Südtiroler Weissburgunder

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1 56 Südtiroler Weissburgunder Weisser Wein auf rotem Stein Ein besonderes Terroir lässt den Weissburgunder in Südtirol so hervorragend geraten. Auf den vulkanischen Böden aus Rotem Porphyr wächst ein Pinot Bianco von aussergewöhnlicher Mineralität. Unser Tipp: Trinken Sie ihn nicht zu früh! Text: Christian Eder, Fotos: Sabine Jackson

2 57 Südtirols Weissburgunder zählen zu den besten Bianchi in Italien, sie verblüffen mit Fülle, mit Finesse und Mineralität. Wer verstehen will, worin diese besondere Qualität ihren Ursprung hat, sollte keine Angst haben, sich die Hände schmutzig zu machen: Denn viel verdankt der Weissburgunder hier einem besonderen Gestein. Fährt man in Südtirol entlang des Etschtales in Richtung Süden, sieht man sie immer wieder zwischen Rebbergen, Kastanien- und Eichenwäldern leuchten, die roten Felswände. Sie bestehen vorwiegend aus Porphyr das altgriechische Wort für «purpurfarben» ist heute ein Sammelbegriff für vulkanisches Gestein von rötlicher Farbe mit grossen, gut ausgebildeten Kristallen in der feinkörnigen Grundmasse. Im Südtiroler Porphyr bilden Quarz und Feldspat die Hauptbestandteile. Und wo diese roten Felsen zu finden sind, da sind auch einige der schönsten Reblagen Südtirols nicht weit. Schon seit langem wissen die Winzer im Etschtal, vom Vinschgau bis ins Überetsch, den Porphyr zu schätzen, der ihren Weinen die Mineralität verleiht. Egal, ob die Felsen mit einer dünnen Erdschicht bedeckt sind oder ihre über die Jahrtausende erodierten Komponenten einen der Hauptbestandteile auf ausgedehnten Schwemmkegeln bilden. Der Weissburgunder reagiert besonders sensibel auf diese Böden. «Die Rebsorte ist eines der Aushängeschilder Südtirols», sagt Gerhard Sanin, Kellermeister der Kellereigenossenschaft Erste & Neue in Kaltern im Überetsch. «Wir haben hier Positionen, die ausserordentlich gut für den Weissburgunder geeignet sind, gerade zu Füssen des Mendelgebirges findet er ideale Lagen.» Die Rebsorte hat ihren Weg nach Südtirol schon vor mehr als hundert Jahren gefunden und ist heute eine der wichtigsten Trauben des Landes: Rund 500 Hektar, knapp ein Zehntel der gesamten Rebfläche, sind damit bestockt. Natürlich ist bei dieser Menge nicht immer alles Gold, was glänzt. Aber zu den herausragenden Gewächsen zählen etwa die Abfüllungen Weiss haus der Kellerei Schreckbichl, der Sanct Valentin der Kellerei St. Michael- Ep pan oder der Haberle von Alois Lageder, um nur die bekanntesten zu nennen. Sie alle sind nach ihrer besonderen Lage benannt. Auch Trifall ist ein solcher Lagenname. Der Wein stammt von Oskar Andergassen: Der Die Südtiroler Winzer wissen ihre Böden zu schätzen. Quarz und Feldspat sind die Hauptbestandteile des Roten Porphyrs, der dem Pinot Bianco gut bekommt.

3 Aus Rotem Porphyr hat die Genossenschaftskellerei Terlan ihren Kellerneubau errichten lassen (o. und u.). Kalterer Winzer kultiviert seine Weissburgunderreben auf einem Hang zu Füssen des Mendelgebirges auf rund 400 Meter Höhe. Der Boden dort besteht aus Porphyr und Kalk, was dem Wein Mineralität und Kernigkeit gibt. Kühle Fallwinde und grosse Temperaturunterschiede zwischen Tag und Nacht sorgen für Frische. «Nicht zu vergessen die 45 Jahre alten Reben», erklärt der sonnengebräunte Winzer. «Sie verleihen dem Wein Substanz.» Eine weitere Komponente, die den Trifall ausmacht, erwähnt Oskar Andergassen dann im Keller: Das Holz für das Gärfass, in dem er seinen Wein fünf Monate belässt, hat er selbst geschlagen. Mit einem erfahrenen Fassmacher aus Kaltern habe er in einem Wald im Süden der Südtiroler Weinbaugemeinde die passenden Bäume ausgesucht. Akazien, wohlgemerkt, denn das sei das beste Holz für Weissburgunder, ist Andergassen überzeugt. «Durch seine feine Struktur gibt das Holz dem Wein die Finesse, die er braucht, und es dominiert ihn weniger als Eichenholz.» Oskar Andergassen kultiviert seinen Weissburgunder am Fuss des Mendelgebirges auf 400 Metern Höhe. Ein Stück autochthones Südtirol Auf der anderen Seite Kalterns, am südlichen Ende des Weinbaudorfes, liegt etwas erhöht über dem Kalterer See der Ansitz Manincor von Michael Graf Enzenberg. Auch hier lagert im Hof das selbst geschlagene Holz, das der biodynamisch arbeitende Betrieb für seine Fässer verwendet in diesem Fall allerdings Eiche. Während die roten Trauben von Manincor vorwiegend rund um Kaltern kultiviert werden, stehen die Weissburgunder- und Sauvignon reben in einer der besten Lagen für diese Sorten auf Südtiroler Gebiet, in Terlan. Das kleine Weinbaudorf liegt am Nordhang zwischen Meran und Bozen, und es hat sogar einer eigenen Anbauzone den Namen gegeben: dem Terlaner Weissburgunder. Die Weinberge von Manincor liegen in Lieben Aich, einer Lage auf einem Schuttkegel zu Füssen der roten Felsen. Weit öffnet sich davor das Tal und lässt die Abendsonne auf den Rebberg scheinen. Dem Weissburgunder ist die Parzelle Eichhorn gewidmet, die dem Wein auch seinen Namen gibt. Frucht und Finesse vereinen sich im Eichhorn perfekt zu einem Stück autoch thonem Südtirol, eine wunderbar knackige Säure sorgt für das Gerüst,

4 Im Keller von Manincor reift der Wein in Fässern aus selbst geschlagener Eiche. die Mineralität kommt vom Boden. Helmuth Zozin, Weinbaudirektor von Manincor und verantwortlich für Rebberge und Keller, nimmt eine Handvoll Erde und zeigt uns die Zusammensetzung: Gneis sieht man, aber vor allem rote Vulkanerde mit Quarzkomponenten. «Diese Mineralität spürt man in den Weinen», weiss Zozin. «Hinzu kommt, dass es sehr durchlässige Böden sind, die das Wasser gut ablaufen lassen. Das sorgt für ein optimales Gleichgewicht der Reben.» Gerade der Terlaner Weissburgunder ist einer der interessantesten Weissweine Italiens. Zu seinem guten Ruf hat auch die Kellereigenossenschaft Terlan beigetragen, die ihren Sitz ebenfalls auf dem Terlaner Schuttkegel hat. Der Weissweinspezialist hat nicht immer von seiner Ausrichtung profitiert: Als wuchtige Rotweine in Mode waren, sah die Kellerei mit ihrem Weissweinanteil von 80 Prozent ziemlich alt aus. Doch diese Zeiten sind lange vorbei. Heute gelten die Weine der Genossenschaft als Musterbeispiel für elegante, langlebige Bianchi aus Italien. Und auch hier spielt der Porphyr eine entscheidende Rolle. Die besten Rebberge der knapp 200 Genossenschaftsmitglieder stehen in sonnenbeschienenen Lagen zwischen 300 und 900 Meter Meereshöhe auf roten, mit Quarz durchzogenen Porphyrfelsen. Die Kellerei hat dem besonderen Gestein eine Art Denkmal gesetzt: Das moderne Kellereigebäude wurde aus Rotem Porphyr gebaut und integriert sich perfekt in die Landschaft. Kellermeister Rudi Kofler nimmt uns mit auf den Vorberg, die renommierteste Weissburgunderlage der Kellerei Terlan. Zwölf Höfe liegen verstreut auf diesem Hochplateau. Über eine steile Bergstrasse geht es in Kehren nach oben. Es sind einzigartige Lagen, die sich über dem Tal erheben: Fast fruchtbar wird die Landschaft, auch Obstbäume wachsen hier. Aber unter einer dünnen Erdschicht kommt wieder der Porphyr zum Vorschein, reiner Quarz und Glimmer, roter Verwitterungsboden. «Dazu noch die sonnenbeschienene Position in Richtung Südwesten und die Ventilation im Etschtal, die enormen Temperaturunterschiede zwischen Tag und Nacht, all das sorgt fürs Säurespiel im Wein. Ein einzigartiges Terroir für Weissburgunder», ist Rudi Kofler überzeugt, «hier entstehen langlebige Weine.» Erst zweieinhalb Jahre nach der Lese kommt daher die Riserva Vorberg auf den Markt. Und das sei immer noch zu früh, meint Kofler. Auch Helmuth Zozin sieht darin das Problem vieler Weissburgunder in Südtirol: «Sie werden zu jung getrunken: Ein grosser Pinot Bianco braucht Zeit, um sich zu entwickeln.» Zwölfjähriges Weissweinjuwel «In strahlendem Goldgelb gleitet der Wein durch das Ballonglas und hinterlässt feine Schlieren. Am Gaumen explodiert er mit einer Vielzahl von Impressionen, der Abgang erinnert an gereifte Champagner ebenso wie an einen Cocktail aus mineralischen, blumigen und exotischen Fruchtaromen. Das Bouquet allerdings öffnet sich erst langsam mit seiner feinen mineralischen Blume, mit Blüten- und Apfelnoten.» Das haben wir vor einigen Jahren über einen Weissburgunder geschrieben: über den 1979er der Kellerei Terlan, im Jahr 1991 abgefüllt und auf den Markt gebracht. Der erste Jahrgang, erklärte Kellermeister Rudi Kofler damals, der die Alterungsfähigkeit dieses kleinen Weissweinjuwels aus dem Südtiroler Etschtal wirklich demonstrierte. Eine britische Weinzeitschrift reihte den 79er dann auch unter die hundert Weine, die man getrunken haben sollte, bevor man den Löffel abgibt. Der Südtiroler Weissburgunder hat noch eine grosse Zukunft vor sich, da sind sich die Winzer hier einig. Auch wenn der Klimawandel an Südtirol nicht spurlos vorübergeht und die Winzer immer mehr in höhere Lagen ausweichen müssen. «Nach all den aromatischen und semiaromatischen Weinen sucht der Konsument wieder eine Kombination von Frucht mit Finesse», ist Helmuth Zozin vom Weingut Manincor überzeugt. Und die hat der Pinot Bianco aus Südtirol zu bieten.

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