INSTRUMENTE DES DIENSTLEISTUNGSMARKETINGS UND DEREN IMPLEMENTIERUNG Doc. Ing. Juraj Vaculík, PhD., University of Zilina, Dipl. Kfm. (FH) Fabian Bachmann, Rating Analyst (RaFin), PhD. Student at the University of Zilina 1. Grundgedanke Die Besonderheiten der Dienstleistungen führen dazu, dass zum Teil statt der aus dem klassischen Konsumgütermarketing stammenden vier Marketinginstrumente (sog. 4 Ps) sieben Instrumente (7 Ps) aufgeführt werden. Da die zusätzlichen Instrumente aber unter die vier klassischen Mixelemente subsumierbar sind, soll hierauf nicht weiter eingegangen werden. 1 Vielmehr beziehen sich die nun folgenden Ausführungen zum Marketingmix auf die Produkt-, Kommunikations-, Preis- und Distributionspolitik. 2 4 P s im klassischen Konsumgütermarketing Product Price Product Process Management Price Place Place Physical Facilities Promotion Promotion Personnel Abb. 1: Die 4 P s und die 7 P s im Dienstleistungsmarketing 3 1 Vgl. Meffert 1998, S. 1079 f., sowie Meyer/ Blümelhuber 1994, S. 13. 2 Vgl. Huissel 2001, S. 56 ff. 3 Quelle: Ramme 2002, S. 18. 1
2. Instrumente des Dienstleistungsmarketing 2.1 Produktpolitik Eine Besonderheit bei Dienstleistungen ist die Bereitstellung der Potentiale zur Erbringung der Leistung (Prozessmanagement). Dies impliziert eine genaue quantitative und qualitative Kapazitätsplanung. Ferner muss sich ein Dienstleistungsanbieter über Standardisierungsmöglichkeiten Gedanken machen. 4 Diese beziehen sich auf die Standardisierung von Potentialen, Prozessen und Ergebnissen. Bei der Standardisierung stehen hier jedoch weniger die Kostenvorteile im Vordergrund als vielmehr die Wahrnehmung des Kunden. Ein standardisiertes Angebot vermag Unsicherheiten zu reduzieren. 5 Gleiches gilt für die Markenpolitik. Das einheitliche Erscheinungsbild und die einheitliche Produktpalette von Burger King- oder Mc Donalds-Restaurants etwa, vermitteln dem Kunden das Gefühl, eine Dienstleistung auf einem bekannten Niveau zu erhalten. Allein das Wiedererkennen einer vertrauten Atmosphäre stärkt das Vertrauen in den Anbieter und erhöht so den Anteil an Prüfeigenschaften. 6 Auch die Produktdifferenzierung spielt bei Dienstleistungen eine beachtliche Rolle. Zum einen werden viele Dienstleistungen auf den Kunden individuell zugeschnitten. Zum anderen sind, bedingt durch die hohen Fixkosten (Aufrechterhaltung der Leistungsbereitschaft), die Grenzkosten für eine Produktdifferenzierung geringer als bei Sachgütern. 7 2.2 Kommunikationspolitik Bei Dienstleistungen dominiert der persönliche Verkauf, um die zumeist erklärungsbedürftige Leistung näher zu erläutern. Die klassische Werbung steht vor dem Problem der Immaterialität. Dienstleistungen fehlt jeglicher Want Appeal während Sachgüter schon allein durch das Zeigen ein Bedürfnis wecken können, muss bei der Dienstleistung ein Ersatz gefunden werden (Materialisierung durch Visualisierung). 8 So stellen Bausparkassen beispielsweise materielle Güter in ihrer Werbung dar, wie etwa das 4 Vgl. Corsten 1990, S. 123 ff. 5 Vgl. Meffert 1998, S. 1080. 6 Vgl. Ramme 2000, S. 109. 7 Vgl. Meffert 1998, S. 1081. 8 Vgl. Maleri 1997, S. 229. 2
Traumhaus für die Familie, um zum Abschluss eines Bausparvertrages zu motivieren. Weitere Möglichkeiten der Visualisierung sind z. B.: - Vorher/Nachher-Darstellungen - Darstellung der internen Produktionsfaktoren wie Mitarbeiter, Maschinen oder Räumlichkeiten - Testimonials von zufriedenen Kunden und Meinungsbildnern. 9 Bei Dienstleistungen ist das Ziel der Kommunikation oft Risikominderung durch Aufbau von Kompetenz und Image. 10 Das Risiko wird aufgrund fehlender Prüfeigenschaften, aber auch durch die fehlende Standardisierung als höher empfunden. Selbst ein Kunde, der eine Dienstleistung bereits mehrfach in Anspruch genommen hat, kann nicht sicher sein, beim nächsten Mal ein gleiches Ergebnis mit gleicher Qualität zu erhalten. 11 Um bestehende Unsicherheiten vor dem Kauf zu reduzieren, können Dienstleistungen markiert oder Leistungsversprechen kommuniziert werden. 12 Insofern zielt die Kommunikation im Dienstleistungsmarketing darauf ab, ein Image zu schaffen, das als Entscheidungskriterium für den Kunden dienen kann. 13 Im Falle der Markierung von Dienstleistungen besteht das Problem, dass eine direkte Markierung der angebotenen Dienstleistung wegen ihrer Immaterialität nicht möglich ist. Daher müssen ersatzweise interne und externe Kontaktsubjekte markiert werden. Dazu eigenen sich alle materiellen Produktionsfaktoren, mit denen der Kunde in Berührung kommt sowie das Kundenkontaktpersonal. 14 2.3 Preispolitik Den Preis für eine Dienstleistung im Vorhinein festzusetzen, ist nur möglich bei standardisierten Dienstleistungen. Oft sind die Kosten der Leistungserstellung abhängig vom externen Faktor, wie etwa beim Klavierunterricht. Hier empfiehlt sich eine Preisfestsetzung in Abhängigkeit von der zeitlichen Inanspruchnahme der Dienstleistung. Für den Kunden 9 Vgl. Meyer 1985, S. 101 f. 10 Vgl. Meffert 1998, S. 1083. 11 Vgl. Zeithaml 1981, S. 187 ff. 12 Vgl. Ramme 2000, S. 109. 13 Vgl. Weis 1997, S. 30, sowie Meyer 1985, S. 101. 14 Vgl. Maleri 1997, S. 239, sowie Meffert/ Bruhn 2000, S. 324. 3
bedeutet dies jedoch, dass er verspricht, eine Leistung abzunehmen, ohne den genauen Preis vorher zu kennen (z. B. bei Handwerkerdienstleistungen). 15 Das in der Praxis häufig eingesetzte Pricebundling (Preisbildung für ein komplettes Leistungsbündel) hat zur Folge, dass die Markttransparenz sinkt. 16 Was für den Anbieter von Vorteil sein mag (erschwerter Preiswettbewerb), wirkt sich gegebenenfalls zum Nachteil des Kunden aus. Aufgrund der komplexeren Qualitätsbeurteilung bei Dienstleistungen wird der Preis oft als Surrogat für Qualität gesehen. 17 Dies führt zum Preis-Qualitäts-Effekt (nur was teuer ist, kann auch gut sein). 18 Eine herausragende Bedeutung erhält die Preisdifferenzierung zur Steuerung von Kapazitäten. 19 Die fehlende Möglichkeit der Lagerung und des Transports von Dienstleistungen impliziert, dass eine Dienstleistung zu einem Zeitpunkt, an einem bestimmten Ort und an einem Kunden bzw. einem Objekt erbracht werden muss. Kommt es hier zu Diskrepanzen, verliert eine Dienstleistung im Extremfall ihren kompletten Wert. So ist im Fall einer Flugreise ein nichtbesetzter Sitzplatz für die Fluggesellschaft wertlos. Für den zu spät gekommenen Passagier ist die Reise an einem anderen Tag oder zu einem anderen Ziel wertlos. Der Dienstleister muss daher die Nachfrage nach seinem Angebot genau prognostizieren. Eine Orientierung an der Spitzenlast führt jedoch bei niedrigerer Nachfrage zu einer zu geringen Auslastung von vorbehaltenen Kapazitäten. Ein zu niedriges Angebot trägt zur Unzufriedenheit der Kunden bei. Über eine geschickte Preis-Differenzierungspolitik kann ein Dienstleister die Nachfrage an das bereitgestellte Angebot anpassen. Beispiele dafür sind niedrige Nebensaisonpreise im Hotelgewerbe, Happy hour in Bars oder Kino- Sonderpreise zu Wochenbeginn. 20 2.4 Distributionspolitik Die Nichttransportier- und Nichtlagerfähigkeit hat auch einen Einfluss auf die Distributionspolitik von Dienstleistungen. Anbieter und Nachfrager müssen 15 Vgl. Meffert 1998, S. 1083. 16 Vgl. Meffert 1998, S. 1084. 17 Vgl. Meffert 1998, S. 1084. 18 Vgl. Ramme 2000, S. 148. 19 Vgl. Meffert 1998, S. 1084. 20 Vgl. Ramme 2000, S. 109, Klophaus 1998, S. 146 ff., Meffert 1998, S. 1084. 4
zusammenkommen, damit die Dienstleistung am Kunden oder an seinem Objekt vollbracht werden kann (Sicherstellung der Potentialkapazität). 21 Dies geschieht durch Stützpunkte (Filialen einer Restaurantkette oder einer Bank, Bahnhöfe, Taxistände, Arztpraxen), Aufsuchen des Nachfragers (Essen auf Rädern, Versicherungsberatung, Unternehmensberatung, Wartung einer Klimaanlage) oder durch Zwischenschaltung von Medien (Rechtsberatung am Telefon, Versand eines zu reparierenden Gerätes per Post, Fernwartung von EDV-Anlagen über Modem). Zum Teil werden die Möglichkeiten durch das angebotene Produkt begrenzt (Essen auf Rädern), zum Teil ist es von Präferenzen des Nachfragers abhängig (Besuch des Versicherungsvertreters zuhause). 22 Steuerungsmöglichkeiten sind außerdem Wartezeitenregelung und Reservierungssysteme. treffen. 23 Ferner sind Entscheidungen über die Absatzwege und die Zahl der Zwischenstufen zu 3. Implementierung des Dienstleistungsmarketing Bei der Implementierung des Dienstleistungsmarketing darf das interne Marketing nicht vergessen werden, da die Mitarbeiter die Schnittstelle zum Kunden sind. 24 Das interne Marketing bezieht sich auf Maßnahmen im Unternehmen, um die Mitarbeiter zu motivieren. Denn diese sind ein entscheidender Bestandteil der Wertschöpfungskette. Wie aus Abbildung 2 hervorgeht, wird die Beziehung zwischen Kunden-Kontaktpersonal und Kunde mit interaktivem Marketing unterstützt. Das Marketing des Dienstleistungsunternehmens zum Kunden hin wird mit externem Marketing bezeichnet. 25 21 Vgl. Meffert 1998, S. 1085. 22 Vgl. Ramme 2000, S. 109. 23 Vgl. Meffert 1998, S. 1085. 24 Vgl. Meffert 1998, S. 1086 f. 25 Vgl. Armstrong/ Kotler 2000, S. 247, sowie Meyer/ Blümelhuber 1994, S. 14. 5
Dienstleistungsanbieter internes Marketing externes Marketing Abb. 2: Internes, externes und interaktives Marketing interne Kontaktfaktoren interaktives Marketing externe Kontaktfaktoren Abb. 2: Internes, externes und interaktives Marketing 26 Das Management von Dienstleistungen bezieht sich auf Profilierung durch die Dienstleistung an sich und durch differenzierte Dienstleistungsangebote, auf die Qualität der erbrachten Dienstleistung (Servicequalität) 27 und auf die Produktivität bei der Leistungserstellung. 28 4. Fazit und Ausblick Die Definitionen von Dienstleistungen sind vielfältig. Eine Gemeinsamkeit haben jedoch alle: Dienstleistungen sind keine Sachgüter. 29 Wie gezeigt werden konnte, unterscheiden sich sowohl die Produktion als auch der Absatz von Dienstleistungen im Vergleich zu Sachleistungen. Sehr wichtig sind die konstitutiven Merkmale einer Dienstleistung, da diese entscheidenden Einfluss auf das Management haben. 26 Quelle: Ramme 2002, S. 21. 27 Vgl. Kuhnert/ Ramme 1998, S. 25 ff. 28 Vgl. Armstrong/ Kotler 2000, S. 250 ff. 29 Vgl. Hentschel 1992, S. 25 ff. 6
Unter volkswirtschaftlichen Aspekten sind Dienstleistungen von herausragender Bedeutung: Ihr Anteil an der Bruttowertschöpfung ist in der Gegenwart bereits hoch. Von einem weiteren Anstieg ist auszugehen. Viele Herausforderungen werden sich in Zukunft für das Marketing von Dienstleistungen ergeben. Insgesamt sind für ein Dienstleistungsunternehmen die in Abbildung 3 dargestellten Chancen und Risiken für die zukünftige Entwicklung zu bedenken. 30 + Chancen - Risiken Veränderungen im Konsumentenverhalten Steigende Bedeutung von Zusatzleistungen (Value-Added-Services) sowohl für produzierende Unternehmen als auch für institutionelle Dienstleister Erhöhtes Servicebewusstsein, Inanspruchnahme von Dienstleistungen zur Gewinnung von Freizeit Trend zum Konsum qualitativ hochwertiger Dienstleistungen Intensivere Nutzung von Unterhaltungsdienstleistungen angesichts der zunehmenden Freizeit Zunehmender internationaler Servicewettbewerb Sinkende Loyalität gegenüber Dienstleistungsanbietern Zusammenwachsen von Dienstleistungsmärkten Gefahr der Dienstleistungssubstitution durch DIY-Konsum Zunehmende Konkurrenz für institutionelle Dienstleister durch Angebote der Konsumund Investitionsgüterindustrie (Differenzierung durch VAS) Gesetzliche Regelungen Einsatzmöglichkeiten neuer Ausweitung von staatlichen/ öffentlichen Abb. 3: Chancen und Risiken für Dienstleistungsunternehmen 31 Von der Nutzung der Chancen und Vermeidung der Risiken wird der Erfolg eines Dienstleistungsunternehmens abhängen. 30 Vgl. Meffert/ Bruhn 2000, S. 128 f., sowie Huissel 2001, S. 54 f. 31 Quelle: Ramme 2002, S. 22. 7
Referenzen: [1] Armstrong, G./ Kotler, P.: Marketing. An Introduction. Upper Saddle River, 5. Auflage, New Jersey 2000. [2] Corsten, H.: Betriebswirtschaftslehre der Dienstleistungsunternehmen: Einführung, 2. Auflage, München/ Wien 1990. [3] Hentschel, B.: Dienstleistungsqualität aus Kundensicht: vom merkmals- zum ereignisorientierten Ansatz, Wiesbaden 1992. [4] Huissel, M.: Die Kurs Werkstatt der Festool Eine Dienstleistung zur Gewinnung und Bindung von privaten Kunden, Diplomarbeit an der FH Nürtingen, März 2001. [5] Klophaus, R.: Revenue Management, in: Absatzwirtschaft, Sondernummer 10/ 1998, S. 146 155. [6] Kuhnert, B./ Ramme, I.: So managen Sie Ihre Servicequalität, Frankfurt/ M. 1998. [7] Maleri, R.: Grundlagen der Dienstleistungsproduktion, 4. Auflage, Berlin/ Heidelberg 1997. [8] Meffert, H.: Marketing, 8. Auflage, Wiesbaden 1998. [9] Meffert, H./ Bruhn, M.: Dienstleistungsmarketing, Grundlagen Konzepte Methoden, 3. Auflage, Wiesbaden 2000. [10] Meyer, A.: Produktdifferenzierungen durch Dienstleistungen, in: Marketing ZFP Heft 2/ 1985, S. 99 107. [11] Meyer, A./ Blümelhuber, C.: Interdependenzen zwischen Produktion und Absatz, in: Corsten, H. (Hrsg.): Dienstleistungsproduktion, SzU, Band 52, Wiesbaden 1994, S. 5 41. [12] Ramme, I.: Darstellung und Bedeutung von Dienstleistungen, in: Betriebswirtschaft der Dienstleistungen, 1. Auflage, Herne/ Berlin 2003, S. 3 22. [13] Ramme, I.: Marketing: Einführung mit Fallbeispielen, Aufgaben und Lösungen, Stuttgart 2000. [14] Weis, H. C.: Marketing, 10. Auflage, Ludwigshafen 1997. [15] Zeithaml, Valerie/ Parasuraman, A./ Berry, Leonard, L.: Qualitätsservice, Frankfurt/ M. 1992. Lektoroval: Prof. Ing. Jana Štofková, PhD., Žilinská Univerzita, Žilina Zadané na uverejnenie: 27. mája 2008 8