Soja eine neue Kultur für den Kraichgau? Jürgen Recknagel LTZ Augustenberg, Ast. Müllheim; Dt. Sojaförderring Eiweiß für Mensch und Tier von bad.-württ. Feldern, Eppingen 10.07.2012
Sojabohnen warum? höchste Eiweißwertigkeit der Körnerleguminosen höchster Eiweißgehalt: 40% (21% E, 27% AB, 35% Lup) höchster Eiweißertrag an geeigneten Standorten ohne GVO mit kontrollierbarer regionaler Herkunft Beitrag zur Eiweißversorgung aus heimischem Anbau geringe Umweltbelastung (keine N-Düngung, wenig Nmin-Rückstände, kaum Pflanzenschutz) Beitrag zur Biodiversität bessere Klimabilanz als Raps unabhängig vom Preis der Stickstoffdünger ideal für Ökolandbau bedeutende Kultur mit Züchtungsaktivitäten
Eiweißgehalt und -wertigkeit von Körnerleguminosen (% i. TM) 100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 Ackerbohne Erbse Lupine Sojabohne ) nach Hitzebehandlung Die Eiweißwertigkeit bezieht sich auf Hühnereiweiß = 100% Quellen: Versuchsergebnisse Süddeutschland; Keller/Hanus/Heyland 1999
Geeignete Standorte - Wasser! Wasserversorgung von der Blüte bis zur Kornfüllung/Reifebeginn muss gesichert sein: Böden mit ausreichender nfk, Niederschläge oder Beregnung
Geeignete Standorte - Wärme! Wärmesumme ausreichend für Abreife von mittelspätem (mittelfrühem) Körnermais: 1.300-1.700 (Basis 6 C) bzw. 2.400-3.000 (CHU)
Wärmeangebot in Deutschland Wärmesumme frostfreie Tage 15.04.-15.11. (1961-1990) nur in mittleren, günstigen und besten Lagen d.h. im gelben, braunen und roten Gebiet! aber auch Bodentemperatur beachten: 10 C nachts in 4 cm Saattiefe! Spätfrostverträglichkeit: -3 bis -5 C
CHU ( C) 3600 3400 3200 3000 2800 2600 2400 nutzbares Wärmeangebot für Soja Crop Heat Units Crop Heat Units im Zeitraum 01.05.-30.09. in den Jahren 1997-2011 LTZ Müllheim (FR) Baiertal (HD) Besigheim (LB) Ödheim (HN) Boxberg (TBB) Lichtenau (RA) Orschweier (OG) 2200 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 Jahr
Sojaversuche in Deutschland 2011 Frankenhausen Salbitz Fritzlar Roßleben Großenstein Buttelstedt Köln-Auweiler Bad Hersfeld Dornburg Legende: Gladb. Hof Friedberg Mühlhausen Wärmesumme Mai-Sep = hoch Bingen Euerfeld Darmstadt = mittel Crailsheim = niedrig Grötzingen Nürtingen Hohenheim Oberhummel Eckartsweier Großaitingen Rotthalmünster Orschweier Kissing Müllheim Groß-Lüsewitz Beetzendorf Osnabrück Ehra-Lessien Gadegast = Sonstige Orte Versuche/Demos
Mittleres Wärmeangebot der Jahre 2005 2011 in den 3 Versuchsregionen des BÖLN-Projekts (Monate Mai September) CHU ( C) 3400 3300 3200 3100 3000 2900 2800 2700 2600 Crop Heat Units im Zeitraum 01.05.-30.09. in den Jahren 2005-2011 Region 1 Region 2 Region 3 2500 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 Jahr
160 140 120 100 80 60 40 20 0 Relativerträge der in allen 3 Regionen geprüften Sorten (100% = 32,2 dt/ha b. 91% TM, Gesamtmittelwert) Merlin n=29 Cordoba n=29 Lissabon n=28 ES Mentor n=26 Sultana n=25 Aligator n=25 Petrina n=25 Bohemians n=20 Capnor n=18 Protina n=17 Primus n=17 Malaga n=15 Daccor n=12 Suedina n=12 Aveline n=12 Opaline n=11 Sigalia n=11 OAC-Wallace n=10 Gallec n=9 Alma Ata n=8 Sinara n=6 Mittel Region 1 Region 2 Region 3 ø 1-3
Sortenwahl 1. Kriterium = Wärmeangebot: 000 Sorten für kühlere oder 00 - Sorten für wärmere Lagen (Ertrag, Lager, Sklerot.) 2. Kriterium = Verwendungszweck: Futter oder Lebensm. Eiweißgehalt, Nabelfarbe, Geschmack,... für Lebensmittel wird Sorte vertraglich festgelegt langj. Sortenversuche in mehreren Bundesländern: Baden-Württemberg (seit 1972), Rheinland-Pfalz Thüringen, Sachsen, Sachsen-Anhalt Niedersachsen, Hessen, Bayern (Ufr., Schwaben)
Rangfolge der Sorten LSV Soja 2011 Baden-Württemberg Baden-Württemberg 2011 2011-2010 2011-2009 Sorte rel. Sorte rel. Sorte rel. ES Mentor 00 113 Sinara 00 108 ES Mentor 109 Sultana 000 112 ES Mentor 00 108 Sultana 103 Sinara 00 110 OAC-Wallace 00 107 Cordoba 101 Capnor 000 107 Sultana 000 106 Petrina 100 Cordoba 000/00 107 Cordoba 00/000 103 Sevilla 100 Flavia 00 106 Daccor 000 101 Lissabon 100 OAC-Wallace 00 105 Petrina 000 101 Aligator 99 Malaga 000 104 Sevilla 00 101 Primus 98 Petrina 000 101 Malaga 000 100 Lissabon 000 100 Lissabon 000 100 Daccor 000 100 Capnor 000 99 Aligator 000 98 Aligator 000 98 Naya 00 98 Merlin 000 95 Merlin 000 98 Primus 00 95 Kassidy 00 96 Nova 00 87 Sevilla 00 96 Suedina 00 93 Primus 00 90 Nova 00 82 Bohemians 000 Ø Sorten (91% TS) 82 dt/ha = rel. 100 39,9 38,4 39,4 Anzahl Standorte = 1: 2009, Müllheim-Wasserloch 2: 2011, 2010: Müllheim-Wasserloch, Orschweier
Ergebnisse Landessortenversuche Soja B-W 2011
Fruchtfolge Vorfrüchte Ideal ist Wintergetreide Sommerungen hinterlassen höheren Unkrautdruck; n. Mais evtl. Rhizoctoniadruck Ungünstig sind Öl- und Eiweißfrüchte (Sklerotinia, verschenkter Vorfruchtwert, zu viel Stickstoff im Boden) - Ausnahme ist Soja: 1 x Nachbau u.u. vorteilhaft Senf-Zwischenfrucht problematisch, wenn zu üppig
Fruchtfolge Nachfrüchte Soja hinterlässt eine gute Bodenstruktur und im Vergleich zu anderen Leguminosen relativ wenig Stickstoff, so das auch ein Anbau in WSG möglich ist am besten Nachbau von Wintergetreide 3-4 Jahre Abstand zu anderen Leguminosen oder Raps (wg. Sklerotinia) zwar anfänglich selbstverträglich: 2 x nacheinander, alle 2, auf Dauer aber besser nur alle 3-4 Jahre
Saat 1. Saattermin: Mitte April-Mitte Mai, ab 10 C Bodentemperatur mit Aussicht auf 1 Woche gutes Wetter für raschen Feldaufgang (innerhalb von 1-2 Wochen) 2. Saatstärke: 70 kf. K/m² bei 000, 60 kf. K/m² bei 00-Sorten am Besten Einzelkornsaat; max. 6 km/h! 3. Saattiefe: 3-4 cm;... bei Trockenheit auch tiefer! 5 cm bei Einsatz von Striegel oder Bodenherbizid! 4. Reihenabstand: Möglich: Getreideabstand, 30, 45, 50, 75 cm; Bei Verkrustungen sollte gehackt werden können!
Düngung N-Versorgung erfolgt durch Rhizobien: Impfung mit geeignetem Produkt (HiStick pulv., Force 48 fl. ) oder vorgeimpftes Saatgut! (Bei Erstanbau zusätzlich frisch impfen) Nicht zu viel Nmin im Boden! (<80-100 kg N/ha) Keine N-Düngung! Keine Gülle! (außer wenn keine Knöllchen bei Blühbeginn) Wenn organische Düngung, dann höchstens etwas Festmist PK nach Entzug (Ausgleich im Rahmen der Fruchtfolge) (40-70 kg/ha P und K)
zur Impfung Kontrolle des Knöllchenbesatzes zum Blühbeginn Ende Juni/Anfang Juli: Wenn b. 1/3 der Pflanzen Knöllchen fehlen und Bestand gelblich wird: notfalls N-Düngung mit 50-100 kg N/ha in die Blüte
Unkrautbekämpfung Soja: Ideal ist mechanisch, da Herbizide immer auch ein wenig zwicken aber nicht immer perfekt wirken früh Striegeln; u.u. Hacke+Striegel kombinieren; bei 5 cm Saattiefe praktisch in jedem Stadium möglich! Mittelauswahl ist begrenzt: zugelassen sind nur Stomp aqua (VA) und Basagran (NA). Ansonsten nach Art. 51 Artist (bzw. 22.2 Einelfallgen. Centium CS), Sencor WG, Spectrum im VA sowie Harmony SX, Fusilade Max und Focus Ultra im NA (Stomp und Sencor mit Einwaschrisiko); Artist+Centium in ES Mentor???
Quelle: Heitz, LRA OG
Sojabohnen - wie? Ernte sobald die Blätter (weitgehend) abgefallen sind und die Körner in den Hülsen klappern: idealerweise Ende Sept. mit 15-14% H 2 O im Oktober auch schon mit 20%, wenn keine trockene Witterungsphase in Sicht Schneidetisch möglichst bodennah (flexibler Tisch), Drehzahl runter, Dreschkorb weit öffnen, viel Wind: saubere Bohnen (ohne Hülsen und Bruchkorn)! möglichst keine Steine; kein Besatz mit Mais! Geübter Mähdrescherfahrer!
Flächenentwicklung Soja 5000 4500 4000 3500 3000 2500 2000 1500 1000 500 0 Deutschland 2003-2011 (ha) 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 Bayern (GA) Baden-Württemberg (GA) Rheinland-Pfalz (GA) Hessen Thüringen Deutschland (ab 2005 Schätzung) Quelle: bis 2004 BMELV, danach Erhebungen von Sojafördering bei Vertragspartnern und Bundesländern (unvollständig)
Sojaanbauflächen Welt: 2010/11 103 Mio. ha Grafik: Lehner, Finadvice Linz Europa: 0,36 Mio. ha EU27 mit Serb/Kroat/Bosnien 0,58 Mio.ha 34 Grafik: Riesterer, LEL GD beim Sojaanbau zählen die EU und Deutschland zu den Kleinstaaten!
Chancen/Risiken: Markt? Ja! aktuell und vermutlich auch zukünftig: nur auf den Nischenmärkten Ökolandbau sowie für Regionale Herkunft und ohne Gentechnik mit höherem Preisniveau und Schwierigkeiten bei der Versorgung über den Weltmarkt Nein! Bedarf der Tierernährung (Schweine, Geflügel) ist nicht aus einheimischer Erzeugung abzudecken, ohne die Fleischerzeugung einzuschränken (Selbstversorgungsgrad der EU bei Eiweißfuttermitteln = 27%, bei Sojaschrot = 2,7%)
Chancen/Risiken: Anbau? Ja! wenn Wärme- und Wasserangebot passen und wenn konkurrenzfähig in der Fruchtfolge - im Ökolandbau keine Frage, da N-Lieferant - konventionell bei guten Preisen (Regionalmarken, ohne GVO ) und bei Handicaps der Konkurrenz (Maiswurzelbohrer, Rapsschädl. und -krankheiten, Frühsommertrockenheit,...) Nein! wenn Anbaurisiko zu hoch (zu wenig Wasser in der Blüte zu wenig Wärme für die Ausreife) wenn zu viel Wirtschaftsdünger für die Fläche wenn keine Absatz-/Verwertungsmöglichkeit
Anbau: potenziell und aktuell
Sojabohnenanbau 2011 Baden-Württemberg + Bayern
Verwertung Verkauf oder Eigenverwertung? Eigenverwertung erschwert durch Trypsininhibitoren: müssen durch Hitzebehandlung inaktiviert werden! Sonst Verfütterung nur in geringem Umfang an Rindvieh (1-2 kg), nicht aber an Schweine und Hühner! Außerdem Ölgehalt von rund 20% beachten! Deshalb ist der Verkauf die einfachste Verwertung. Abklärung/Vertrag am Besten vor der Aussaat, da nur wenige Anlagen bzw. Abnehmer
Aufbereitungsanlagen für Sojabohnen in Deutschland Futtermittel Lebensmittel Schwerin Berlin Nordstemmen Herzberg/E. Beckum Gröningen Dielheim Kehl Kissing Kirchham Freiburg Großaitingen Aschau/Inn Lörrach
Verwertung Qualitätsansprüche? 1. Lebensmittel: Milch : 40-43% RP, Geschmack, Farbe Tofu: 42-45% RP, Konsistenz, Geschmack, Farbe i.d.regel Sortenvorgabe im Anbauvertrag 2. Futtermittel: 1. Priorität = Verkauf (bisher keine Qualitätsbez.) 2. Priorität = Eigenverwertung (Toastanlage!???) 3. Düngemittel: interessant für ökologischen Gartenbau
Quelle: Zarnik (LTZ) bzw. Köhler (LEL)
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! www.sojafoerderring.de www.sojainfo.de