Satellitennavigation Relativitätstheorie im täglichen Leben
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- Dirk Straub
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1 Satellitennavigation Relativitätstheorie im täglichen Leben Urs Hugentobler Technische Universität München Naturwissenschaftliche Gesellschaft Winterthur Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften, Winterthur 25. November 2016
2 2. Die geodätischen Raumverfahren 2.2 GNSS Technische Universität München Anforderungen an ein GNSS: Das System erlaubt dem Benutzer in Echtzeit die Bestimmung der 3-dim. Position und Geschwindigkeit sowie der Zeit. Global (überall auf der Erde und bis ca km Höhe) und jederzeit benutzbar. Wetterunabhängig: Die von den Satelliten ausgesandten Radiowellen (L-Band, ca. 20 cm Wellenlänge) werden von der Atmosphäre nicht absorbiert. Institut für Astronomische und Physikalische Geodäsie Start von 4 Galileo Satelliten am mit einer Ariane 5 (Bild: ESA) 2
3 2. Die geodätischen Raumverfahren 2.2 GNSS Technische Universität München Aussetzen der Galileo Satelliten 15-18, aufgenommen mit Teleskop in La Reunion (Bild:CNES/CNRS) Institut für Astronomische und Physikalische Geodäsie 3
4 Neue Global Navigation Satellite Systeme (GNSS) GPS GLONASS Galileo Compass Bald mehr als 100 Navigationssatelliten am Himmel 4
5 GNSS im täglichen Leben Genauigkeit ca m 5
6 GNSS in der Praxis Vermessung Bauwesen Überwachung Kataster Landwirtschaft 6
7 GNSS in der Praxis Geodätische Empfänger Landesvermessung Erdvermessung Geodynamik Präzision cm - mm 7
8 Verschiebung des Observatoriums Wettzell 8
9 Kontinentalverschiebung 1 CM/YR VELOCITY CODE 9
10 Tohoku Erdbeben am 11. März 2011 Horizontale Verschiebung Vertikale Verschiebung 10
11 Inhalt Messprinzip Relevanz der Uhren Relativistische Effekte Würde GNSS funktionieren ohne Relativitätstheorie? 11
12 Messprinzip t 1 t 2 d = c (t 2 t 1 ) Messung der Signallaufzeit Einwegmessung, erfordert Synchronisation der Uhren 10 ps gefordert Atmosphäre beeinflusst Ausbreitungsgeschwindigkeit verursacht 2.3 m Verzögerung in Zenitrichtung 12
13 Messprinzip Bekannt: Koordinaten der Satelliten S1, S2, S3 Gesucht: Empfängerkoordinaten P P Institut für Astronomische und Physikalische Geodäsie 13
14 Messprinzip Bekannt: Koordinaten der Satelliten S1, S2, S3 Gesucht: Empfängerkoordinaten P D3 Gemessen: Pseudodistanzen D1, D2, D3 D1 P D2 Institut für Astronomische und Physikalische Geodäsie 14
15 Messprinzip Bekannt: Koordinaten der Satelliten S1, S2, S3 Gesucht: Empfängerkoordinaten P Gemessen: Pseudodistanzen D1, D2, D3 Empfängeruhrfehler: identisch für alle Pseudodistanzen Empfängeruhrfehler P Institut für Astronomische und Physikalische Geodäsie 15
16 Konzept von GNSS Empfänger sehen vier Satelliten gleichzeitig Satelliten sehen vier Empfänger gleichzeitig Kohärente Generation der Signale im Satelliten Synchrone Messung aller Signale in den Empfängern Konstellation von Satelliten erforderlich Alle Uhren können aus den Messungen synchronisiert werden Uhren sind zentral für GNSS Paradox: Keine hochpräzisen Uhren erforderlich für präzise Positionierung, obwohl die Technik auf präziser Messung der Signallaufzeiten beruht! 16
17 Sehr stabile Satellitenuhren ESA 17
18 GPS Konstellation 18
19 Mikrowellensignale 19
20 Laufzeitmessung 20
21 Netz von Satellitenuhren 21
22 Netz von Uhren 22
23 Astronomisches Seminar, 9. Januar Associated Press
24 Relativistische Effekte bei GNSS Satellitenbahnen Raumkrümmung durch die Masse der Erde und der Sonne Schwarzschild, desitter, Lense-Thirring Perigäumsdrehung, Präzession der Bahnebenen Lichtausbreitung im gekrümmten Raum Lichtablenkung, Shapiro-Effekt Satellitenuhren Zeitdilatation, Transversaler Dopplereffekt Gravitationsrotverschiebung 24
25 Bahnstörung für Galileo Beschleunigung [m/s 2 ] Bahnfehler nach 1 Tag Bahnfehler, angepasste Bahnelemente Erdabplattung 3.8x m 2700 m Mond 3.3x m 270 m Sonne 1.7x m 100 m Höhere Geopotentialterme 2.4x m 30 m Direkter Strahlungsdruck 1.0x m 44 m Vernachlässigung Erdschatten m Vernachlässigung Mondschatten m. Albedo 1.0x m 0.11 m Antennen-Rückstoss (100 W) 3.9x m m Festerdegezeiten 7.4x m m Ozeangezeiten 7.5x m m Allgemeine Relativitätstheorie 2.0x m m Venus 1.9x m m Jupiter 2.5x m m Mars 1.7x m m 25
26 Relativistische Effekte auf die GNSS Satellitenbahnen Satellitenbahnen: Raumkrümmung durch die Masse der Erde Schwarzschild, Post-Newton sche Näherung & r GM 4GM = r&r r r&r c r r r ( r r) r &r & r 26
27 Perigäumsdrehung ω = 6π a(1 e 2 ) GM 2 c Merkur: 43 pro Jahrhundert pro Umlauf GNSS: 0.7 mas/umlauf 1.3 mas/tag 17 cm / Tag 27
28 Relativistische Störung, ca. 1.3 mas/tag 28
29 Alle Störungen, ca. 3 arcmin/tag 29
30 Lichtablenkung Sonnenfinsternis 1919 relativistisch: 1.75 R. Pogge, 2006 Eddington
31 Gravitationelle Verzögerung der Signale 31
32 Einfluss auf Satellitenbahnen und Stationskoordinaten Lichtablenkung: GNSS Bahnen: Änderung der Bahnhöhe 0.0 mm GNSS Stationen: Änderung der Stationshöhe -4.6 mm 32
33 Relativistische Effekte der Satellitenuhren Spezielle Relativitätstheorie: Bewegte Uhren laufen langsamer GNSS Satelliten bewegen sich mit ca. 4 km/s Die Uhren an Bord laufen entsprechend langsamer bezüglich eines Beobachters am Boden Allgemeine Relativitätstheorie: Uhren in grösserer Höhe laufen schneller GNSS Satelliten fliegen in einer Höhe von ca km in geringerem Schwerepotential als der Beobachter am Boden. Die Uhren an Bord laufen entsprechend schneller bezüglich eines Beobachters am Boden 33
34 Satellitenuhren Transversaler Dopplereffekt Frequenzverschiebung wegen Geschwindigkeit 1+ f f = 1 v c 2 2 Für mittlere Fluggeschwindigkeit für GNSS Satelliten f f = Uhr läuft zu langsam: t SRT = 6.5 µs/tag 34
35 Satellitenuhren Gravitationsrotverschiebung Frequenzverschiebung wegen Potentialdifferenz f f U ( r) U = 2 c Potential in mittlerer Satellitenhöhe und auf dem rotierenden Geoid U ( r) = GM r Konstanter Beitrag: Uhr läuft zu schnell: f f = U µs/tag 0 0 = t ART = GM R + J ω R 35
36 36
37 GEO GPS 37
38 Positionierung Relativistischem Frequenzoffset nicht berücksichtigt 38
39 Positionierung Relativistischem Frequenzoffset nicht berücksichtigt Die Höhe ist 10 km falsch nach einem Tag 39
40 Erste Schlussfolgerung Der durch relativistische Effekte in der Satellitenuhr erzeugte Drift beträgt für Galileo 40 µs/tag. Positionierresultate wären also in der Grössenordnung 12 km falsch schon nach einem Tag. Hätten wir perfekte Uhren, die ihre einmal eingestellte Frequenz beibehalten und wir setzen die fortwährende Synchronisation in Unkenntnis der Relativitätstheorie voraus, so würde GNSS keinesfalls funktionieren. 40
41 GIOVE-B H-Maser Bodentests Gonzalez,
42 Messung der relativistischen Frequenzverschiebung Gonzalez, 2013 Die Wiederholbarkeit der Frequenz des GIOVE-B H-Masers beträgt ca Die Messung der Frequenz im Orbit weicht nur 5, vom vorhergesagten Wert ab, was 1.2% der relativistischen Frequenzverschiebung entspricht. 42
43 Satellitenuhr, periodische Korrektur Infolge Bahnexzentrizität Variation der Geschwindigkeit Variation der Höhe im Potential Beide Terme zusammen geben t per = 2 = 2 GMa 2 c r r &r c 2 esin E Diese Formeln sind im Interface Control Document festgeschrieben, jeder Empfänger muss diese Korrektur anbringen. 43
44 44
45 45
46 46
47 Galileo Satelliten 5 und 6 auf der falschen Bahn Galileo 1 a = km e = i = 55.4 Galileo 5/6 a = km e = i =
48 Test der Gravitationsrotverschiebung Bester heutiger Test des Parameters α von Gravity Probe A 1976: Unsicherheit: Mit Galileo 5 und 6 aufgrund der Extzentrizität ihrer Bahn und der sehr stabilen Uhren an Bord: Mögliche Verbesserung auf: (3 4) 10 5 Problem: Modellierung anderer Fehlerquellen, insbesondere Einfluss des Strahlungsdruckes auf die Satellitenbahnen. 48
49 Positionierung Nutzung präziser Bahn- und Satellitenuhrinformation 49
50 Positionierung Nutzung präziser Bahn- und Satellitenuhrinformation Nutzung der Bahnund Satellitenuhrinformation, welche die Satelliten zur Verfügung stellen 50
51 Positionierung Nutzung präziser Bahn- und Satellitenuhrinformation Nutzung der Bahnund Satellitenuhrinformation, welche die Satelliten zur Verfügung stellen Vernachlässigung der relativistischen periodischen Korrektur 51
52 Zweite Schlussfolgerung Die durch relativistische Effekte in der Satellitenuhr erzeugte periodische Frequenzvariation muss von allen GNSS-Empfängern berechnet und korrigiert werden. Vernachlässigung dieser Variation hat bei GPS Positionsfehler von bis zu 10 m zur Folge. Wird die relativistische periodische Korrektur, nicht berücksichtigt, hätten wir ein funktionsfähiges, jedoch in seiner Qualität deutlich eingeschränktes Satellitennavigationssystem. 52
53 Konsistentes Experiment Konsequente Vernachlässigung aller relativistischer Effekte sowohl bei der Bestimmung der Satellitenbahnen und -uhrkorrekturen, als auch bei der Nutzung dieser Bahn- und Uhreninformation zur Positionierung 53
54 Positionierung Positionierung mit dem Meter-genauen Code zeigt keine signifikanten Differenzen 54
55 Positionierung Positionierung mit dem Meter-genauen Code zeigt keine signifikanten Differenzen Positionierung mit der Millimetergenauen Phase zeigt auch keine signifikanten Differenzen 55
56 56
57 57
58 58
59 Temperaturvariationen im Galileo-Testsatelliten GIOVE-A Hahn et al.,
60 Variation der Uhren in älteren GPS-Satelliten Dach et al
61 61
62 62
63 63
64 64
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68 Dritte Schlussfolgerung Werden relativistische Korrekturen konsequent vernachlässigt, so erhält man trotzdem ein funktionierendes GNSS-System, welches hochpräzise Positionen liefern kann. Das Verhalten der Uhren wäre aber unverstanden. Es wäre daher höchste Zeit, dass die Relativitätstheorie gefunden würde. 68
69 Uhrkorrektur für Galileo
70 Relativistische Korrektur infolge Abplattung der Erde 70
71 Schlussfolgerung Uhren spielen in den geodätischen Messverfahren eine zentrale Rolle. GNSS würde auch funktionieren, wenn die Relativitätstheorie nicht berücksichtigt wird, da die Uhren kontinuierlich synchonisiert werden. Der Nutzer würde eine Verschlechterung der Navigationslösung feststellen. Uhren werden immer stabiler. Die kontinuierliche Synchronisation sollte durch Modelle der Uhren unterstützt. Dies verspricht eine weitere Erhöhung der Messgenauigkeit. Eine konsistente Nutzung der Relativitätstheorie ist dann unerlässlich. 71
72 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
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