Prof. Dr. Ulrich Tödtmann Rechtsanwalt

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1 Prof. Dr. Ulrich Tödtmann Rechtsanwalt Rechtsanwälte Eimer Heuschmid Mehle Friedrich-Breuer-Straße Bonn Tel.: (0228) Fax: (0228) Den Kopf in der Schlinge - Kennen Sie Ihre Pflichten als GmbH- Geschäftsführer? IHK Köln Zivilrechtliche Haftungsrisiken für den GmbH-Geschäftsführer 1

2 Einleitung Wann haften Geschäftsführer persönlich? Grundsatz: Kapitalgesellschaft haftet für Handeln ihrer Organe, 31 BGB Persönliche Haftung GF/VS nur bei schuldhafter Sorgfaltspflichtverletzung Innenhaftung als Regelfall: 43 Abs. 2 GmbHG, 93 Abs. 2 AktG Außenhaftung als Ausnahme: Grundsatz der Haftungskonzentration Prinzipiell vom Gesetz nur Innenhaftung gewollt Ersatzleistung soll allen Gesellschaftern und Gläubigern gleich zugute kommen (st. Rsprg. zuletzt BGH ZIP 2013,1376) 2

3 Einleitung Gliederung: I. Haftungsgrundsätze II. Haftung gegenüber der Gesellschaft III. Haftung nach Spezialregelungen (Wettbewerbs-, Steuer-, Sozialversicherungsrecht) IV. Haftung in Krise und Insolvenz V. Zusammenfassung und Fazit 3

4 I. Haftungsgrundsätze 1. Verschuldenshaftung Grundprinzip des Schadensersatzrechts: Haftung nur für schuldhaftes Verhalten (Vorsatz, Fahrlässigkeit, Unterlassen in Garantenstellung) Verschuldensmaßstab: 43 Abs. 1 GmbHG: Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsleiters Sorgfaltsanforderungen unabhängig von individuellen Fähigkeiten Persönliche Fähigkeiten können Anforderungen erhöhen, aber nie senken Haftungsbegrenzung z.b. in Gesellschaftsvertrag zulässig Schadensberechnung: Differenztheorie 4

5 I. Haftungsgrundsätze 2. Berücksichtigung Verhalten Anderer Zurechnung Fremdverschulden? Grundsätzlich Nein, weil GF weder Erfüllungs- noch Verrichtungsgehilfe, GmbH selbst ist Geschäftsherr Ausnahme: Verletzung Organisations- oder Überwachungspflicht Haftung mehrerer Geschäftsführer Außenverhältnis: Gesamtschuldnerhaftung 426 BGB Innenverhältnis: i.d.r. zu gleichen Teilen Ausnahme: Unterschiedliche Verursachungsbeiträge, Rechtsgedanke 254 BGB 5

6 I. Haftungsgrundsätze Beweislastverteilung 3. Beweislastverteilung 93 Abs. 2 AktG analog für GmbH Beweislastumkehr zu Lasten GF Gesellschaft muss beweisen: Schaden Sachverhalt mit möglicher Pflichtverletzung Kausalität Schaden Pflichtverletzung GF Entlastungsbeweis: Keine Pflichtverletzung Kein Verschulden Keine Kausalität Schadenseintritt auch bei pflichtgemäßem Verhalten Praxistipp: Schwierige oder wichtige Entscheidungen sorgfältig dokumentieren 6

7 II. Haftung gegenüber Gesellschaft - Bedeutung 1. Bedeutung Wachsende Bedeutung Organ-Innenhaftung gem. 43 Absatz 2 GmbHG in der Praxis: Geringere Eigenkapitalausstattung führt zu steigendem Haftungsrisiko in der Krise Pflicht Insolvenzverwalter zur Auffüllung und Sicherung der Insolvenzmasse Mitverursachung Insolvenz durch GF/VS? Unzufriedene Gesellschafter und getrogene Gewinnerwartungen als Gefahrenquelle Grundpflicht GF/VS: Unternehmensgegenstand laufend verwirklichen 7

8 II. Haftung gegenüber Gesellschaft ordentliche Geschäftsführung 2. Pflicht zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung Sorgfältige Unternehmensleitung Schaffung angemessener Organisationsstrukturen (Compliance) Vorrang Gesellschaftsinteressen bei Geschäftsführung Ordnungsgemäße Finanzierung Gewährleistung rechtmäßigen Verhaltens der Gesellschaft Pflicht Gesellschafterbeschlüsse umzusetzen Pflicht Zustimmungsvorbehalte und Kompetenzordnung zu beachten 8

9 II. Haftung gegenüber Gesellschaft Business Judgement Rule 3. Business Judgement Rule 93 Abs. 1 Satz 2 AktG (gilt analog für GmbH-GF): Die Vorstandsmitglieder haben ( ) die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters anzuwenden. Eine Pflichtverletzung liegt nicht vor, wenn das Vorstandsmitglied bei einer unternehmerischen Entscheidung vernünftigerweise annehmen durfte, auf der Grundlage angemessener Information zum Wohle der Gesellschaft zu handeln. Weites unternehmerisches Ermessen, keine Haftung für geschäftliche Fehlschläge Schadensersatzpflicht, erst wenn Risikobereitschaft in unverantwortlicher Weise überspannt (BGHZ 135, 244, 253 ARAG ) 9

10 III. Haftung GF nach Spezialregelungen - Steuerrecht 1. Steuerrecht Hohes Risikopotenzial vor allem in der Krise Persönliche Verantwortung GF für Erfüllung sämtlicher steuerlicher Pflichten der GmbH, 34 Abs. 1 Satz 1 AO Haftung soweit daraus Schaden für den Fiskus entstanden Haftung GF nach 69 AO: Die [gesetzlichen Vertreter juristischer Personen] haften, soweit Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis in Folge vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der ihnen auferlegten Pflichten nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder erfüllt oder soweit in Folge dessen Steuervergütungen oder Steuererstattungen ohne rechtlichen Grund gezahlt werden. Die Haftung umfasst auch die in Folge der Pflichtverletzung zu zahlenden Säumniszuschläge 10

11 III. Haftung GF nach Spezialregelungen - Steuerrecht Steuerpflichten Geschäftsleiter: Steuererklärungen rechtzeitig und vollständig abgeben Rechtzeitige Zahlung aus Gesellschaftsmitteln: Sicherung Zahlungsfähigkeit zum Fälligkeitszeitpunkt Mittelvorsorgepflicht Grundsatz der anteiligen Tilgung: Steuerschulden proportional zu allen anderen bedienen Ausnahme Lohnsteuer: Treuhänderisch verwalteter Lohn, voll weiterzugeben Praxisproblem: Nachträglicher Lohnverzicht Arbeitnehmer führt nicht zu Wegfall Lohnsteueranspruch 11

12 III. Haftung GF nach Spezialregelungen - Steuerrecht Verschulden: Weite Auslegung grober Fahrlässigkeit - Pflicht GF sich über sämtliche steuerrechtlichen Pflichten zu informieren Pflichtverletzung immer schuldhaft weil entweder nicht rechtzeitig informiert (grob fahrlässig) oder bekannte Vorschriften verletzt (Vorsatz) Keine Zurechnung Fremdverschulden Aber: Beauftragung Steuerberater entlastet nicht, Überwachungspflicht Ebenso bei Delegation auf nachgeordnete Mitarbeiter 12

13 III. Haftung nach Spezialregelungen 4. Sozialversicherungsrecht Hochgradig haftungsträchtig Pflicht Gesamtsozialversicherungsbeitrag einschließlich Arbeitnehmeranteil abzuführen 28 d SGB IV GF nimmt Arbeitgeberpflichten GmbH persönlich wahr, daher ggf. persönlich haftbar Haftung gem. 823 Abs. 2 i.v.m. 15 a Abs. 1 InsO Schadensersatzpflicht bei verspäteter Stellung des Insolvenzantrages Schadensumfang: für Sozialversicherungsbeiträge idr nur der Quotenschaden 13

14 IV. Haftung in Krise und Insolvenz 1. Insolvenzverschleppung 15 a InsO i.v.m. 823 Abs. 2 BGB Schutzgesetz zu Gunsten aller Gesellschaftsgläubiger Insolvenzantrag binnen drei Wochen ab Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung zu stellen Objektive Ermittlung Insolvenzgrund volle Nutzung 3-Wochenfrist nur bei realistischen Sanierungschancen Je kritischer die Situation umso intensivere Beobachtungspflicht finanzielle Lage Informationsverweigerung durch GF-Kollegen: Nur Dokumentation und sofortige Amtsniederlegung schützt Verschuldensmaßstab: -- Fahrlässigkeit genügt 14

15 IV. Haftung in Krise und Insolvenz 2. Masseminderung 64 Satz 1 GmbHG Regelungsziel: Ab Insolvenzreife Gleichbehandlung aller Gläubiger Pflicht GF Gesellschaftsvermögen nicht durch Verfügungen weiter zu vermindern Anspruchsvoraussetzungen: Zahlungen weit auszulegen: Jede Leistung die das Gesellschaftsvermögen schmälert Begründung von Verbindlichkeiten ohne adäquaten Vermögenszuwachs (kein reiner Aktiva-Tausch) Beispiele: Einreichung Kundenscheck auf debitorisches Bankkonto Zulassung Überweisung Schuldner auf debitorisches Konto Praxistipp: Ab Insolvenzreife Konto bei Drittbank eröffnen, Kontoverbindung allen Kunden und Schuldnern mitteilen 15

16 IV. Haftung GF in Krise und Insolvenz 3. Haftung wegen Insolvenzverursachung 64 Satz 3 GmbHG Voraussetzungen: Zahlungen an Gesellschafter die zur Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft führen mussten, sofern Leistung nicht Sorgfalt ordentlichen Geschäftsmanns entsprach Anspruch unabhängig davon, ob Gesellschaft überhaupt Schaden entstanden Zahlung auch Sicherheiten stellen für Gesellschafterverbindlichkeiten Zahlungsverbot erfasst auch Leistungen nahestehende Personen von Gesellschaftern (auch juristische Personen, z.b. Mutter-UN) Risikobegrenzungsmaßnahme: Insolvenzprognose für ein Jahr nach zu erwartenden Zahlungsströmen erstellen 16

17 V. Zusammenfassung und Fazit Für Geschäftsführer bestehen vielfältige persönliche Haftungsrisiken Empfehlenswerte Maßnahmen zur Haftungsbegrenzung: Sorgfältige Dokumentation schwieriger und wichtiger Entscheidungen Angemessenes Compliance-System Einholung Gesellschafterweisung in Zweifelsfällen Abschluss maßgeschneiderte D & O Versicherung In der Krise rechtzeitig professionelle Rechts- und Steuerberater einschalten 17

18 Prof. Dr. Ulrich Tödtmann Rechtsanwalt Rechtsanwälte Eimer Heuschmid Mehle Friedrich-Breuer-Straße Bonn Tel.: (0228) Fax: (0228) Den Kopf in der Schlinge - Kennen Sie Ihre Pflichten als GmbH- Geschäftsführer? IHK Köln Zivilrechtliche Haftungsrisiken für den GmbH-Geschäftsführer 18