Soziales Engagement in alternden Gesellschaften
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- Laura Adler
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1 Soziales Engagement in alternden Gesellschaften Möglichkeiten und Grenzen des produktiven Alterns Vortrag am Deutschen Zentrum für Altersfragen (DZA) Berlin 7. März 2013 Prof. Dr. Marcel Erlinghagen Universität Duisburg-Essen
2 Gliederung o Gesellschaftliche Krisen und soziales Engagement o Soziales Engagement und Produktives Altern o Soziales Engagement von Älteren: Grenzen o Förderung sozialen Engagements o Fazit 2
3 Gesellschaftliche Krisen und soziales Engagement 3
4 Gesellschaftliche Krisen und soziales Engagement Soziales Engagement Soziales Engagement meint hier in einem breiten Verständnis produktive Tätigkeiten, die unbezahlt für Dritte als Leistungsempfänger erbracht werden. Hierunter fallen z.b. o Ehrenamtliche Arbeit o Hilfe für Freunde, Nachbarn und Verwandte o Pflege von Angehörigen o Betreuung von Enkelkindern 4
5 Gesellschaftliche Krisen und soziales Engagement Seit den 1970er Jahre wird gesellschaftlicher Wandel vielfach als Krise wahrgenommen: o Krise der Arbeitsgesellschaft o Politikverdrossenheit o Klimakatastrophe o Krise der öffentlichen Haushalte o Individualisierung und Verlust des gesellschaftlichen Zusammenhalts o Überalterung der Gesellschaft Hoffnung: Soziales Engagement als Gegengift
6 Gesellschaftliche Krisen und soziales Engagement Abbildung: Bevölkerungsentwicklung in Deutschland bis % % 80% >=80 Jahre 70% % 50% Jahre 40% 30% Jahre 20% 10% < 20 Jahre 0% Quelle: Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (2008): Bevölkerung. Daten, Fakten, Trends zum demographischen Wandel in Deutschland. Wiesbaden: 28. (eigene Darstellung)
7 Gesellschaftliche Krisen und soziales Engagement Abbildung: Alten- und Jugendquotient mit der Altersgrenze 20 bis 65 Jahre, Deutschland Quelle: Statistisches Bundesamt (2006): 11. Koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung. Wiesbaden: 45
8 Gesellschaftliche Krisen und soziales Engagement Die zunehmende Anteil Älterer wird häufig als Bedrohung wahrgenommen: o Steigende soziale Kosten (insb. Rente, Gesundheit, Pflege) bei gleichzeitig rückläufiger Finanzierungsbasis (Steuern und Sozialversicherungsbeiträge) o Sinkende Zukunftsfähigkeit der Politik ( Gerontokratie ) o Dadurch: Verschärfung und evt. sogar Eskalation Generationenkonfliktes des Lösung: Produktives Altern? 8
9 Soziales Engagement & Produktives Altern 9
10 Soziales Engagement & Produktives Altern Das Leitbild des produktiven Alterns : o wehrt sich bewusst gegen die negative und krisenbetonte Wahrnehmung des demographischen Wandels. o betont den produktiven Beitrag Älterer, den diese auch außerhalb der Beteiligung an Erwerbsarbeit für die Gesellschaft leisten. o unterstreicht in diesem Zusammenhang die positiven Möglichkeiten, die unbezahltem sozialem Engagement von Älteren zur Bewältigung der demographischen Herausforderung innewohnen. 10
11 Soziales Engagement & Produktives Altern Unmittelbarer Nutzen sozialen Engagements von Älteren (a) Für die Gesamtgesellschaft o Kompensation eines fehlenden Angebots o Kosteneinsparungen (b) Für die Aktiven selbst o Ausgleich eines fehlenden Dienstleistungsangebots o Reziprozität o gutes Gefühl 11
12 Soziales Engagement & Produktives Altern Mittelbarer Nutzen sozialen Engagements von Älteren o Vermeidung sozialer Isolation o Positive physische und psychische Gesundheitseffekte für die Aktiven. o Stärkung der politischen Teilhabe von Älteren. o Insgesamt profitiert davon auch die Gesellschaft, da soziale Kosten indirekt reduziert und die Demokratie bzw. der soziale Zusammenhalt gestärkt werden kann. 12
13 Soziales Engagement & Produktives Altern Anteil ehrenamtlich aktiver Personen (nach Alter), * * Ab 1992 Gesamtdeutschland Quelle: SOEP (querschnittsgewichtet), eigene Berechnungen 13
14 Soziales Engagement & Produktives Altern Anteil regelmäßig helfender Personen (nach Alter), * * Ab 1992 Gesamtdeutschland Quelle: SOEP (querschnittsgewichtet), eigene Berechnungen 14
15 Soziales Engagement & Produktives Altern Altersprofil regelmäßig Pflegender (gleitender Durchschnitt), Deutschland 2009 Quelle: SOEP (querschnittsgewichtet), eigene Berechnungen 15
16 Soziales Engagement von Älteren: Grenzen 16
17 Soziales Engagement von Älteren: Grenzen (1) Positive Gesundheitswirkungen nicht überbewerten o Fehlende Kausalanalysen o polarisierende Wirkung 1: gesunde Alte werden durch Engagement (noch) gesünder o kein linearer Zusammenhang zwischen Stundenzahl und Gesundheitswirkungen o Soziales Engagement nicht grundsätzlich gesund (Bsp. Pflege) 17
18 Soziales Engagement von Älteren: Grenzen (2) Soziales Engagement ist nicht per se gemeinnützig und demokratiefördernd o soziale Engagement kann auch auf Ausgrenzung und Spaltung hinauslaufen (z.b. NPD, bestimmte Bürgerinitiativen) o Polarisierende Wirkung 2: insb. gut ausgebildete, gesunde und einkommensstarke Aktive definieren durch ihre spezifische Engagemententscheidung sozialpolitische Bedarfe o Gemeinnützigkeit und Demokratieförderung nur in Kombination mit starkem Sozialstaat 18
19 Soziales Engagement von Älteren: Grenzen (3) Negative Effekte für den Ersten Arbeitsmarkt o Direkt: Verdrängung regulärer Beschäftigung (Bsp.: Ein-Euro- Jobs ) o Indirekt 1: Zeitintensive Bereiche des Engagements (z.b. Enkelkinderbetreuung, Pflege) stehen in zeitökonomischer Konkurrenz zu Erwerbsarbeit o Indirekt 2: Reduktion der Nachfrage nach professionellen Dienstleistungen 19
20 Soziales Engagement von Älteren: Grenzen (4) Kopplung von Nützlichkeit an Produktivität vermeiden o Gefahr des Leitbildes produktives Altern : Konflikte zwischen produktiven Jungen bzw. Alten einerseits und unproduktiven Alten andererseits o Formel unproduktiv = unnütz ist grundsätzlich falsch, da zu wirtschaftlicher Prosperität immer effiziente Produktion und möglichst hoher Konsum gehören! o Abnehmende Produktivität Älterer verursacht direkt und indirekt Nachfrage nach Gütern und Arbeit. 20
21 Förderung sozialen Engagements: Kontext Ressourcen - Lebensverlauf 21
22 Anteil ehrenamtl. Aktiver (in %) Förderung sozialen Engagements Abbildung: Zusammenhang ehrenamtliche Aktivität und Sozialausgaben NL GB USA IRL D BEL NOR F DK SWE LUX 10 5 HUN GR POL POR ESP ITA FIN R² = 0,38 soz. Ausgaben pro Kopf (in US-Dollar) Quelle: ESS 2002; CID 2005 (eigene Berechnung); EUROSTAT 22
23 Förderung sozialen Engagements Abbildung: Anteil ehrenamtlich aktiver Älterer (50+) nach Bildungsstatus im internationalen Vergleich (2004) Quelle: SHARE S DK D NL F CH A I E GR Gesamt Niedrige Bildung Mittlere Bildung Hohe Bildung 23
24 Förderung sozialen Engagements Abbildung: Aufnahme sozialen Engagements, Renteneintritt und zurückliegende Erfahrung Quelle: ESS 2002; CID 2005 (eigene Berechnung); EUROSTAT 24
25 Förderung sozialen Engagements Abbildung: Aufgabe sozialen Engagements, Renteneintritt und zurückliegende Erfahrung Quelle: ESS 2002; CID 2005 (eigene Berechnung); EUROSTAT 25
26 Fazit 26
27 Fazit Demographischer Wandel als heterogener Prozess o Die eindimensionale Wahrnehmung des demographischen Wandels als Krise mit der einseitigen Betonung steigender Alterslasten wird der Komplexität gesellschaftlicher Prozesse nicht gerecht! o Das Leitbild des Produktiven Alterns betont die Leistungsfähigkeit und Leistungsbereitschaft Älterer auch im Ruhestand und wendet sich damit bewusst gegen die Überbetonung von Alterslasten! o Gleichzeitig stellt das Leitbild des produktiven Alterns die positiven Auswirkungen sozialen Engagements für die Gesellschaft insgesamt aber auch für die einzelnen aktiven Senioren heraus! 27
28 Fazit Soziales Engagement ist nicht voraussetzungslos o Soziales Engagement bedarf eines starken Sozialstaats! o Schaffung und Erhalt einer ausgebauten Infrastruktur (hauptamtliches Personal, Gebäude etc.) als Voraussetzung für soziales Engagement! o Gewinnung junger Menschen für soziales Engagement kann Beteiligung von Älteren in Zukunft sichern (Erfahrungseffekt) o Umfassende Bildungs- und Gesundheitspolitik für Jung und Alt, um die Erwerbsbeteiligung und das soziale Engagement der Alten von heute und morgen zu sichern! 28
29 Fazit Gleichberechtigte Leitbilder erfolgreichen Alterns notwendig o Gefahr: Überzogene Erwartungen an das soziale Engagement Älterer! o Daher: Stigmatisierung unproduktiver Älterer verhindern! o Formulierung komplementärer, ausgewogener und gleichberechtigter Leitbilder (z.b. Konsumtives Altern oder Müßiges Altern ) für erfolgreiches Altern! 29
30 I look from the wings at the play you are staging, While my guitar gently weeps. As I'm sitting here, doing nothing but ageing, Still, my guitar gently weeps. (George Harrison) 30
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