Geänderte Arbeitsanforderungen und -bedingungen: Auswirkungen am Beispiel professioneller Arbeit im Krankenhaus
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- Georg Krause
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1 4. Fachtagung Psychiatrie Regionale psychiatrische Hilfesysteme und Ökonomie Praxiswerkstatt A: Arbeitsbedingungen und Mitbestimmung 23. Februar 2012 Geänderte Arbeitsanforderungen und -bedingungen: Auswirkungen am Beispiel professioneller Arbeit im Krankenhaus Christoph Bräutigam Institut Arbeit und Technik, Gelsenkirchen
2 Ausgangspunkt: Arbeitsanforderungen ändern sich (1) inhaltlich Stationäre Fallzahlen relativ konstant, aber der Anteil der schweren Fälle steigt. These: stationärer Aufenthalt vorwiegend durch pflegerischen Bedarf bedingt, weniger medizinisch. Anteil der Patienten mit Demenz usw. steigt. Anteil alter, multimorbider Patienten steigt. Anpassungen an Entwicklungen bei diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen erforderlich. Hygieneaufwand steigt, Stichwort: Multiresistente Keime. 2
3 Ausgangspunkt: Arbeitsanforderungen ändern sich (2) ökonomisch Kostensenkung als lenkendes Prinzip Das Krankenhaus ist nicht mehr nur wie ursprünglich von medizinischen Teildisziplinen strukturiert sondern maßgeblich vom Kosten-Nutzen-Prinzip. DRG-Finanzierung: Die Kunst der Verschlüsselung. Lohnend ist das Durchschleusen der Patienten durch das System - möglichst schnell - mit möglichst geringen Kosten - möglichst ohne finanziell relevante Schädigungen der Patienten. Arbeitsverdichtung. 3
4 Reaktionen der Krankenhäuser auf ökonomische Anforderungen, nicht auf inhaltliche Abbau der Planstellen im Pflegedienst ( ) - Beschäftigte Pflegepersonal im Pflegedienst : - 3,4% - Vollkräfte Pflege im Pflegedienst: - 9,3% - Pflegekräfte in Funktionsdiensten: + 15,5% Aufbau der Planstellen im ärztlichen Dienst ( ) - hauptamtliche Beschäftigte in Krankenhäusern: + 31% Zunahme der Teilzeitbeschäftigung ( ) - Teilzeitbeschäftigte im Pflegedienst der Krankenhäuser: + 30,1% - Teilzeitbeschäftigte Pflege heute rund 50% - Teilzeitbeschäftigte ärztlicher Dienst heute rund 17% 4
5 Situation in den letzten Jahren (1): Problemebene Stellenbesetzung Drei Viertel der Krankenhäuser haben Schwierigkeiten, offene Stellen im ärztlichen Dienst zu besetzen. Engpässe auch im Pflegedienst (auffällig vor allem OP, Intensiv, Anästhesie ). Folge: Das Durchschleusen stockt, Therapien müssen verschoben werden. Folge: finanzielle Einbußen. 5
6 Reaktionen auf Problemebene Stellenbesetzung z.b. Leiharbeit: als letztes Mittel zur Aufrechterhaltung der Versorgung bei zu geringer Personalausstattung (v.a. Spezialisten) z.b. Anwerbung von Ärztinnen/Ärzten im Ausland: sprachlos? z.b. pflegerisches Ausfallmanagement : Himmelfahrtskommandos ohne Rücksicht auf Verluste z.b. Neue Arbeitsteilung : Verschiebebahnhof ohne tragfähiges Konzept 6
7 Situation in den letzten Jahren (2): Problemebene Arbeit und Qualität Arbeitsverdichtung, Überlastung und Organisationsmängel sowie ökonomische Anreize führen u.a. zu Behandlungsfehlern Hygienemängeln Todesfällen Fehlbehandlung Informationsdefiziten Vernachlässigung Vertrauensverlust 7
8 Situation in den letzten Jahren (2): Problemebene Arbeit und Qualität Verschlechterung der Arbeitsbedingungen, Zeitdruck, Arbeitsverdichtung, Verzicht auf Pausen usw., Mangelnde Wertschätzung der Beschäftigten, Mängel bei Organisation und Kooperation, usw. Aber auch: Nicht nur Erwerbsarbeit! Beschäftigte haben professionelle Ansprüche und fühlen sich Normen verpflichtet. Dissonanzen zwischen professionellen Normen und beruflichem Alltag. Pflegerisches Selbstverständnis wird zunehmend den ungünstigen Praxisbedingungen angepasst. Professionelle Kompetenzen liegen brach (Pflege!), professionelles Arbeiten wird verhindert 8
9 Zusammenfassung Das Krankenhaus sieht sich zunehmend anspruchsvollen Arbeitsanforderungen bei massiven finanziellen Restriktionen ausgesetzt. Das Krankenhaus reagiert nur unvollständig auf veränderte Anforderungen. Die Reaktionen bleiben häufig oberflächlich und konzeptarm; sie tragen teilweise zur Problematik bei. Dem Krankenhaus gehen die Fachkräfte aus. Das Krankenhaus schöpft sein professionelles Potenzial (Pflege!) nicht aus. Vielfältige und grundlegende Veränderungen sind überfällig. 9
10 Einige Herausforderungen Beschäftigte als Nutzer einer nachhaltigen, intelligent organisierten und humanzentrierten Gesundheitsarbeit denken: - Bessere Arbeitsbedingungen v.a. im pflegerischen und ärztlichen Dienst - Bessere Personalführung und -entwicklung, Wertschätzung - Bessere Bezahlung der Pflege Ausrichtung auf Patientenorientierung Konzeptionelle Entwicklung (Arbeitsteilung, Akademisierung, Demenz usw.) Verbindliche Personalbemessung in der Pflege ernsthafte interprofessionelle Kooperation statt berufsständische Debatten Wahrnehmung der Pflege als wesentlichem Teil des Leistungsspektrums und Nutzbarmachung ihrer professionellen Kompetenzen (Beziehungsarbeit) Bedarfsgerechte Finanzierung 10
11 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! 11
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