Verantwortlichkeit, Delegation und Haftung für Geschäftsleiter und Mitarbeiter
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- Jörg Hermann
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1 BARTSCH UND PARTNER RECHTSANWÄLTE WIRTSCHAFTSPRÜFER STEUERBERATER GESELLSCHAFT DES BÜRGERLICHEN RECHTS MB/AL al\texte\allgem\seminare\2004\ka_it_sicherheit.doc [8] Verantwortlichkeit, Delegation und Haftung für Geschäftsleiter und Mitarbeiter Rechtsanwalt Prof. Dr. Michael Bartsch Vortrag anläßlich der Karlsruher IT-Sicherheitsinitiative am 16. Dezember 2004 A. Verantwortlichkeit 1. Verantwortlichkeit aus der Funktion 2. Aus dem Arbeitsoder Anstellungsvertrag 3. Aus dem Gesetz a) Produkthaftung b) Datenschutz c) Urheberrecht d) Vertrauenshaftung B. Pflichtenprogramm C. Delegation a) Delegation an Mitarbeiter b) Verlagerung auf andere Unternehmen c) Vorgesetzte Institutionen d) Spezialisten e) Restbestand eigener Verpflichtung D. Haftung 1. Geschäftsleiter 2. Arbeitnehmer 3. Andere Unternehmen 4. Haftung aus gesetzlichen Vorschriften a) Schutz der zentralen Rechtsgüter b) Datenschutz c) Urheberrecht d) Vertrauenshaftung E. Position der Haftungsvermeidung 1. Sorgfalt 2. Versicherungsschutz BAHNHOFSTRASSE 10 D KARLSRUHE TELEFON 0721 / TELEFAX 0721 /
2 - 2 - A. Verantwortlichkeit 1. Verantwortlichkeit aus der Funktion Geschäftsleiter (also Geschäftsführer einer GmbH und Vorstände einer AG) haben aus dieser Funktion Verantwortlichkeit. 93 Abs. 1 AktG: "Die Vorstandsmitglieder haben bei ihrer Geschäftsführung die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters anzuwenden." 43 Abs. 1 GmbHG: "Die Geschäftsführer haben in den Angelegenheiten ihrer Gesellschaft die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes anzuwenden." 2. Aus dem Arbeits- oder Anstellungsvertrag 611 Abs. 1 BGB: "Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste... verpflichtet." 276 BGB: "Der Schuldner hat Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten. Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht läßt." 3. Aus dem Gesetz Das Gesetz legt in zahlreichen Einzelvorschriften die unmittelbare Haftung einzelner Personen fest. Hierzu einige praxisrelevante Beispiele: a) Produkthaftung Jedermann ist gehalten, die zentralen Rechtsgüter der anderen (insbesondere die körperliche Integrität und das Eigentum) unangetastet zu lassen. Hieraus folgt: Wer Gegenstände produziert, muß sie so produzieren, daß von diesen Gegenständen möglichst keine Gefahren für diese geschützten Rechtsgüter ausgehen.
3 - 3 - b) Datenschutz Personenbezogene Daten sind besonders geschützt. Wer in die Datenverarbeitungsvorgänge einbezogen ist, untersteht besonderen datenschutzrechtlichen Pflichten. c) Urheberrecht Zahlreiche Gegenstände, insbesondere aus dem Informationssektor, sind durch das Urheberrecht oder durch vergleichbare Vorschriften geschützt, z. B. Zeitungsartikel, Fotos, Datensammlungen, Software. Der Schutz ist gesetzlich dadurch installiert, daß gewisse Handlungen (insbesondere Verwertungen durch Vervielfältigung, Vertrieb und Veränderung) dem Urheber vorbehalten sind. Alle anderen Personen haben also die Pflicht, solche Verwertungshandlungen zu unterlassen. d) Vertrauenshaftung In vertraglichen Beziehungen gibt es nicht nur Pflichten zwischen den Vertragspartnern. Auch Vertrauenspersonen können in Schuldverhältnisse und hieraus in Pflichten geraten: 311 Abs. 3 BGB: "Ein Schuldverhältnis mit Pflicht nach 241 Abs. 2 BGB... entsteht insbesondere, wenn der Dritte in besonderem Maße Vertrauen für sich in Anspruch nimmt...." 241 Abs. 2 BGB: "Das Schuldverhältnis kann nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten."
4 - 4 - B. Pflichtenprogramm Das Pflichtenprogramm ergibt sich aus der konkreten Situation. Abstrahiert kann man es in folgenden Stufen abbilden: - Erkennen der Aufgabe; - Strukturieren der Aufgabe; - Organisation der Aufgabe; - Kontrolle des Ergebnisses. Auf allen Stufen besteht je nach Notwendigkeit die Pflicht zur - Dokumentation. C. Delegation Fast alle Aufgaben sind delegierbar. Wir können drei Delegationswege unterscheiden: a) Delegation an Mitarbeiter Dies ist der Normalfall. Zu den Voraussetzungen gehören - sorgfältige Auswahl; - sorgfältige Einweisung; - präzise Aufgabenstellung innerhalb der Aufgaben und der Qualifikation des Mitarbeiters; - Überprüfung des Ergebnisses; - Überprüfung der fortdauernden Qualifikation des Mitarbeiters.
5 - 5 - b) Verlagerung auf andere Unternehmen Kein Unternehmen stellt alles selbst her. Jedes Unternehmen braucht Lieferanten, Subunternehmen, Berater usw. Die Grundregeln sind hier: - sorgfältige Auswahl; - Kontrolle der Ergebnisse. Rahmenverträge und Qualitätssicherungsvereinbarung sind hier wichtige Mittel. Auch freie Mitarbeiter (wenn sie nicht eigentlich Angestellte sind) sind selbständige Unternehmer. c) Vorgesetzte Institutionen Hierzu gehören die Vorgesetzten, außerdem Aufsichts- und Entscheidungsgremien, z. B. die Gesellschafterversammlung der GmbH und der Aufsichtsrat der AG. Wer in seinen Entscheidungen unsicher ist, mag sich Entscheidungsvorgaben einholen. d) Spezialisten Hierzu gehört beispielsweise der Datenschutzbeauftragte in einem Unternehmen. e) Restbestand eigener Verpflichtung Schon wegen der Pflichten zur Strukturierung und Organisation der Aufgabe, zur Auswahl und Überwachung desjenigen, an den delegiert wird, und zur Ergebniskontrolle verbleibt immer ein restlicher Bestandteil der Pflicht bei demjenigen, der sie originär hat. Die Delegation ist ausgeschlossen, wo sie untersagt ist, wo also entweder die höchstpersönliche Verpflichtung durch Gesetz oder Vertrag feststeht oder durch Weisung ausgesprochen wird.
6 - 6 - D. Haftung Hier ist an die Quellen der Verantwortlichkeit (oben Teil A) anzuknüpfen. 1. Geschäftsleiter Die Haftung der Geschäftsleiter ist im Gesetz ausdrücklich angeordnet: 93 Abs. 2 AktG: "Vorstandmitglieder, die ihre Pflichten verletzen, sind der Gesellschaft zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens... verpflichtet." 43 Abs. 2 GmbHG: "Geschäftsführer, welche ihre Obliegenheiten verletzen, haften der Gesellschaft... für den entstandenen Schaden." Es gibt bei der Aktiengesellschaft keine Haftungserleichterung, auch nicht durch Vertrag, und bei der GmbH nur eine beschränkte Möglichkeit der Haftungserleichterung. Die Grundsätze der erleichterten Haftung für Arbeitnehmer gelten nicht für Geschäftsleiter. 2. Arbeitnehmer Diese Grundregel ist einfach: 280 Abs. 1 BGB: "Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen." Die Rechtsprechung hat aber hier haftungsbeschränkende Regeln festgelegt. Man stellt der Verantwortlichkeit und Haftung des Arbeitnehmers, je nach dem Grad des Verschuldens, das Betriebsrisiko des Arbeitsgebers gegenüber. Im Ergebnis wird bei leichter Fahrlässigkeit nicht, bei mittlerer Fahrlässigkeit zu einem kleinen Anteil, bei grober Fahrlässigkeit zu einem größeren Anteil und bei Vorsatz in voller Höhe gehaftet.
7 Andere Unternehmen Hier gelten die Regelungen des jeweiligen Vertragsverhältnisses. Freie Mitarbeiter genießen von Gesetz wegen keine Haftungserleichterung. 4. Haftung aus gesetzlichen Vorschriften Gesetzliche Vorschriften, die die unmittelbare Haftung anordnen, sind zahlreich. Im Anschluß an die Darstellung oben in Teil A werden hier beispielhaft benannt: a) Schutz der zentralen Rechtsgüter Die zentralen Rechtsgüter (insbesondere körperliche Integrität und Eigentum) sind folgendermaßen geschützt: 823 BGB: "Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt." Solche Schutzgesetze gibt es in großer Zahl, z. B. im Recht der technischen Sicherheit. b) Datenschutz Die zentrale Vorschrift des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) lautet: 7 BDSG: "Fügt eine verantwortliche Stelle dem Betroffenen... einen Schaden zu, ist sie... dem Betroffenen zum Schadensersatz verpflichtet. Die Ersatzpflicht entfällt, soweit die verantwortliche Stelle die nach den Umständen des Falles gebotene Sorgfalt beachtet hat."
8 - 8 - c) Urheberrecht Das Urheberrecht legt Haftung desjenigen, der Schutzrechte verletzt, fest, und zusätzlich eine Einstandspflicht des Unternehmens: 97 UrhG: "Wer das Urheberrecht... widerrechtlich verletzt, kann vom Verletzten auf Beseitigung der Beeinträchtigung,... auf Unterlassung und, wenn dem Verletzer Vorsatz oder Fahrlässigkeit zur Last fällt, auch auf Schadensersatz in Anspruch genommen werden." 100 UrhG: "Ist in einem Unternehmen von einem Arbeitnehmer oder Beauftragten ein nach diesem Gesetz geschütztes Recht widerrechtlich verletzt worden, so hat der Verletzte die Ansprüche aus den 97 bis 99 UrhG mit Ausnahme des Anspruchs auf Schadensersatz auch gegen den Inhaber des Unternehmens." d) Vertrauenshaftung Die Schadensersatzpflicht folgt hier aus der Grundregel: 280 Abs. 1 BGB: "Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen." E. Haftungsvermeidung 1. Sorgfalt Das wichtigste Postulat ist Sorgfalt. Hierzu gehört die Klarstellung der Pflichten in allen Richtungen, insbesondere nach oben und nach unten. Zentrales Mittel ist die Dokumentation. Obwohl die Haftung streng und scharf ist, sind Schadensersatzfälle recht selten. Dies spricht dafür, daß in den Betrieben sorgfältig gearbeitet wird und daß die Anforderungen nicht überspannt sind.
9 Versicherungsschutz Versicherungsschutz ist hilfreich und kommt auch dem Arbeitnehmer zugute. Soweit Versicherungen vorgeschrieben sind (z. B. Kfz-Haftpflicht) oder üblich sind (z. B. Produkthaftpflicht), ist der Arbeitgeber verpflichtet, Versicherungsschutz auch zugunsten des Mitarbeiters (also ohne Regreßmöglichkeit gegen ihn) einzuholen. Im Rahmen des bestehenden Versicherungsschutzes und im Rahmen der Verpflichtung, Versicherungsschutz einzuholen, haftet nicht der Arbeitnehmer, sondern der Arbeitgeber. Für Geschäftsleiter gibt es spezielle D&O-Versicherungen. Prof. Dr. Michael Bartsch Rechtsanwalt Literaturhinweis zu Haftung und Versicherungsschutz: Kapitel G, H und K Weitere Veröffentlichungen des Autors zum IT-Recht, insbesondere zu - Softwareschutz - Vertragsgestaltung - Projektsteuerung - Leistungsstörungen - Produkthaftung über
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