Prädiktive dynamische Lastkontrolle für ein Elektrostahlwerk
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1 Prädiktive dynamische Lastkontrolle für ein III. Symposium "Metallindustrie und Mathematik" MEng Dipl.-Ing. (FH) V. Haverkamp Prof. Dr.-Ing. K. Krüger Institut für Automatisierungstechnik, Fakultät für Maschinenbau, Universität der Bundeswehr / Helmut-Schmidt-Universität Hamburg
2 Inhalt 1. Einleitung 2. Elektrische Verbraucher im Stahlwerk 3. Prädiktion der Stromflusszeit des Elektrolichtbogenofens 4. Lastkontrollstrategie 5. Implementation und Ergebnisse 6. Zusammenfassung Folie 2
3 1. Einleitung Energiekosten im Stahlwerk fallen an für Verbrauchte elektrische Energie Bezogene Leistung "Leistungslimit" lt. Belieferungsvertrag Kennzahl: Energiebezug pro Messperiode (15 min) Leistungsbezug muss Überwacht werden Auf das Leistungslimit begrenzt werden Anforderungen an eine ideale Lastkontrollanlage Möglichst vollständiger Bezug des Leistungslimits Konstante Energieeinbringung in die Schmelze Schonung der Betriebsmittel Folie 3
4 1. Einleitung Herkömmliche Lastkontrollanlagen Gehen von nahezu konstanten Lastcharakteristiken aus Nehmen ähnliche Anschlussleitungen der Einzelverbraucher an Reagieren ggf. inadäquat auf plötzliche Lastsprünge Situation im Verbraucher mit stochastischen Lastgängen Höchst ungleichmäßige Verteilung der Anschlussleistungen Neue Lastkontrollstrategie Einfache aber wirkungsvolle Lastprognosemodelle Prädiktionsmodell zur Abschätzung der verbleibenden Stromflusszeit des Schmelz-Elektrolichtbogenofens Folie 4
5 2. Elektrische Verbraucher im Stahlwerk von ArcelorMittal Hamburg besteht aus Drehstrom-Elektrolichtbogenofen (AC-EAF) Pfannenofen Stranggussanlage Walzwerk Direktreduktionsanlage Folie 5
6 2. Elektrische Verbraucher im Stahlwerk Elektrolichtbogenofen Anschlussleistung: 120 MVA Schaltbar via Ofentransformator in 5 MW-Schritten Leistungsaufnahme variiert während der Schmelze durch Stochastisches Verhalten der brennenden Lichtbögen Veränderliche Prozessbedingungen und Prozessfortschritt Folie 6
7 2. Elektrische Verbraucher im Stahlwerk Elektrolichtbogenofen Größtes Optimierungspotential bei Einkorbchargen Lichtbogenofen nimmt mindestens eine komplette Bezugsperiode hindurch volle Leistung auf Geringes oder kein Optimierungspotential bei Mehrkorbchargen Leistungslimit wird kaum erreicht 1-Korb-Chargen 3-Korb-Chargen Folie 7
8 Prognose der zukünftigen Leistungsaufnahme des EAF ~ P el EAF = 0,5 Pel EAF + 0, 5 el EAF P el EAF ist die erwartete mittlere Leistungsaufnahme Exponentieller Mittelwert Zeitkonstante der Mittelung: 170 min (ca. 3 Schmelzen) P el EAF ist abhängig von Ofentransformatorstufe kwh Schmelzfortschritt (in ) t ist die aktuelle Leistungsaufnahme des Lichtbogenofens P el EAF 2. Elektrische Verbraucher im Stahlwerk Elektrolichtbogenofen P Folie 8
9 2. Elektrische Verbraucher im Stahlwerk Elektrolichtbogenofen P el EAF ~ P P el EAF = 0,9999 P + 0,0001 P mitt = 1s T Mittelung el EAF el EAF el EAF = 0,5 Pel EAF + 0, 5 ( n 1) T; k ; W ) ( nt; k Trafo ; W P Trafo geseaf spez T = 170 min ln(0,9999) el EAF geseaf spez ); Modell gilt während der Stromflusszeit Berücksichtigung der Nebenzeiten erfordert weiteres Modell Folie 9
10 2. Elektrische Verbraucher im Stahlwerk Pfannenofen Anschlussleistung: 25 MVA Schaltbar via eigenen Ofentransformator in 1-2 MW-Schritten Lastgang gekennzeichnet durch Deutlich geringere stochastische Schwankungen als beim Schmelzofen Stochastischer Wechsel von Stromfluss- und Nebenzeiten Folie 10
11 2. Elektrische Verbraucher im Stahlwerk Pfannenofen Steuerung und Regelung unabhängig von Lastkontrollanlage Transformatorstufe, Ein- und Ausschaltzeitpunkte unbekannt Exakte Modellierung der Leistungsaufnahme kaum möglich Kontinuierlicher Prozess Chargenbasierte Prädiktion der Stromflusszeit nicht möglich Sicherste Lösung: Maximalprognose in Abhängigkeit von Einschaltzustand Bei eingeschaltetem Pfannenofen Energieprognose für Bezugsperiode anhand Maximalleistung Maxmalleistung ist größte Leistungsaufnahme der letzten 24 h Bei ausgeschaltetem Pfannenofen Energieprognose ist Null Zuschalten kann ggf. kurzzeitig verschoben werden Folie 11
12 2. Elektrische Verbraucher im Stahlwerk Grundlast fasst weitere Verbraucher zusammen: Stranggussanlage Zweistraßiges Walzwerk Direktreduktionsanlage Grundlast Leistungsaufnahme variiert zwischen 25 MW und 45 MW Folie 12
13 2. Elektrische Verbraucher im Stahlwerk Stromzähler liefert aktuelle Leistungsaufnahme Prozessdaten zur Modellierung nicht verfügbar Präzises Modell kaum möglich Zeitreihenanalyse liefert kaum brauchbare Ergebnisse ARMA-Modelle anpassbar Spezifikation und Parameterschätzung aufwändig Prognosegenauigkeit mäßig Ähnlicher Modellansatz wie beim Lichtbogenofen Exponentielle Glättung ~ P Grundlast elgrundlast = 0,5 PelGrundlast + 0, 5 P elgrundlast Folie 13
14 3. Prädiktion der Stromflusszeit des Elektrolichtbogenofens Vorhersage der verbleibenden Stromflusszeit bis Abstich Ergänzung zur Leistungsaufnahme-Prognose Abschätzung des Energiebedarfs in der Bezugsperiode Physikalisches Energiemodell Elektrischer Energiebedarf der Schmelze ist festgelegt durch Schrott-Tonnage Eisenschwamm-Tonnage Bereits eingesetzte Energiemenge und prognostizierte Leistungsaufnahme ergeben verbleibende Zeit bis Abstich Berechnung und Adaption der spezifischen Energiekoeffizienten nach jeder Schmelze Folie 14
15 3. Prädiktion der Stromflusszeit des Elektrolichtbogenofens t( t) = a m Schrott ( t) + b m ~ P DRI el EAF t ( t) P 0 el EAF ( τ ) dτ t(t): Verbleibende Stromflusszeit bis Abstich a und b: Spezifische Energiekoeffizienten m Schrott (t): Eingesetztes Schrottgewicht Aktualisierung beim Setzen weiterer Schrottkörbe m DRI (t): Schätzwert für eingesetztes Eisenschwammgewicht Mittelwert aus vergangenen Schmelzen Kontinuierliche Beobachtung der Zufuhrrate Aktualisierung des Schätzwertes bei charakteristischem Rückgang der Zufuhrrate kurz vor Abstich Folie 15
16 3. Prädiktion der Stromflusszeit des Elektrolichtbogenofens Bei 6 min: Schmelze beginnt bei geringer Leistungsaufnahme Prognose größer als tatsächlich verbleibende Zeit Bei 24 min: Höchste Transformatorstufe und Leistungsaufnahme erreicht Prognose nähert sich tatsächlich verbleibender Zeit an Bei 52 min: Charakteristischer Rückgang der Eisenschwamm-Zufuhrrate Aktualisierung des Schätzwertes für eingesetztes Eisenschwammgewicht Prognose stimmt mit tatsächlich verbleibender Zeit überein Folie 16
17 3. Prädiktion der Stromflusszeit des Elektrolichtbogenofens Prädiktionsgenauigkeit beim Abstich über 2 Wochen (110 Einkorbchargen) Mittlere Genauigkeit ist -0,7 min Gelegentliche Ausreißer aufgrund von atypischen Prozessverläufen Folie 17
18 3. Prädiktion der Stromflusszeit des Elektrolichtbogenofens Vermeidung von unerwünschten/unnötigen Schalthandlungen Prognostizierte verbleibende Stromflusszeit wird mit Sicherheits-Pufferzeit beaufschlagt Pufferzeit in der Größe einer Standardabweichung Abstich erfolgt zum prognostizierten Zeitpunkt oder früher für 84 % der Fälle (von Gleichverteilung ausgehend) Folie 18
19 4. Lastkontrollstrategie Mit zuvor genannten Modellen prognostizierbar Verbleibende Stromflusszeit des EAF bis Abstich Energiebedarf des EAF Bis Abstich In der aktuellen Bezugsperiode Maximaler Energiebezug des Pfannenofens Energiebezug der Grundlast Aus Stromzähler und EVU-Synchronimpuls bestimmbar Verbleibende Zeit in der Bezugsperiode Noch verfügbare Energie in der Bezugsperiode (bis zum Erreichen des Leistungslimits) Folie 19
20 4. Lastkontrollstrategie Entscheidungsbaum zur Bestimmung der Schalthandlungen Optimale Energieausnutzung und Betriebsmittelschonung Folie 20
21 5. Implementation und Ergebnisse Folie 21
22 5. Implementation und Ergebnisse Aufzeichnung von Betriebsergebnissen über 2 Wochen Exemplarische Betrachtung von 61 Einkorbchargen Schalthäufigkeit nicht nennenswert erhöht Folie 22
23 5. Implementation und Ergebnisse Aufteilung der auswertbaren 268 Bezugsperioden Keine Schalthandlung: 237 Energie reicht grundsätzlich aus: 201 Nicht prognostizierter Abstich: 7 Prognostizierter Abstich: 29 Prognose verhindert Schalthandlungen: 5 Schalthandlung ausgelöst: 31 Folie 23
24 6. Zusammenfassung Identifikation und Verifikation geeigneter Modelle zur Beschreibung der Lastcharakteristiken der wichtigsten elektrischen Verbraucher im Stahlwerk Entwicklung eines neuartigen Lastkontrollalgorithmus Optimierte Energieausnutzung Geringe Belastung der Betriebsmittel Vermeidung unnötiger Schalthandlungen Verschiebung erforderlicher Schalthandlungen in prozesstechnisch günstigere Bereiche Implementation und Inbetriebnahme der neuen Lastkontrollanlage bei ArcerlorMittal Hamburg Folie 24
25 Prädiktive dynamische Lastkontrolle für ein MEng Dipl.-Ing. (FH) V. Haverkamp Prof. Dr.-Ing. K. Krüger Wir bedanken uns bei ArcelorMittal Hamburg und Dr.-Ing. U. Braun für die freundliche Unterstützung und Zusammenarbeit. III. Symposium "Metallindustrie und Mathematik"
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