Struktur und Ordnung des Gesundheitswesens I
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- Irmela Holtzer
- vor 7 Jahren
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1 Das neue Patientenrechtegesetz - Noch mehr Papierkrieg in Klinik und Praxis? Struktur und Ordnung des Gesundheitswesens I Rechtsanwältin Saskia Heilmann Leitung Geschäftsbereich 5 Recht, Allgemeine Verwaltung, Qualitätsmanagement und Öffentlichkeitsarbeit
2 vom Sinn und Unsinn der Neuregelung das viel diskutierte Gesetz ist ist das in Kraft getreten mit dem Ziel die bestehenden Rechtslage, die vorher im Wesentlichen durch die Rechtssprechung geprägt wurde abzubilden, den Behandlungsvertrag als besonderen Dienstvertrag zu normieren und die von der Rechtssprechung entwickelte Haftungssystematik bei Behandlungs- und Aufklärungsfehlern zu kodifizieren Konsequenz sollte ein gestärkter Patientenschutz sein, obwohl die Neuregelungen weder aus rechtswissenschaftlicher noch zivilprozessualer Sicht nötige waren
3 Inhalte der Neuregelung unter dem bedeutungsvollen und gleichsam umstrittenen Titel "Patientenrechtegesetz" sind Änderungen in einer Reihe von Gesetzen geschaffen worden Regelungen im BGB Neuregelungen 630 a- h BGB Sozialgesetzbuch V - Krankenkassen müssen Leistungsanträge innerhalb von drei Wochen bescheiden - Sieben Tage Frist für niedergelassene Ärztinnen und Ärzte - Krankenkassen "sollen" bei Behandlungsfehlern unterstützen - Beschwerdemanagement für Krankenhäuser Pflicht - Fehlermeldesysteme werden unterstützt - Daten aus Fehlermeldesystemen sind geschützt Krankenhausfinanzierungsgesetz Bundesärzteordnung (BÄO) u.a. Pflicht zum Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung; fehlende Berufshaftpflichtversicherung kann zum Ruhen der Approbation führen
4 Regelungen im BGB 630a Vertragstypische Pflichten beim Behandlungsvertrag 630b Anwendbare Vorschriften 630c Mitwirkung der Vertragsparteien, Informationspflichten 630d Einwilligung 630e Aufklärungspflichten 630f Dokumentation der Behandlung 630g Einsichtnahme in die Patientenakte 630h Beweislast bei Haftung für Behandlungs- und Aufklärungsfehler
5 Der Behandlungsvertrag im BGB 630 a BGB "Durch den Behandlungsvertrag wird derjenige, welcher die medizinische Behandlung eines Patienten zusagt (Behandelnder), zur Leistung der versprochenen Behandlung, der andere Teil (Patient) zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet, soweit nicht ein Dritter zur Zahlung verpflichtet ist." Die neuen Regelungen im BGB sollen auf alle Behandlungsverhältnisse, d. h. auch der Psychotherapie, der Physiotherapie, der Logopädie etc. und auch der Heilpraktiker, Anwendung finden. Das Gesetz spricht daher vom "Behandelnden" als Vertragspartner des Patienten und meint damit jede Person, die eine medizinische Behandlung vornimmt. Verträge über Pflege und Betreuung gehören nicht dazu.
6 630 c Informationspflichten generelle Informationspflicht über die komplette Behandlung ist inhaltlich mit der von der Rspr. entwickelten therapeutischen Aufklärung bzw. Sicherungsaufklärung identisch Informationspflicht über Behandlungsfehler neu ist die Verpflichtung des Arztes, den Patienten über erkennbare eigene Behandlungsfehler sowie Fehler des vorbehandelnden Arztes zu informieren, wenn danach gefragt wird sowie dann, wenn eine entsprechende Information zur Abwendung gesundheitlicher Gefahren für den Patienten erforderlich ist ( 630c Abs. 2 Satz 2 BGB-E) kommt der Arzt dieser Verpflichtung nach darf ein entsprechender Hinweis des Arztes in einem nachfolgenden gegen ihn geführten Strafverfahren nur mit dessen Zustimmung verwertet werden ( Verwertungsverbot, 630c Abs. 2 Satz 4 BGB) Informationspflicht über Behandlungskosten (= wirtschaftliche Aufklärung ) besteht nur bei aufschiebbaren Behandlungen, wenn der Behandelnde weiß, dass eine vollständige Kostenübernahme durch einen Dritten nicht gesichert ist oder sich hierfür hinreichende Anhaltspunkte ergeben gilt insbesondere für GKV-Versicherte, die Frage der Kostentragung bei PKV- Versicherten liegt i.d.r. im Verantwortungsbereich des Patienten in Textform (schriftlich); Muster werden in Kürze zur Verfügung gestellt (DKG/BWKG)
7 630 c Ausnahmen von der Informationspflichten bei Unaufschiebbarkeit der Behandlung bei ausdrücklichem Verzicht des Patienten aufgrund anderer Umstände, z.b. sofern die begründete Gefahr besteht, dass der Patienten sein Leben/seine Gesundheit gefährdet wenn der Patient über hinreichende Kenntnisse hinsichtlich der beabsichtigten Behandlung verfügt (z.b. selbst Arzt ist)!! Hinweis: Das Vorliegen des Ausnahmefalles sollte stets gut dokumentiert werden, da hohe Anforderungen an die Wirksamkeit des Verzichts gestellt werden ( klar und unmissverständlich )
8 630 d Einwilligung Patient muss vor Durchführung einer medizinischen Maßnahme einwilligen bei einwilligungsunfähigen Patienten, ist die Einwilligung des hierzu Berechtigten einzuholen (Eltern, Betreuer, Bevollmächtigter), soweit nicht eine Patientenverfügung die Maßnahme gestattet oder untersagt ( antizipierte Einwilligung ) Voraussetzung für Wirksamkeit der Einwilligung ist eine umfassende vorherige Aufklärung des Patienten oder Berechtigten
9 630 e Aufklärungspflichten sog. Einwilligungs- und Selbstbestimmungsaufklärung (wie bisher) mündlich: mit Möglichkeit der Rückfrage im Arzt-Patienten-Gespräch rechtzeitig: damit der Patient seine Entscheidung wohlüberlegt treffen kann verständlich: entsprechend dem Empfängerhorizont des Patienten; bei fremdsprachigen Patienten ist sicherzustellen, dass der Patient die Aufklärung nachvollziehen kann (ggf. sprachkundige Person hinzuziehen) durch Behandelnden: d.h. die Person, die den Eingriff durchführt oder eine Person, die über eine für die Durchführung der konkreten Maßnahme erforderliche Qualifikation verfügt ( Facharztstandard )
10 630 e Aufklärungspflichten/Abschriften schon bisher wurden Unterlagen, die der Patient unterzeichnet hat, ausgehändigt (z.b. Behandlungsvertrag, Wahlleistungsvereinbarung) für eine unterzeichnete Aufklärung/Einwilligung soll aus Gründen der Fairness nichts anderes gelten, d.h. das Krankenhaus muss dem Patienten zeitnah, im Zusammenhang mit der Aufklärung eine Kopie/Durchschrift der Unterlagen aushändigen neu: auch nicht einwilligungsfähige Patienten (i.d.r. minderjährige Patienten, die bereits ein gewisses Alter und eine gewisse geistige Reife haben) sind ihrer geistigen Entwicklung und ihrem Kenntnisstand entsprechend aufzuklären ( 630 e Abs.5 BGB) wegen Vetorecht der nicht Einwilligungsfähigen
11 630 g Dokumentation der Behandlung in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit der Behandlung, entweder in Papierform oder elektronisch Berichtigungen oder Änderungen sind in der Patientenakte kenntlich zu machen dabei muss sowohl der Zeitpunkt der Änderung erkennbar gemacht werden als auch der frühere Inhalt der Patientenakte sichtbar sein (fälschungssichere Dokumentation) bei elektronischen Patientenakten ist sicherzustellen, dass die Softwarekonstruktion gewährleistet, dass nachträgliche Änderungen und der Zeitpunkt der Änderung erkennbar bleiben
12 630 g Einsichtnahme in die Patientenakte Recht des Patienten auf Einsichtnahme in die Patientenakte bzw. auf Erteilung einer Abschrift (gg. Kostenübernahme) wurde gesetzlich fixiert bei Verstorbenen: Einsichts- und Abschriftsrecht der Erben bei vermögensrechtlichen Interessen bei nächsten Angehörigen (Ehegatte/Lebenspartner, Kinder, Geschwister Enkel) besteht des Recht zu Geltendmachung immaterieller Interessen das Recht ist unverzüglich zu befriedigen unter dem Vorbehalt, dass kein mutmaßlicher Wille des Verstorbenen dargelegt werden kann
13 Patientenrechtegesetz Beweislast bei Haftung für Behandlungs- und Aufklärungsfehlern ausdrücklich gesetzliche Regelung der von der Rechtsprechung entwickelten Beweiserleichterungen (mehr Transparenz?) bei sogenannten einfachen Behandlungsfehler verbleibt es dabei, dass der Patient den Behandlungsfehler sowie die Ursächlichkeit dieses Fehlers für die eingetretene Gesundheitsschädigung nachweisen muss. für bestimmte Fallgruppen wie Aufklärungs-, Dokumentations- und Einwilligungsdefizite ( 630h Abs ) und den groben Behandlungsfehler ( 630h Abs.5) sind Beweiserleichterungen zugunsten des Patienten vorgesehen bei groben Behandlungsfehlern (= gravierende Fälle, die aus objektiver medizinischer Sicht schlechterdings nicht mehr verständlich erscheinen) muss sich der Behandelnde seinerseits entlasten und beweisen, dass der nachgewiesene Behandlungsfehler nicht generell geeignet war, eine Gesundheitsschädigung der eingetretenen Art herbeizuführen weitere Beweiserleichterungen betreffen das sogenannte voll beherrschbare Risiko ( 630h Abs. 1) so wird die Vermutung für einen Behandlungsfehler angenommen, wenn sich ein allgemeines Behandlungsrisiko verwirklicht, das der Behandelnde voll beherrscht (führt z.b. ein defektes Narkosegerät während einer Operation des Patienten zu einer Sauerstoffunterversorgung und dadurch bedingt zu Hirnschädigungen, so wird die Verantwortlichkeit des Behandelnden für diesen Fehler vermutet.)
14 Patientenrechtegesetz Neuregelungen im BGB - Fazit die gesetzlichen Neuregelungen in den Bereichen des Arzthaftungsrechts bringen keine durchgreifende Änderung, sondern allein" Rechtssicherheit und eine Konkretisierung des bisherigen Richterrechts neu und wesentlich ist lediglich, dass der Arzt den Patienten in bestimmten Fällen von sich aus über Behandlungsfehler aufklären muss die Pflicht zur wirtschaftlichen Aufklärung (über das bestehende Maß hinaus) die detaillierten gesetzlichen Regelungen zur Behandlungsaufklärung ( mit dem daraus resultierenden Organisationserfordernis) wie sich die Beweiserleichterungen tatsächlich in der gerichtlich Praxis auswirken werden bleibt abzuwarten, da das Vorliegen eines groben Behandlungsfehlers noch immer als Voraussetzung für die Beweislastumkehr dargelegt werden muss entsprechendes gilt für die Frage, welche Auswirkungen das Verwertungsverbot auf das Verhalten des Arztes im Hinblick auf des Eingeständnis einen Behandlungsfehlers haben wird
15 Regelungen im SGB V Beschwerdemanagement im KH Pflicht 135a Absatz 2 SGB V: u.a. Krankenhäuser sind verpflichtet, sich an einrichtungsübergreifenden Maßnahmen der Qualitätssicherung zu beteiligen, die insbesondere zum Ziel haben, die Ergebnisqualität zu verbessern und einrichtungsintern ein Qualitätsmanagement tsmanagement einzuführen und weiterzuentwickeln. Das Patientenrechtegesetz ergänzt diese Norm und regelt nun, dass zum einrichtungsinternen Qualitätsmanagement tsmanagement auch die Verpflichtung zur Durchführung hrung eines patientenorientierten Beschwerdemanagements gehört rt. Die meisten Krankenhäuser halten zwar bereits ein Beschwerdemanagement vor, allerdings nicht immer systematisch und transparent.
16 Regelungen im SGB V Beschwerdemanagement im KH Pflicht Nach der Gesetzesbegründung gehört zu einem geeigneten Beschwerdemanagement insbesondere, dass Patientinnen und Patienten in geeigneter Form über ihre Beschwerdemöglichkeit vor Ort informiert werden, außerdem eine zügige und transparente Bearbeitung der Beschwerden sowie eine Unterrichtung über das Ergebnis und mögliche Konsequenzen. Bei der Unterrichtung der Patienten über die "möglichen Konsequenzen" sind von den Einrichtungen allerdings die bestehenden Datenschutzregelungen, insbesondere auch die Regelungen zum Schutz der personenbezogenen Daten des betroffenen Arztes, zu beachten. Nach der Gesetzesbegründung haben die Krankenhäuser zudem nach außen und innen transparente Regelungen in Bezug auf die Stellung und die Kompetenzen der mit dem Beschwerdemanagement betrauten Personen (z. B. Patientenfürsprecher, Patientenvertrauenspersonen, Ombudsleute, Qualitätsbeauftragte) zu treffen.
17 Regelungen im SGB V Fehlermeldesysteme werden unterstützt Die Einführung sog. Fehlermeldesysteme (z.b. CIRSmedical.de oder "Jeder Fehler zählt") ist für Leistungserbringer nicht verpflichtend, sondern wird durch eine neue Regelung im Krankenausfinanzierungsgesetz nur unterstützt. Danach sind für die Beteiligung ganzer Krankenhäuser oder wesentlicher Teile der Einrichtungen an einrichtungsübergreifenden Fehlermeldesystemen, sofern diese den Festlegungen des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) entsprechen, Zuschläge zur Vergütung vorzusehen. Die Festlegungen des GBA sollen Kriterien enthalten, die "in besonderem Maße geeignet erscheinen, Risiken und Fehlerquellen in der stationären Versorgung zu erkennen, auszuwerten und zur Vermeidung unerwünschter Ereignisse beizutragen". Konsequent umgesetzt sollte/könnte dies die Bereitschaft der Ärzte erhöhen, diese Berichtssysteme auch zu nutzen.
18 Regelungen im SGB V Daten aus Fehlermeldesystemen geschützt Zum Schutz des Meldenden ist in dem 135a Absatz 3 SGB V Folgendes vorgesehen: "Meldungen und Daten aus einrichtungsinternen und einrichtungsübergreifenden Risikomanagement und Fehlermeldesystemen nach Absatz 2 in Verbindung mit 137 Absatz 1d dürfen im Rechtsverkehr nicht zum Nachteil des Meldenden verwendet werden. Dies gilt nicht, soweit Besteht ein Fehlermeldesystem, dürfen sich daraus "im Rechtsverkehr" keine Nachteile, d.h. auch keine arbeitsrechtlichen Konsequenzen für den Meldenden ergeben. Auch vor Strafverfolgung wird der Meldende weitgehend geschützt. Die Daten aus dem Fehlermeldesystem dürfen nur zur Verfolgung von solchen Straftaten verwendet werden, die im Höchstmaß mit mehr als fünf Jahren Freiheitsstrafe bedroht sind und bei denen die Strafverfolgungsbehörden auf die Daten aus dem Fehlermeldesystem angewiesen sind. Die bei einem Behandlungsfehler in der Regel in Frage kommenden Delikte (Körperverletzung und fahrlässige Tötung) gehören nicht zu dieser Gruppe von Straftaten, so dass die Daten aus den Fehlermeldesystemen, wenn überhaupt, nur mal bei der Ermittlung von Straftaten Verwendung finden, die außerhalb der medizinischen Einrichtung begangen worden sind.
19 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! 19
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