Die MAKS-Therapie für Menschen mit kognitiver Beeinträchtigung
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- Käte Baumhauer
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1 Die MAKS-Therapie für Menschen mit kognitiver Beeinträchtigung Prof. Dr. med. Elmar Gräßel Zentrum für Medizinische Versorgungsforschung Psychiatrische Universitätsklinik Erlangen Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg Demenzkongress Bremen 2017 Bremen, 3. April 2017
2 Gliederung 1. Ausgangspunkt: Erfahrungen und Kenntnisstand 2. MAKS-Therapie 3. DeTaMAKS-Studie 4. Resümee 2
3 Erfahrungen ( Schlussfolgerungen) 1. Menschen mit Demenz haben Bedürfnisse, Wünsche, Stärken und Schwächen wie Sie und ich ( z.b. Aktivitäten gegen Langeweile anbieten). 2. Wenn wir Menschen mit Demenz als Individuen mit persönlicher Biographie begreifen und danach handeln, können wir für alle Beteiligten eine positive Interaktion gestalten ( die Besonderheiten des Einzelnen beachten). 3. Wir können Menschen mit Demenz als kommunikative Mitglieder einer Gemeinschaft auffassen ( Aktivitäten in der Gruppe fördern). 3
4 Kenntnisstand (1) Medikamentöse Therapie der Alzheimer Demenz Nutzenbewertung des IQWiG Achetylcholinesterase-Hemmer: Vorteil gegenüber Placebo ist nur für 6 Monate verlässlich nachgewiesen (IQWiG 2007) Memantin: Fragliche Relevanz der Effekte auf Kognition und Alltagspraxis (IQWiG 2009a) IQWiG: Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen
5 Kenntnisstand (2) Medikamentöse Therapie der Alzheimer Demenz (AD) Außerdem: Nur etwa ¼ aller AD-Patienten spricht überhaupt auf die Therapie mit Achetylcholinesterase-Hemmer an Unerwünschte Wirkungen nicht selten 5
6 Kenntnisstand (3) Fazit zur nicht-medikamentösen Therapie der Alzheimer Demenz (IQWiG 2009b) Um eine letztlich belastbarere Aussage zum Nutzen bzw. Zusatznutzen nichtmedikamentöser Verfahren zur Behandlung der Alzheimer Demenz treffen zu können, wären zusätzliche randomisierte Studien angemessener Qualität wünschenswert.
7 Gliederung 1. Ausgangspunkt: Erfahrungen und Kenntnisstand 2. MAKS-Therapie: die vier Module 3. DeTaMAKS-Studie 4. Resümee 7
8 Die vier Module der MAKS-Therapie - Motorische Aktivierung - Aalltagspraktische Aktivierung - Kognitive Aktivierung - Soziale Einstimmung (Eichenseer & Gräßel 2015) 8
9 Therapiemanual: Schema des Tagesablaufs Zeit MAKS-Tagesplan ca. 10 Minuten ca. 30 Minuten ca. 10 Minuten ca. 30 Minuten ca. 40 Minuten Soziale Einstimmung (Psycho)-motorische Aktivierung Pause: Trinken und Toilettengang Kognitive Aktivierung Alltagspraktische Aktivierung
10 Prinzipien von MAKS Multimodalität: Motorische, Alltagspraktische und Kognitive Aktivierung sowie eine Einstimmung, die die sozialen und spirituellen Bedürfnisse des Menschen anspricht Abwechslung: manualisierte Vielfalt Regelmäßigkeit und Tagesstruktur bildend: (werk-) täglich, 2 Stunden pro Tag, vormittags An das Niveau der individuellen Ressourcen angepasst: Durchgeführt von 1-2 TherapeutInnen in Gruppen von je 10 Personen; Übungen in unterschiedlichsten Schwierigkeitsgraden 10
11 Gliederung 1. Ausgangspunkt: Erfahrungen und Kenntnisstand 2. MAKS-Therapie 3. DeTaMAKS-Studie 4. Resümee 11
12 DeTaMAKS-Studie DeTaMAKS in tagesbetreuenden Einrichtungen ( Tagespflegen ) ( ): Menschen mit leichter kognitiver Beeinträchtigung oder leichter bis mittelschwerer Demenz Förderer: GKV-Spitzenverband und Bayerisches Staatsministerium für Gesundheit und Pflege Cluster-randomisierte, kontrollierte Studie Wir bedanken uns bei allen Förderern für die großzügige Unterstützung!
13 DeTaMAKS: Einschlusskriterien Positiv untersucht auf Demenz (MMST: 10-23) oder leichte kognitive Beeinträchtigung (MMST: & MoCa < 23) keine Psychose, keine Suchterkrankung sowie keine andere psychiatrisch-neurologische Erkrankung, die die kognitiven Leistungseinbußen erklären könnten Gruppenfähigkeit (Basale Seh-/Hörfähigkeit vorhanden) mind. 1x die Woche in der Tagesstätte kein Übertritt in ein Pflegeheim konkret geplant Einverständnis (nach Aufklärung) Vorhandensein & Projektteilnahme eines pflegenden Angehörigen 13
14 DeTaMAKS: Stichprobe 34 Tagespflege-Einrichtungen mit 453 Gästen, die für das Projekt geeignet und teilnahmebereit waren, wurden zu Beginn auf Therapie- und Kontrollgruppe nach Zufall verteilt. Nach 6 Monaten konnten 362 behandelte Personen in die Auswertung einbezogen werden ( as treated -Analyse). 14
15 Wirkung auf die kognitiven Fähigkeiten * Erhalt der Fähigkeiten über den Therapiezeitraum von 6 Monaten Abbildung: Verlauf der MMST-Werte zu t0 und t1 im Vergleich Kontroll- vs. Interventionsgruppe. Anmerkung: Der mit * markierte Unterschied ist signifikant (T=-2,28, df=360, p=0,024). 15
16 Wirkung auf die alltagspraktischen Fähigkeiten * Erhalt der Fähigkeiten über den Therapiezeitraum von 6 Monaten Abbildung: Verlauf der ETAM-Werte zu t0 und t1 im Vergleich Kontroll- vs. Interventionsgruppe. Anmerkung: Der mit * markierte Unterschied ist signifikant (T=-2,03, df=297, p=0,043). 16
17 Neuropsychiatrische Symptome (NPI-Skala) Die Interventionsgruppe zeigte nach 6 Monaten statistisch tendenziell (p=0,055) weniger neuropsychiatrische Symptome (wie z.b. Unruhezustände, Halluzinationen, Schlafstörungen). Dieser Effekt zeigte sich sogar, obwohl nur die dichotom zu beantworteten Leitfragen des NPI (vorhanden/nicht vorhanden) gestellt wurden, und nicht der Schweregrad vorhandener Symptome. 17
18 Wer profitiert von der MAKS-Therapie in tagesbetreuenden Einrichtungen? Bei leichter kognitiver Beeinträchtigung zeigte sich im Durchschnitt ein ähnlicher Verlauf wie bei den von Demenz betroffenen Personen. MAKS wirkt also bereits bei leichter kognitiver Beeinträchtigung! 18
19 MAKS-Studie MAKS im Pflegeheim ( ): Menschen mit Demenz in allen Schweregraden Förderer: Bundesministerium für Gesundheit (BMG) Randomisierte, kontrollierte Studie: Die alltagspraktischen und kognitiven Fähigkeiten der Personen mit Demenz wurden in den MAKS-Gruppen im Durchschnitt für 12 Monate (Beobachtungszeitraum) auf dem Ausgangsniveau stabilisiert, während sie in den Kontrollgruppen (ohne MAKS) weiter nachließen (Graessel et al. 2011).
20 Gliederung 1. Ausgangspunkt: Erfahrungen und Kenntnisstand 2. MAKS-Therapie 3. DeTaMAKS-Studie 4. Resümee 20
21 MAKS erhält Fähigkeiten (kognitive und alltagspraktische Ressourcen). bewirkt einen Rückgang der neuropsychiatrischen Symptome. entlastet pflegende Angehörige (MAKS-Therapie in tagesbetreuenden Einrichtungen) Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und häuslicher Pflege! 21
22 Wie plausibel ist der Korridor für den beobachteten Effekt? Lit. 90er Jahre: Abnahme von 3,0 MMST-Punkten/Jahr* * Verlauf unbehandelter Demenz in MMST-Punkten pro Jahr 2,8 wahrscheinliche Demenz vom Alzheimer-Typ (Salmon et al. 1990) 3,2 bei allen (einschließlich vaskulärer-) Demenzformen (Cohen-Mansfield et al. 1996)
23 23 Vergleich der DeTaMAKS-Ergebnisse mit dem unbehandelten Verlauf 1. Die kognitiven und alltagspraktischen Fähigkeiten der Studienteilnehmer in den Tagespflege-Einrichtungen der Kontrollgruppe (ohne MAKS) (grüne Linie) ließen im Beobachtungszeitraum weiter nach, aber nicht ganz so stark wie in völlig unbehandelten Stichproben früherer Zeiten (rote Linie). 2. Die kognitiven und alltagspraktischen Fähigkeiten der Studienteilnehmer in den Tagespflege-Einrichtungen der Therapiegruppe (mit MAKS) (blaue Linie) blieben im Beobachtungszeitraum durchschnittlich auf dem gleichen Niveau, sie ließen unter MAKS nicht weiter nach!
24 Ein Wirkmechanismus der MAKS-Therapie: ein Teufelskreis wird unterbrochen - Fähigkeiten - Anregung Scham Rückzug 24
25 Ausblick Aus einem Konzept werden zwei: MAKS-m und MAKS-s Übergang in die Regelversorgung (Implementierungsmaßnahmen gemeinsam mit GKV-Spitzenverband) Neues Schulungskonzept für Therapeutenausbildung Konzept für die Schulung von Ausbildern ( train the trainer ab Herbst 2017) Weitere Studien
26 Ein persönliches Resümee Menschen mit Demenz können uns lehren, dass kognitive Fähigkeiten nicht Alles im Leben sind, dass es weitere bedeutsame Stärken gibt, z.b. sich mit jemandem verbunden fühlen, sich freuen können, die Gegenwart, den Augenblick wertzuschätzen! 26
27 Literatur Cohen-Mansfield J, Gruber-Baldini AL, Culpepper WJ, Werner P (1996). Longitudinal changes in cognitive functioning in adult day care participants. Journal of Geriatric Psychiatry and Neurology 9: Eichenseer B, Gräßel E (Hrsg.) (2015). Aktivierungstherapie für Menschen mit Demenz: motorisch, alltagspraktisch, kognitiv, spirituell, 2. überarbeitete Auflage. München: Elsevier. Graessel E, Stemmer R, Eichenseer B, Pickel S, Donath C, Kornhuber J, Luttenberger K (2011). Non-pharmacological, multicomponent group therapy in patients with degenerative dementia: a 12-months randomized, controlled trial. BMC Medicine 9:
28 Literatur (Fortsetzung) IQWiG (2007). Cholinesterasehemmer bei Alzheimer Demenz, Abschlussbericht A05-19A. Köln: IQWiG. IQWiG (2009a). Memantin bei Alzheimer Demenz, Abschlussbericht A05-19C. Köln: IQWiG. IQWiG (2009b). Nichtmedikamentöse Behandlung der Alzheimer-Demenz. Abschlussbericht A05-19D, Seite , Köln: IQWiG Salmon DP, Thal LJ, Butters N, Heindel WC (1990). Longitudinal evaluation of dementia of the Alzheimer type: a comparison of 3 standardized mental status examinations. Neurology 40:
29 Vielen Dank für Ihr Interesse! Mehr Informationen zur MAKS-Therapie (incl. Schulungstermine): Korrespondenzadresse: Prof. Dr. med. Elmar Gräßel Leiter des Zentrums für Medizinische Versorgungsforschung Leiter des Bereichs Medizinische Psychologie und Medizinische Soziologie (Aufgabenbereich Lehre) Psychiatrische Universitätsklinik Erlangen Schwabachanlage Erlangen Tel / Fax / elmar.graessel@uk-erlangen.de 29
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