Internationales Privatrecht II Korrekturschema für Prüfung HS 2011 (3. Januar 2012)
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- Innozenz Schmitt
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1 Internationales Privatrecht II Korrekturschema für Prüfung HS 2011 (3. Januar 2012) I. Allgemein-theoretische Fragen ad 1 Bei dieser Verweisung handelt es sich um eine sogenannte halbe (oder beschränkte) Gesamtverweisung im Sinne von Art. 14 Abs. 2 IPRG. Es wird zwar auf das Kollisionsrecht des ausländischen Staates verwiesen, jedoch wird nur eine Rückverweisung auf Schweizer Recht beachtet, nicht auch eine Weiterweisung auf ein Drittrecht. ad 2 Dies ist umstritten, soweit eine Anerkennung bzw. Vollstreckung gestützt auf Art. 25 ff. IPRG erfolgen soll. Fraglich ist insbesondere, ob das Erfordernis der Endgültigkeit einer Entscheidung erfüllt wird (Art. 25 lit. b IPRG). Bejaht wird die Frage gestützt auf Art. 33 ff. LugÜ. Dabei wird unterschieden zwischen superprovisorischen und provisorischen Massnahmen: In der Rechtsprechung des EuGH werden keine ex parte beantragten Massnahmen zugelassen; anders die Rechtsprechung des Bundesgerichts, falls das rechtliche Gehör später gewährleistet ist. ad 3 Es bedarf eines hinreichenden Inlandbezugs zwischen Massnahme und Gericht (Gericht am Vollstreckungsort). Bei Leistungsmassnahmen wird überdies verlangt, dass eine Sicherheitsleistung durch den Antragsteller erfolgt. Das Gericht darf nur vorsorgliche Massnahmen über Vermögensgegenstände erlassen, welche sich im örtlichen Zuständigkeitsbereich des Gerichts befinden (keine Extraterritorialität). ad 4 Die Verweisungsregeln des Internationalen Erbrechts werden durch das Truststatut grundsätzlich nicht tangiert. 1/5
2 Das gilt insbesondere für Bestimmungen des Rechts, auf das verwiesen wird und von denen durch Rechtsgeschäft nicht abgewichen werden kann. Vgl. Art. 15 Abs. 1 lit. c Haager Trust-Übereinkommen. ad 5 Im Internationalen Gesellschaftsrecht Deutschlands gilt grundsätzlich die Sitztheorie. Diese ist uneingeschränkt gegenüber Drittstaaten, und damit namentlich auch gegenüber der Schweiz, anzuwenden. Eine Ausnahme für die Schweiz ist trotz der Nähe von deren Recht zum EU- bzw. EWR-Recht nicht zulässig. Wenn eine in der Schweiz inkorporierte Gesellschaft ihren effektiven Verwaltungssitz in Deutschland hat, aber die deutschen Registrierungsvorschriften nicht erfüllt, wird sie zwar als schweizerische Gesellschaft nicht anerkannt; dennoch ist sie nicht rechtlos, ein "Nichts", namentlich mit Bezug auf Aktiv- und Passivlegitimation. Nach dem BGH ist sie als rechtsfähige Personengesellschaft deutschen Rechts zu behandeln (nämlich als offene Handelsgesellschaft oder Gesellschaft bürgerlichen Rechts). ad 6 Nach der Sitzbestimmung von Art. 21 Abs. 2 IPRG. Nach h. L. und Rechtsprechung kann im Rahmen von Art. 166 IPRG keine eigenständige Sitzbestimmung erfolgen. Total I 15 P. II. Kleinere Fälle ad 1 a) Ja, die schweizerischen Gerichte am letzten Wohnsitz des Erblassers sind zuständig: Art. 86 Abs. 1 IPRG. Diese Zuständigkeit gilt für den gesamten Nachlass: Universalitätsprinzip. b) Nach Art. 90 Abs. 1 IPRG untersteht der Nachlass schweizerischem Recht. Eine Wahl englischen Rechts gestützt auf Art. 90 Abs. 2 IPRG liegt nicht vor. 2/5
3 Es fehlt an einer ausdrücklichen oder stillschweigenden Rechtswahl. Allein die Tatsache, dass die Anordnung nach englischem Recht (entgegen dem Schweizer Recht) allenfalls zulässig wäre, begründet keine stillschweigende Rechtswahl. c) Es spielt insoweit eine Rolle, als eine güterrechtliche Auseinandersetzung (im Sinn einer Vorfrage) für die Bestimmung des Nachlasses von X erfolgen muss. Zuständigkeit gestützt auf Art. 51 lit. a IPRG in der Schweiz. Anwendbares Recht: Mangels Hinweises auf eine Rechtswahl Anknüpfung nach der Kaskade von Art. 54 IPRG. d) Soweit Grossbritannien eine ausschliessliche Zuständigkeit nach Art. 86 Abs. 2 IPRG beansprucht, sind die englischen Gerichte zuständig. Es erfolgt dann eine Nachlassspaltung. Bei Anwendung englischen Rechts durch die englischen Gerichte wäre die letztwillige Anordnung durch X gegebenenfalls gültig. ad 2 a) Es besteht vermutungshalber eine Hauptsachezuständigkeit in der Schweiz am Ort der unerlaubten Handlung (Art. 5 Ziff. 3 LugÜ), und zwar an jeder Vertriebsstelle. Eventualiter Zuständigkeit am Vollstreckungsort in der Schweiz (jede Vertriebsstelle); gestützt auf Art. 31 LugÜ i.v.m. Art. 10 lit. b IPRG. b) Es sei der C unter Androhung der Ungehorsamsstrafe gemäss Art. 292 StGB sofort zu verbieten, Aussagen zu [ ] zu treffen, insbesondere [ ]. Sofern sich die Zuständigkeit des Schweizer Gerichts auf Art. 5 Ziff. 3 LugÜ stützen kann, kann das Verbot umfassend, d.h. für jeden Staat, in dem die Publikation erscheint, erwirkt werden. Wenn sich die Zuständigkeit demgegenüber allein auf Art. 31 LugÜ i.v.m. Art. 10 lit. b IPRG stützt, ist aufgrund der Rechtsprechung des EuGH unklar, ob das Verbot auf die Schweiz beschränkt sein muss. 3/5
4 c) Nach Art. 261 ff. ZPO; Grundsatz der prozessualen lex fori. Sicherung einer Nichtgeldforderung nach ZPO (und nicht nach SchKG). d) Nach Bundesgericht ist bei vorsorglichen Massnahmen der Anspruch nach der mutmasslichen lex causae geltend zu machen; Art. 261 Abs. 1 lit. a ZPO. In casu Marktanknüpfung nach Art. 136 Abs. 1 IPRG. Nur bei besonderer Dringlichkeit rechtfertigt sich die Anwendung von Schweizer Recht analog zu Art. 16 Abs. 2 IPRG. 1 ad 3 a) Gegen die Science Fiction AG Einschlägig ist Art. 2 Abs. 1 LugÜ: Wohnsitz- bzw. Sitzzuständigkeit. Nicht zum Tragen kommt Art. 22 Ziff. 2 LugÜ, da Verantwortlichkeitsklagen von dieser Bestimmung nicht erfasst werden. Art. 2 Abs. 1 LugÜ regelt nur die internationale Zuständigkeit. Für die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit ist das IPRG beizuziehen. Bei der Klage gegen die Science Fiction AG geht es um die Frage ihrer Verantwortlichkeit aus Organverhalten in der tschechischen Tochtergesellschaft; damit stützt sich die Zuständigkeit (in örtlicher Hinsicht) auf Art. 151 Abs. 2 IPRG (nicht Abs. 1). Das Gericht in Einsiedeln ist zuständig. Gegen die Mitglieder des VR der Science Fiction AG Gegen Grolla: Dieser hat Wohnsitz in der Tschechischen Republik, also in einem durch das LugÜ gebundenen Staat. Als Zuständigkeitsgrundlage für eine Klage in der Schweiz kommt Art. 5 Ziff. 3 LugÜ in Frage, sofern der Verwaltungsrat (unter Einschluss von Präsident Grolla) mit Bezug auf die tschechische Tochtergesellschaft in der Schweiz gehandelt hat. 1 - Gegen die übrigen Verwaltungsräte: Wie gegenüber Grolla, wenn sie in einem anderen LugÜ-Staat wohnen. Für weitere: nach Art. 151, evtl. Art. 152 lit. b IPRG. 4/5
5 b) Vorliegend geht es um Haftungsvorgänge und Verantwortlichkeiten bezüglich der in Tschechien inkorporierten Tochtergesellschaft. Anknüpfung gestützt auf Art. 154 Abs. 1 i.v.m. Art. 155 lit. g und h IPRG. Damit Anwendung des tschechischen Verantwortlichkeitsrechts. Wohl keine Anwendung von Art. 159 IPRG, da Gläubiger bei der tschechischen Gesellschaft gutgläubig auf eine Schweizer Gesellschaft schliessen müssten. c) Gestützt auf Art. 38 Abs. 1 LugÜ ist das Urteil in Prag vollstreckbar. Die Zuständigkeit der Schweizer Gerichte könnte nicht mehr überprüft werden, da kein Ausnahmetatbestand gemäss Art. 35 Abs. 1 LugÜ vorliegt. Total II 35 P. Gesamttotal 50 P. 5/5
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