Der Herrscher und seine Macht ein Vergleich zwischen Mittelalter und heute
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- Sabine Koenig
- vor 5 Jahren
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1 Der Herrscher und seine Macht ein Vergleich zwischen Mittelalter und heute Jahrgangsstufe 7 Stand: Fach/Fächer Übergreifende Bildungs- und Erziehungsziele Zeitrahmen Benötigtes Material Geschichte Kulturelle Bildung Politische Bildung Werteerziehung 1 Unterrichtsstunde gelbe Kärtchen mit Thesen zur Herrschaft des Königs im Mittelalter blaue Infokärtchen zur politischen Situation heute Kompetenzerwartung G 7.2 Die Schülerinnen und Schüler... erkennen, dass durch die christlich geprägten Lebens- und Herrschaftsformen sowie durch die historischen Entwicklungen im Mittelalter wichtige Grundlagen der europäischen Kultur und Staatlichkeit geschaffen wurden. Dazu vergleichen sie die im Mittelalter bestehende enge Verbindung von christlicher Religion und politischer Herrschaft mit der Situation in einem modernen Staat. Struktur der Aufgabe Der Lernbereich G7.2 ist sehr umfassend angelegt und bündelt alle ereignis- und strukturgeschichtlichen Themen zum Mittelalter. Damit hebt der LehrplanPLUS die Trennung der beiden Lernbereiche des vorherigen Lehrplans G7.1 und G7.2 auf, um so eine Bündelung der Themen zu erreichen. Die erste Kompetenzerwartung des Lernbereichs G7.2 hat übergreifenden Charakter und kann erst dann umgesetzt werden, wenn die Sequenz zum Unterthemenbereich Herrschaft im Mittelalter abgeschlossen ist. Der zweite (hier nicht weiter thematisierte) Unterthemenbereich behandelt das Leben im Mittelalter. Zwischen beiden Themenbereichen gibt es zahlreiche Überschneidungen, die im Unterricht individuell je nach Schwerpunktsetzung zusammengestellt und kombiniert werden können. Im Folgenden soll gezeigt werden, dass man die Untersequenz Herrschaft im Mittelalter, die sich aus den Kompetenzerwartungen von G7.2 ableiten lässt, um diese zentrale Kompetenzerwartung herum konzipieren kann, um am Ende die Lernenden systematisch zwischen den mittelalterlichen und unseren heutigen modernen Vorstellungen von Herrschaft vergleichen zu lassen. Die Ausrichtung der Untersequenz Herrschaft im Mittelalter auf den systematischen Vergleich, wie ihn die erste Kompetenzerwartung fordert, bedeutet, dass sowohl die Kompetenzerwartung 2 (Untersuchen von Strukturen des Mittelalters), die Kompetenzerwartung 3 (Verstehen der Rechtfertigung von Herrschaft) und die Kompetenzerwartung 5 (Verbalisieren von Aspekten des Stadtlebens) einge- Seite 1 von 7
2 bunden sind wie auch der Inhalt 1 (Ottonisches Reich), der Inhalt 3 (Klöster), der Inhalt 4 (Reichskirche und Investiturstreit), der Inhalt 5 (Reichsstände und Territorialisierung) und der Inhalt 7 (Stadt im Mittelalter). (Anm.: Da nicht alle aus dieser Konnektivität sich ergebenden Unterrichtseinheiten vorgestellt werden können, werden im Folgenden nur grobe Kernelemente dieser aufgegriffen, sodass die strukturelle Ausrichtung dieser Untersequenz nachvollzogen werden kann.) Die Untersequenz Herrschaft im Mittelalter unter besonderer Berücksichtigung der ersten Kompetenzerwartung Vergleich (weitere Unterrichtseinheiten etwa zur Grundherrschaft wären denkbar, sind hier aber bewusst ausgeklammert) ließe sich wie folgt gliedern (der Themenschwerpunkt der jeweiligen Unterrichtseinheit ist gefettet): 1. Was macht den König zum König? Die Wahl Ottos des Großen betont seine enge Verbindung zur Kirche (Schwerpunkt: das Konzept des Königs von Gottes Gnaden der Herrscher legitimiert sich durch seine besondere Nähe zu Gott) 2. Der König verteilt Land und sichert sich damit Unterstützung: Das Lehnswesen (Schwerpunkt: Nutzung gegenseitiger Abhängigkeiten) 3. Herrschaft mit und durch die Kirche: die Ottonische Reichskirche (Schwerpunkt: die Förderung einer besonderen Rechts- und Herrschaftsbeziehung mit den Bischofskirchen und Klöstern durch den König) 4. Klöster übernehmen viele Aufgaben auch die des Königs (Schwerpunkt: Immunität durch den König ermöglicht eigenständiges rechtliches Handeln bzw. Förderung der Wissenschaften) 5. Der Investiturstreit Ein Beispiel für das schwierige Verhältnis zwischen Papst und Kaiser bei Kompetenzüberschneidungen (Schwerpunkt: päpstliche und königliche Argumentationsstränge zur Schädigung des Gegners) 6. Die mächtigen Herzöge nehmen und nehmen (Schwerpunkt: Territorialisierung als Folge der Verstetigung der Belehnung der Fürsten und Machtschwund für den König) 7. Weltliche und geistliche Königswähler die Regelungen der Goldenen Bulle (Schwerpunkt: das prekäre Verhältnis der weltlichen und geistlichen Fürsten zur Zentralmacht) 8. Zentrum und Ort der Verdichtung: Die mittelalterliche Stadt ragt weit in die Gegenwart hinein (Schwerpunkt: rechtliche Stellung der Bewohner und Prinzip der Selbstverwaltung) Zu jeder dieser acht Unterrichtseinheiten wird nun ein zentrales Material gelistet, das die Schwerpunktsetzung (und nur diese) in Bezug auf die zu erreichende Kompetenzerwartung vergleichend (s.o.) widerspiegelt. 1. Wahl Ottos aus der Sachsengeschichte des Widukind von Corvey: MGH SS. rer. Germ. in us. schol. 60. (Inhaltlicher Schwerpunkt: Die Königserhebung gliedert sich in Wahl und Treueid durch die Großen des Reichs, Zustimmung des Volkes sowie Salbung und Messe durch den Bischof. Wesentlicher Bestandteil der Erhebung ist die religiöse Fundierung des Wahlvorgangs.) DER KÖNIG IM MITTELALTER IST VON GOTT EINGESETZT, DER KÖNIG HERRSCHT, WEIL GOTT ES WILL. Seite 2 von 7
3 2. Das Wesen der Lehenstreue aus den Briefen und Gedichten des Fulbert von Chartres: In der Ausgabe The Letters and Poems of Fulbert of Chartres, edited and translated by Frederick Behrends, Oxford 1976, S. 90 Nr. 51 (Inhaltlicher Schwerpunkt: gegenseitige Treue als Kern des Lehensverhältnisses zwischen Herrn und Vasall) DER KÖNIG IM MITTELALTER BINDET SEINE VASALLEN DURCH EINEN TREUEID ENG AN SICH. 3. Schenkungen durch den König, etwa für den Würzburger Bischof im Jahr 1030: MGH DK II. Nr. 154, S. 206f. (Inhaltlicher Schwerpunkt: König Konrad beschenkt den Würzburger Bischof mit königlichen Regalien wie Markt-, Münz-, Zoll- und Bannrechten) DER KÖNIG IM MITTELALTER GIBT KÖNIGLICHE RECHTE AN BISCHÖFE UND ÄBTE AB. 4. Brief zur Rolle der Klöster aus der Kanzlei Karls des Großen an Abt Baugulf von Fulda: Edmund E. Stengel: Urkundenbuch des Klosters Fulda. Band 1, Teilband 2: Die Zeit des Abtes Baugulf. Marburg 1956, S (Inhaltlicher Schwerpunkt: Karl der Große ermahnt die Klöster, sich neben den Ordensregeln den Wissenschaften zu widmen.) DER KÖNIG IM MITTELALTER UNTERSTÜTZT DIE KLÖSTER ALS ZENTREN VON WISSENSCHAFT UND BILDUNG. 5. Absetzungserklärung gegenüber Papst Gregor VII. durch Heinrich IV. im Januar 1076 auf dem Hoftag in Worms (abgedruckt in vielen aktuellen Geschichts-Lehrwerken und unter (Inhaltlicher Schwerpunkt: König Heinrich IV. beansprucht nach der Androhung der Exkommunikation durch Gregor VII. das Recht, einen Papst zu ernennen bzw. zu bestätigen.) DER KÖNIG IM MITTELALTER BEANSPRUCHT FÜR SICH, DEN PAPST ABSETZEN ZU DÜRFEN. 6. Privilegium minus Friedrichs I. Barbarossa aus dem Jahr 1156: MGH DF I., Nr. 151, S. 259f. (Inhaltlicher Schwerpunkt: König Friedrich I. Barbarossa überlässt Heinrich Jasomirgott das Recht, bei Kinderlosigkeit selbst einen Nachfolger für das neue Herzogtum Österreich zu bestimmen.) DER KÖNIG IM MITTELALTER GIBT KÖNIGLICHE RECHTE AN DIE HERZÖGE AB. Seite 3 von 7
4 7. Vorbemerkung zur Goldenen Bulle: MGH Fontes iuris Germanici antiqui 11. Hg. v. W.D. Fritz. Weimar 1972, S (Inhaltlicher Schwerpunkt: Der König regelt das Nachfolgerecht und normiert den Wahlvorgang der sieben Kurfürsten) DER KÖNIG IM MITTELALTER REGELT SEINE WAHL, INDEM ER DEN WAHLVORGANG DER SIEBEN KURFÜRSTEN GENAU VORGIBT. 8. Gründungsurkunde Freiburgs/Br. durch Konrad von Zähringen: W. Schlesinger: Das älteste Freiburger Stadtrecht. Überlieferung und Inhalt. In: ZRG Germ. Abt S ; abgedruckt in vielen aktuellen Geschichts-Lehrwerken. (Inhaltlicher Schwerpunkt: Herzog Konrads Vergabe des Stadtrechts enthält wesentliche Freiheiten und Privilegien für die städtischen Bürger) DER KÖNIG IM MITTELALTER GIBT KÖNIGLICHE RECHTE AN BEWOHNER VON STÄDTEN AB. Aufgabe In den letzten acht Unterrichtsstunden hast du dich intensiv mit der Herrschaft des Königs im Mittelalter beschäftigt. Nach jeder Stunde wurde ein gelbes Kärtchen beschriftet, das die Herrschaft des mittelalterlichen Königs genauer kennzeichnet. Die Kärtchen hängen im Klassenzimmer. Nun wollen wir das, was wir über die Herrschaft im Mittelalter erarbeitet haben, mit unserer Gegenwart vergleichen. Stelle dir vor, du bist ein Reporter, der mit einer Zeitmaschine ins Mittelalter reisen kann. Du wählst genau jene Zeitpunkte aus, über die wir die gelben Kärtchen angefertigt haben. Triff dich mit den Herrschern oder anderen wichtigen Persönlichkeiten aus der jeweiligen Zeit und kläre Folgendes ab: - Benenne mit Hilfe der gelben Kärtchen das Recht, das der König im Mittelalter für sich beansprucht oder an einen anderen (z. B. Fürsten oder Geistlichen) abgibt. - Suche aus den blauen Kärtchen Herrschaft heute passende Aussagen heraus, die man mit der Situation des Mittelalters vergleichen kann. (ACHTUNG! Vergleichen heißt, Ähnlichkeiten oder Unterschiede benennen. Beides ist möglich.) - Erkläre deinem mittelalterlichen Gegenüber (deinem Banknachbarn) einen Vor- oder auch Nachteil, den die Situation heute gegenüber dem Mittelalter hat. Wechselt euch in den Rollen ab. Seite 4 von 7
5 M1 Gelbe Kärtchen zur Herrschaft im Mittelalter DER KÖNIG IM MITTELALTER IST VON GOTT EINGESETZT, DER KÖNIG HERRSCHT, WEIL GOTT ES WILL. DER KÖNIG IM MITTELALTER BINDET SEINE VASALLEN DURCH EINEN TREUEID ENG AN SICH. DER KÖNIG IM MITTELALTER GIBT KÖNIGLICHE RECHTE AN BISCHÖFE UND ÄBTE AB. DER KÖNIG IM MITTELALTER UNTER- STÜTZT DIE KLÖSTER ALS ZENTREN VON WISSENSCHAFT UND BILDUNG. DER KÖNIG IM MITTELALTER BEAN- SPRUCHT FÜR SICH, DEN PAPST ABSETZEN ZU DÜRFEN. DER KÖNIG IM MITTELALTER GIBT KÖNIGLICHE RECHTE AN DIE HERZÖGE AB. DER KÖNIG IM MITTELALTER REGELT SEINE WAHL, INDEM ER DEN WAHLVORGANG DER SIEBEN KURFÜRSTEN GENAU VORGIBT. DER KÖNIG IM MITTELALTER GIBT KÖNIGLICHE RECHTE AN BEWOHNER VON STÄDTEN AB. Seite 5 von 7
6 M2 Vergleichskärtchen Herrschaft heute (Grundlagen der demokratischen Herrschaft in der Bundesrepublik Deutschland) Demokratie bedeutet, dass alle Bürger an den politischen Entscheidungen beteiligt sind. Das geht direkt (z. B. durch Volksentscheide) oder indirekt (durch Wahlen). Wenn der Staat etwas tut, muss sein Handeln rechtmäßig sein, also auf Recht und Gesetz fußen. In Deutschland herrscht Religionsfreiheit. Das heißt auch, dass der Staat keine Religion bevorzugen darf oder für sich in Anspruch nehmen darf. Er muss sich allen Religionsgemeinschaften gegenüber neutral verhalten. In Deutschland gilt das Mehrheitsprinzip: Alle Entscheidungen müssen durch die Mehrheit der Abstimmenden zustandekommen. Die Freiheit des einzelnen Bürgers darf von niemandem grundlos und auch nicht umfassend eingeschränkt werden. Alle Menschen in Deutschland sind gleich. Das meint, dass sie gleiche Rechte besitzen und dass sie gleichberechtigt sind (z. B. Mann und Frau). Das Wahlrecht in Deutschland ist gesetzlich geregelt und darf in seinen Grundsätzen (z. B. freie, geheime Wahl) nicht geändert werden. Seite 6 von 7
7 Quellen- und Literaturangaben Gelbe und blaue Kärtchen mit Aussagen zur mittelalterlichen und zur heutigen Herrschaft Verfassertexte Hinweise zum Unterricht: Es bietet sich an, während der Untersequenz zur Herrschaft im Mittelalter am Ende der jeweiligen Stunde einen zusammenfassenden Kernsatz über mittelalterliche Herrschaft zu formulieren und auf großformatige Blätter zu übertragen. Diese Plakate können z. B. an einen Zeitstrahl zum Mittelalter angeheftet werden (in diesem Fall sind das die gelben Zettel ). Zum Abschluss der Untersequenz wird dann in der oben skizzierten Unterrichtsstunde der systematische Vergleich mit der Gegenwart umgesetzt. Es handelt sich dann um den Bereich Wissen anwenden, da auf der Grundlage des erworbenen historischen Wissens die Schüler selbstständig gegenwartsbezogene Vergleiche mit den heutigen politischen Herrschaftskonzepten durchführen können. Die blauen Kärtchen sind vorgegeben, um den Schülern den Zugang zu dieser recht anspruchsvollen Thematik zu erleichtern, die gelben Kärtchen sind gemeinsam in den vorherigen Stunden erarbeitet worden. Das eigentliche Aufgabensetting (Zeitreise) kann natürlich abgewandelt werden. Seite 7 von 7
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