Mädchenzimmer mit Soldaten

Transkript

1 Anna Pein Mädchenzimmer mit Soldaten 1

2 2006 Als unverkäufliches Manuskript vervielfältigt. Alle Rechte am Text, auch einzelner Abschnitte, vorbehalten, insbesondere die der Aufführung durch Berufs- und Laienbühnen, des öffentlichen Vortrags, der Buchpublikation und Übersetzung, der Übertragung, Verfilmung oder Aufzeichnung durch Rundfunk, Fernsehen oder andere audiovisuelle Medien. Das Vervielfältigen, Ausschreiben der Rollen sowie die Weitergabe der Bücher ist untersagt. Eine Verletzung dieser Verpflichtungen verstößt gegen das Urheberrecht und zieht zivil- und strafrechtliche Folgen nach sich. Die Werknutzungsrechte können vertraglich erworben werden von: henschel SCHAUSPIEL Marienburger Straße Berlin Wird das Stück nicht zur Aufführung oder Sendung angenommen, so ist dieses Ansichtsexemplar unverzüglich an den Verlag zurückzusenden. F1 2

3 PERSONEN spricht die Soldaten: Adolf Waldemar spricht die Soldaten: Josef Helmut Paul und sprechen außerdem abwechselnd: Herbert Volkmann, Vater = Vater oder Vater Kunigunde, Krankenschwester = Kunigunde oder Kunigunde (Film)Figuren: Sylvia Volkmann, Josef Kaminski, Liebhaber Herbert Volkmann, Vater Puppen: OLGA, LIESE, PETERCHEN, 1 TEDDY + 2 Namenlose ORTE Kinderzimmer mit Puppenhaus/möglich auch ein Altenpflegeheim Wohnküche (Projektion) 3

4 (Kinderzimmer. Abend. und liegen in ihren Betten.) Josef Was macht dein Bein? Mein rechtes Bein tut weh am linken großen Zeh. Oh je oh je oh je oh je oh je oh je. (Sie kichern.) Schneid es einfach ab. Josef Josef Das ist ja schon abgeschnitten. Es sind nur die Nerven, die mich schmerzen. Komisch ne? daß man was fühlen kann, was es gar nicht gibt. Und was macht dein Arm? Mein armer Arm er ist so lahm! Gott erbarm oh Gott erbarm! (Sie lachen.) Josef Herzliches Beileid, mein lieber Günther! Danke gleichfalls, mein lieber Josef! ( kommt ins Zimmer und setzt sich ans Bett.) und und und Und? Seid ihr meine beiden lieben Mädchen? Jaaa! Und habt ihr ein gutes Herz? Jaaa! Und seid ihr dem lieben Gott dankbar, weil es euch gibt? Jaaa! ( küßt die beiden, zieht eine Spieluhr auf. Guten Abend, Gute Nacht, fortlaufend.) Gute Nacht! Machst du das Licht im Puppenhaus aus? 5

5 Und bringst du sie auch ins Bett? ( geht zum Puppenhaus.) (Scherzhaft zu den PUPPEN.) Eins Zwei Drei Vier Fünf Sechs Sieben wo ist denn die Acht geblieben?! Die Peterpuppe? Die Liese? Die Olga! Daaa hat sie sich hinterm Herd versteckt! Marschmarsch in die Falle, wird das was! Lieber Gott mach sie fromm, daß sie in den Himmel komm! Amen! Sie sind klein, ihr Herz ist rein, soll niemand drin wohnen als Jesus allein! Amen! ( schaltet das Licht im Puppenhaus aus.) Schluß jetzt. Ich weck euch halb sieben. Ganz bestimmt? Ganz bestimmt. (Singt die letzten Zeilen des Liedes mit.) Morgen früh, wenn Gott will, wirst du wieder geweckt morgen früh, wenn Gott will, wirst du wieder geweckt. Schwörst du? Ich schwöre. ( geht raus und schließt die Tür.) Josef Waldemar Josef Sie hält sich für Gott. Sie ist ja auch sanft und gut. Sie ist mild. Wie ein Engel unser aller Lieblingsschwester Magdalena. Kunigunde. Magdalena. 6

6 Waldemar Kunigunde. Heut darf ich ihren Namen aussuchen! Na gut. Alle kranken Soldaten lieben Schwester Kunigunde. Aber sie ist viel zu stolz und rein. Bis dann der eine kommt der eine der sie ( wirft mit dem Kissen.) Josef Waldemar Josef Adolf Helmut Waldemar Josef Paul Helmut lore! Jetzt doch noch nicht! Nochmal. Sie hält sich für Gott. Sie ist ja auch sanft und gut. Sie ist mild. Der Engel der Verwundeten. Unser aller Lieblingsschwester Kunigunde. Sie hat geschworen, daß SIE uns wieder weckt. Was sie sich einbildet. Vielleicht will Gott ja lieber daß wir im Schlaf sterben (Ängstlich.) Wir beiden? (Leise, dramatisch.) Wir alle. Alle! Adolfus! Helmut! Waldemar! Josef! Günther! Paul! Höhöhö heut um Mitternacht, da holt uns der Toood! Er sieht aus wie Schwester Kunigunde. Kann ihm nicht mal einer das Maul stopfen? 7

7 Josef Paul Man spricht nicht vom Tod. Günther weiß einfach nicht, was sich gehört. Er ist so gemein. Jetzt habe ich Angst vor dieser Nacht. *Filmprojektion/fortlaufend.* sitzt an der Nähmaschine und näht ein Kleid fertig. Maschinengeräusche.? Hör mal Mutti näht. (Sie lauschen auf die Maschine.) Was sie wohl näht? Los, weiter. Nochmal. Höhöhö heut um Mitternacht, da holt uns der Toood! Er sieht aus wie Schwester Kunigunde. Paul Er ist so gemein. Jetzt habe ich Angst vor dieser Nacht. (Paul fängt an zu schluchzen.) *Filmende.* Adolf Adolf Günther hält sofort sein dreckiges Maul sonst kommt er ins Arbeitslager! Und Paulchen hört auf zu flennen wie ein Mädel sonst kommt er zum BDM! Bitte um Entschuldigung, Herr Adolf! us! Alle Männerstimmen Us us us us us! Paul Adolf Paul Waldemar (Schniefend.) Herr Adolfus, I schleck your pardon, aber ich bin doch erst siebzehn und der Günther ist ein Schuft. Ich kann das nicht vertragen, denn ich habe Fieber. Gradzahl? Vierundvierzigacht. Was?! 8

8 Adolf Adolf Paul Adolf Paul Waldemar Paul Paul Paul Josef Helmut Rektal oder anal? (Leise.) Was ist das,? Unterm Arm oder im Poloch? (Prustend.) Im Poloch! Wer hat Fieber gemessen? Ich selber. Wie er lügt! Schwester Kunigunde hats getan! Gibts doch zu! Das darf man gar nicht selber! Jaaah Das stimmt. Ich hab mich so geniert Ach Paulchen. Das ist sie doch gewöhnt. Das macht so eine jeden Tag. Das könnt ich nicht. Stell dir das mal vor! Man muß sich nun vorstellen, daß man als Mann Fieber mißt im Po von Mädchen und Frauen. Das ist längst nicht so schlimm. Was! Das ist tausendmal grausamer! Für das Mädchen vielleicht. Für den Mann ist das knorke. Meinst du wirklich? Auf jeden Fall. Nur vor meiner genier ich mich nie. Sie hat mir sogar schon mal hinten einen Bandwurm rausgezogen. Pschscht! Sei mal still jetzt. Was ist denn? * Film/fortlaufend.* gießt mit einem Eimer Wasser in eine Zinkwanne, nimmt einen Topf kochendes Wasser vom Herd, gießt auch ihn hinein. Sie zieht sich aus, steigt in die Wanne und wäscht sich plätschernd. 9