Streichung fast aller Filialen der Deutschen Post AG im Land
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- Charlotte Hannelore Bader
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1 14. Wahlperiode Kleine Anfrage des Abg. Ulrich Müller CDU und Antwort des Wirtschaftsministeriums Streichung fast aller Filialen der Deutschen Post AG im Land Kleine Anfrage Ich frage die Landesregierung: 1. Wie begründet die Post AG die massive Streichung ihrer Filialen und wie bewertet die Landesregierung diese Argumentation? 2. Was hat die Landesregierung bisher dagegen unternommen, dass bundesweit und damit auch im Land sieben Achtel aller DPAG-Filialen gestrichen und in Postagenturen umgewandelt werden sollen? 3. Welche rechtlichen oder politischen Möglichkeiten sieht sie, diesen weiteren Kahlschlag bei Service und Infrastruktur noch zu verhindern? 4. Wie bewertet sie das Verhalten der Deutschen Post, die sich bei verlängertem Briefmonopol und Mindestlohn gerne auf ihren öffentlichen Auftrag beruft, zur Gewinnsteigerung aber den Rahmen der Post-Universaldienstleistungsverordnung (PUDLV) zügig ausschöpft, wenn nicht gar überschreitet? 5. Welche Folgen hätte die geplante Strategie der Deutschen Post AG für die Kunden, die Mitarbeiter der Post AG und die örtliche Immobiliensituation, nachdem nun auch viele Postgebäude zur Disposition stehen? 6. Inwieweit sind die Postagenturen in der Realität der vergangenen Jahre wirklich eine annährend gleichwertige Alternative zu Filialen der Post mit eigenem Personal gewesen? 7. Wer soll in das Verfahren, welche 100 DPAG-Filialen noch übrig bleiben dürfen, als Externer einbezogen werden (Kommunen, Verbände, Land) und nach welchen Kriterien sollen diese Entscheidungen postintern ablaufen? Eingegangen: / Ausgegeben: Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter:
2 8. Ist eine Novelle der PUDLV vorgesehen, ggf. in welche Richtung und wie wird sich die Landesregierung dazu stellen? Müller CDU Begründung Von den vorgeschriebenen stationären Einrichtungen der Post sind schon heute nur noch eigenbetriebene Filialen, bei Einrichtungen hingegen handelt es sich ohnehin bereits nur noch um Agenturen. Von den mit eigenen ausgebildeten Mitarbeitern betriebenen Filialen sind 850 Postbank Finanzcenter, Postservice Filialen und 800 Deutsche Post AG- Filialen, die jetzt innerhalb von drei Jahren fast vollständig aufgelöst werden sollen. In ganz Deutschland soll es dann nur noch echte Filialen geben, in unserem Land mit seinen Städten und Gemeinden ungefähr nur noch 550. Da größere Städte mehrere Filialen haben werden, bedeutet dies für den Rest der Kommunen, dass nur noch in jeder dritten bis vierten Gemeinde eine eigenständige Postfiliale vorhanden sein wird. Die Fragen zielen darauf ab, diese problematische Entwicklung zu hinterfragen und zu einer anderen (Unternehmens-)politik aufzufordern. Antwort*) Mit Schreiben vom 20. September 2008 Nr /110 beantwortet das Wirtschaftsministerium im Einvernehmen mit dem Ministerium für Ernährung und Ländlichen Raum die Kleine Anfrage wie folgt: Ich frage die Landesregierung: 1. Wie begründet die Post AG die massive Streichung ihrer Filialen und wie bewertet die Landesregierung diese Argumentation? 2. Was hat die Landesregierung bisher dagegen unternommen, dass bundesweit und damit auch im Land sieben Achtel aller DPAG-Filialen gestrichen und in Postagenturen umgewandelt werden sollen? Die Deutsche Post AG (DPAG) stellt auf Anfrage der Landesregierung von Baden-Württemberg klar, dass sie ihre verbliebenen eigenbetriebenen Filialen nicht ersatzlos schließen, sondern lediglich durch Partner-Filialen ( Postagenturen ) ersetzen wird. Nach Angaben der DPAG wird die Gesamtzahl der stationären Einrichtungen durch diese Maßnahme nicht tangiert. Die DPAG begründet die Umwandlung von eigenbetriebenen Filialen in partnerbetriebene Filialen damit, dass sie so ihr Filialnetz wirtschaftlicher gestalten und gleichzeitig die gute Erreichbarkeit für ihre Kunden erhalten kann. Die Partner-Filialen der DPAG verfügen in der Regel über längere Öffnungszeiten als eigene Filialen der DPAG, zudem entstehen für die Vertragspartner Synergien, die den Einzelhandel unterstützen. Die DPAG gibt an, dass das neue *) Nach Ablauf der Drei-Wochen-Frist eingegangen. 2
3 Filialsystem dem veränderten Einkaufsverhalten ihrer Kunden entgegenkomme. Laut DPAG stoßen die neuen Partner-Filialen auf große Zustimmung bei ihren Kunden. Demnach schneiden Partner-Filialen in der Bewertung der Wartezeit und Erreichbarkeit sogar besser ab als herkömmliche Postfilialen. Laut Aussage der DPAG werden hinsichtlich der fachlichen Kompetenz Partner-Filialen und eigenbetriebene Filialen gleichwertig wahrgenommen. Die Verpflichtung, wonach die DPAG mindestens Filialen mit unternehmenseigenem Personal betreiben musste geregelt in 2 Abs. 1 Post- Universaldienstleistungsverordnung (PUDLV) ist zum 31. Dezember 2007 ausgelaufen. Insofern steht die geplante Umwandlung der DPAG von ihren verbliebenen posteigenen Filialen im Einklang mit den Vorgaben der PUDLV. Die Landesregierung beobachtet die Entwicklung im Filialsystem der DPAG aufmerksam. So wurde dieses Thema bereits in der Beiratssitzung der Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen (BNetzA) ausführlich am 26. Mai 2008 mit Beteiligung von Herrn Minister Pfister erörtert. Da die gesetzlichen Vorgaben zum Post-Universaldienst erfüllt werden, sieht die Landesregierung derzeit keinen Handlungsbedarf. 3. Welche rechtlichen oder politischen Möglichkeiten sieht sie, diesen weiteren Kahlschlag bei Service und Infrastruktur noch zu verhindern? Wie oben dargestellt, ist mit den geplanten Filialumwandlungen kein Kahlschlag bei Service und Infrastruktur verbunden. Die BNetzA hat festgestellt, dass sich die Öffnungszeiten der Postfilialen seit der Umstrukturierung durch die DPAG deutlich verbessert haben so lag die durchschnittliche Wochenöffnungszeit einer stationären Posteinrichtung der DPAG im Jahr 1990 bei 18 Stunden und liegt seit 2005 kontinuierlich über 42 Stunden. Zudem ist seit diesem Jahr der Postmarkt liberalisiert. Im Markt wird der Wettbewerb sowohl über den Preis als auch über die Qualität ausgetragen. Zur Qualität zählt auch die Verfügbarkeit von Postdienstleistungen für den Bürger. Schon jetzt betreibt zum Beispiel ein privater Logistikanbieter bundesweit mehr stationäre Paketeinrichtungen als die DPAG. Auch andere Postdienstanbieter werden voraussichtlich ein flächendeckendes Filialnetz einrichten, teilweise befindet es sich bereits im Aufbau. Die DPAG erhöhte die Anzahl ihrer Einrichtungen durch zusätzliche Postpoints im letzten Jahr, um für ihre Kunden besser erreichbar zu sein. Allein in Baden-Württemberg sind mehr als 70 Postpoints entstanden. 4. Wie bewertet sie das Verhalten der Deutschen Post, die sich bei verlängertem Briefmonopol und Mindestlohn gerne auf ihren öffentlichen Auftrag beruft, zur Gewinnsteigerung aber den Rahmen der Post-Universaldienstleistungsverordnung (PUDLV) zügig ausschöpft, wenn nicht gar überschreitet? Das Briefmonopol die befristete gesetzliche Exklusivlizenz der DPAG für die Beförderung von Briefsendungen bis 50 g ist am 31. Dezember 2007 ausgelaufen. In der Vergangenheit hat sich die Landesregierung stets gegen Mindestlöhne und die Ausweitung des Arbeitnehmerentsendegesetzes ausgesprochen. Die Einführung eines Mindestlohnes im Postsektor behindert ihrer Meinung nach Wettbewerb im Postmarkt. 3
4 Der Behauptung, dass die DPAG den Rahmen der PUDLV ausschöpft oder gar überschreitet, dementiert die DPAG. So betreibe die DPAG nach eigenen Angaben insgesamt Filialen statt der vorgegebenen Mindestanzahl von , zudem müssen Kunden der DPAG im Durchschnitt lediglich 500 Meter zurücklegen, um zu einem Briefkasten zu gelangen, während die PUDLV nur vorsieht, dass in zusammenhängend bebauten Gebieten ein Briefkasten in 1000 Metern erreichbar ist. Die BNetzA überwacht laufend das postalische Leistungsangebot aller Marktteilnehmer. Ihr obliegt die Sicherstellung einer Universaldienstversorgung gemäß den Vorgaben des Postgesetzes und der PUDLV. Herr Kurth, Präsident der BNetzA, versicherte am 26. Mai 2008, dass sich die DPAG nach wie vor an die PUDLV als auch an die freiwillige Selbstverpflichtungserklärung hält. Da der Post-Universaldienst weiterhin erfüllt ist, gibt es aus Sicht der Landesregierung derzeit keinen politischen Handlungsbedarf. 5. Welche Folgen hätte die geplante Strategie der Deutschen Post AG für die Kunden, die Mitarbeiter der Post AG und die örtliche Immobiliensituation, nachdem nun auch viele Postgebäude zur Disposition stehen? Die Auswirkungen der unternehmerischen Entscheidungen können jeweils nur im Einzelfall beurteilt werden. 6. Inwieweit sind die Postagenturen in der Realität der vergangenen Jahre wirklich eine annähernd gleichwertige Alternative zu Filialen der Post mit eigenem Personal gewesen? Die Postagenturen erfüllen vollständig die Qualitätsvorgaben des Post-Universaldienstes. 7. Wer soll in das Verfahren, welche 100 DPAG-Filialen noch übrig bleiben dürfen, als Externer einbezogen werden (Kommunen, Verbände, Land) und nach welchen Kriterien sollen diese Entscheidungen postintern ablaufen? Die Deutsche Post wird nach eigenen Angaben bis Ende 2011 sämtliche verbliebenen eigenbetriebenen Filialen durch Partner-Filialen ersetzen. Diese Umwandlungen wird die DPAG unter Berücksichtigung der jeweiligen Standortbedingungen vornehmen. Dabei entscheidet die DPAG in jedem Einzelfall, wo und wann eine Umwandlung erfolgen kann und orientiert sich vor allem an den Kriterien Partnerpotenzial vor Ort, Kundennachfrage, Effizienz, Immobilien- und Personalplanungen sowie Lösungen für kleinere und mittlere Geschäftskunden. Hierbei handelt es sich um eine frei unternehmerische Entscheidung der DPAG. In der zum 31. Dezember 2007 ausgelaufenen Selbstverpflichtungserklärung der DPAG die diese freiwillig weiterhin erfüllt ist unter Ziffer 6. geregelt, dass die DPAG bei Veränderungen einer stationären Einrichtung (hierzu zählt die Umwandlung von einer eigen betriebenen Filiale in eine Partnerfiliale), drei Monate vor der geplanten Maßnahme das Benehmen mit der zuständigen Gebietskörperschaft herstellt. Die Benehmensregelung wurde nach Kenntnis der Landesregierung seitens der DPAG eingehalten. 8. Ist eine Novelle der PUDLV vorgesehen, ggf. in welche Richtung und wie wird sich die Landesregierung dazu stellen? Die Landesregierung hat beim Bund bereits die Novellierung der PUDLV angemahnt. Im Zusammenhang mit der anstehenden Neufassung der PUDLV 4
5 muss grundsätzlich eine angemessene Postversorgung für alle Bürger das Ziel sein. Die Vorgaben aus der bis zum 31. Dezember 2007 befristeten freiwilligen Selbstverpflichtungserklärung der DPAG sind dabei grundsätzlich in die Verordnung aufzunehmen. Der Leistungskatalog muss allerdings an die aktuellen postalischen Bedürfnisse der Bürger angepasst werden, denn seit Inkrafttreten der PUDLV am 15. Dezember 1999 hat sich das Kommunikationsverhalten verändert. Die Erfahrungen der letzten Jahre legen nahe, dass es ausreichend ist, wenn sich der Universaldienst auf die Bedürfnisse der Privat- und kleineren Geschäftskunden konzentriert. Die Frage, aus welchem Leistungskatalog der Postuniversaldienst zukünftig bestehen soll, ist noch nicht geklärt und wird sich erst im Meinungsbildungsprozess beantworten. Pfister Wirtschaftsminister 5
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