5 Haftungsrecht. Auslöser i.d.r. Strafanzeige des G. (Angehöriger/Erben/dritter Person) (bei schweren Straftaten Ermittlung von Amts wegen)
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- Lennart Schulz
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1 5 Haftungsrecht Ausgangssituation für vereinfachtes Grundschema: Im Krankenhaus bzw. Heim X unterläuft dem Mitarbeiter Y ein Pflegebzw. Behandlungs- oder Betreuungsfehler. Dadurch wird Herr/ Frau G. als Patient(in) bzw. Heimbewohner(in) geschädigt bzw. erleidet Schmerzen. Die haftungsrechtlichen Folgen für Krankenhaus/ Heim oder Mitarbeiter können strafrechtlicher, zivilrechtlicher oder arbeitsrechtlicher Art sein. 1. Strafrechtliche Haftung Grundlagen: Strafgesetzbuch ( StGB) Jugendgerichtsgesetz (JGG) Strafprozessordnung (StPO) Eine strafrechtliche Verurteilung ist grundsätzlich nicht dazu geeignet, der/die Geschädigte(n) finanziell zu entschädigen. Allerdings kann aus ihr sowohl eine moralische Entschädigung als auch eine verbesserte Rechtsposition in einem Zivilprozess erwachsen. Auslöser i.d.r. Strafanzeige des G. (Angehöriger/Erben/dritter Person) (bei schweren Straftaten Ermittlung von Amts wegen) mögliche Folgen: Verurteilung des MitarbeitersY zu Geld- oder Freiheitsstrafe (ggf. Berufsverbot 70) mögliche Entlastung (Verhinderung von Bestrafung): 32ff. 32 Notwehr (1) Wer eine Tat begeht, die durch Notwehr geboten ist, handelt nicht rechtswidrig. (2) Notwehr ist die Verteidigung, die erforderlich ist, um einen gegenwärtigen rechtswidrigen Angriff von sich oder einem anderen abzuwenden. 33 Überschreitung der Notwehr 1
2 Überschreitet der Täter die Grenzen der Notwehr aus Verwirrung, Furcht oder Schrecken, so wird er nicht bestraft. 34 Rechtfertigender Notstand Wer in einer gegenwärtigen, nicht anders abwendbaren Gefahr für Leben, Leib, Freiheit, Ehre, Eigentum oder ein anderes Rechtsgut eine Tat begeht, um die Gefahr von sich oder einem anderen abzuwenden, handelt nicht rechtswidrig, wenn bei Abwägung der widerstreitenden Interessen, namentlich der betroffenen Rechtsgüter und des Grades der ihnen drohenden Gefahren, das geschützte Interesse das beeinträchtigte wesentlich überwiegt. Dies gilt jedoch nur, soweit die Tat ein angemessenes Mittel ist, die Gefahr abzuwenden. Auswahl wichtiger Straftatbestände für den medizinisch/pflegerischen Bereich: sexueller Missbrauch von...kranken 174a wer eine Person, die in einer Einrichtung für kranke oder hilfsbedürftige Menschen aufgenommen und ihm zur Beaufsichtigung oder Betreuung anvertraut ist, dadurch missbraucht, dass er unter Ausnutzung der Krankheit oder Hilfsbedürftigkeit dieser Person sexuelle Handlungen an ihr vornimmt oder an sich von ihr vornehmen lässt... üble Nachrede 186 Wer in Beziehung auf einen anderen eine Tatsache behauptet oder verbreitet, welche denselben verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen geeignet ist,..., wenn nicht diese Tatsache erweislich wahr ist,... Verleumdung 187 Wer wider besseres Wissen in Beziehung auf einen anderen eine unwahre Tatsache behauptet oder verbreitet, welche denselben verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen oder dessen Kredit zu gefährden geeignet ist,... 2
3 Verletzung von Privatgeheimnissen 203 (1) Wer unbefugt ein fremdes Geheimnis, namentlich ein zum persönlichen Lebensbereich gehörendes Geheimnis oder ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis, offenbart, das ihm als 1. Arzt, Zahnarzt, Tierarzt, Apotheker oder Angehörigen eines anderen Heilberufs, der für die Berufsausübung oder die Führung der Berufsbezeichnung eine staatlich geregelte Ausbildung erfordert,... anvertraut worden oder sonst bekannt geworden ist,... Mord Mörder ist, wer aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen, heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitteln oder um eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken, einen Menschen tötet. Totschlag 212 Wer einen Menschen tötet, ohne Mörder zu sein, wird als Totschläger... bestraft. Tötung auf Verlangen 216 Ist jemand durch das ausdrückliche und ernstliche Verlangen des Getöteten zur Tötung bestimmt worden,... Aussetzung 221 Wer einen Menschen 1. in eine hilflose Lage versetzt oder 2. in einer hilflosen Lage im Stich lässt, obwohl er ihn in seiner Obhut hat oder ihm sonst beizustehen verpflichtet ist,... fahrlässige Tötung 222 Wer durch Fahrlässigkeit den Tod eines Menschen verursacht,... 3
4 Körperverletzung 223 Wer eine andere Person körperlich misshandelt oder an der Gesundheit schädigt,... gefährliche Körperverletzung 224 Wer die Körperverletzung 1. durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen, 2. mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs, 3. mittels eines hinterlistigen Überfalls, 4. mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich oder 5. mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung begeht,... Misshandlung von Schutzbefohlenen 225 Wer eine... wegen Gebrechlichkeit oder Krankheit wehrlose Person, die 1. seiner Fürsorge oder Obhut untersteht, 2. seinem Hausstand angehört, 3. von dem Fürsorgepflichtigen seiner Gewalt überlassen worden oder 4. ihm im Rahmen eines Dienst- oder Arbeitsverhältnisses untergeordnet ist, quält oder roh misshandelt, oder wer durch böswillige Vernachlässigung seiner Pflicht, für sie zu sorgen, sie an der Gesundheit schädigt... schwere Körperverletzung 226 Hat die Körperverletzung zur Folge, dass die verletzte Person 1. das Sehvermögen auf einem Auge oder beiden Augen, das Gehör, das Sprechvermögen oder die Fortpflanzungsfähigkeit verliert, 2. ein wichtiges Glied des Körpers verliert oder dauernd nicht mehr gebrauchen kann oder 3. in erheblicher Weise dauernd entstellt wird oder in Siechtum, Lähmung oder geistige Krankheit oder Behinderung verfällt,... (schwere Körperverletzung mit Todesfolge 227) (fahrlässige Körperverletzung 229) Freiheitsberaubung 239 Wer einen Menschen einsperrt oder auf andere Weise der Freiheit beraubt... Diebstahl 242 Wer eine fremde bewegliche Sache einem anderen in der Absicht wegnimmt, die Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zuzueignen,... besonders schwerer Fall des Diebstahls 243 Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter... 4
5 stiehlt, indem er die Hilflosigkeit einer anderen Person, einen Unglücksfall oder eine gemeine Gefahr ausnutzt... Erpressung 253 Wer einen Menschen rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt und dadurch dem Vermögen des Genötigten oder eines anderen Nachteil zufügt, um sich oder einen Dritten zu Unrecht zu bereichern,... Sachbeschädigung 303 Wer rechtswidrig eine fremde Sache beschädigt oder zerstört,... unterlassene Hilfeleistung 323c Wer bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not nicht Hilfe leistet, obwohl dies erforderlich und ihm den Umständen nach zuzumuten, insbesondere ohne erhebliche eigene Gefahr und ohne Verletzung anderer wichtiger Pflichten möglich ist,... Erläuterungen bei: %BChrer-Haftung#Strafrechtliche_Haftung 2. Zivilrechtliche Haftung Die zivilrechtliche Haftung ist auf Schadenersatz bzw. Schmerzensgeld gerichtet. Sie begründet sich einerseits aus dem mit dem Patienten (Heimbewohner) geschlossenen Krankenhausaufnahmevertrag (Heimvertrag), der im rechtlichen Sinne ein Dienstvertrag ist. Das Krankenhaus (Heim) schuldet dem Patienten (Bewohner) die ordnungsgemäße Diagnostik und Behandlung bzw. Pflege und Betreuung, nicht jedoch einen Erfolg (Wiederherstellung der Gesundheit). Unabhängig davon haftet auch, wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper oder die Gesundheit eines anderen verletzt. Trotz einer erheblichen Zunahme von Zivilprozessen fehlen nach wie vor einheitliche und konkrete Pflegestandards, um bei einem Klageverfahren belegen zu können, dass alles im Einzelfall Notwendige und Zumutbare zur Schadensabwehr geplant und getan wurde. Hauptgrundlage für Zivilhaftung: Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) 5
6 i.v.m. Zivilprozessordnung (ZPO) Zivilrechtliche Ansprüche werden geltend gemacht von Herr/ Frau G. als geschädigte Patient(in) bzw. Heimbewohner(in) bzw. Angehörigen oder Erben oder von einer gesetzlichen Krankenkasse, auf die der Schadenersatzanspruch nach 116 SGB X (teilweise) übergegangen ist, weil sie die Behandlungskosten getragen hat (1) Ein auf anderen gesetzlichen Vorschriften beruhender Anspruch auf Ersatz eines Schadens geht auf den Versicherungsträger oder Träger der Sozialhilfe über, soweit dieser auf Grund des Schadensereignisses Sozialleistungen zu erbringen hat, die der Behebung eines Schadens der gleichen Art dienen und sich auf denselben Zeitraum wie der vom Schädiger zu leistende Schadenersatz beziehen... mögliche Anspruchsgrundlagen: a) Verletzung des Krankenhausaufnahme- (Heim) bzw. Behandlungsvertrages (Haftung aus Vertrag = positive Vertragsverletzung = pvv) Krankenhaus bzw. Heim X haftet als Vertragspartner von G. mit Schadenersatz 280,249 BGB (G. ist so zu stellen, als ob Vertrag ordnungsgemäß erfüllt) Schmerzensgeld auch für Fehler des Mitarbeiters Y, der nur Erfüllungsgehilfe ist 253 BGB 278 BGB b) schuldhafte Schadenszufügung (Haftung aus Delikt = unerlaubte Handlung) Mitarbeiter Y haftet dem G. direkt mit Schadenersatz 823, 249,842f. BGB (G. ist finanziell so zu stellen, als sei Schädigung nicht erfolgt deshalb u.u. auch Unterhalt/ Beerdigungskosten u.ä.) 844 6
7 Schmerzensgeld 253 BGB Krankenhaus bzw. Heim X haftet dem G. aus Delikt nur in Ausnahmefällen, wenn Mitarbeiter Y = Verrichtungsgehilfe 831 BGB nicht mit der fraglichen Aufgabe betraut werden durfte (Organisationsverschulden) 3. Arbeitsrechtliche Haftung Krankenhaus/ Heim X macht Mitarbeiter Y arbeitsrechtlich haftbar, z.b.: - bei vorsätzlicher Straftat: fristlose Kündigung - sonst Abmahnung - falls schon abgemahnt: verhaltensbedingte Kündigung oder fristlose Kündigung - bei Haftung des X aus Vertrag: Regress (X fordert Ersatz für den aus der Zivilforderung entstandenen Schaden) zuständig: Arbeitgerichte nach 2 Arbeitsgerichtsgesetz Achtung: Die Geltendmachung einer Regressforderung ist auch von der versicherungsseitigen Deckung der Einrichtung abhängig. Vorsatz ist nie versicherbar - grobe Fahrlässigkeit muss ggf. gesondert versichert werden! Auch bei versicherten Risiken kann der Einrichtung ein Schaden entstehen (z.b. beitragsseitige Höherstufung, Verlust von Schadensfreirabatt). Rechtsgrundlage für Regress: schuldhafte Verletzung der Pflichten aus Arbeitsvertrag 276,280 BGB Höhe des Regresses: bei Vorsatz / grober Fahrlässigkeit: grundsätzlich unbegrenzt bei Fahrlässigkeit: bis zu 3 Bruttomonatsgehältern 7
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