1. Das auf die Voraussetzungen der Adoption anwendbare Recht
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1 DNotI Deutsches Notarinstitut Dokumentnummer: letzte Aktualisierung: EGBGB Art. 22 Türkei: Minderjährigen- oder Volljährigenadoption I. Zum Sachverhalt Ein Deutscher möchte ein minderjähriges und ein volljähriges Kind, welche beide die türkische Staatsangehörigkeit besitzen, aber in Deutschland leben, adoptieren. Die Mutter und Ehefrau des Annehmenden ist ebenfalls türkische Staatsbürgerin. Der Annehmende und seine Ehefrau, die leibliche Mutter der Kinder, leben sämtlich in Deutschland. Der leibliche Vater lebt in der Türkei und ist türkischer Staatsbürger. II. Fragestellung 1. Ist für die Adoption eines minderjährigen in Deutschland lebenden Kindes, welches die türkische Staatsbürgerschaft besitzt, die Genehmigung des in der Türkei lebenden leiblichen Vaters ausreichend, wenn er sie durch das deutsche Konsulat in der Türkei beurkunden lässt, nachdem ihm eine Ausfertigung der Adoptionsurkunde zugegangen ist, oder muss er die Genehmigung zur Adoption seiner Tochter vor einem Gericht abgeben? Wenn ja, vor welchem Gericht und wäre die Beurkundung vor einem Notar evtl. nicht auch ausreichend? 2. Verliert das anzunehmende Kind mit der Adoption durch einen Deutschen die türkische Staatsangehörigkeit? III. Zur Rechtslage 1. Das auf die Voraussetzungen der Adoption anwendbare Recht a) Deutsches IPR Die Frage des anwendbaren Rechts beurteilt sich aus deutscher Sicht nach Art. 22 Abs. 1, 23 EGBGB. Art. 22 Abs. 1 S. 2 EGBGB beruft für die Adoption durch ein Ehepaar, also durch einen oder beide Ehegatten, das Recht, welches für die allgemeinen Wirkungen der Ehe maßgeblich ist. Gem. Art. 22 Abs. 1 S. 2, 14 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB findet bei gemischt-nationalen Ehegatten das Recht ihres gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalts zum Zeitpunkt der Adoption Anwendung. Für die Voraussetzungen (insbe- Deutsches Notarinstitut Gerberstraße Würzburg Telefon 09 31/ Telefax 09 31/ dnoti@dnoti.de Internet: /14143.doc
2 Seite 2 sondere Altersgrenzen, Probezeit u. ä.), die Art und Weise des Zustandekommens (Mitwirkungsrecht, Einwilligungen usw.) und teilweise auch die Wirkungen der Adoption (vgl. Art. 22 Abs. 2 EGBGB) gilt demnach vorliegend deutsches Recht. Ob die 1767 ff. oder die 1741 ff. BGB einschlägig sind, ist allerdings nicht nach 22 BGB, sondern nach dem Recht des Staates zu beantworten, dem das Kind angehört (Art. 7 Abs. 1 EGBGB, vgl. Staudinger/Henrich, Neubearb. 2002, Art. 22 EGBGB Rn. 26). Nach dem Recht der Türkei tritt die Volljährigkeit mit Vollendung des 18. Lebensjahres ein (Schotten, Das IPR in der notariellen Praxis, 1995, Anh. I). Art. 23 EGBGB bestimmt darüber hinaus, dass die Erforderlichkeit der Zustimmungen des Kindes sowie der Personen, zu denen das Kind in einem familienrechtlichen Verhältnis steht, sich nach dem Recht des Staates, dem das Kind angehört, richtet, vorliegend also nach türkischem Recht. Streitig ist, ob es sich bei der Verweisung durch Art. 23 EGBGB um eine Gesamtverweisung im Sinne von Art. 4 Abs. 1 S. 1 EGBGB handelt (Staudinger/Henrich, a. a. O., Art. 23 EGBGB Rn. 6; Jayme, Kindesrecht und Rückverweisung im internationalen Adoptionsrecht, IPRax 1989, 175), oder ob es sich um eine Sachnormverweisung (hier zum türkischen Adoptionsrecht) handelt (Palandt/Heldrich, 62. Aufl. 2003, Art. 23 EGBGB Rn. 2; BayObLG NJW-RR 1988, 1352). b) Türkisches IPR Vorliegend muss diese Streifrage jedoch nicht entschieden werden, da Art. 18 des Gesetzes Nr über das Internationale Privat- und Zivilverfahrensrecht (IPRG) für den vorliegenden Fall hinsichtlich der erforderlichen Zustimmungen ebenfalls das türkische Recht beruft: MADDE 18 Evlat edinme ehliyeti ve ºartlar hakk nda, taraflardan herbirinin evlat edinme an ndaki milli hukuku uygulan r. Evlat edinmenin hükümleri evlat edinenin milli hukukuna, birlikte evlat edinme halinde ise evlenmenin genel hükümlerini düzenleyen hukuka tabidir. Art. 18. Hinsichtlich der Fähigkeit und der Voraussetzungen der Adoption wird für jeden der Beteiligten sein Heimatrecht im Zeitpunkt der Adoption angewandt. Die Wirkungen der Adoption unterliegen dem Heimatrecht des Annehmenden, im Falle der gemeinschaftlichen Adoption dem Recht, das die allgemeinen Wirkungen der Ehe regelt. Evlat edinmeye di er eºin r zas konusunda eºlerin milli hukuklar birlikte uygulan r. Auf die Zustimmung des anderen Ehegatten zur Adoption werden die Heimatrechte der Ehegatten gemeinsam angewandt. (Riering/Krüger, IPR-Gesetze in Europa, 1997, S. 346 f.)
3 Seite 3 2. Zustimmungserfordernisse nach türkischem Recht a) Minderjährigenadoption Die Annahme an Kindes Statt im Falle Minderjähriger regelt das zum neugefasste türkische ZGB in seinen Art Die entsprechenden Vorschriften liegen in Kopie anbei. Welche Zustimmungen für die Adoption erforderlich sind, regeln die Art. 308 Abs. 2, 3 u türk. ZGB. Danach müssen der Adoption der urteilsfähige Minderjährige selbst und seine leiblichen Eltern zustimmen. Es müsste also vorliegend der leibliche Vater in die Adoption einwilligen. Die Form der vorgeschriebenen Erklärungen richtet sich aus deutscher Sicht nach dem durch Art. 11 EGBGB bestimmten Recht (Baumann, Verfahren und anwendbares Recht bei Adoptionen mit Auslandsberührung, 1992, S. 49). Die Erklärungen sind dann formgültig abgegeben, wenn sie die Formerfordernisse des Geschäftsoder die des Ortsrechts erfüllen. Geschäftsstatut ist das durch Art. 22 oder 23 EGBGB berufene Recht. Das Ortsstatut bestimmt sich nach dem Vornahmeort. Vornahmeort ist, da es sich um ein einseitiges Rechtsgeschäfts handelt, der Ort, an dem die Einwilligungen abgegeben werden (Baumann, a. a. O., S. 50). Bei Abgabe in Deutschland sind danach die deutschen Formvorschriften zu beachten, bei Abgabe der Erklärung in der Türkei die türkischen Formvorschriften. Auch aus türkischer Sicht reicht gem. Art. 6 türk. IPRG die Wahrung der Formvorschriften am Vornahmeort aus. Art. 6 türk. IRPG bestimmt im Wortlaut: MADDE 6 Hukuki iºlemler, yap ld klar yer hukukunun veya o hukuki iºlemin esas hakk nda yetkili olan hukukun öngördü ü ºekle uygun olarak yap labilir. Art. 6. Rechtsgeschäfte können in der Form des am Ort ihrer Vornahme geltenden Rechts oder in derjenigen Form geschlossen werden, die das auf das Rechtsgeschäft selbst anzuwendende Recht vorsieht. (Riering/Krüger, a. a. O., S. 340 f.) Das türkische Recht sieht in Art. 309 Abs. 2 türk. ZGB vor, dass die Zustimmung der Eltern mündlich oder schriftlich zu Protokoll des Gerichts am Wohnsitz der Eltern zu erfolgen hat. Ob diese Vorschrift allerdings auch dann gilt, wenn die Eltern ihren Wohnsitz im Ausland haben, ist fraglich. Man wird dies wohl verneinen müssen, da eine Rechtsordnung nie die Zuständigkeit eines ausländischen Gerichts begründen kann. Man wird daher eine durch das deutsche Konsulat in der Türkei beurkundete Zustimmungserklärung des leiblichen Vaters als ausreichend ansehen müssen. Auch eine von einem türkischen Notar beurkundete Erklärung muss u. E. als den Erfordernissen genügend angesehen werden.
4 Seite 4 b) Volljährigenadoption Die Adoption von mündigen oder entmündigten Personen ist in Art. 313 türk. ZGB geregelt. Wegen der insoweit erforderlichen Zustimmungserfordernisse wird auf die Bestimmungen über die Adoption von Minderjährigen verwiesen. Diese finden entsprechend Anwendung. Danach muss jedenfalls der zu Adoptierende seine Zustimmung erteilen. Ob auch die Zustimmung der Eltern erforderlich ist, ist unklar. Zwar schreibt Art. 309 türk. ZGB die Zustimmung der Eltern des Minderjährigen vor, jedoch muss eine mündige Person auch ohne Zustimmung ihrer Eltern adoptiert werden können, so dass man im Rahmen der Volljährigenadoption wohl von der Zustimmung des leiblichen Vaters absehen kann. Allerdings können wir nicht mit Sicherheit beurteilen, ob eine entsprechende Anwendung der Vorschriften über die Adoption Minderjähriger eine so weite Auslegung zulässt. 3. Internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte Die deutschen Gerichte sind gem. 43b FGG zuständig für Angelegenheiten, welche die Annahme eines Kindes betreffen, wenn der Annehmende, einer der annehmenden Ehegatten oder das Kind Deutscher ist oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat. Vorliegend ist also die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte gegeben. 4. Anerkennung der Adoption in der Türkei Eine Anerkennung nach Art. 23 des Haager Übereinkommens vom über den Schutz von Kindern und die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Internationalen Adoption kommt hier nicht in Betracht, weil die Türkei dieses Übereinkommen zwar bereits gezeichnet, aber noch nicht ratifiziert hat (vgl. die Auflistung unter Die Anerkennung eines Adoptionsbeschlusses eines deutschen Vormundschaftsgerichts in der Türkei richtet sich daher nach den autonomen türkischen Vorschriften, also nach Art. 42 i. V. m. Art. 38 türkisches IPZG. Danach werden Beschlüsse der nicht streitigen Gerichtsbarkeit anerkannt, sofern - der Beschluss einen Gegenstand betrifft, der nicht zur ausschließlichen Zuständigkeit der türkischen Gerichte gehört; - die Entscheidung nicht offensichtlich gegen den ordre public verstößt; - das nach türkischem IPR maßgebende Recht angewendet worden ist oder der beklagte türkische Staatsangehörige keine Einwände wegen eines solchen Mangels gegen die Anerkennung erhoben hat. Fälle der ausschließlichen internationalen Zuständigkeit der türkischen Gerichte in personen- und familienrechtlichen Angelegenheiten sind derzeit nicht ersichtlich (Krüger, Türkei: Internationales Privat- und Zivilverfahrensrecht, StAZ, 1983, 49, 54 Fn. 57). Hinsichtlich der übrigen Voraussetzungen bestehen nach dem mitgeteilten Sachverhalt ebenfalls keine Bedenken, da Einwände seitens der türkischen Staatsangehörigen wohl nicht zu erwarten sind.
5 Seite 5 5. Verlust der türkischen Staatsangehörigkeit des Adoptivkindes durch die Adoption seitens des deutschen Stiefvaters Wann ein türkischer Staatsangehöriger seine Staatsangehörigkeit verliert, ist in den Art. 19 ff. türk. Staatsangehörigkeitsgesetz (StAG) Nr. 403 vom geregelt (Gesetzestext aus Bergmann/Ferid/Henrich, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Türkei, Stand: , S. 3 ff.). Einen Verlust ex lege sieht das türkische Staatsangehörigkeitsgesetz nur in Art. 19 für den Fall vor, dass eine Türkin, die einen Ausländer heiratet, nach dessen Recht seine Staatsangehörigkeit erwirbt. Nach Art. 27c türk. StAG können türkische Staatsangehö rige binnen zwei Jahren nach Erreichen der Volljährigkeit die türkische Staatsangehörigkeit aufgeben, wenn sie die Staatsangehörigkeit ihres Vaters oder der Mutter erworben haben, nachdem sie iure soli die türkische Staatsangehörigkeit besaßen, sofern sie dadurch nicht staatenlos werden.
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