Persönliche Haftung des Geschäftsführers in Altlastenfällen
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- Fabian Berger
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1 Persönliche Haftung des Geschäftsführers in Altlastenfällen von Rechtsanwalt und Notar Dr. Egon A. Peus, FAVerwR im Rahmen der AAV-Veranstaltung 11. Juni 2008 Aktuelle Rechtsprobleme bei der Altlastenbearbeitung
2 Gliederung Einleitung ein Fall zum Wachwerden oder: Wie erledige ich a) Ein Unternehmen sicher? b) und besonders schnell? 2
3 Gliederung 1. Organe und Organverwalter einer Gesellschaft Persönliche Haftungszurechnung 2. Haftung was ist gemeint. 3. Strafrechtliche Verantwortlichkeit - nachrichtlich 4. Schadensersatzhaftung a) Allgemeines Deliktsrecht, besonders 823 Abs. 2 BGB b) wegen fahrlässig pflichtwidriger Geschäftsführung, 43 GmbHG, 93 AktG c) Verstoß gegen die Pflicht zur Antragstellung auf Insolvenzeröffnung, 64 GmbHG, 92 AktG 3
4 Gliederung 5. Störerhaftung a) Allgemein b) Umweltschadensgesetz, insbesondere 2 Nr. 3 UschadG 6. Umweltrechtlicher Ausgleichsanspruch gegen Handlungsstörer a) 24 Abs. 2 BBodSchG b) 9 Abs. 2 UschadG 4
5 Einleitung ein Fall Einleitung Wie erledige ich a) Ein Unternehmen sicher? b) und besonders schnell? Profit GmbH A P Vermögen Stammkapital ,00 Euro (zu Verkehrswerten zutreffend angesetzt) Kapitalrücklage ,00 Euro 5 Mio. Euro Kontokorrentdebet ,00 Euro Verbindlichkeiten 4,5 Mio. Euro 5 Mio. Euro 5
6 Der Fall geht weiter Der Geschäftsführer empfängt bei Lektüre des Handelsblatt, im wohligen Wissen einer Bilanz mit ,00 Euro Eigenkapital eine Ordnungsverfügung: Ihr wesentlicher Inhalt lautet: 1. Sanieren Sie dies und das (geschätzter Aufwand ,00 Euro) 2. Die Anordnung ist sofort vollziehbar. Zum Aufwand vgl. etwa VG Arnsberg, , 14 L 943/06 6
7 Die Bilanz wird mulmig Welche Bilanz steht dem Geschäftsführer nunmehr vor dem geistigen Auge? A P Vermögen 5 Mio. Euro Bisher schon bekannte Verbindlichkeiten Sanierungsaufwand lt. Auffassung der Behörde 4,7 Mio. Euro ,00 Euro 5 Mio. Euro 5,350 Mio. Euro also überschuldet. 7
8 Zum Fall sanieren? Der Geschäftsführer G überlegt, was zu tun ist. I. Erteilung des Sanierungsauftrages? a) G sagt dem Geschäftsführer des Sanierungsunternehmens SU: Ich möchte mit Ihnen einen Vertrag abschließen, wonach Sie sanieren, die Profit GmbH ,00 Euro dafür zahlen muss. Ich sage Ihnen schon jetzt: Genug Vermögen, um das zu bezahlen, hat die Profit GmbH nicht. Wird SU wohl den Vertrag abschließen? 8
9 Erster Fallstrick für den GF b) G sagt von der Vermögenslage der Profit GmbH nichts. Folge: Wahrscheinlich strafbarer Eingehungsbetrug, 263 StGB. Persönliche Schadensersatzhaftung des Geschäftsführers G, 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit 263 StGB. 9
10 Weiter im Fall Geschäftsführer liest im Übrigen 64 Abs. 1 GmbHG: Danach muss er, sobald Überschuldung festgestellt ist, II. ohne schuldhaftes Zögern, s p ä t e s t e n s (!!!) aber nach 3 Wochen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens stellen. 10
11 Schleunige Rettung möglich? a) Unverzüglich? Die Gesellschafter könnten mindestens ,00 Euro frisches Geld einzahlen (Kapitalerhöhung, oder Gesellschafterdarlehen mit Rangrücktrittsvereinbarung). Es müsste aber jetzt sicher sein, dass dies vor Ablauf von 3 Wochen vollzogen ist. - Wegen der 3-Wochen-Frist dürfte es kaum zufällig sein, dass im konkreten Fall VG Arnsberg auf OV vom hin die Eilentscheidung vom getroffen wurde, 14 L 943/06. 11
12 Sonst: Frist wahren für InsO-Antrag b) Wann muss man die Verbindlichkeit als bestehend beurteilen? Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung und Bilanzierung: Wenn das ernsthafte, überwiegende Risiko der Belastung besteht. aa) Droht sie ernsthaft oder ist sie berechtigt? Was wird wohl die Behörde sagen? bb) Möglicherweise kann erst eine gerichtliche Klärung wenigstens im Eilverfahren, und wenigstens in 1. Instanz abgewartet werden. - vgl. VG Arnsberg , 14 L 943/06-12
13 Wie lange darf man warten? cc) Oder äußerstenfalls noch die Beschwerdeentscheidung dazu? (OVG Münster , 20 B 2273/06) Gesellschaftsrechtlich und insolvenzrechtlich ist die Frage, wie lange der Geschäftsführer mit der Insolvenzantragstellung warten darf, um erst noch gerichtliche Klärung im Eilverfahren (1. Instanz, auch noch 2. Instanz?) abzuwarten, bisher nirgendwo spezifiziert erörtert. 13
14 Medienspektakel als zulässiger finaler Rettungsschuss? III. Zur Frage b) Und wie erledige ich ein Unternehmen besonders schnell? In dem man ökologisch aufgeregt Presse, Funk und Fernsehen einschaltet und informiert. Dann werden aa) bb) cc) Kreditinstitute recht bald Kredite kündigen, Kontokorrentlinien einziehen, Lieferanten nur noch gegen Vorkasse liefern und Abnehmer abgeschreckt und im übrigen zu zögerlichem Zahlungsverhalten ermuntert, um wegen etwaiger Gewährleistungsansprüche, Verrechnungspositionen usw. auf der sicheren Seite zu sein. 14
15 Organe und persönliche Zurechnung 1. Organe und Organwalter von Gesellschaften. Das Handeln von Geschäftsführungs- und Vertretungsorganen wird zwar juristischen Personen zugerechnet als Handeln der juristischen Personen, 31 BGB. Zugleich bleibt es aber eigenhändiges, persönliches Handeln der konkreten Menschen (Organwalter). Damit unterliegen sie a) den strafrechtlichen Vorschriften b) zivilrechtlichen Haftungsnormen c) der öffentlich-rechtlichen Beurteilung als Handlungsstörer. 15
16 Haftung 2. Haftung was ist gemeint? Persönlich treffende Nachteile, namentlich - Freiheitsstrafe - das persönliche Vermögen gefährdende oder vernichtende Belastungen 16
17 Strafrecht 3. Strafrechtliche Verantwortlichkeit Sie wird hier nachrichtlich erwähnt, aber nicht vertieft. 17
18 Schadensersatz allg.deliktsrecht 4. Schadensersatzhaftung a) 823 Abs. 2 BGB: Die persönliche Schadensersatzhaftung im allgemeinen Deliktsrecht wegen Verstoßes gegen ein Schutzgesetz, insbesondere auch Strafvorschriften. Z.B. - Körperverletzung - Sachbeschädigung - Umweltstraftaten 18
19 Geschäftsführungshaftung b) Wegen fahrlässig pflichtwidriger Geschäftsführung 43 GmbHG, 93 AktG. aa) Schaden der Gesellschaft : Z.B. (Mehr-)Belastung mit Sanierungsaufwand bei vorausliegenden Verstößen gegen umweltrechtliche Anforderungen. bb) Kein geminderter Sorgfaltsmaßstab, wenn ein Gemeindedirektor / heute Bürgermeister Geschäftsführer im Nebenamt ist. LG Münster, Urteil , 12 O 484/05 19
20 Fehler und Haftung bei Insolvenzreife cc) Versicherungsrechtliche Nachteile wegen übereilter Befolgung von Sanierungsauflagen. Versicherungsrechtliche Pflichten; Benachrichtigung, Einholung von Weisungen, Abwehrmöglichkeiten; Anerkenntnisverbot. c) Haftung für fehlerhaftes Verhalten bei Insolvenzreife aa) Persönliche Haftung wegen unterlassener/verspäteter Antragstellung, 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit 64 Abs. 1 GmbHG. bb) Pflichtwidrige Zahlungen nach Feststellung des Insolvenzgrundes, 64 Abs. 2 Satz 1 GmbHG. - vgl. den Eingangsfall 20
21 Störerhaftung 5. Störerhaftung a) Allgemein Störerhaftung ohne Verschulden und zeitlich unbefristet! Der Organwalter als Störer: Störer: Wer einen Störungszustand (Gefahr für Dritte oder ein Schutzgut) verursacht, dafür (oder für die unterbliebene Störungsbeseitigung) verantwortlich war oder ist 21
22 Öff.-rechtl. Persönliche Störerhaftung Öffentlich-rechtliche Störerhaftung (des Geschäftsführers persönlich!): - Gefährdung durch Abfall, Emissionen, Verursachung einer Bodenverunreinigung, Gewässerverunreinigung (Altlasten) - Verschulden wird nicht vorausgesetzt; schlichte logische Verursachung genügt zwar nicht. Jedoch genügt wertende Bestimmung der Zusammenhänge. Störerhaftung tritt nicht nur dann ein, wenn Bewusstsein oder Wille des Geschäftsführers vorhanden ist, einen rechtswidrigen Zustand herbeizuführen. Es genügt für die Störerschaft, dass der Geschäftsführer allgemeine Weisungen erteilt und durch generelle Anweisungen, das betriebliche Geschehen gesteuert hat OVG Münster , 20 B 61/07 22
23 OVG Münster Keine Verjährung (auch nicht einmal in 30 Jahren) - Organwalter p e r s ö n l i c h in Anspruch zu nehmen (nicht nur die GmbH/AG) - Jüngst erneut OVG Münster , 20 B 61/07 - Mögliche Pflichten insbes.: z.b. Beseitigung von Abfall, Sanierung von Grundstücken, Reinigung von Gewässern (Grundwasser, Oberflächengewässern) auf eigene Kosten - Kostenbelastung bei behördlicher Sanierungs-Tätigkeit (Ersatzvornahme) 23
24 Haftung durch Ausgleichsanspruch b) Umweltschaden G 6. Umweltrechtlicher Ausgleichsanspruch a) 24 Abs. 2 BBodSchG b) 9 Abs. 2 USchadG 7. Es konnten nur punktuell vereinzelte Aspekte aus dem Bereich der Geschäftsführerhaftung hervorgehoben werden, die nach Eindruck der Praxis gerade bei Altlastenangelegenheiten besonders kritische Auswirkungen haben können. 24
25 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! 25
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