die Anpassung der Vergabe-Dienstanweisung sein. Bei der ersten Umfrage 2006/2007 war noch mehrfach angegeben worden, dass die bestehende Vergabe-Dienstanweisung eine Vergabe nach ausschließlich wirtschaftlichen Gesichtspunkten erzwinge. Zentral beschaffte Produkte wie Schnittblumen und Schutzausrüstung werden überdurchschnittlich oft genannt. Die zentralen Beschaffungsstellen haben eine hohe Fachkompetenz, besitzen einen guten Marktüberblick und entlasten hiermit andere Dienststellen. Die dort gezeigte positive Einstellung und der hohe Motivationsgrad ist dabei hauptverantwortlich für das gute Ergebnis. Praktisch alle Beschaffungen in diesen Bereichen erfolgen nach den Kriterien des Fairen Handels. Dienstkleidung wurde bei der Umfrage zusammen mit Schutzausrüstung am häufigsten (14 mal) genannt. Sie wird von den Dienststellen dezentral in eigener Verantwortung beschafft. Dies ist als sehr positiv zu bewerten und vor allem deshalb bemerkenswert, da Kleidung/Dienstkleidung als schwieriges Produkt angesichts der umfangreichen und komplexen Entstehungswege zu sehen ist. Daher ist die hohe Nennung ein herausragendes Ergebnis für die Stadt Karlsruhe. Zahlreiche Produkte verfügen über kein bekanntes Sozialsiegel, einige Siegel variieren auch Anspruch und Aussehen in kurzen Abständen. Damit ist das Sozialsiegel kein befriedigender alleiniger Anhaltspunkt für die Beschaffungsstellen. Die Möglichkeit der Eigenerklärung schafft eine rechtlich korrekte und gangbare Methode für sowohl die Beschaffungsstelle als auch den Liefe- 4
6 Die beteiligten Dienststellen und Gesellschaften geben an, keinen über das Bestehende hinausgehenden Informationsbedarf zu haben. Die Seiten im Intranet Rhin sollten daher attraktiv und aktuell gehalten werden, da sie eine wesentliche Informationsquelle darstellen. Darüber hinaus können hierüber die Erkenntnisse einzelner Beschaffungsstellen ausgewertet und allgemein zugänglich gemacht werden. Weitere Maßnahmen: Stärken nach innen verbessern: Fast die Hälfte der Dienststellen (47 %) hat das Anschreiben leider nicht beantwortet. Ein Teil hiervon beschafft Waren in erheblichem Umfang oder beauftragt in großem Umfang Dienstleistungen. Die in diesen Dienststellen und Gesellschaften gemachten Erfahrungen wären daher besonders wichtig und repräsentativ. Hier sollen in Folgegesprächen mehr Informationen gewonnen werden. ranten. Sie sollte konsequent bei allen Beschaffungen eingefordert werden. Das Kriterium ohne ausbeuterische Kinderarbeit geht oft mit einer hohen Qualität des Produkts einher. Dieser willkommene Zusatznutzen erhöht die Akzeptanz der Beschaffung nach Kriterien des Fairen Handels deutlich. Bei der ersten Umfrage 2006/2007 hatten mehrere Stellen die Befürchtung geäußert, dass die Beschaffungsgüter ohne ausbeuterische Kinderarbeit deutlich teurer seien und hatten deshalb Vorbehalte geäußert wurde daher nach entstandenen Mehrkosten gefragt. Die mehrfache Antwort ( keine oder minimale Mehrkosten ) belegt diese ursprüngliche Befürchtung nicht. Die Beschaffung von Produkten ohne ausbeuterische Kinderarbeit ist somit weitgehend kostenneutral. Die Produktpalette Kaffee, Tee, Kakao, Getränke schneidet mit lediglich 13 Nennungen vergleichsweise schlecht ab, da davon auszugehen ist, dass diese Produkte von allen Stellen regelmäßig beschafft werden. Hier spielen persönlicher Geschmack, Gewohnheiten sowie - echte oder vermutete - Unverträglichkeiten mit Automaten eine entscheidend hemmende Rolle. Eine Wiederholung der Imagekampagne mit Kaffeeverkostung an zentralen Stellen (Kantinen) könnte hier für mehr Akzeptanz sorgen. Auch die Produktpalette Möbel aus Holz oder Holzfasern wird bei allen Stellen benötigt. In der Regel werden diese Produkte von den Dienststellen selbst in eigener Verantwortung beschafft. Dennoch geben nur 10 Stellen an, die Möbel nach den Kriterien des Fairen Handels beschafft zu haben. Diese Stellen geben allerdings mehrheitlich an, dass die Möbel aus deutscher oder europäischer Herkunft kommen (somit die Kriterien erfüllen) und/oder zertifiziert sind, sehr gute Qualität besitzen und keine oder kaum 5
7 preisliche Unterschiede erkennbar seien. Hier besteht aus Sicht des UA noch ein Informations- und Aufklärungsbedarf Die Aufnahme von neuen Produkten aus dem Bereich des Fairen Handels in die Beschaffungslisten zentraler Stellen wird vorgeschlagen: Der Apfel- Mango-Saft der Streuobstinitiative Karlsruhe ist ein herausragendes Produkt, das die Gesichtspunkte Regionalität (Apfelsaft aus regionalen Streuobstwiesen) und Fairer Handel (Mangoprojekt aus den Phillippinen) vereinigt, hohe Qualität aufweist und allgemein als sehr gut schmeckend bezeichnet wird. Die Beschaffung für besondere Anlässe könnte über das Hauptamt veranlasst werden. Als ein weiteres Beispiel wäre die Aufnahme der Stadtschokolade des Weltladens in die offizielle Präsenteliste von Hauptamt oder Stadtmarketing zu nennen. Außenwirkung verbessern: Wie gezeigt werden konnte, ist die Beschaffung nach Kriterien des Fairen Handels bei der Stadtverwaltung und den städtischen Gesellschaften gut verankert. Bei turnusmäßigen Berichterstattungen vor Gemeinderat und Öffentlichkeit kann dieser Aspekt noch stärker betont und herausgestellt werden. Fair gehandelte Speisen oder Getränke können bei öffentlichen Veranstaltungen und Empfängen eine werbende Erwähnung finden, beispielsweise in Einladungen, durch mündliche Hinweise oder per Tischaufsteller. Die Beteiligung bei Städtewettbewerben wie Hauptstadt des Fairen Handels oder Fair Trade Stadt bringt eine Veröffentlichung von positiven Beispielen ( best practise ) im Bereich des Fairen Handels mit sich, die die Erfolge Karlsruhes gut abbilden. Dies kann noch durch begleitende Informationen verstärkt werden. 6
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