Katja Krohn. Der große böse Wolf. (Originaltitel: Iso paha susi) Aus dem Finnischen von Stefan Moster. henschel SCHAUSPIEL Theaterverlag Berlin GmbH

Transkript

1 Katja Krohn Der große böse (Originaltitel: Iso paha susi) Aus dem Finnischen von Stefan Moster 1

2 Erstaufführung: Theater Pieni Suomi am Die Übersetzung wurde gefördert vom FILI (Informationszentrum für finnische Literatur). henschel SCHAUSPIEL Theaterverlag Berlin GmbH 2007 Als unverkäufliches Manuskript vervielfältigt. Alle Rechte am Text, auch einzelner Abschnitte, vorbehalten, insbesondere die der Aufführung durch Berufs- und Laienbühnen, des öffentlichen Vortrags, der Buchpublikation und Übersetzung, der Übertragung, Verfilmung oder Aufzeichnung durch Rundfunk, Fernsehen oder andere audiovisuelle Medien. Das Vervielfältigen, Ausschreiben der Rollen sowie die Weitergabe der Bücher ist untersagt. Eine Verletzung dieser Verpflichtungen verstößt gegen das Urheberrecht und zieht zivil- und strafrechtliche Folgen nach sich. Die Werknutzungsrechte können vertraglich erworben werden von: henschel SCHAUSPIEL Marienburger Straße Berlin Wird das Stück nicht zur Aufführung oder Sendung angenommen, so ist dieses Ansichtsexemplar unverzüglich an den Verlag zurückzusenden. F1 2

3 DIE PERSONEN (Doppelbesetzungen, Puppen variabel) Der große böse, kleiner mit großem Kummer Mama Der Der Rotkäppchen Rotkäppchens Mutter Mutter Geiß Geißlein 1 Geißlein 2 Geißlein 3 Das schwarze Geißlein Das kleine Geißlein oder die Standuhr Der Hahn Spanferkel Ringelschwänzchen Schweinchen Der kleine Der große Frosch, s Handpuppe Die Großmutter 3

4 ERSTER AKT Szene 1: Das Gutenachtmärchen Liebling! Oh nein! Was ist passiert? Hab ich dich gefressen? Mitsamt dem Schokoladenkuchen? Schatzi, bist du da dri-hin? Warte, mein Schatz, ich rette dich. Äh es kommt nicht mal ein Furz. Ouuu ich kann mir doch nicht den Bauch aufreißen. Da hilft kein Knurren und kein Brummen. Schließlich kann ich dem kleinen doch nicht sagen, daß ich seine Mutter aufgefressen habe! Versuch durchzuhalten, Schatz! Ich werde dich schon irgendwie da heraus angeln. Was sagst du? Ich soll ins Bett bringen? Was? Es ist Zeit für das Gutenachtmärchen? Zeit für das Gutenachtmärchen. (Spielt mit dem Frosch.) Wenn wir jetzt in den Wald marschiern, wird uns garantiert ne Überraschung passiern, bist du schon fertig fürs Bett? Na klar. Na, also dann, äh, wie machen wir das, äh also Augen zu, Maul zu und Pfoten Richtung Decke! Essen wir keinen Schokoladenkuchen? Papa, wo ist die Mama? Nein, wir essen keinen Schokoladenkuchen mehr, und jetzt Rachen zu und Schwanz unters Kissen! Aber warum kommt die Mama nicht Gute Nacht sagen? Was? Was? Ach, die Mama die ist die ist, die Mama mußte schnell weg, sie ist zur, äh, alljährlichen Schäfchenwoche der smütter gegangen Was lesen wir? Ist das dein Märchenbuch? Hmm, mjaa, hier haben wir ein großartiges Bild: Ein kleiner Leckerbissen geht durch den Wald, und einer von uns lauert hinterm Baum. Hmm. Mjaa. Lesen wir das (Er liest.) Eines Morgens legte die Mutter ein Stück Kuchen und eine Flasche Wein in den Korb und sagte zu dem kleinen Rotkäppchen: Bring das 5

5 deiner kranken Großmutter. Pfui! Das Rotkäppchen versprach es. Es zog sich seinen roten Mantel an und ging los. Auf einmal tauchte hinter einem Baum ein großer, grauer auf. Ahaa, ein. Die Geschichte scheint gar nicht so übel zu sein. Der sah böse aus, lächelte aber höflich und sagte: Guten Morgen, mein Schätzchen, wohin des Wegs? Meine Großmutter ist krank, und ich bringe ihr etwas zu essen. Meine Mutter sagt, ich darf nicht stehen bleiben und mit Fremden reden. Eindeutig ein gut erzogenes Mädchen. Sei nur immer brav und folge deiner Mutter, sagte der und verschwand im Wald. Er rannte zum Haus der Großmutter und fraß sie also aß sie auf und zog sich dann ihre Kleider an. Ein raffiniertes Kerlchen! He, he, wirklich gut erfunden, die Geschichte. Da ist er einfach zum Haus und Aber lesen wir, wies weiter geht. Gerade als er sich die Decke übers Maul gezogen hatte, klopfte es an die Tür. Komm rein, mein Schätzchen, rief der, wobei er die zittrige Stimme der Großmutter nachahmte. Das ist gut! Bestimmt hat sich der da schon ins Fäustchen gelacht Warum hast du so große Ohren?, rief das Rotkäppchen, als es ans Bett trat. Damit ich besser deine niedliche Stimme hören kann. Warum hast du so große Augen? Damit ich dich besser sehen kann. Und warum hast du so einen großen Mund, liebe Großmutter? Mund Ha ha haa, jetzt kriege ich es ja selbst mit der Angst zu tun. Damit ich dich besser fressen kann. Und da schob sich der das Rotkäppchen mit Haut und Haar in die Backe. Das wars. Supergeschichte. Hahaa. Unglaublich. Ha. Haa! 6

6 War das schon alles? Das kann doch so nicht aufhören. Wenn Mama vorliest, fallen die Wölfe am Ende immer in den Brunnen, oder man stopft ihnen Steine in den Bauch, oder sie werden in einem großen Topf gekocht. So wie in der Geschichte von den sieben Geißlein, da wird dem der Bauch mit der Schere aufgeschnitten, und in der Geschichte, wo der und der im Keller sitzen, da Ja, ja, aber die hier endet so. Und jetzt mußt du schlafen, damit du morgen kämpfen kannst! Papa! Ja? Mach aber nicht den Mond aus. Wieso nicht? Ach, nur so. Du wirst doch nicht etwa Angst haben! Nein. Das will ich auch meinen. Vergiß nicht, wir sind die Könige des Waldes, groß und angesehen, wir haben vor nichts und niemandem Angst, aber alle fürchten sich vor uns. Und jetzt wird geschlafen. Papa geht das Frühstück besorgen. (Ab.) (Liest.) und da kam der Holzfäller und sägte dem den Bauch auf. Was hab ich gesagt? Ich wußte es! Und aus dem Bauch sprangen quicklebendig die Großmutter und das Rotkäppchen heraus. Eilig holte das Rotkäppchen große Steine. Damit füllten die drei den Bauch des es. und als der erwachte, da wollte er seiner Wege gehen, aber die Steine waren so schwer, daß er auf die Erde fiel und starb. Da kam der Jäger, zog dem das Fell ab und nahm es mit nach Hause, die Oma aß den Kuchen und trank den Wein und wurde wieder gesund. Alle waren glücklich. Total blöd. (Spricht zum Frosch, einer Handpuppe, die ihm als Kuscheltier dient.) Ich will nicht so ein blöder sein! Blöden Wölfen ergeht es immer schlecht. Mama ist auch blöd, weil sie nicht da ist. 7

7 Wenn die Mama heimkommt, sag ich ihr, daß ich ein werde. Mama ist blöd. Sie hat nicht mal gesagt, wo sie hingegangen ist. Sonst sagt sie ständig was: daß ich mich hinter den Ohren waschen soll. Lauter Kleinigkeiten. Aber jetzt ist sie verschwunden und hat nichts gesagt. Frosch () Der da kriegts mit der Angst zu tun, dabei will der da sich nicht fürchten. Der da will bloß schlafen und nicht an böse Holzfäller denken. Der da darf an gar nichts denken, was Angst macht. Nicht an Trolle, nicht an Dolche, an nichts, an gar nichts, dann kommt der Schlaf. Der Schlaf kommt ganz bestimmt. Szene 2: Der ist im Brunnen steckengeblieben Wenn ich mich noch ein bißchen strecke Auii! Ich habs. Jetzt nix wie rauf Oho. Jungs, he! Jungs, könnte mal einer kommen und helfen? Hallo! Ist da oben jemand?! Mama, guck mal, der hängt im Brunnen. Wo klemmts? Servus,. Ich hab hier einen kleinen Arbeitsunfall. Hast die Leiter vergessen, wie? Ja. So könnte man es sagen. Aber wie wärs, bist du an einem kleinen Stück Käse interessiert? Ich hab hier einen ordentlichen Klumpen erstklassigen Rahmkäse im Eimer. Zieh mich einfach hoch! Wenn wir uns über den Preis einig werden, warum nicht. Na, zwei Bissen vom Käserand. Wie wärs? Dürftiges Angebot, da müßte schon mehr rausspringen. 250 Gramm. Nicht genug. Nicht genug?! Was glaubst du eigentlich? Ich werde dir doch nicht die ganze Beute (Der kommt.) 8

8 und Wie du willst, mir ist es recht, wenn du deinen Käse behältst. Macht bestimmt Spaß, in dem Brunnenschacht daran zu nagen. Ich geh jetzt mit dem Kühe melken. Nein, nein, nein, nein. Das war nur Spaß. Geht nicht weg, Freunde! Zieht mich hoch, Brüder, dann bekommt ihr zum Lohn mehr als die Hälfte. Wir wollen das ganze Stück, und darüber hinaus bleibst du uns noch zwei Stücke schuldig. Du kannst mich mal am Pelz petzen Paß bloß auf! Wenn ich hier rauskomme, kriegst du eins auf die Schnauze, daß deine Ohren zweimal um die Erdkugel fliegen. Soll mir recht sein. Ade! Wir legen dann Blumen auf dein Grab also auf den Brunnendeckel. He, he, Kameraden, kommt zurück, ich mach doch nur Spaß! Okay, ihr kriegt ihn ganz und noch zwei Stücke dazu. Gebont! Leih mir mal deinen Schwanz. Vorsichtig, das ist ein Wertgegenstand. Ja, ja. Wenn wir ihn rausgezogen haben, schnappen wir uns den Käse und hauen ab. Abgemacht. Du läufst nach links und ich nach rechts Also dann, zieh. Aii-i. Der wiegt mindestens tausend Tonnen. Wie kann man nur so fett sein. Du sagst es. Nun zieh schon, du Eichhörnchen! Selber Eichhörnchen. Noch mal. Hau-ruck! 9