marken- und wettbewerbsverfahrensrecht Sommersemester! 2017
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- Richard Kraus
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1 marken- und wettbewerbsverfahrensrecht Sommersemester 2017 Dr. Cornelius Renner Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht Vollziehung 936, 928, 929 ZPO Vollziehung ist grds. jede Maßnahme der Zwangsvollstreckung, wenn aber noch keine schuldhafte Zuwiderhandlung, genügt Erfüllung der ersten Vollziehungsvoraussetzung, der Zustellung der ev Parteizustellung, 922 Abs. 2 ZPO durch Gerichtsvollzieher, 192 Abs. 1 ZPO, Brief genügt nicht (KG WRP 1995, 325), von Anwalt zu Anwalt auch durch Telefax ( 195 Abs. 1 ivm 174 Abs. 2 S. 1 ZPO) oder durch elektronisches Dokument ( 195 ivm 174 Abs. 3 S. 1, 2 ZPO) Amtszustellung, so sie erfolgt, genügt nicht (BGH GRUR 1993, 415 Straßenverengung) Auslandszustellung durch Gericht auf Antrag ( 183 ZPO) Adressat - wem ist zuzustellen? grds. Antragsgegner selbst wenn Anwalt bestellt, zwingend ihm (OLG Celle GRUR 1998, 77) für Bestellung genügt eindeutige Mitteilung (OLG Köln GRUR 2001, 456), Vollmacht nicht erforderlich, offensichtlich bei Beteiligung am Verfahren, etwa durch Schutzschrift
2 Vollziehung BGH, Urteil vom AnwSt (R) 4/15 (NJW 2015, 3672) b II BRAO enthält keine den Grundsätzen des Vorbehalts sowie des Vorrangs des Gesetzes genügende Ermächtigungsgrundlage für die Schaffung einer Berufspflicht des Rechtsanwalts, an einer Zustellung von Anwalt zu Anwalt mitzuwirken. 2. Ein Rechtsanwalt, der sich weigert, an einer Zustellung von Anwalt zu Anwalt gem. 195 ZPO mitzuwirken, indem er kein Empfangsbekenntnis ausstellt, begeht keine zu ahndende Berufspflichtverletzung. Vollziehung Inhalt der Zustellung mit Antragsschrift, wenn Gericht auf den Antrag Bezug genommen und ihn ausdrücklich zum Bestandteil seines Beschlusses gemacht hat, OLG München NJW-RR 2003, 1722 vollständig und leserlich, OLG Köln GRUR 1995, 284; wichtig sind insbesondere Tenorbestandteile wie in Bezug genommene Werbekopien ggf. farbige Zustellung erforderlich, OLG Hamburg GRUR-RR 2007, 406, aber nur, wenn für Verbotstenor von Bedeutung, OLG Köln GRUR-RR 2010, 175
3 Vollziehung Erneute Zustellung nach Änderung der ev Wird die ev im Widerspruchs- oder Berufungsverfahren wesentlich erweitert, inhaltlich geändert oder wesentlich eingeschränkt, ist eine erneute Vollziehung binnen Monatsfrist erforderlich. Ebenso wenn Landgericht ev zunächst erlässt, auf Widerspruch wieder aufhebt, und OLG/KG im Berufungsurteil die ev bestätigt (OLG Frankfurt WRP 2002, 334) Vollziehung Heilung von Zustellungsmängeln gemäß 189 ZPO ( tatsächlicher Zugang ) bei Beschlussverfügungen: früher Heilung ausgeschlossen (arg: Zustellung nicht nur Vollziehungsakt, sondern auch Vss. für Wirksamwerden, bei Urteilsverfügung Wirksamkeit schon mit Verkündung durch Gericht); heute (nach Neureglung des 189 ZPO) Heilung bei tatsächlichem Zugang; (+), wenn der richtige Adressat das Schriftstück, also die ev in die Hand bekommen hat (str.), KG lässt sogar Heilung durch - (Beschl. v W 274/10) und Fax-Zusendung (MD 2005, 278) an Anwalt zu. bei Urteilsverfügungen unstreitig Heilung nach 189 ZPO möglich
4 Antrag auf Aufhebung der ev wegen unterbliebener Hauptsacheklage, 926 ZPO zunächst Antrag gemäß 926 Abs. 1 ZPO - Antrag auf Fristsetzung zur Klageerhebung - zuständig für die Entscheidung ist der Rechtspfleger - angemessene Frist zur Klageerhebung idr 3-4 Wochen - bei versäumter Frist: Antrag auf Aufhebung der ev wegen unterbliebener Hauptsacheklage, 926 Abs. 2 ZPO - Zuständig ist das Verfügungsgericht - begründet ist der Antrag, wenn der Gl nicht fristgerecht HS-Klage über den Gegenstand des Verfügungsantrags erhoben hat - Entscheidung nach mündlicher Verhandlung durch Endurteil Antrag auf Aufhebung der ev wegen veränderter Umstände, 936, 927 Abs. 1 ZPO Zuständig ist das Hauptsachegericht (sofern anhängig, ansonsten Verfügungsgericht) Der Antrag ist begründet, wenn der Schuldner glaubhaft macht, dass sich die Umstände seit Erlass der ev geändert haben Beispiele: - wenn Verfügungsanspruch erloschen (z.b. durch Abgabe einer Unterlassungserklärung oder durch Verjährung undurchsetzbar geworden) - wenn HS-Klage rechtskräftig abgewiesen - wenn der Gläubiger die Frist des 929 Abs. 2 nicht einhält Entscheidung durch Endurteil Kostenentscheidung nach 91 ff. ZPO (Antragsgegner sollte den Antragsteller wegen 93 ZPO vorher zum Verzicht auf seine Rechte aus dem Titel auffordern)
5 Antrag auf Aufhebung der ev wegen veränderter Umstände, 936, 927 Abs. 1 ZPO Rechtsmittel: Berufung Verhältnis zu anderen Rechtsbehelfen - Solange die ev noch nicht rechtskräftig ist, hat der Antragsgegner die Wahl zwischen Widerspruch, Berufung oder Aufhebungsantrag - RSB für Antrag nach 927 entfällt aber sobald Widerspruch oder Berufung eingelegt ist (denn auch hier können veränderte Umstände geltend gemacht werden) Schutzschrift Situation: Abmahnung wegen UWG/Kennzeichenverstoß, Erlass einer ev ohne mündliche Verhandlung wird befürchtet, möglicher Antragsgegner will seine Sicht der Dinge dem Gericht darstellen Einreichung der Schutzschrift bei Gericht, um Zurückweisung des Antrags oder zumindest mündliche Verhandlung zu erreichen Gericht hat Schutzschrift zu beachten (Art. 103 Abs. 1 GG), bei erfolgreicher Schutzschrift (Gericht will also ablehnen), muss es Antragsteller Gelegenheit zur Äußerung geben. unterliegt keinem Anwaltszwang Hinterlegung im Zentralen Schutzschriftenregister ( 945a ZPO)
6 Schutzschrift 945a Einreichung von Schutzschriften (1) Die Landesjustizverwaltung Hessen führt für die Länder ein zentrales, länderübergreifendes elektronisches Register für Schutzschriften (Schutzschriftenregister). Schutzschriften sind vorbeugende Verteidigungsschriftsätze gegen erwartete Anträge auf Arrest oder einstweilige Verfügung. (2) Eine Schutzschrift gilt als bei allen ordentlichen Gerichten der Länder eingereicht, sobald sie in das Schutzschriftenregister eingestellt ist. Schutzschriften sind sechs Monate nach ihrer Einstellung zu löschen. (3) Die Gerichte erhalten Zugriff auf das Register über ein automatisiertes Abrufverfahren. Die Verwendung der Daten ist auf das für die Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben Erforderliche zu beschränken. Abrufvorgänge sind zu protokollieren. Schutzschrift Kosten: - Wird der befürchtete Antrag gar nicht gestellt, so kann dem Einreicher allenfalls ein materiell-rechtlicher Erstattungsanspruch unter dem Gesichtspunkt der Verteidigung gegen eine unberechtigte Abmahnung zustehen - Wird der Antrag gestellt, aber ohne mündliche Verhandlung zurückgewiesen oder zurückgenommen, sind die Kosten dem Gegner zu erstatten (BGH GRUR 2003, 456 Kosten einer Schutzschrift I; BGH GRUR 2007, 727 Kosten einer Schutzschrift II; BGH GRUR 2008, 640 Tz 10 Kosten einer Schutzschrift III) und zwar gemäß 91 ZPO im Kostenerstattungsverfahren - Dies gilt unabhängig davon, ob die Schutzschrift vor oder nach Eingang des Verfügungsantrags eingegangen ist - Eine Erstattung scheidet aus, wenn die Schutzschrift erst nach Rücknahme (OLG Karlsruhe WRP 1981, 39) oder endgültiger Zurückweisung des Antrags eingeht. Dies gilt auch dann, wenn der Antragsgegner die Antragsrücknahme nicht kannte (BGH GRUR 2007, 727 Kosten der Schutzschrift II)
7 Schutzschrift Alternative zur Schutzschrift: Ausführliches Abwehrschreiben an den Gegner mit der Aufforderung dieses ggf. zusammen mit dem Antrag bei Gericht einzureichen (insbes. bei anwaltlichen Abmahnschreiben sollte man davon ausgehen, dass der Aufforderung Folge geleistet wird, aber Restrisiko bleibt) abschlussverfahren/hauptsacheverfahren Abschlussverfahren Abschlussschreiben und Abschlusserklärung Einstweilige Verfügung enthält nur eine vorläufige Regelung, die der Rechtskraft nicht fähig ist. Insbesondere wird Verjährung nur gehemmt, nicht unterbrochen (6 Monate, 11 UWG) Abschlussschreiben: - keine Voraussetzung für Hauptsacheklage, verhindert aber 93 ZPO - Inhalt: Schuldner wird aufgefordert innerhalb einer Frist eine (meist vorformulierte) Erklärung abzugeben, mit der er den Gläubiger so stellt, als hätte dieser statt des vorläufigen einen endgültigen Titel. - angemessene Frist: mindestens zwei Wochen ab Zugang des Abschlussschreibens (BGH GRUR 2015, Abschlussschreiben II)
8 abschlussverfahren/hauptsacheverfahren Abschlussverfahren Abschlussschreiben und Abschlusserklärung Kosten aus GoA (BGH GRUR 2010, 1038, str.), RA kann in der Regel eine 1,3 Geschäftsgebühr verlangen (BGH GRUR 2015, Abschlussschrieben II) Abschlusserklärung - Gläubiger ist so zu stellen, als hätte er einen Hauptsachetitel: Verzicht auf mögliche Rechtsbehelfe ( 924, 926, 927 ZPO, ggf. Berufung), Erklärung ist unbedingt und vorbehaltlos abzugeben - Schuldner verliert (im Umfang seines Verzichts) Möglichkeit, gegen ev vorzugehen - Schuldner kann nicht mehr nach 945 ZPO vorgehen - Wiederholungsgefahr (auch im Verhältnis zu Dritten) entfällt abschlussverfahren/hauptsacheverfahren Hauptsacheverfahren Hauptsacheklage kann auch ohne vorhergehendes Verfügungsverfahren erhoben werden weitergehende Ansprüche können neben dem Unterlassungsanspruch mit geltend gemacht werden (Kosten, Auskunft, Schadensersatz, Vernichtung) Zuständigkeit/Streitgegenstand/Antrag wie im Verfügungsverfahren zu behandeln kein Verfügungsgrund, im Wettbewerbsrecht aber kurze Verjährung beachten
9 weitere verfahren Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen im Prozess Feststellungsklage - Zulässigkeit 256 ZPO - begründet, wenn nach der Lebenserfahrung der Eintritt eines Schadens zumindest denkbar und möglich ist (also fast immer) - Beispielstenor: festzustellen, dass der Beklagte dem Kläger den bereits entstandenen und künftig noch entstehenden Schaden aus der... (genau beschriebenen Verletzungshandlung)... zu ersetzen hat Stufenklage ( 254 ZPO) - Auskunft - eidesstattliche Versicherung - (zunächst) unbezifferter Leistungsantrag weitere verfahren Negative Feststellungsklage Situation: Abmahnung wegen eines tatsächlich nicht vorliegenden Wettbewerbsverstoßes Mögliche Verteidigung: Negative Feststellungsklage (Feststellung, dass der Unterlassungsanspruch, dessen Bestehen der Abmahnende behauptet, nicht besteht) konkretes Rechtsverhältnis isd 256 ZPO entsteht (erst) durch die Abmahnung Feststellungsinteresse isd 256 ZPO: Berühmung mit einem Anspruch Gegenabmahnung erforderlich? - Grundsätzlich keine Gegenabmahnung - Ausnahme, wenn ein besonderer Grund vorliegt, insbesondere, wenn der Abmahnende erkennbar von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, d.h. eine Gegenabmahnung ist nicht erforderlich bei falscher rechtlicher Würdigung des Abmahnenden
10 zwangsvollstreckung Vollstreckung von Unterlassungstiteln Vollstreckung richtet sich 890 ZPO Voraussetzungen: vollstreckbarer Unterlassungstitel ( 704, 794 ZPO) Ordnungsmittelandrohung durch das Gericht ( 890 Abs. 2 ZPO) Im Vergleich nicht möglich, kann aber im Nachhinein durch Gericht erfolgen. Verzicht auf Vertragsstrafe in Vergleich ergibt nicht zwingend, dass die Partien dies nicht wollten (aa OLG Hamburg GRUR-RR 2013, 495) Zustellung des Titels und der Androhung an den Schuldner Schuldhafte Zuwiderhandlung - Der Schuldner muss dem Verbot zuwider gehandelt haben - Verschulden: persönliches Verschulden (auch 31 BGB und Organisationsverschulden, z.b. durch fehlende Einflussnahme auf Dritte, wie Mitarbeiter, durch entsprechende Belehrungen), 278 BGB nicht anwendbar - Beweislast: beim Vollstreckungsgläubiger zwangsvollstreckung Vollstreckung von Unterlassungstiteln Festsetzungsverfahren ( 890 ZPO) Antrag des Vollstreckungsgläubigers, 890 Abs. 1 ZPO Zuständigkeit: Ausschließlich das Prozessgericht erster Instanz Entscheidung: kann ohne mündliche Verhandlung ergehen, der Vollstreckungsschuldner ist aber vor der Entscheidung zu hören, Festsetzung des Ordnungsmittels erfolgt durch (zu begründenden) Beschluss
11 zwangsvollstreckung Vollstreckung von Unterlassungstiteln Festsetzungsverfahren ( 890 ZPO) Bemessungsgrundsätze: Bei der Wahl und der Bemessung des Ordnungsgeldes steht dem Gericht ein Ermessen zu. Ratio des Ordnungsmittels: künftige Verstöße zu verhindern und vergangene zu sanktionieren Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (Ordnungshaft ist ultima ratio) Die Höhe des Ordnungsgeldes richtet sich nach Art, Dauer, Umfang des Verstoßes, Verschuldensgrad, dem Vorteil des Verletzers etc. (in Berlin oft sehr niedrig, in Hamburg deutlich höher) Wird Mindesthöhe angegeben, mglw. Kostenquote (OLG Köln GRUR- RR 2014, 48) Rechtsmittel: sofortige Beschwerde zwangsvollstreckung Vollstreckung in anderen Fällen bei vertretbaren Handlungen: 887 ZPO (z.b. bei Entfernung oder Vernichtung von Gegenständen bei unvertretbaren Handlungen: 888 ZPO (z.b. Auskunft und Rechnungslegung) bei Abgabe von Willenserklärungen: 894 ZPO (z.b. Einwilligung in die Löschung von Registereintragungen) Löschung der Domain bei der DENIC - Die Beklagte wird verurteilt, gegenüber der DENIC Domainverwaltungs- und Betriebsgesellschaft eg, Kaiserstraße 75 77, Frankfurt am Main sowie dem zuständigen Serviceprovider united-domains AG, Gautinger Straße 10, Starnberg, die sofortige Löschung und Kündigung der Domain....de zu erklären.
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