L M B LANGE* MÜLLER* BUCHBERGER Rechtsanwälte und Notare* N E W S L E T T E R Informationen zum Erbrecht Ausgabe 01/2006 - Oktober 2006 Seite 1 Notfallplan für den Unternehmer & Schenkung an Kinder ohne Reue In Vorbereitung auf unser Ehevertrags- und Erbrechtsseminar möchten wir uns in unserem ersten Report des Jahres 2006 einem Szenario zuwenden, welches hoffentlich nicht eintritt, mit dem jedoch zu rechnen ist: Der/die Geschäftsführer/in bzw. Unternehmensleiter/in fällt plötzlich wegen Krankheit, Unfall oder Tod aus. Der Firma droht das Chaos. Nur selten haben Unternehmer geregelt, wie es dann mit ihrer Firma und Familie weitergeht. Die Familie hat neben dem persönlichen Verlust und die damit verbundenen Probleme auch noch ein ganz erhebliches betriebliches Problem. Dies muss nicht sein! Regeln Sie die Unternehmensnachfolge Legen Sie mit der Familie fest, wer im Notfall die Firma übergangsweise führt. Hilfreich ist ein Beirat aus fachkundigen Personen, die die Firma kennen oder die entsprechend eingeführt werden. Dieses Gremium kann die Firma beraten. Bis zum Eintritt des Notfalls kann dieser Beirat erst einmal als beratendes Gremium gelegentlich beigezogen werden. Bestellen Sie vorsorglich einen Betreuer Für den Fall, dass Sie geschäfts- oder handlungsunfähig werden, wird die Betreuung durch das Vormundschaftsgericht angeordnet. Ein amtlich bestellter Betreuer entscheidet dann mit. Dies können Sie durch eine Vorsorgevollmacht vermeiden, indem Sie eine Vertrauensperson als Betreuer bestimmen. Verfassen Sie Ihren letzten Willen, vermeiden Sie Streitigkeiten In einer Erbengemeinschaft kommt es leicht zu Streitigkeiten, wenn keine verbindlichen Anordnungen vorliegen. Erben können sich gegenseitig blockieren. Erben können ihr Erbteil verkaufen. Minimieren Sie dieses Risiko durch Vermächtnisse, Teilungsanordnungen etc. Stimmen Sie Ihr Testament und Gesellschaftsvertrag ab Es können ganz erhebliche steuerliche Nachteile entstehen, wenn dies nicht geschieht. Denken Sie an Ihren Ehegatten Der Ehepartner kann durch Nießbrauch am Gesellschaftsanteil abgesichert werden, wenn dies im Gesellschaftsvertrag vorgesehen ist. Der Partner kann unabhängig vom Unternehmen und von Konjunkturschwankungen versorgt werden durch eine lebenslange Rente, Aktien, Wertpapier-Depot, Lebensversicherung etc.
Ausgabe 01/2006 - Oktober 2006 Seite 2 Vermeiden Sie unnötige Erbschaftssteuern Die potenzielle Erbschaftssteuer sollte berechnet und überprüft werden, wo Einsparungspotenziale liegen. Freibeträge können durch vorzeitige Übertragung von Teilen des Geschäftsanteils ausgenutzt werden. Passen Sie den Notfallplan den veränderten Bedingungen an Bei Veränderungen in der Firma und Familie sollten Sie den Notfallplan aktualisieren, eine regelmäßige Überprüfung ist sinnvoll. Legen Sie einen Notfallordner an und sagen Sie Ihren Angehörigen, wo die wichtigsten Unterlagen zu finden sind. Auf diesem Weg sind Ihre Firma und Familie für den Notfall vorgesorgt und Sie können Ihre Pläne und Wünsche vernünftig auf den Weg bringen. A Propos Notfallplan Lesen Sie einen Artikel aus der SZ vom 03.02.2004 über eine gescheiterte Unternehmensnachfolge, die erhebliche negative Konsequenzen steuerlicher und finanzieller Art nach sich ziehen dürfte, weil gerade kein Notfallplan in der Schublade lag.
Ausgabe 01/2006 - Oktober 2006 Seite 3 Erbrecht allgemein: Berliner Testament und Erbschaftssteuer Der erbschaftssteuerliche Nachteil des Berliner Testamtentes (BT) kann ganz erheblich sein. Im Rahmen des BT setzen sich die Eheleute gegenseitig zu Alleinerben ein, also der erstversterbende den überlebenden Ehepartner zum alleinigen und unbeschränkten Erben. Wenn der überlebende Ehegatte wie häufig den Nachlass des Erstversterbenden im Wesentlichen erhält und weitervererbt auf die Kinder, wird der Nachlass zweimal besteuert. Einmal auf den Tod des erstversterbenden Ehegatten vom überlebenden Ehegatten, zum zweiten Mal auf den Tod des letztversterbenden Ehegatten von den Schlusserben, regelmäßig die Kinder. Problem: Der Kinderfreibetrag (pro Kind 206.000,00 EUR / pro Enkel 51.200,00 EUR) wird nach dem Tod des Erstversterbenden nicht ausgenutzt. Hier bietet sich die Vermächtnislösung an, um ganz erhebliche Steuern zu sparen. Wohnung mit Auflage an Kinder schenken / vererben Die Tochter soll schon zu ihren Lebzeiten eine Eigentumswohnung erhalten, um Erbschaftssteuer zu sparen. Wie kann ich mich absichern, dass die Eigentumswohnung nicht ohne meine Zustimmung belastet oder in die Scheidungsmasse meiner Tochter fällt oder evtl. sogar in die Insolvenzmasse? Rechtzeitige Übertragung von Vermögensgegenständen auf Kinder sind bekanntermaßen mit Risiken belastet. Diese Risiken können nahezu durch fachmännische Regelung vollständig ausgeschlossen werden. Übertragen Sie zum Beispiel eine Eigentumswohnung oder Haus - wie im vorliegenden Fall geschildert - auf die Tochter, kann zu Ihrer Sicherheit vorgesorgt werden, so dass Sie im Fall der Fälle einen Anspruch auf unentgeltliche Rückübertragung der Eigentumswohnungen haben. Was muß ich tun? Vereinbaren Sie ein lebenslanges unentgeltliches Nießbrauchrecht Das unentgeltliche Nießbrauchrecht soll auch zu Gunsten Ihres Ehepartners eingeräumt werden, so dass es bis zum Tod des überlebenden Ehegatten wirksam ist. Die Belastung des Grundstücks und auch der Verkauf bedarf Ihrer Zustimmung! Im Falle der Insolvenz oder Scheidung Ihres Kindes wird ein unentgeltliches Rückübertragungsrecht vereinbart. Mit der Rückübertragung wird verhindert, dass durch Zugewinnausgleichsansprüche des geschiedenen Ehepartners oder durch Gläubiger ein Zugriff auf die Immobilie erfolgt. Setzen Sie ggf. Ihre Enkel als Nacherben ein. Der Vorerbe, Ihr Sohn oder Tochter, nutzt die Immobilie bis zum Tod, dann erbt Ihr Enkel diese direkt. Nach dem Steuerrecht gilt der Nacherbe, Ihr Enkel, als Erbe des Vorerben Ihrer Tochter. Die Folge ist, dass der Erbe grundsätzlich zweimal versteuern muß. Es gibt bei der Übertragung von Eltern auf Kinder jeweils hohe Freibeträge. Der Vorerbe darf die Wohnung zwar nutzen, muss aber die Substanz für den Nacherben erhalten. Deshalb ist der Vorerbe auch nur mit Zustimmung des Nacherben befugt, Verfügungen über den Nachlass zu treffen, also die Eigentumswohnung zu verkaufen oder zu beleihen.
Ausgabe 01/2006 - Oktober 2006 Seite 4 Beachten Sie diese Punkte und werden diese auch grundbuchlich abgesichert, verbleibt das Vermögen in Ihrer Familie und ist vor den größten Risiken geschützt. Behindertentestament Wie kann ich dafür sorgen, dass mein behindertes Kind lebenslang regelmäßig aus dem Nachlass alimentiert wird, ohne dass der Nachlass dem Versorgungsträger an Heim fällt? Testament bei überschuldeten Abkömmlingen Vermeidung von Gläubigerzugriff auf Familienvermögen. Vermögen im Ausland Wie kann ich die Rechtsverhältnisse gestalten bei Vermögen im Ausland und welches Erbrecht kommt zur Anwendung? Das ausländische oder das deutsche Recht? Pflichtteil Strafklausel Voreiligen Kindern, die nicht abwarten können, nach Versterben des ersten Elternteils ihren Pflichtteil zu verlangen, kann über die Pflichtteilstrafklausel der Spaß an dem voreiligen Zugriff verdorben werden. Gemeinschaftliches Testament Welche Bindung entfaltet das gemeinschaftliche Testament nach Scheidung der Ehe, was muß nach Ehescheidung unternommen werden? Wir wissen die Antworten Zu guter Letzt: Vererben und Finanzamt Nach Angaben des deutschen Instituts für Altersvorsorge erben allein in diesem Jahrzehnt rund 15 Millionen Hauhalte Vermögenswerte im Gesamtwert von 2 Billionen EUR. Damit wechselt fast ein Viertel des gesamten Privatvermögens von über 9 Billionen EUR den Besitzer. Der Fiskus erfreut sich an der Erbschaftswelle. Zuletzt spült die Erbschaftswelle dem Staat rund 3 Milliarden EUR an Erbschaftssteuern in die Kassen. Nach Aussage der Gesellschaft für Erbrechtskunde e. V. gehen die Bundesbürger mit ihrem zu vererbenden Vermögen relativ leichtsinnig um. Der größte Fehler sei, den Erbfall abzuwarten.
Ausgabe 01/2006 - Oktober 2006 Seite 5 Vaterschaftsanfechtungsklage aufgrund eines heimlichen Gutachtens Nach einer Entscheidung des OLG Celle ist ein vom Vater heimlich eingeholter DNA-Vaterschaftsnachweis, nachdem er von der Vaterschaft zur Mutter ausgeschlossen ist, nicht verwertbar, weil die einem von ihm benutzten Kaugummi anhaftende Speichelprobe ohne Zustimmung der allein sorgeberechtigten Mutter untersucht worden sei und deshalb das Untersuchungsergebnis wegen Verstoßes gegen das Recht der Mutter auf informationelle Selbstbestimmung sowie gegen Bestimmungen des Bundesdatenschutzgesetzes nicht verwertbar ist. Das Ergebnis des heimlich eingeholten DNA-Vaterschaftsnachweises ist auch prozessual deswegen nicht zu verwerten, weil das genetische Material der Mutter in rechtswidriger Weise erlangt worden ist. Bundesverfassungsgerichtsentscheidung aus Dezember 2003 / BGH v. 11.02.2004 Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu notariellen Eheverträgen, in denen ein Unterhaltsverzicht nach Scheidung der Ehe zu Lasten der Ehefrau vereinbart wurde und nach Abschluss des Vertrages ein gemeinsames Kind geboren wird, sind möglicherweise ganz oder teilweise nichtig. Der BGH hat nunmehr aufgrund des BVerfG-Urteils am 11.02.2004 entschieden. Es bleibt viel zu tun! L M B Oktober 2006