4 Planung. 4.1 Einführung
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- Edmund Kästner
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1 4 Planung 4.1 Einführung Wenn ich in diesem Kapitel über Planung spreche, so meine ich damit nicht die Planung eines wirklichen, vermaschten Netzes. Vielmehr geht es mir hier darum, die grundlegenden Prinzipien und Überlegungen zu erklären, die bei der Planung einer DWDM-Strecke in Betracht gezogen werden müssen. Genauso wenig werde ich versuchen quantitative Berechnungen durchzuführen; es geht hier darum, das qualitative Verständnis zu fördern. Nichtsdestoweniger werden Sie sehen, dass die Planung einer DWDM-Strecke eine recht komplizierte Angelegenheit ist. Daher möchte ich zunächst aufzeigen, welcher Situation wir zu Beginn der Planung gegenüber stehen Ausgangspunkt Üblicherweise spezifiziert der Netzbetreiber zu Beginn seine Vorstellungen des neuen Netzes, unter anderem: Länge der einzelnen Abschnitte Fasertyp Dämpfung der Abschnitte Planungs-Ergebnisse Als Ergebnis der Planung sollten folgende Daten zur Verfügung stehen, mit deren Hilfe dann die Strecke aufgebaut werden kann: Lage der Netzelemente Dispersions-Management Leistungs-Einstellungen auf der Strecke Festlegen von Begrenzungen, z.b. Zahl der Kanäle, Bitraten, usw Hindernisse Unglücklicherweise müssen zur Erlangung der Ergebnisse etliche Hindernisse überwunden werden. Alle Effekte, die die Übertragung über die DWDM-Strecke in irgendeiner Weise behindern oder beeinflussen, müssen hierzu in Betracht gezogen werden, unter anderem: 120
2 4.1 Einführung Dämpfung Dispersion Nicht-Linearitäten PMD Rauschen. In den folgenden Abschnitten werde ich nun die Auswirkungen dieser Effekte diskutieren und zeigen, wie man damit umgehen oder sie vermeiden kann. Ein wirtschaftlicher Gesichtspunkt zu Beginn ist die maximale Streckenlänge, die ohne elektrische Regeneration überwunden werden kann. Wie wir schon im ersten Kapitel gesehen haben ist diese elektrische Regeneration nämlich eine sehr kostenintensive Angelegenheit, die wir daher so weit wie möglich zu vermeiden trachten. Auf sehr langen Stecken ist die maximale unregenerierte Stecke daher von besonderem Interesse. Als Hilfestellung kann man orientiert an der ITU einige typische DWDM-Szenarien definiert (siehe Bild 4.1): Bild 4.1 Beispiele für optische Strecken mit verschiedener Abschnittslänge 121
3 4 Planung Long-Haul-Abschnitte (lange Abschnitte) Dämpfung pro Abschnitt 22 db Abschnittslänge ca. 80 km Maximale Zahl optischer Verstärker: 7 Maximale Steckenlänge: 8 80 km = 640 km Very-Long-Haul-Abschnitte (sehr lange Abschnitte) Dämpfung pro Abschnitt 33 db Abschnittslänge ca. 120 km Maximale Zahl optischer Verstärker: 4 Maximale Steckenlänge: km = 600 km Ultra-Long-Haul-Abschnitte (ultra-lange Abschnitte) Dämpfung pro Abschnitt 44 db Abschnittslänge ca. 160 km Maximale Zahl optischer Verstärker: 0 Maximale Steckenlänge: 160 km In Wirklichkeit lassen sich je nach Hersteller und Gerät sehr viel längere Strecken realisieren. Ein sehr interessanter Punkt wird aber bereits an diesen Szenarien klar: Je länger der einzelne Abschnitt wird, umso geringer ist die Anzahl der Abschnitte bevor regeneriert werden muss. Dies ist ein grundlegender Zusammenhang, der eine ganze Reihe von Gründen hat, die wir später noch diskutieren werden. Die gesamte Steckenlänge ist am größten für die höchste Anzahl an Verstärkern und die kürzesten Abschnitte. 4.2 Gesichtspunkte bei der Planung Einige der Aspekte der Planung, die ich etwas näher beleuchten werde, sind: Begrenzungen durch PMD Dispersions-Management Kanal-Management Leistungs-Management. 122
4 4.2 Gesichtspunkte bei der Planung Polarisations-Moden-Dispersion Die Werte für die schlimmstenfalls zu erwartende Dispersion werden heute üblicherweise vom Faser-Hersteller für jedes Kabel zur Verfügung gestellt und liegen typischerweise unter 0,25 ps/ km. Diese Werte beziehen sich allerdings auf die aufgewickelte Faser. Da PMD sehr stark von Umwelteinflüssen abhängt, mag es nötig sein durch Messung die tatsächlichen PMD- Werte zu ermitteln, insbesondere bei älteren Fasern, die bisweilen einen PMD-Koeffizienten von einigen ps/ km haben können. Es ist auch möglich, die gesamte Strecken-PMD zu berechnen, wenn die PMD-Werte der einzelnen Abschnitte bekannt sind. Die PMD-Werte auf einer realen Strecke können recht stark schwanken, auch in Abhängigkeit von der Wellenlänge. Positiv ist dabei, dass diese Schwankungen geringer werden, wenn man eine größere Anzahl an Faserstücken zusammenspleißt. Dies wird durch eine Art Mittelwert-Bildung über die einzelnen Abschnitte hervorgerufen. Da eine neue Strecke immer aus einer Anzahl zusammengespleißter Fasern besteht, ist es möglich, die Strecken-PMD zu berechnen, indem man den PMD-Link-Design-Value von nur etwa 0,008 ps/ km verwendet. Damit lässt sich bereits eine Genauigkeit von 99% erreichen. Leider wird PMD immer wichtiger, je höher die Bitraten werden. Auch wenn die intrinsische PMD nur mit der Quadratwurzel der Streckenlänge anwächst (ganz im Gegensatz zu Dispersion und Dämpfung), so führt dies doch zu ernsten Beschränkungen. Als Faustregel wird PMD als gerade noch akzeptabel betrachtet, wenn die auftretende Verzögerung (zusammen mit der normalen Dispersion) kleiner als 10% der Bit-Dauer ist: τ < 0,1/Bitrate. Wenn wir als Beispiel einen Abschnitt von 100 km mit einem PMD-Koeffizienten von 0,5 ps/ km betrachten, so erhalten wir eine Verzögerung von 5 ps. Daraus ergibt sich eine maximal zu übertragende Bitrate von 0,1/5 ps = 20 Gbit/s. Umgekehrt ist für eine gegebene Bitrate die nicht-regenerierte Streckenlänge durch die PMD begrenzt (sofern man nicht vorher auf eine andere Beschränkung trifft). Ein Zusammenhang zwischen Streckenlänge und PMD-Koeffizient ist in Bild 4.2 gegeben. Ein weiterer Planungs-Aspekt ist die extrinsische PMD. Hier sollte man wissen, dass Erdkabel normalerweise nur langsame Schwankungen aufweisen (normalerweise nur im Bereich von Stunden oder Tagen), während Luftkabel Variationen im Bereich von Sekunden-Bruchteilen zeigen. Wenn man also, wie im letzten Kapitel erwähnt, PMD-Kompensatoren verwenden will, so ist die Reaktionsgeschwindigkeit des Geräts von entscheidender Bedeutung. 123
5 4 Planung Bild 4.2 Einfluss der PMD auf die mögliche Steckenlänge für verschiedene Bitraten (nach: [6]) Schließlich sollte man noch bedenken, dass sogar die Netzelemente selbst zur PMD beitragen können, was auch noch berücksichtigt werden muss Dispersions-Management Ein weiterer Gesichtspunkt ist Dispersion. Je nach Bitrate kann ein System ein bestimmtes Maß an Dispersion tolerieren, der Rest muss kompensiert werden um Bitfehler zu vermeiden. Wie schon erwähnt, sollten PMD- und Dispersions-Verzögerung zusammen nicht mehr als ein Zehntel der Bit- Dauer ausmachen. Wenn man etwas genauer nachrechnet, so stellt man fest, dass man für 2,5 Gbit/s auf SSMF noch etwa 900 km ohne Kompensation übertragen kann. Für 10 Gbit/s fällt dieser Wert schon auf etwa 60 km und für 40 Gbit/s auf nur noch 4 km. Dispersion kann auf verschiedene Art und Weise kontrolliert werden, wobei man Pre- (also Vor-) und Post- (also Nach-) Kompensation verwenden kann, so dass das Dispersionsprofil einem Sägezahn ähnelt. Wichtig ist dabei vor allem, dass die gesamte Dispersion am Ende der Stecke einen bestimmten Grenzwert nicht überschreitet. 124
6 4.2 Gesichtspunkte bei der Planung Positionierung der Dispersions-Kompensations-Module Allerdings muss auch Dispersions-Kompensation genau geplant werden. So kann zum Beispiel die zusätzlich benötigte Länge von Kompensations-Faser nicht einfach irgendwo in die Strecke eingebaut werden. Vielmehr muss dies verträglich mit dem Leistungs-Budget der Strecke, also mit der maximal zulässigen Dämpfung geschehen. Wenn ein Abschnitt zum Beispiel mit 100 km bereits seine maximal Länge ereicht hat, so kann man keine weitere Dämpfung in Form von Kompensation hinzufügen. Zweitens reagieren Verstärker sehr sensibel darauf, ob die Kompensation vor oder zwischen Verstärkerstufen geschieht, ebenfalls auf Grund der Dämpfung der Dispersions-Kompensations-Module (DCMs). Dies bedeutet, dass die Position der DCMs im Gerät sehr wichtig ist, da sie zum Beispiel das Rauschverhalten beeinflusst. Höhe der Kompensation Zusätzlich sind Überlegungen notwendig, wie viel Kompensation an welcher Position einzufügen ist. Es ergeben sich Unterschiede zum Beispiel im Hinblick auf Nicht-Linearitäten, je nachdem, ob die Dispersion für jeden Abschnitt vollständig kompensiert wird oder ob unter-kompensiert wird um nur am Schluss den optimalen Wert zu erreichen. Es sollte auch überlegt werden, ob vollständige Kompensation wünschenswert ist oder ob es sinnvoll sein kann, eine Rest-Dispersion übrig zu behalten, z.b. wiederum im Hinblick auf Nicht-Linearitäten. Dies hängt auch von der verwendeten Bitrate ab. In Bild 4.3 sind drei Möglichkeiten dargestelt. Die erste (a) verwendet vollständige Kompensation an jedem Verstärker (Full In-Line Compensation), die zweite (b) Pre-Kompensation. Für 10 Gbit/s zum Beispiel scheint das letzte Modell vorteilhaft zu sein (c), die so genannte verteilte Unter-Kompensation. Andererseits ist es für 40 Gbit/s anscheinend sinnvoller, jeden Abschnitt überzukompensieren um am Schluss den Null-Wert zu erreichen. Experimentelle Optimierung Schließlich kann es bei der Inbetriebnahme nötig werden, das Übertragungs- Verhalten durch Ausprobieren verschiedener Kompensations-Möglichkeiten zu optimieren. Auch dies hängt zum guten Teil davon ab, dass ein starker Zusammenhang zwischen Dispersion und Nicht-Linearitäten besteht. Letztere sind quantitativ nur sehr schwer zu fassen, selbst wenn man wie im nächsten Abschnitt besprochen numerische Simulationen verwendet. Außerdem sprechen wir hier über die Kompensation eines ganzen Kanalbandes. Da sich die Dispersion aber innerhalb dieses Bandes ändert, müssen wir einen Kompromiss finden, der allen Kanälen gerecht wird. Vereinfacht werden kann dies durch die Verwendung von so genannter Slope Compensating 125
7 4 Planung Bild 4.3 Dispersion mit Kompensation Fiber, also von Faser, die nicht nur dem absoluten Dispersion-Wert, sondern auch der Steigung der Dispersions-Kurve angepasst ist. Auswahl der Faser Auch die Auswahl der Faser spielt eine große Rolle: normale SSMF-Faser hat eine recht hohe Dispersion (um die 18 ps/(nm km)) und muss stark kompensiert werden. Dispersionsverschobene Faser hat zwar fast keine Dispersion (dafür aber viel FWM) und braucht daher keine Kompensation und NZDF hat Werte zwischen 1 und 10 ps/(nm km), so dass ein wenig Kompensation benötigt werden kann. FWM ist allerdings nicht der einzige Effekt, der durch die Dispersion beeinflusst werden kann. SPM ist eine weitere Nicht-Linearität, die stark davon abhängt, dass es eine gewisse Dispersion gibt. Daher erscheint ein gewisses Maß an Dispersion auf der gesamten Strecke sinnvoll. Eben in diesem Zusammenhang hat es sich herausgestellt, dass es besser sein kann, am Ende 126
8 4.2 Gesichtspunkte bei der Planung der Strecke ein wenig Dispersion übrig zu behalten, als vollständig auf Null zu kompensieren. Außerdem muss streng genommen nicht nur der absolute Dispersionswert, sondern auch die Steigung der Dispersionskurve bei der Kompensation berücksichtigt werden. Kanal-spezifische Kompensation Schließlich sollte man hier noch erwähnen, dass für Bitraten von 40 Gbit/s und darüber eine Kanal-spezifische Feinanpassung der Kompensation nötig werden kann Kanal-Management Wenn eine DWDM-Strecke geplant wird, so spielen die maximale Anzahl an übertragenen Kanälen, ihre Bitraten und ihre Anordnung im ITU-Wellenlängen-Raster eine wesentliche Rolle. All diese Größen sind verknüpft mit der maximalen Streckenlänge. Kanaldichte, Anzahl und Lage Praktische Beschränkungen: Prinzipielle Beschränkungen der Kanaldichte und Anzahl ergeben sich durch Übersprechen und Signalverzerrung. In Wirklichkeit sind die praktischen Grenzen aber bereits durch die Stabilität der Wellenlängen, durch Toleranzen und durch die Filtermasken gegeben. Mit anderen Worten, die Qualität der Laser, sowie der Multiplexer und Demultiplexer sind eines der bestimmenden Kriterien für den minimalen Signalabstand und daher auch für die maximale Kanal-Anzahl. Gesamte übertragene Leistung: Für einen Kanal wird eine bestimmte Leistung benötigt um eine gegebene Strecke zu überbrücken (Leistungsbudget). Wenn mehr als ein Kanal übertragen werden soll, so muss jeder einzelne von diesen eine hinreichende Leistung haben. Je mehr Kanäle also übertragen werden, um so höher ist die benötigte Gesamtleistung für alle Kanäle. Unglücklicherweise begrenzen aber die Nicht-Linearitäten die maximal zu sendende Leistung: Wir kommen in das Gebiet der Nicht-Linearitäten, wenn die gesamte gesendete Leistung die so genannte charakteristische Leistung der Faser überschreitet. Letztere ist eine Fasereigenschaft. Daher ist zusammen mit der Gesamtleistung auch die Anzahl der Kanäle oder umgekehrt die Leistung pro Kanal und damit die Streckenlänge begrenzt. Ich werde dies noch näher im Abschnitt Leistungs-Management betrachten. Nicht-Linearitäten: Manchmal müssen die Kanäle auf bestimmte Art und Weise angeordnet werden um starkes FWM-Übersprechen zu unterdrücken. Wie wir gesehen haben, ist FWM dann am schlimmsten, wenn die Kanäle in gleichmäßigem Abstand liegen, da die Geister-Wellenlängen dann direkt 127
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