Organ- und Gesellschafterpflichten
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- Laura Wolf
- vor 8 Jahren
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1 Organ- und Gesellschafterpflichten RA/FA InsR Dr. Frank Kebekus Finanzmarktrecht, Bucerius Law School, Hamburg, Banken und Unternehmen in der Krise - Prävention, Restrukturierung und Abwicklung -
2 Inhalte (1/3) I. Überblick Die drei Dimensionen der Organpflichten II. Pflichtenkreise 1. Geschäftsführer/Vorstand 1.1 Allgemeine Pflichten Überwachungspflichten Abs. 2, 3 GmbHG, 93 Abs. 2 S. 1, 3 AktG Abs. 1, Abs. 2, 826 BGB 1.2 Insolvenzbedingte Pflichten Insolvenzantragspflicht, 15a InsO Zahlungsverbot, 64 S. 1 GmbHG, 92 Abs. 2 S. 1 AktG Insolvenzverursachungshaftung, 64 S. 3 GmbHG, 92 Abs. 2 S. 3 AktG 2
3 Inhalte (2/3) III. 2. Aufsichtsrat 2.1 Erhöhte Überwachungspflicht in der Krise 2.2 Recht/Pflicht zur eigenen Antragstellung, 15 Abs. 1 S. 2, 15a Abs. 3 InsO 3. Gesellschafter 3.1 Recht/Pflicht zur Antragstellung, 15 Abs. 1 S. 2, 15a Abs. 3 InsO 3.2 Besondere Treuepflichten? ( Suhrkamp ) Exkurs: Organpflichten in Zeiten des ESUG 1. Eigenverwaltung/Schutzschirmverfahren 2. Auszahlungsverbote, 64 GmbHG, 92 AktG? 3. Haftung für Masseverbindlichkeiten? 3
4 Inhalte (3/3) IV. Exkurs: Straf- und Steuerrecht 1. Strafrechtliche Haftung 1.1 Verspätete Antragstellung, 15a Abs. 4, 5 InsO 1.2 Darlehens-, Kredit- und Kapitalanlagebetrug, 263, 265b, 264a StGB 1.3 Nichterfüllung von Sozialversicherungsbeiträgen, 266a StGB 1.4 Bankrott, 283, 283a StGB 1.5 Gläubigerbegünstigung, 283c StGB 1.6 Buchführungs-/Bilanzdelikte, 283 Abs. 1 Nr. 5, Nr. 7, 283b StGB 2. Steuerliche Haftung, 69, 34 AO 4
5 I. Überblick Die drei Dimensionen der Organpflichten Pflichtenadressat Pflichteninhalte Zeitraum Geschäftsführung (Sonderthema: Faktischer GF) Vorstand Aufsichtsrat Kontrolle/Überwachung Informationserteilung Veranlassung notwendiger Maßnahmen, z. B. keine Auszahlungen Insolvenzantragstellung Vorbereitung Eigenver- waltung/schutzschirm etc. Haftungsgefahren für die Organe! In der wirtschaftlichen Krise Vor der Insolvenzantragstellung Im vorläufigen Insolvenz- verfahren Im eröffneten Insolvenz- verfahren In der Eigenverwaltung/ im Schutzschirmverfahren 5
6 II. Pflichtenkreise (1/7) 1. Geschäftsführer/Vorstand 1.1 Allgemeine Pflichten Überwachungspflichten Gesteigerte Überwachungspflicht Pflicht zur kontinuierlichen Selbstkontrolle Pflichtensteigerung bei Anzeichen einer wirtschaftlichen Krise GmbH Einberufung Gesellschafterversammlung, 49 Abs. 3 GmbHG AG 91 Abs. 2 AktG Überwachungssystem 92 Abs. 1 AktG Einberufung einer HV 6
7 II. Pflichtenkreise (2/7) Abs. 2, 3 GmbHG, 93 Abs. 2 S. 1, 3 AktG Solidarische Haftung der Geschäftsführer für Obliegenheitsverletzungen Insbesondere bei Verletzung der Pflicht zur Kapitalerhaltung, 30 GmbHG, und bei Verletzung der Vorschriften zum Erwerb eigener Geschäftsanteile, 33 GmbHG Gesamtschuldnerische Haftung der Vorstände für Pflichtverletzungen Selbstbehalt von mind. 10% des Schadens bis mindestens zur Höhe des Eineinhalbfachen der festen jährlichen Vergütung des Vorstandsmitglieds auch bei Abschluss D&O-Versicherung Abs. 1, 3, 826 BGB Deliktische Haftung von Geschäftsführung und Vorständen 7
8 II. Pflichtenkreise (3/7) 1.2 Insolvenzbedingte Pflichten Insolvenzantragspflicht, 15a InsO Pflicht zur rechtzeitigen Stellung des Insolvenzantrages bei Eintritt der materiellen Insolvenzreife mit einer Maximalfrist von drei Wochen Verspätung löst zivilrechtliche Haftung nach 823 Abs. 2 BGB i.v.m. 15a InsO und strafrechtliche Haftung nach 15a Abs. 4 InsO aus Fahrlässige Unkenntnis von der Insolvenzreife genügt für Haftung Bei eigenem Unvermögen Pflicht zur Einholung eines fachkundigen Rates, BGH ZIP 2012, 1174 Rechtsfolge bei Verstoß: Altgläubiger (= Forderungsbegründung vor Antragspflicht): Anspruch auf Ersatz des Quotenschadens (= Differenz tatsächlicher v. bei rechtzeitiger Antragstellung erzielbarer Masseerlös), BGH NJW 1998, 2667; Geltendmachung durch Verwalter, 92 InsO, BGH NZI 2004, 496 Neugläubiger (= Forderungsbegründung nach Antragspflicht): Voller Vermögensschutz; Anspruch auf Ersatz des die Insolvenzquote übersteigenden Vertrauensschadens, BGH NJW 1994, 2220; Geltendmachung durch Neugläubiger selbst, nicht durch Insolvenzverwalter 8
9 II. Pflichtenkreise (4/7) Fehlerhafte Antragstellung Neue Anforderungen, insbesondere 13 Abs. 1 S. 3-7 InsO Möglichkeit der Zurückweisung wegen Unzulässigkeit des Antrags bei Unvollständigkeit der Angaben Keine zu hohen Anforderungen an den Schuldner, da häufig fehlender Überblick über die Vermögenslage zur Insolvenz führte Kein unzulässiger Antrag bei lediglich unvollständigem oder fehlerhaftem Antrag Nachweis gebührender Anstrengung des Schuldners Unzulässigkeit möglich bei Fehlen des Gläubigerverzeichnisses mit den jeweiligen Forderungen ( 13 Abs. 1 S. 3 InsO), der Richtigkeitserklärung (Abs. 1 S. 7), Fehlen der Angaben nach 13 Abs. 1 S. 4 InsO (insbesondere bei Antrag auf Eigenverwaltung, 13 Abs. 1 Satz 6) Haftung nach 15a Abs. 4 InsO auch bei unrichtigem Antrag Unrichtiger Antrag wohl nur bei fehlenden oder unrichtigen Angaben, die gerichtliche Entscheidung verhindern oder erheblich erschweren (z.b. das Fehlen der Übersicht über die Vermögenslage), vgl. Klöhn in MüKo InsO, 3. Aufl. 2013, 15a, Rn
10 II. Pflichtenkreise (5/7) Zahlungsverbot, 64 S. 1 GmbHG, 92 Abs. 2 S. 1 AktG Unerlaubte Zahlungen nach Eintritt der materiellen Insolvenzreife lösen Haftung nach 64 S. 1 GmbHG bzw. 93 Abs. 3 Nr. 6 AktG i.v.m. 92 Abs. 2 AktG aus Keine Haftung, wenn die Zahlung mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes vereinbar ist, 64 S. 2 GmbHG bzw. 92 Abs. 2 S. 2 AktG anerkannt im Rahmen der Betriebsfortführung für Strom, Wasser und Heizung, BGH ZIP 2008, 72 Keine Haftung nach 64 S. 1 GmbHG bei Kollision mit höherrangigen Pflichten, insbesondere der Gefahr strafrechtlicher Verfolgung, BGH ZIP 2011, 422 Rechtsfolge bei Haftung: Ersatzpflicht hinsichtlich der unter Verstoß getätigten Zahlungen, 64 S. 1 GmbHG, 93 Abs. 3 Nr. 6 AktG Kein Ausschluss des Anspruchs infolge Anfechtbarkeit; Wahlrecht des Insolvenzverwalters; bei Geltendmachung Anspruch 64 S. 1 GmbHG, 92 Abs. 2 S. 1 AktG Abtretung des Anfechtungsanspruches Zug um Zug gegen Zahlung, 255 BGB Insolvenzquote nicht in Abzug zu bringen; Geschäftsführer/Vorstand erhält Insolvenzforderung i.h.d. Zahlung 10
11 II. Pflichtenkreise (6/7) Insolvenzverursachungshaftung, 64 S. 3 GmbHG, 92 Abs. 2 S. 3 AktG Insolvenzauslösende Zahlungen an Gesellschafter/Aktionäre lösen Haftung nach 64 S. 3 GmbHG bzw. 92 Abs. 2 S. 3 AktG aus (Anders als bei Existenzvernichtungshaftung:) Einfache Fahrlässigkeit ausreichend Keine Haftung für Zahlungen nach diesem Zeitpunkt (= die Zahlungsunfähigkeit herbeiführend), die mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes vereinbar sind, 64 S. 2 GmbHG, bzw. unter Einhaltung der Business Judgement Rule erfolgen, 92 Abs. 2 S. 3, 93 Abs. 1 AktG Anspruch gem. 64 S. 3 GmbHG, 92 Abs. 2 S. 3 AktG besteht neben etwaigem Anfechtungsanspruch Rechtsfolge bei Haftung: Ersatzpflicht des Geschäftsführers/Vorstands gem. 64 S. 3 GmbHG, 93 Abs. 2 S.3, Abs. 3 Nr. 1 bzw. Nr. 6 AktG 11
12 II. Pflichtenkreise (7/7) 2. Aufsichtsrat 2.1 Erhöhte Überwachungspflicht in der Krise 2.2 Recht/Pflicht zur eigenen Antragstellung, 15 Abs. 1 S. 2, 15a Abs. 3 InsO 3. Gesellschafter 3.1 Recht/Pflicht zur Antragstellung, 15 Abs. 1 S. 2, 15a Abs. 3 InsO 3.2 Besondere Treuepflichten? ( Suhrkamp ) 12
13 III. Exkurs: Organpflichten in Zeiten des ESUG (1/2) 1. Eigenverwaltung/Schutzschirmverfahren 2. Auszahlungsverbote, 64 GmbHG, 92 AktG? Streitig; bisher keine höchstrichterliche Rechtsprechung Pro Geltung des Auszahlungsverbots i.r.d. vorläufigen Eigenverwaltung: Ansonsten mangels insolvenzrechtlicher Regelung Entstehen von Haftungslücke Wortlaut, Sinn und Zweck der Normen Keine Möglichkeit des vorläufigen Sachwalters, Zahlungen zum Schutz der Gläubiger zu verhindern Contra Geltung des Auszahlungsverbots i.r.d. vorläufigen Eigenverwaltung: Sinn und Zweck der Normen nach Stellung Insolvenzantrag erreicht Möglichkeit des Gerichts, Sicherungsmaßnahmen anzuordnen 13
14 III. Exkurs: Organpflichten in Zeiten des ESUG (2/2) Was gilt bei eröffnetem Verfahren in Eigenverwaltung? Pro Weitergeltung des Auszahlungsverbots: Gläubigerinteressen auch bei Zahlung auf Masseverbindlichkeiten zu schützen Contra (Weiter-)Geltung: Gesetzliches Haftungskonzept zum Gläubigerschutz in InsO abschließend geregelt; Sinn und Zweck der Normen erreicht, s.o. 3. Haftung für Masseverbindlichkeiten? 14
15 IV. Exkurs: Straf- und Steuerrecht (1/2) 1. Strafrechtliche Haftung 1.1 Verspätete Antragstellung, 15a Abs. 4, 5 InsO Falls Eröffnungsantrag nicht, nicht richtig oder nicht rechtzeitig gestellt wird 1.2 Darlehens-, Kredit- und Kapitalanlagebetrug, 263, 265b, 264a StGB Allgemeine Strafbarkeit wegen Betrugs, insbes. Eingehungsbetrugs, 263 StGB Spezielle strafrechtliche Haftung für Kreditbetrug, 265b StGB, und Kapitalanlagebetrug, 264a StGB 1.3 Nichtabführung von Sozialversicherungsbeiträgen, 266a StGB Betr. Vorenthalten oder Veruntreuen von Arbeitsentgelt, wobei in Abs. 1 die an den Sozialversicherungsträger zu zahlenden Arbeitnehmeranteile gemeint sind Geschütztes Rechtsgut nicht Interesse des Arbeitnehmers am Lohn (Arbeitnehmer insoweit grundsätzlich normaler Gläubiger), sondern Interesse der Solidargemeinschaft an der Sicherung der Sozialversicherung 15
16 IV. Exkurs: Straf- und Steuerrecht (2/2) 1.4 Bankrott, 283, 283a StGB Strafrechtliche Verantwortlichkeit für bestimmte Tathandlungen, begangen während einer Unternehmenskrise oder unter kausaler Herbeiführung der Krise 1.5 Gläubigerbegünstigung, 283c StGB Betr. Gewährung eigentlich nicht zu beanspruchender Sicherheit oder Befriedigung an einzelne(n) Gläubiger in Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit 1.6 Buchführungs- und Bilanzdelikte, 283 Abs. 1 Nr. 5, Nr. 7, 283b StGB Unterlassen der Führung von Handelsbüchern bzw. Führung und Veränderung der Handelsbücher, so dass Übersicht über den Vermögensstand erschwert wird Aufstellung von Bilanzen so, dass die Übersicht über den Vermögensstand erschwert wird, oder Unterlassen der Aufstellung der Bilanz seines Vermögens oder des Inventars in der vorgeschriebenen Zeit 2.Steuerliche Haftung, 69, 34 AO Haftung des gesetzlichen Vertreters bei Verletzung steuerlicher Pflichten 16
17 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Dr. Frank Kebekus, Rechtsanwalt/FA InsR Kebekus et Zimmermann Rechtsanwälte Carl-Theodor-Str Düsseldorf
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