Erfahrungsbericht. Auslandssemester in Poitiers (Frankreich) WS 14/15

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1 Erfahrungsbericht Auslandssemester in Poitiers (Frankreich) WS 14/15 Name der Partnerhochschule: France Business School (fbs) / École Supérieure de Commerce et de Management (ESCEM) Fakultät: Wirtschaftsingenieurwesen / FK 09 Aufenthalt: Bewerbung Da die fbs zur Zeit meiner Bewerbung noch im Umstrukturierungsprozess war (die frühere ESCEM fusionierte mit weiteren französischen Business Schools zur fbs), war es ziemlich schwierig, irgendwelche Informationen zum Thema ERASMUS und Auslandsstudium im Internet zu erhalten. Erste Informationen erhielt ich dann bei Frau Prof. Kuhn, die für unsere Fakultät die Auslandsbeauftragte für Frankreich ist. Sie bemühte sich auch sehr, Fragen von mir zu beantworten und telefonierte / schrieb deshalb auch mehrmals mit Maggy Sourisseau, der Auslandsbeauftragten der fbs. Weitere Informationen erhielt ich von einer Studentin, welche im WS 13/14 als erste unserer Fakultät in Poitiers war. Die Bewerbung an sich ist relativ einfach und standardisiert. Maggy Sourisseau sendete mir duzende Mails mit Informationen und Erinnerungen zu. Neben den ERASMUS-Unterlagen an unserer Hochschule muss man ein Motivationsschreiben, einen Lebenslauf und eine Notenbestätigung, alles in Englisch, nach Poitiers senden. Darüber hinaus benötigt man noch einen Sprachnachweis für Englisch. Ein kleines Schreiben von Herrn Prof. Meier-Fohrbeck sollte reichen. Anreise Im Vorfeld meines Auslandssemesters sendete mir Maggy Sourisseau bereits die zwei möglichen Anreisetermine (25. oder 26. August) zu, an welchen wir vom Bahnhof abgeholt werden konnten. Angereist bin ich mit dem Zug. Der TGV brauchte von München über Straßburg (2h Aufenthalt) nach Poitiers insgesamt ca Stunden. Es gäbe auch die Möglichkeit über Paris zu reisen. Hierbei kommt man jedoch am Gare de l Est an und muss mit der Métro Nummer 4 und seinen ganzen Sachen zum Gare Montparnasse wechseln, was 1

2 sehr anstrengend und weniger empfehlenswert ist. Schon frühzeitig sollte man sich über mögliche TGV Sommer- (ab ca. Juni) oder Winterangebote (ab ca. Mitte Oktober) informieren. So kostete mein TGV-Ticket in der 1. Klasse mit Einzelplatz am Fenster nur 124. Aufgrund meines ganzen Gepäcks und des extrem niedrigen Preises hatte ich den TGV dem Flugzeug vorgezogen. In Poitiers angekommen erwartete mich bereits das Team von Aloha. Aloha ist eine studentische Organisation der fbs, welche sich um Austauschstudenten kümmert und ihnen hilft. Wie mir vor meiner Anreise schon mitgeteilt wurde, konnte ich meine Unterkunft leider noch nicht an diesem Tag beziehen, sondern erst am nächsten, sodass ich die erste Nacht im ibis Hotel neben dem Bahnhof verbrachte. Am nächsten Morgen holte mich das Aloha Team ab, brachte mich mit dem Auto zur fbs und anschließend zu meiner Unterkunft. Sie halfen mir u.a. bei den ganzen administrativen Dingen und beim Bezug der Unterkunft. Unterkunft Nachdem ich alle Bewerbungsunterlagen sowie das Learning Agreement der fbs (nicht das ERASMUS Learning Agreement, sondern ein zusätzliches) an die Auslandskoordinatorin gesendet hatte, erhielt ich von dieser einen Link zu einem Onlineformular. In diesem konnte ich alle meine Präferenzen an meine gewünschte Unterkunft eingeben: Preis, Größe, Lage, eigenes Bad, eigene Küchenzeile, private Unterkunft / Wohnheim etc. Nach einiger Zeit wurde mir dann ein Studio im Wohnheim Marie Curie für 345 pro Monat angeboten: 18 m 2, eigenes Bad, eigene Küchenzeile. Dieses Angebot nahm ich sofort an, da ich mir bei einer Ablehnung selber eine Unterkunft suchen hätte müssen. Das Wohnheim besteht insgesamt aus mehreren Gebäuden und ist gut ausgestattet: 2 Waschräume mit jeweils 3 Waschmaschinen und jeweils 2 Trocknern, Fitnessraum, Computerraum, Tischtennisraum. Das Gebäude, in dem ich wohnte, wurde dem Anschein nach erst in der nahen Vergangenheit renoviert und mein Studio war sehr modern eingerichtet und es gab auch keine auffälligen Gebrauchsspuren. In der Küchenzeile waren zwei Kochfelder und eine Spüle vorhanden. Außerdem gab es in meinem Zimmer einen LAN- Anschluss, welche ich mit einem Access-Point nutzte (habe ich bereits aus Deutschland mitgebracht), sodass ich ein WLAN-Netzwerk einrichtete und auch mit mehreren Geräten gleichzeitig ins Internet gehen konnte. Im Gegensatz zu allen anderen Unterkünften befand sich mein Wohnheim nicht im Zentrum, sondern etwas entfernt. Zu Fuß brauchte man ca. 20 Minuten und mit dem Bus ca. 15 2

3 Minuten zur fbs. Für mich stellte das kein Problem dar und ich ging auch jeden Tag zu Fuß. Günstig Einkaufen konnte man im 10 Minuten zu Fuß entfernten Supermarkt E.Leclerc. Dieser ist jedoch auch, mit dem Bus zu erreichen (gleiche Buslinie, wie ins Zentrum). Einzige Kritikpunkte für mich waren das Bad, was sich als 1,5 m 2 große Nasszelle herausgestellte und die Tatsache, dass hin und wieder das Internet ausfiel. So hatte ich einmal sogar ein komplettes Wochenende kein Internet. Was manchmal eine echte Herausforderung darstellen konnte, war die Kommunikation mit dem Personal des Wohnheims, da dieses nahezu ausschließlich französisch spricht. Dies ist jedoch kein Einzelfall, sondern ist in jedem der drei Wohnheime (Marie Curie, Michel Foucault und Roche d Argent), welche von CROUS betrieben werden, gleich. Neben den genannten Wohnheimen gibt es noch etliche private Wohnungen. In Frankreich ist es als Student möglich, beim französischen Stadt CAF (Caisse d'allocations Familliales) zu beantragen. Dabei handelt es sich um einen Wohngeldzuschuss von ungefähr 30% des monatlichen Mietpreises. Als Europäer benötigt man dazu je eine Kopie des Personalausweises, der Krankenversicherung, der Bankverbindung und eine original übersetzte Geburtsurkunde. Außerdem findet die komplette Beantragung auf einer rein französischen Internetseite statt. Hört sich nun furchtbar kompliziert an, ist es aber nicht, da dir von Aloha und den Mitarbeitern des International Office immer geholfen wird. Hochschule Beim Standort Poitiers der fbs handelt es sich so ziemlich um den einzig rein englischsprachigen Campus in ganz Frankreich. Das war auch der Grund, wieso ich nach Poitiers an die fbs gegangen bin. Da ich in München im Bachelorstudium bin, war ich in Poitiers auch im undergraduate Programm (Bachelor of Arts in International Business / BAIB) eingeschrieben. Alle weiteren Ausführungen und Erfahrungen beziehen sich ausschließlich auf diesen Bereich, da andere Programme anders strukturiert und nicht vergleichbar sind. Innerhalb des undergraduate Programms konnte ich zwischen 3 verschiedenen Zertifikaten, welche jeweils 30 ECTS Punkte umfassten, wählen: Advanced Certificate in Marketing / European Business Studies / Management. Ich habe mich dabei für letzteres entschieden und folgende Kurse ausgewählt: 3

4 Cross-Cultural Management Strategy and Competitve Analysis Global Leadership Corporate Finance Research Project Company Project European versus American Banking Französisch (einmal wöchentlich für 1,5h) Intercultural Skills (als Blockveranstaltung zu Semesterbeginn) Innerhalb der Zertifikate (siehe Abb. 1) kann man 3 aus 5 möglichen Kernkursen (meine ersten 3 Module) wählen, sich zwischen Corporate Finance oder Marketing Research Project entscheiden und noch zwei weitere Module (5. und 6. Modul) frei wählen. Abgerundet wird das Zertifikat von einem verpflichtenden Französischkurs und dem Modul Intercultural Skills, welches aus einem French Intensive Seminar und einem General Study Seminar besteht. Die Kurse werden im von der fbs zugesendeten Learning Agreement gewählt. Um das Zertifikat zu erhalten, muss man selbstverständlich alle Module bestehen bzw. alle 30 ECTS Punkte erlangen. Bei der fbs handelt sich nicht um eine normale Universität, sondern um eine sogenannte Grande Ecole, welche angeblich elitärer sein sollen. Die Struktur des undergraduate Programms unterscheidet sich komplett von unserem gewohnten deutschen System. So gibt es keinen festen Stunden- bzw. Vorlesungsplan, sondern jedes Modul findet nur an 5 Tagen des Semesters statt. Die jeweiligen Tage sind dabei frei über das Semester verstreut. An einem Tag hat man jeweils vormittags (09:30 12:45) sowie nachmittags (14:00 15:15) 3 Stunden Vorlesung mit jeweils 15 Minuten Pause. In diesen 5 Tagen sind bereits alle Prüfungen, Präsentation etc. beinhaltet, sodass der Stoffumfang nicht mit unserem deutschen vergleichbar ist. Die Prüfung findet normalerweise am 5. und letzten Tag des Moduls statt. Insgesamt hat man dann so etwa 30 Tage Vorlesungen im ganzen 4 oder 5 monatigen Semester. In den Modulen sind normalerweise ausschließlich Austauschstudenten und maximal 2 französische Studenten. Großen Wert bei den einzelnen Modulen wird immer auf Gruppenarbeiten und Präsentationen gelegt. So hat man in jedem Modul mindestens eine Gruppenarbeit mit anschließender Präsentation, wenn nicht sogar 2. Bei der Wahl der Gruppenmitglieder sollte man tunlichst darauf achten, mit wem man später gut zusammenarbeiten kann, da es manchmal frustrierend sein kann, da andere die Deadlines teilweise nicht einhalten, sich nicht anstrengen etc. 4

5 In die Endnote jedes Moduls fließen 2-3 Noten ein: Mitarbeit / Anwesenheit (ca. 10%), Gruppenarbeit/en (ca. 50 %) und Prüfung (ca. 40%). Zwischen den Modulen gibt es jedoch Unterschiede. Generell herrscht Anwesenheitspflicht. Bei Nichterscheinen gibt es Abzüge in der Endnote. Benotet wird nach dem französischen System 0 20 Punkte, vergleichbar mit dem deutschen Oberstufensystem. Letztendlich werden die Endnoten, welche ins Zertifikat übertragen werden, jedoch, wie folgt, ins ECTS System relativ umgerechnet. Es werden nur die Studenten, welche das Modul auch mit 9 oder mehr Punkten bestanden haben, berücksichtigt. ECTS Note Umrechnung an der HM die besten 10 % A 1,0 die nächsten 25 % B 1,3 die nächsten 30 % C 2,0 die nächsten 25 % D 3,0 die letzten 10 % E 4,0 Neben bei den bereits genannten Dingen hilft Aloha außerdem beim Abschließen eines Handyvertrags und bei der Eröffnung eines französischen Bankkontos. Für letzteres hatten wir sogar extra eine Infoveranstaltung. Darüber hinaus hatte Maggy Sourriseau immer ein offenes Ohr und man konnte wirklich immer mit seinen Fragen und Anliegen zu ihr kommen. Die Hochschule ist mit 2 PC Räumen und einer Bibliothek mit englisch- sowie französischsprachiger Fachliteratur ausgestattet. Im PC Raum gibt Laserdrucker, welche schwarz-weiß sowie farbig drucken. Dazu besitzt jeder Student ein Kontingent von 500 schwarz-weiß Seiten pro Semester (farbiger Druck = 4 schwarz-weiß Seiten). Außerdem hat man auf dem ganzen Gelände selbstverständlich freien WLAN-Zugang. Freizeit Mit ca Menschen ist Poitiers im Gegensatz zu München zwar keine Großstadt, dennoch ist es als Hauptstadt vom Département Vienne und der Région Poitiou-Charantes von Bedeutung. So gibt es zahlreiche Veranstaltungen von der Stadt aus. Zu Beginn des Semesters gab es auf dem großen Stadtplatz zum Beispiel ein kostenloses Konzert einer kanadischen Band, einen Welcome Day für internationale Studenten etc. Außerdem gibt es in der Stadt einige Bars, Clubs und einen Freizeitpark (Futuroscope), welcher etwas außerhalb der Stadt liegt. Darüber hinaus veranstaltet die studentische Organisation Vie Asso Fusion All der fbs einige Events (gemeinsames Essen am Semesteranfang- und am ende, ein 5

6 Integration Weekend ebenfalls zu Beginn des Semester, Partys und vieles mehr) und bietet ein kleines Sportprogramm an: Basketball, Fußball, Volleyball, Badminton. Holt man sich ein ärztliches Zertifikat für 25, darf man auch an Spielen gegen andere Hochschulmannschaften teilnehmen. Aufgrund der wenigen Vorlesungstage konnte ich auch viele Reisen sowie Ausflüge machen und die größeren umliegenden Städte wie Paris, Bordeaux, Tours, La Rochelle (am Meer) oder Nantes besichtigen. Neben dem konnte ich aber auch eine Woche in Spanien, in Barcelona und Madrid, verbringen. Für Bordeaux sollte man aber etwas mehr Zeit einplanen und unbedingt eine dieser 4 stündigen Weintouren zu 2 Châteaux / Weingüter mitmachen. Diese können vor Ort im Touristenbüro in Bordeaux gebucht werden und kosten als Student ca. 32. Die Touren beginnen kurz nach Mittag, sodass man sich bereits am Vormittag angemeldet haben sollte. Da alle Städte mit dem TGV erreichbar sind, empfiehlt es sich, sich eine 50 teure Carte Jeune (18 27 Jahre) zu besorgen. Mit dieser Karte erhält man bis zu 60 % Rabatt auf Zugfahrten. Fazit Insgesamt war es ein schönes sowie entspanntes Semester, während dem man viele Ausflüge und Reisen machen konnte. Das Niveau der Kurse ist generell niedriger als das der deutschen Module. Mein Englisch hat sich im Laufe der Zeit spürbar gebessert, da man immer unter Austauschstudenten ist und nur Englisch gesprochen wird. Die Kehrseite der Medaille ist aber, dass man dadurch kaum in der Lage ist, Französisch zu sprechen. Folglich konnte ich die tatsächliche Landessprache nicht nennenswert verbessern. Sollte man letzteres aber zum Ziel haben, empfehle ich, an eine andere Universität zu gehen. Mit einheimischen Studenten kommt man im Allgemeinen weniger in Kontakt, da man sich eben meistens ausschließlich unter Austauschstudenten aufhält, was den Kursen geschuldet ist. Nimmt man aber an den Veranstaltungen und am Sportprogramm der studentischen Organisationen teil, ist auch dies möglich. Die Stimmung unter den Austauschstudenten ist sehr gut und man macht sowie unternimmt untereinander ziemlich viel. Zu Beginn des Jahres 2015 wird die Fusion mit den anderen Business Schools zur fbs wieder rückgängig gemacht. Auch der Name ändert sich wieder zu ESCEM. Durch diesen Umstrukturierungsprozess könnte es abermals schwierig sein, Informationen zu einem Auslandssemester zu finden. 6

7 Anhang Abb. 1 Folgende Grafik unterscheidet sich aber ein wenig vom Kurskatalog meines Semesters. Quelle: (Stand ) Als Option wurden zu diesem Zeitpunkt folgende Kurse angeboten: Company Project Advertising in Europe Competitve intelligence International contract negotation Marketing management Retail marketing & strategy Sales & Promotion Services marketing Social and solidarity-based Economy in Europe 7