Konzeptvorschlag zur Umsetzung des Kombilohns NRW in Bochum Der Kombilohn NRW soll es Menschen ermöglichen, ihre Existenz über Arbeit zu sichern, obwohl das erzielbare Einkommen dies allein nicht möglich macht. Der Kombilohn ist eine Kombination von Erwerbseinkommen und staatlichen Transferleistungen. Bei der Schaffung und Besetzung von Kombilohn-Arbeitsplätzen ist auch zu berücksichtigen, dass Arbeitsplätze in Tätigkeitsfeldern generiert werden, in denen noch kein messbares und flächendeckendes Angebot besteht. Die Verdrängung von bestehenden Arbeitsplätzen soll vermieden werden. Der Kombilohn ist beschränkt auf den Niedriglohnsektor. Gefördert werden zusätzlich geschaffene sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse zu tariflichen oder ortsüblichen Löhnen. Der Erfolg des Kombilohn NRW bemisst sich nicht an der Anzahl der Vermittlungen auf normale Arbeitsplätze, sondern an der Zahl der neu geschaffenen Arbeitsplätze. Kombilohn NRW sieht sowohl eine Arbeitgeber-Förderung in Form eines Zuschusses in Höhe des Arbeitgeberanteils zur Sozialversicherung von ca. 21 % des AN-Bruttos (Förderung nach 16.3 SGB II, AGH-Entgeltvariante), im Einzelfall einen ergänzenden Zuschuss nach 16 Abs. 2 Satz 1 SGB II als auch eine Arbeitnehmer- Förderung durch Einstiegsgeld nach 29 SGB II vor. Die Geschäftsführung der ARGE Bochum möchte sich nach Beschluß der Trägerversammlung mit 50 Plätzen am Kombilohn NRW beteiligen und schlägt folgendes Konzept zur Umsetzung vor: Konzentration auf folgende Tätigkeitsfelder 1. Haushaltsnahe Dienstleistungen (z. B. Glühbirnen austauschen, Gardinen aufhängen, etc.) für ältere Menschen, die krank und bedürftig sind aber noch nicht die Voraussetzungen der Pflegestufe I erfüllen. Nicht- bzw. Gering- Bedürftige sollen diese Dienstleistungen ebenfalls nutzen, d.h. einkaufen können. Als ein weiteres Tätigkeitsfeld kommt die Unterstützung der hauswirtschaftlichen Fachkraft in Kindertageseinrichtungen und Kindergärten in Frage. In diesem Bereich sieht die ARGE Bochum nach ersten Sondierungsgesprächen mit Trägern eine mögliche Kapazität von ca. 45-60 zusätzlichen Arbeitsplätzen. 2. Ehemalige Zivildienststellen Im April 2006 waren in Bochum von 1020 Zivildienstplätzen in 148 Einrichtungen lediglich 336 besetzt. Die ARGE hat eine Liste über offene Stellen, Tätigkeitsfelder und Träger erstellt. 1
Im Wesentlichen sind die Zivildienststellen angesiedelt in Feldern der sozialen Fürsorge, wie z.b. Fahrdiensten, Pflegehilfen, Betreuungsdiensten und Versorgungstätigkeiten, aber auch im handwerklichen Bereich oder im Hausmeisterhelferbereich. Diese Stellen sind vom Amt für Zivildienst bereits als zusätzlich anerkannt. Ein Verdrängungswettbewerb ist daher nicht zu erwarten. Die ARGE möchte diese Zivildienstplätze nicht nur mit Jugendlichen besetzen, sondern auch für Ältere öffnen. Diese beiden erstgenannten Tätigkeitsfelder (haushaltsnahe Dienstleistungen und offene Zivildienststellen) sind nach Einschätzung der ARGE die Schwerpunktfelder zur Einrichtung von Kombilohn-Arbeitsplätze dar. Weitere denkbare Felder sind unter den folgenden Punkten 3. und 4. genannt: 3. Fair-Kaufhäuser Fair-Kaufhäuser dienen dem Zweck, einkommensschwache Haushalte mit Non-food-Gütern zu versorgen. Denkbare Bedarfe dieser Einrichtungen im Bereich von Kombi-Lohn-Arbeitsplätzen könnten sein: Akquirierung von Spenden im privaten und gewerblichen Bereich Abholung, Sortierung und Aufbereitung von Möbeln, Hausrat, Textilien Verkauf an einkommensschwache Haushalte in entsprechenden Räumlichkeiten/Ladenlokalen 4. Dienstleistungen in Kooperation mit Wohnungsbauunternehmen Perspektivisch könnten Wohnungsbauunternehmen gesondert angesprochen werden, um deren Interesse, Bedarf und Bereitschaft an der Umsetzung des Kombi-Lohns zu erheben. Denkbare Tätigkeitsfelder sind die Beaufsichtigung und Pflege von Spielplätzen der Wohnungsgesellschaften, Kinder- und Familienbetreuung sowie die soziale Betreuung im Wohnumfeld. Auch die Begleitung von Seniorinnen und Senioren ist vorstellbar. Dieses Segment wird z. Zt. bereits teilweise durch Arbeitsgelegenheiten abgedeckt. Zudem richtet sich das Fortbildungsangebot (Seniorenbegleitung, Altenpflegehelfer/innen) im Hinblick auf den steigenden Bedarf an diesen Dienstleistungen für alte Menschen immer stärker auf eben diese Tätigkeiten. Demnach wäre insbesondere im Bereich der Altenfürsorge hier ein weiterer Abstimmungsprozess von Bedarfen und Instrumenten erforderlich. Zudem wäre eine enge Kooperation mit der Stadt Bochum notwendig, da die sozialräumliche Betrachtung und die Entwicklung von Maßnahmen zur Gestaltung des Sozialraumes Wohnumfeld kommunale Aufgabe ist (z.b. Entgegenwirkung von möglichen Gettoisierungstendenzen). 2
5. Integrationsunternehmen Zur Schaffung zusätzlicher Arbeitsplätzen für behinderte (auch psychisch behinderte) Menschen bieten sich die Integrationsunternehmen an. Derzeit gibt es in Bochum zwei Integrationsunternehmen (AllerHand ggmbh und die Matthias-Claudius-Schule im Bereich der Schulkantine). Mit einem noch zu entwickelnden Brief werden die potentiellen Träger von Kombilohn-Arbeitsplätzen von der ARGE angeschrieben. Ferner behält sich die ARGE vor, ein Arbeitsmarktgespräch zum Kombilohn NRW mit den Trägern zu veranstalten. Dies ist u.a. abhängig vom Verlauf der weiteren Trägergespräche. Der Bewilligungsbescheid zum Kombi-Lohn wird eine Klausel zur Wettbewerbsverzerrung enthalten, damit sichergestellt ist, dass keine regulären Arbeitsplätze verdrängt werden. Perspektivisch ist auch denkbar, mit einem weiteren Kombilohn-Modell auf klein- und mittelständische Unternehmer zuzugehen, in dem ausschließlich eine Arbeitgeberförderung vorgesehen ist. Ein vergleichbares Modell wird zur Zeit z.b. in Hamburg praktiziert. Zielgruppen Zielgruppen sind Bewerber/innen mit Vermittlungshemmnissen, die sich getrennt nach U25 und Ü25 wie folgt darstellen: Unter 25-jährige Bewerber/innen sind mindestens 6 Monate arbeitslos oder ihnen fehlt eine Berufsausbildung. Jugendliche mit abgeschlossener Berufsausbildung sollten direkt in den 1. Arbeitsmarkt vermittelt oder durch Maßnahmen der Weiterbildung qualifiziert werden. Über 25-jährige Bewerber/innen müssen mindestens 12 Monate arbeitslos sein und dürfen über keinen bzw. einen arbeitsmarktlich nicht mehr verwertbarer Berufsabschluss verfügen. Das Programm richtet sich insbesondere auch an Bewerber/innen, die älter sind als 50 Jahre sowie Bewerber/innen mit Behinderung. Besetzung der Stellen U25 und der Reha/SB-Bereich erhalten ein Erstvorschlagsrecht in der ersten Woche, danach sind die Stellen für alle anderen Zielgruppen freigegeben. 3
Förderung an Arbeitgeber Zuschuss i. H. d. Arbeitgeberanteils zur Sozialversicherung (ca. 21 % des AN-Bruttos) nach 16 Abs. 3 / AGH in der Entgeltvariante SGB II Die Förderung des Kombi-Lohn-Arbeitsplatzes wird dem Grunde nach für 2 Jahre gewährt. Unabhängig davon kann der Arbeitgeber den individuellen Arbeitsvertrag für eine kürzere Laufzeit abschließen, mindestens jedoch für 9 Monate. Sollte das Arbeitsverhältnis nicht fortgesetzt werden, sondern mit einem neuen Arbeitnehmer besetzt werden, so kann die Förderung nur für die Restlaufzeit in Anspruch genommen werden. Eine Förderung erfolgt nur für besetzte Stellen. ergänzender Zuschuss nach 16 Abs. 2 Satz 1 SGB II (Sonstige weitere Leistung) Der Zuschuss an den Arbeitgeber wird gewährt für den besonderen betreuerischen Aufwand, der über das übliche Maß einer betrieblichen Einarbeitung hinausgeht. Anders als der Eingliederungszuschuss, der lediglich die Produktivitätsnachteile ausgleichen soll, die durch die berufsfachlichen Defizite des Arbeitnehmers entstehen, setzt der Zuschuss nach 16 Abs. 2 Satz 1 auch an weiteren in der Person des Arbeitnehmers liegenden nicht berufsfachlichen Defiziten an. Eine zusätzliche Unterstützung des Arbeitgebers kann erforderlich sein bei der Einbindung in betriebliche Strukturen (z.b. Verhalten im Team, Stärkung bzw. Erwerb sozialer Kompetenzen). Die Gewährung des ergänzenden Zuschusses begründet sich in den Wettbewerbsnachteile des Kunden, die sich beispielsweise ergeben können aus: - gesundheitlichen Einschränkungen mit Auswirkungen auf die Vermittlung - Vorstrafen - unzureichende Sprachkenntnisse - Lebensalter über 50 Jahre - Behinderung Die Höhe des Zuschusses beträgt 30 % des AG-Bruttolohnes und wird gewährt für die Dauer des Arbeitsverhältnisses, maximal für 2 Jahre. Eine gleich bleibende Zuschusshöhe würde eine Abweichung vom Kombi-Lohn- Modell NRW bedeuten, welches eine degressive Staffelung des Zuschusses vorsieht. Dennoch spricht sich die ARGE im Hinblick die Schaffung möglichst attraktiver Rahmenbedingungen für Arbeitgeber für eine gleich bleibende Zuschusshöhe in den ersten beiden Jahren aus. Dies wird unterstützt durch das 4
Ergebnis der ersten Sondierungsgespräche mit Trägern, in denen deutlich wurde, dass der Kombi-Lohn - gerade im Bereich der nicht besetzten Zivildienststellen als nicht ausreichend attraktiv betrachtet wurde. Förderung an Arbeitnehmer Alleinstehende: Zuschuss i. H. v. 50 % der Regelleistung für den ehb, z.zt. 172,50 EUR mtl. Alle anderen: Zuschuss i.h.v. 50 % der Regelleistung für den ehb zzgl. 10 % dieser Regelleistung für jedes weitere Mitglied der Bedarfsgemeinschaft, z.zt. 172,50 EUR mtl. für den Beschäftigten zzgl. 34,50 EUR je weiterem Familienmitglied, aber max. in Höhe des Arbeitnehmeranteils zur Sozialversicherung (ca. 21 % des AN-Bruttos) für die Dauer der Beschäftigung im Kombi-Lohn-Programm, maximal für die Dauer von 2 Jahren. Es erfolgt keine degressive Ausgestaltung des Einstiegsgeldes im Rahmen des Kombi-Lohn-Programmes, um den Motivationsanreiz beim Kunden zu erhalten. Zudem ist nicht zu erwarten, dass seitens des Arbeitgebers der Minderanreiz durch Lohnerhöhung im zweiten Jahr ausgeglichen wird. Daneben kann je nach Zusammensetzung der Bedarfsgemeinschaft ein ergänzender Anspruch auf AlG II bestehen. Bereits jetzt gibt es diese Kundinnen und Kunden, die als Arbeitnehmer/-innen Leistungen nach dem SGB II als sog. Aufstockung erhalten. 5