Kommunen, Energiewende und Hessische Gemeindeordnung Was ist erlaubt? 22. März 2012 Dr. David Rauber
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1 Kommunen, Energiewende und Hessische Gemeindeordnung Was ist erlaubt? 22. März 2012 Dr. David Rauber
2 Wirtschaftliche Betätigungen der Gemeinden Eine wirtschaftliche Betätigung liegt in dem Inverkehrbringen von Leistungen, die ihrer Art nach in gleicher Weise auch von der Privatwirtschaft mit der Absicht der Gewinnerzielung und nach kaufmännischen Grundsätzen zur Verfügung gestellt werden. (Popitz 1932) Wirtschaftliche Unternehmen der Gemeinde sind solche Einrichtungen, die auch von einem Privatunternehmer mit der Absicht der Gewinnerzielung betrieben werden können. BVerwGE 39, S. 329, 333.
3 Beispiele: Gemeinde errichtet auf dem Dach des Rathauses eine Photovoltaikanlage keine wirtschaftliche Betätigung, sondern Verwaltung eigenen Vermögens ( 108 Abs. 2 HGO: Die Vermögensgegenstände sind pfleglich und wirtschaftlich zu verwalten und ordnungsgemäß nachzuweisen. ) Gemeinde kauft Flächen, errichtet und betreibt einen Solar- oder Windpark: wirtschaftliche Betätigung gegeben! Stichtagsregelung, 121 Abs. 1 Satz 2 HGO beachten
4 Wirtschaftliche und nicht-wirtschaftliche Betätigungen sind kommunalrechtlichen Beschränkungen unterworfen. Wirtschaftliche Betätigungen im Rechtssinne sind u. a. nur zulässig, wenn ( ) der Zweck nicht ebenso gut und wirtschaftlich durch einen privaten Dritten erfüllt wird oder erfüllt werden kann, 121 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 HGO. Schutzzwecke hier: Haftungs- und Risikobegrenzung für die Gemeinde, Aber auch und vor allem: Schutz privater Dritter vor Wettbewerb durch die öffentliche Hand Möglichkeit für Dritte, Unterlassung zu verlangen
5 Neu: eine Ausnahme von der Subsidiaritätsklausel in 121 Abs. 1a HGO: Abweichend von Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Abs. 5 Nr. 1 und 122 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 dürfen Gemeinden sich ausschließlich auf dem Gebiet der Erzeugung, Speicherung und Einspeisung erneuerbarer Energien sowie der Verteilung von hieraus gewonnener thermischer Energie wirtschaftlich betätigen, wenn die Betätigung innerhalb des Gemeindegebietes oder im regionalen Umfeld in den Formen interkommunaler Zusammenarbeit und unter Beteiligung privater Dritter erfolgt.
6 Die Beteiligung der Gemeinden soll dabei einen Anteil von 50 Prozent nicht übersteigen. Die wirtschaftliche Beteiligung der Einwohner soll ermöglicht werden. Ist trotz einer Markterkundung die geforderte Beteiligung privater Dritter und Einwohner nicht zu erreichen, kann die Gemeinde ihren Anteil an der neuen Gesellschaft entsprechend steigern. Die Ergebnisse der Markterkundung sind der Aufsicht vorzulegen. Die wirtschaftliche Betätigung nach dieser Vorschrift ist in besonderer Weise dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit zu unterwerfen. Die wirtschaftlichen Ergebnisse dieser Betätigung sind einmal jährlich der Gemeindevertretung vorzulegen.
7 Weitere Schranken nach 121 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 und 2 HGO: Rechtfertigung der Betätigung durch einen öffentlichen Zweck Nicht ausreichend: Gewinnerzielungsabsicht Erforderlich: Förderung des Wohls der Einwohner ( 1 Abs. 1 Satz 2 HGO) durch die Tätigkeit kommunalpolitische Beurteilung, rechtlich nur eingeschränkt überprüfbar, letztliche eine Frage sachgerechter Kommunalpolitik (BVerwGE 39, 329, 334)
8 Angemessenheit der Betätigung nach Art und Umfang im Verhältnis zur Leistungsfähigkeit der Gemeinde und zum voraussichtlichen Bedarf Ermittlung und Begrenzung finanzieller Risiken, Beachtung des Ziels eines angemessenen Ertrags für den Gemeindehaushalt, 121 Abs. 8 HGO Bewertung der Verwaltungskraft der Gemeinde ( Wackelt der Schwanz mit dem Hund? Kann die Gemeinde die Betätigung wirklich steuern? ) Prognose der Nachfrage nach der Betätigung und der Entwicklung des Angebots im allgemeinen
9 Notwendige Verfahrensschritte 51 HGO Gemeindevertretung kann nicht delegieren die Entscheidung über die Errichtung, Erweiterung, Übernahme und Veräußerung von öffentlichen Einrichtungen und wirtschaftlichen Unternehmen sowie die Beteiligung an diesen (Nr. 11) die Umwandlung der Rechtsform von Eigenbetrieben oder wirtschaftlichen Unternehmen, an denen die Gemeinde beteiligt ist (Nr. 12) Aber: diese Entscheidung muss detailliert vorbereitet sein vgl. 121 Abs. 6 HGO:
10 Und: Einschaltung der Kommunalaufsicht erforderlich und zwar im Vorhinein, 127a HGO: Entscheidungen der Gemeinde über 1. die Errichtung, die Übernahme oder die wesentliche Erweiterung eines wirtschaftlichen Unternehmens, 2. die Gründung einer Gesellschaft, die erstmalige Beteiligung an einer Gesellschaft sowie die wesentliche Erhöhung einer Beteiligung an einer Gesellschaft, 3. den Erwerb eines Geschäftsanteils an einer eingetragenen Genossenschaft, sind der Aufsichtsbehörde unverzüglich, spätestens sechs Wochen vor Beginn des Vollzugs, schriftlich anzuzeigen. Aus der Anzeige muss zu ersehen sein, ob die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind.
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