Veränderte Rahmenbedingungen im Gesundheitswesen Der Verband der Ersatzkassen



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gpk SONDERAUSGABE GESELLSCHAFTSPOLITISCHE KOMMENTARE Nr. 1/09 April 2009 Seite 24 Neue Perspektiven Veränderte Rahmenbedingungen im Gesundheitswesen Der Verband der Ersatzkassen Von Thomas Ballast, Vorstandsvorsitzender des Verbandes der Ersatzkassen (vdek) Einige Organisationsreformen (vor allem das Gesundheitsstrukturgesetz von 1993) haben dazu beigetragen, dass sich die Kassenlandschaft insbesondere in den letzten 20 Jahren erheblich verändert hat. Gab es 1994 noch über 1.152 Einzelkassen, hat sich ihre Zahl heute auf etwa 200 bundesweit bzw. regional tätige Kassen reduziert. Auch bei den Ersatzkassen hat der Konzentrationsprozess schon lange vor dem GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz (GKV-WSG) begonnen, er fand aber bis Ende 2007 ausschließlich innerhalb des Ersatzkassenlagers statt. Dies hatte zur Folge, dass sich die Zahl der Mitgliedskassen vor allem beim Arbeiter- Ersatzkassen-Verband e.v. (AEV) deutlich reduziert hat und führte Ende des Jahres 2008 zur Auflösung des AEV, in dem zuletzt nur noch die Gmünder Ersatz- Kasse (GEK) Mitglied war. Der Verband der Angestellten-Krankenkassen (VdAK) wurde zum 1. Januar 2009 in den Verband der Ersatzkassen e.v. (vdek) umbenannt, in dem nun auch die GEK Mitglied wurde. Durch kassenartenübergreifende Fusionen der Handelskrankenkasse (hkk), der Techniker Krankenkasse (TK) und der Kaufmännischen Krankenkasse (KKH) mit Kassen aus dem IKK- und BKK-Lager, konnte der Mitgliederbestand deutlich ausgebaut werden. Heute vertritt der Verband acht Ersatzkassen. Gemeinsam bilden sie mit 18 Millionen Mitgliedern und 24,4 Millionen Versicherten die größte Kassenart innerhalb der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Dem Verband gehören alle Ersatzkassen in Deutschland an, das sind: Barmer Ersatzkasse, Techniker Krankenkasse, Deutsche Angestellten-Krankenkasse, KKH Allianz, Gmünder ErsatzKasse GEK, HEK Hanseatische Krankenkasse, Hamburg Münchener Krankenkasse, hkk. Der vdek vertritt als Krankenkassenverband auf Bundes- und Landesebene die Interessen der Ersatzkassen gegenüber der Politik, den Leistungserbringern und anderen Verbänden im Gesundheitswesen sowie der Öffentlichkeit. Die Rolle und Aufgaben des Verbandes haben sich insbesondere durch das GKV- WSG von 2007 verändert. Ein Rückblick auf die Geschichte des Verbandes zeigt, welche historischen Wurzeln der Verband hat und wie sich das neue Selbstverständnis des Verbandes aufgrund gesetzlicher Neuregelungen verändert hat. Zur Geschichte des Verbandes der Ersatzkassen Der Verband der Ersatzkassen e.v. kann auf eine lange Tradition zurückblicken. Bereits 1912 wurde der Verband Kaufmännischer Eingeschriebener Hilfskassen (Ersatzkassen) als Interessensverband gegründet, der später zum Verband der Angestellten-Krankenkassen e.v. (VdAK) unbenannt wurde. Der AEV Arbeiter-Ersatzkassenverband e.v. wurde 1939 als Verband freier Krankenkassen gegründet und hat seine Tradition in der Arbeiterschaft. Anders als z.b. die Verbände der Orts-, Betriebs- und Innungskrankenkassen waren die Verbände der Ersatzkassen zu keiner Zeit Körperschaften öffentlichen Rechts, sondern freiwillige Zusammenschlüsse der Ersatzkassen, die sich privatrechtlich (als eingetragene Vereine) organisiert hatten und mit klassischen Verbandsfunktionen, wie der Interessenvertretung und der gemeinsamen Organisation, der Versorgung beauftragt waren. Anders als die Kassen nach der Reichsversicherungsordnung (RVO-Kassen) hatten die Ersatzkassenverbände wie die überwiegende Zahl ihrer Mitgliedskassen auch eine bundesweite Ausrichtung. Die regionale Präsenz wurde durch Landes- und Ortsausschüsse (heute nur noch Landesausschüsse)

gpk SONDERAUSGABE GESELLSCHAFTSPOLITISCHE KOMMENTARE Nr. 1/09 April 2009 Seite 25 gewährleistet, in denen bis Anfang der 1990er Jahre ausschließlich Mitarbeiter der Mitgliedskassen mitwirkten. Eine weitere Besonderheit der Ersatzkassen und ihrer beiden Verbände war die Tatsache, dass die Ersatzkassen miteinander um Mitglieder konkurrierten. Anders als z.b. das AOK-System war die Ersatzkassengemeinschaft immer ein System aus Wettbewerbern, wobei dieser Wettbewerb seit Mitte der 1990er Jahre zugenommen hat. Die Wettbewerbsintensität hat von vorneherein dazu geführt, dass die Ersatzkassenverbände manche Aufgaben nie erhalten haben, die von anderen Verbänden auf der Bundesebene wahrgenommen wurden und zum Teil werden. Dazu gehört z. B. die Entwicklung und Umsetzung eines kassenartbezogenen corporate designs oder ein ausgebautes kassenartinternes Finanzcontrollingsystem. Die Ersatzkassen haben es verstanden, in all den Jahrzehnten der Kooperation in ihren Verbänden ein stabiles Gleichgewicht aus Konkurrenzdenken und rationalem Vertrauen zu entwickeln und zu erhalten. Ende der 1980er Jahre bis in die 1990er Jahre erfolgte eine rechtliche Annäherung der Ersatzkassen an die RVO-Kassen. Erstmals wurden dem VdAK/AEV auch körperschaftliche Aufgaben, wie die Abschlüsse von Verträgen mit Leistungserbringern oder Mitwirkung in den Bundesausschüssen, vom Gesetzgeber übertragen. Im Zuge der Regionalisierungsdiskussion der gesetzlichen Krankenversicherung in den 1990er- Jahren wurden darüber hinaus in allen Bundesländern VdAK-Landesvertretungen mit eigenen Verbandsmitarbeitern und enger Anbindung an die Verbandsgeschäftsstelle etabliert. Die Landesvertretungen haben neben den klassischen Verbandsfunktionen vor allem das Kollektivvertragsgeschäft auf Landesebene als körperschaftliche Aufgabe übernommen. Zentralistische Tendenzen ab Mitte der 1990er Jahre führten dazu, dass dem VdAK/AEV ebenso wie den anderen GKV-Spitzenverbänden immer mehr gesetzliche Aufgaben übertragen wurden, die im Rahmen des Federführungsprinzips sehr erfolgreich von den Verbänden wahrgenommen wurden (z. B. Definition des Leistungskatalogs im Rahmen des Gemeinsamen Bundesausschusses, Aufbau der Pflegeversicherung). Gleichzeitig wurden aber auch neue Zentral-Organisationen, wie der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA), die gematik, das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK) und das Institut des Bewertungsausschusses für das Gesundheitswesen (InBa), aufgebaut. Die Folgen waren eine schrittweise Entmachtung der Vertragspartner (KBV, KZBV usw.). Auch der Ruf nach einer einheitlichen Vertretung der GKV wurde lauter und führte dann 2007 mit dem GKV-WSG zum Aufbau des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen und zu einem fast vollständigen Wegfall körperschaftlicher Funktionen bei den bisherigen Verbänden der Krankenkassen. Hinzu kam, dass mit dem GKV-WSG von nun an freiwillige kassenartenübergreifende Fusionen von Orts-, Betriebs-, Innungskrankenkassen, Seekrankenkasse und Ersatzkassen ermöglicht und die Zwangsmitgliedschaften der Einzelkassen in Kassenartenverbänden beendet wurden. Erklärtes Ziel der Politik war die Auflösung der Kassenarten, die Erhöhung der Freiheitsgrade der Einzelkassen und die stärkere Einflussnahme der Politik auf die GKV-Strukturen und Organisationen. Auf Landesebene gibt es die alten Kassenartenstrukturen allerdings noch: Im Bereich der RVO-Kassen haben die Landesverbände ihre Aufgaben noch allerdings nehmen zum Teil die Kassen selbst diese Aufgaben (mit) wahr. Die Landesebene des vdek nimmt weiterhin körperschaftliche Aufgaben wahr (z. B. Abschluss von Verträgen mit den Ärzten), soweit und solange die Ersatzkassen ihren Verband damit beauftragen. Neue Aufgabenverteilung Das GKV-WSG hat die Verbändelandschaft deutlich verändert und führte in engem Dialog mit seinen Mitgliedern und der Selbstverwaltung auch innerhalb des vdek zu einem Reorganisationsprozess. Dieser Prozess wurde auf Bundes- und Landesebene mit dem Ziel durchgeführt, die Aufgaben des Verbandes nach Wegfall der körperschaftlichen Funktionen zu überprüfen, die Organisation insgesamt effizienter zu gestalten und eine noch stärkere Verankerung der Kassen in die Organisation und Abläufe zu ermöglichen. Nicht neu, aber sehr viel wichtiger ist die Rolle des vdek als Dienstleister der Ersatzkassen geworden. Der vdek ist mit einer Vielzahl an Aufgaben betraut, die er für die Kooperationsgemeinschaft der Ersatzkassen wahrnimmt. Im Zentrum steht die Vertretung der gemeinsamen politischen und vertragspolitischen Interessen der Ersatzkassen auf Bundesebene und in den Ländern.

gpk SONDERAUSGABE GESELLSCHAFTSPOLITISCHE KOMMENTARE Nr. 1/09 April 2009 Seite 26 Dabei agiert der vdek in allen Bundesländern auch in der Funktion als gemeinsamer Beauftragter der Ersatzkassen, wie es der 212 SGB V möglich macht. Daneben erledigt der Verband eine Vielzahl von operativen Dienstleistungen. Dazu gehören u. a. das Zulassungsgeschäft im Bereich der sonstigen Leistungserbringer im Gesundheits- und Pflegemarkt, spezifische und qualifizierte IT-Dienstleistungen zur Unterstützung der Vertragsarbeit und der politischen Arbeit der Ersatzkassen, Organisation der Selbsthilfeförderung, Gruppenprophylaxe und mehr. Ein wichtiger Teil der Interessenvertretung ist die Repräsentanz der Ersatzkassengemeinschaft im Spitzenverband Bund der Krankenkassen und in den Partnerorganisationen (G-BA, InEk usw.). Hier ist der vdek in unterschiedlichen Gremien eingebunden und sorgt bereits im Vorfeld für eine abgestimmte Meinungsbildung und Konsensfindung im Ersatzkassenlager. Auch wenn es das erklärte Ziel der Politik ist, die Kassenarten in ihrer Bedeutung zurückzudrängen, so wurden eben diese Kassenarten im Rahmen des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Organisationsstrukturen in der GKV (GKV-OrgWG) eher noch einmal gestärkt. Die Insolvenz- und Haftungsregelungen sehen zunächst eine finanzielle Unterstützung innerhalb der Kassenart vor, bevor der Spitzenverband Bund kassenübergreifende Unterstützungsleistungen vorsehen kann. Hier haben sich die Verbände der Kassen und der Spitzenverband ausdrücklich darauf verständigt, dass oberste Priorität die kassenarteninternen Hilfen haben, bevor es wie es im Gesetz vorgesehen ist zu einer Intervention des Spitzenverbandes kommen kann. Diese Verpflichtung zur kassenarteninternen Solidarität ist eine weitere wichtige Basis für eine kassenartenbezogene Organisation, wie der vdek sie darstellt. Mitwirkung der Kassen und Willensbildung Auch wenn der vdek einen Teil seiner Aufgaben an den Spitzenverband Bund der Krankenkassen abtreten musste, hat das anders als bei den AOK, IKK und BKK-Bundesverbänden keine Auswirkungen auf die rechtliche Konstruktion gehabt. Der VdAK und AEV waren schon immer als eingetragene Vereine organisiert, daran hat sich auch im vdek nichts geändert. An den grundlegenden formalen Willensbildungsprozessen hat sich ebenfalls nichts entscheidend verändert, auch wenn die Anbindung des Verbandes an seine Mitgliedskassen verstärkt, und die Rückkopplung bei den Entscheidungsprozessen mit den Kassen intensiviert wurde. Von besonderer Bedeutung ist dabei, dass im vdek schon immer zu strategischen und operativen Fragen die Meinungsbildung zusammen mit den Mitgliedskassen erfolgte. So wird kein Vertrag durch den vdek unterschrieben, dem ein zuständiges Gremium nicht zugestimmt hätte. Entscheidungen kommen fast ausschließlich einstimmig und nur im Ausnahmefall mehrheitlich zustande. Diese Vorgehensweise, die auf Bundes- und Landesebene praktiziert wird, macht die Prozesse gelegentlich etwas langsamer. Die enge Abstimmung zwischen Verband und Mitgliedskassen ist aber eben auch Ausdruck der Dienstleistungsorientierung und Mitgliedernähe, die dem vdek seine spezifische Stärke verleiht. Oberstes Gremium des vdek ist die Mitgliederversammlung. Sie besteht aus 33 Vertretern der Verwaltungsräte der Mitgliedskassen und tagt mindestens zwei Mal pro Jahr. Sie wählt den ehrenamtlichen Verbandsvorsitzenden und seine vier Stellvertreter sowie die Kassenprüfer und den hauptamtlichen Vorstand. Sie entscheidet über Grundsätze der Verbands-, Sozial- und Vertragspolitik, über die Satzung, die Aufnahme von Mitgliedern sowie den Haushalt und trifft andere grundlegende finanzielle Richtungsentscheidungen für den vdek. So wird die Mitgliederversammlung im März 2009 in einer Sondersitzung über die Position der Ersatzkassen zur Umsetzung des 265a SGB V des GKV-OrgWG beraten, der kassenartenübergreifende Hilfen zur Vermeidung der Schließung oder Insolvenz einer Krankenkasse regelt. Der Gesamtvorstand wird durch den ehrenamtlichen Verbandsvorsitzenden des vdek, Christian Zahn, und seinen Stellvertreter geleitet. Mitglieder des Gesamtvorstandes sind außerdem die Vorsitzenden der ehrenamtlichen Verwaltungsräte der Mitgliedskassen und ihre hauptamtlichen Vorstandsmitglieder. Der hauptamtliche Vorstandsvorsitzende des vdek, Thomas Ballast, ist mit beratender Stimme ebenfalls im Gesamtvorstand vertreten. Der Gesamtvorstand tagt im Schnitt etwa zweimonatlich (sieben bis acht Sitzungen im Jahr) und beschließt nach den Vorgaben der Mitgliederversammlung die Leitlinien der Verbandsarbeit. Er bereitet die Mitgliederversammlung vor.

gpk SONDERAUSGABE GESELLSCHAFTSPOLITISCHE KOMMENTARE Nr. 1/09 April 2009 Seite 27 Im vdek existieren darüber hinaus zahlreiche Gremien auf Ebene der Selbstverwaltung, der hauptamtlichen Vorstände und der Fachmitarbeiter der Mitgliedskassen sowie des vdek. Diese tagen in jeweils unterschiedlichem Turnus. Darüber hinaus gibt es strukturierte gemeinschaftliche Kontakte zum Spitzenverband Bund der Krankenkassen und seinen Gremien. Diese Gremien führen zu einem engen Dialog zwischen Mitgliedskassen und Verband und sorgen dafür, dass der vdek immer nah an den Interessen und Bedürfnissen seiner Mitglieder agieren kann. Im Übrigen sind die Selbstverwaltungsgremien des vdek nach wie vor nur mit Versichertenvertretern besetzt. Durch die kassenartenübergreifenden Fusionen, die bei der hkk, TK und KKH mit IKKn und BBKn eingeleitet wurden, wird sich dies aber voraussichtlich bei der nächsten Sozialwahl im Jahre 2011 ändern. Es ist zu erwarten, dass durch die Präsenz der Arbeitgebervertreter auch die Prozesse der Willensbildung und Interessenvertretung eine andere Qualität bekommen werden. Die interne Organisation Durch den Reorganisationsprozess wurde die interne Organisationsstruktur des vdek gründlich erneuert. Durch den Übergang vieler gesetzlicher Aufgaben auf den Spitzenverband Bund der Krankenkassen wurden die Organisationseinheiten bzw. Abteilungen der Verbandszentrale neu strukturiert. Dies war auch mit einem Personalabbau von rund 15 Prozent in der Zentrale in Siegburg verbunden, der aber durch natürliche Fluktuation im Vorfeld des Umzugs der Zentrale von Siegburg nach Berlin problemlos zu realisieren war. Da sich an dem Aufgabenzuschnitt in den Landesvertretungen nicht viel geändert hat, erfolgte in den Landesvertretungen nur eine vergleichsweise geringe Redimensionierung (minus 5 Prozent). Heute beschäftigt der vdek insgesamt rund 500 Mitarbeiter in ganz Deutschland. Davon arbeiten knapp 300 Mitarbeiter in den Landesvertretungen und etwa 200 Mitarbeiter in der Verbandsgeschäftsstelle. Auf Bundesebene wurden zahlreiche weitere Reorganisationsprojekte angestoßen, um den vdek noch stärker auf sein Selbstverständnis als Dienstleister auszurichten: Die Entwicklung von Dienstleistungsstandards, Entwicklung eines neuen Corporate Designs, Relaunch der internen und externen Informationsmedien, Aufbau eines neuen Führungssystems, EDV-Organisationsanalyse und vieles mehr standen auf der Agenda. Parallel wurden dazu auf Landesebene neue Geschäftsprozesse mit den Mitgliedern in die Wege geleitet, um eine stärkere Einbindung der Mitgliedskassen in die Entscheidungsprozesse auf Landesebene zu erreichen. Mit der Verlagerung des Verbandssitzes von Siegburg nach Berlin zum 1. Juli 2009 soll auch erreicht werden, dass die Interessenvertretung durch den vdek auf Bundesebene noch schneller und effektiver bei den Entscheidern vor Ort erfolgen kann. Perspektiven des vdek Durch den Wegfall der körperschaftlichen Aufgaben hat der vdek einen neuen Zuschnitt bekommen. Er ist Dienstleister mit einer Vielzahl an Aufgaben, die er für die Kooperationsgemeinschaft der Ersatzkassen wahrnimmt. Aufgabenzuwachs ist auch in Zukunft dort zu erwarten, wo die Ersatzkassen über die Beauftragung des Verbandes insbesondere mit administrativen und organisatorischen Tätigkeiten Kostenvorteile generieren und in den Themenfeldern, in denen die Ersatzkassen durch die Kooperation im Verband eine bessere Marktposition erreichen können, insbesondere im Verhältnis zu den monopolartigen Strukturen auf der Anbieterseite. Zurzeit sind die Ersatzkassen im vdek beispielsweise bei der Umsetzung der Hausarztverträge als starke Gemeinschaft am Markt engagiert. Gleiches gilt für die Disease-Management-Programme (DMP) und für spezifische Verträge der Integrierten Versorgung, wie im Themenfeld spezifischer onkologischer Erkrankungen (Protonentherapie). Das Verhältnis zu den Mitgliedskassen ist durch die Rolle des vdek als Dienstleister der Ersatzkassen geprägt. Die immer stärker werdende Kundenorientierung wird beispielsweise durch Service-Level-Standards dokumentiert, die von allen Organisationseinheiten gelebt und garantiert werden. Das Auftragsverhältnis gegenüber den Mitgliedskassen ist dynamisch und passt sich regelmäßig an die Bedürfnisse der Mitgliedskassen an. Gesundheitsfonds und Prämien verstärken den Wettbewerb zwischen den Krankenkassen. Fortsetzung auf der folgenden Seite

gpk SONDERAUSGABE GESELLSCHAFTSPOLITISCHE KOMMENTARE Nr. 1/09 April 2009 Seite 28 Neue Perspektiven Veränderte Rahmenbedingungen im Gesundheitswesen Der Verband der Ersatzkassen Von Thomas Ballast, Vorstandsvorsitzender des Verbandes der Ersatzkassen (vdek) Fortsetzung von der vorigen Seite Das führt dazu, dass sich die Mitgliedskassen in den Themenfeldern, in denen sie individuelle Angebote für ihre Versicherten anbieten können, auch stärker individuell oder in variablen Kooperationsgemeinschaften aufstellen werden. Das gilt vor allem für die Organisation von spezifischen Versorgungsangeboten über besondere, optionale Verträge. Die Beauftragung von Verbänden, insbesondere des vdek, wird immer dann erfolgen, wenn die Kassen dadurch Kostenvorteile, Kompetenzgewinn oder Marktpräsenz erreichen. Der vdek ist strukturell über die Satzung und in der gelebten Praxis der Ersatzkassen eine Kooperationsgemeinschaft, die auf Dauer angelegt ist. Auch wenn die Ersatzkassen miteinander im Wettbewerb stehen, so gibt es doch auf Grund ihrer gleichen bundesweiten Organisationsausrichtung, der politischen Position der Selbstverwaltungen und der Verbindung im Haftungsverbund wesentliche Stützen, die die langfristige Stabilität garantieren. Die internen Strukturen werden auf der politischen Ebene dadurch Änderung erfahren, dass über die Thomas Ballast (Jahrg. 1962), Diplom-Volkswirt, Vorstandsvorsitzender des Verbandes der Ersatzkassen (vdek), zuvor des Verbandes der Angestellten-Krankenkassen e.v. (VdAK) und des Arbeiter-Ersatzkassen-Verband e.v. (AEV). Ab 1995 Leiter des Referats Ärzte beim VdAK, hauptverantwortlich für die Unterstützung regionaler Vertragsverhandlungen für die Ersatzkassenwelt und die Umsetzung von Struktur- und Modellverträgen. Besonderes Anliegen war die Einführung und Implementierung von Managed-Care-Ansätzen im deutschen Gesundheitswesen. Fusionsprozesse die Parität in den Ersatzkassen und damit auch im Verband eine Rolle spielen wird. Die interne Organisation wird sich, wie auch bisher, entsprechend den Dienstleistungsaufträgen und Bedürfnissen der Ersatzkassen an die jeweiligen Verhältnisse anpassen. Bewegung in der Verbändelandschaft Mit der Gründung des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen und der Auflösung der kassenartenspezifischen Spitzenverbände im Gesetz hat eine enorme Bewegung in der Verbändelandschaft eingesetzt. Dabei ist festzustellen, dass sich das AOK- System und die Ersatzkassengemeinschaft als Pole stabiler Interessenvertretung und -gestaltung etablieren. Der vdek ist durch das Zusammengehen von AEV und VdAK strukturell gestärkt, organisatorisch verschlankt und als Dienstleistungsorganisation flexibel für die Herausforderung der Zukunft aufgestellt. Auch das AOK-System hat entsprechend seiner identischen politischen und organisatorischen Verankerung in den Ländern eine stabile, strategische Basis. Hingegen wird deutlich, dass die Verbände von Innungs- und Betriebskrankenkassen entsprechend der Heterogenität der einzelnen Kassen in wettbewerblicher und politischer Hinsicht Schwierigkeiten haben, eine stabile Interessenvertretung zu organisieren. Dies wird durch den Umstand bestärkt, dass der Zwang zum Größenwachstum zu weiteren Fusionen führen wird. Dabei sind vor allen Dingen Partner attraktiv, die mit einer breiten Marktaufstellung im Bundesgebiet administrativ handlungsfähig sind und von einzelnen Eruptionen nicht in der Substanz gefährdet sind. In dieser Hinsicht sind alle Ersatzkassen und der vdek als ihr Dienstleister mit einer langfristigen strategischen Perspektive aufgestellt. gpk