Qualifikationsspezifische Arbeitsnachfrage und Arbeitsangebot: Quantitative Abschätzung zum Handlungsbedarf



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Transkript:

Qualifikationsspezifische Arbeitsnachfrage und Arbeitsangebot: Quantitative Abschätzung zum Handlungsbedarf Vanessa Dräger (IZA, Universität zu Köln) Hilmar Schneider (IZA) Fachkräftemangel Was ist dran? 9. IWH/IAB-Workshop zur Arbeitsmarktpolitik

Dieser Beitrag Herausforderung demographischer Wandel: Bevölkerungsrückgang 5%, Rückgang Arbeitsangebot 15% Reicht das Arbeitsangebot aus, um das historische pro Kopf Wachstum aufrechtzuerhalten? Projektion von Arbeitsangebot und Arbeitsnachfrage nach Qualifikationen bis 2030 Quantitative Abschätzung der Reichweite verschiedener Anpassungsmechanismen (Arbeitszeit, Erwerbspersonenquoten) 2

Ergebnisse Konstantes Wohlstandswachstum pro Kopf bedarf einen leicht sinkenden Einsatz von Arbeitern. Verknappung in allen Qualifikationsgruppen. Die Erhöhung von Arbeitszeiten und Erwerbsquoten beseitigen Knappheiten jedoch nicht bei Hochqualifizierten. 3

Agenda Methodik der Projektion Szenarien der Handlungsoptionen Schlussfolgerung 4

Projektion des Arbeitsangebotes Arbeitsangebot: Erwerbspersonen Qualifikation: ohne Berufsausbildung (oba), mit Berufsausbildung (mba), Meister/Fachschule (M/T/FS) Fachhochschule (FHS) Universität (Uni) 5

Projektion des Arbeitsangebotes Bevölkerung 12. koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung 1-W2 Migration: Jährliche Nettozuwanderung steigt auf 200.000 ab 2020 Qualifikation Ab 31 Jahre: konstante geschlechts, altersspezifische Qualifikationsquoten Unter 31 Jahre: Anpassung Erwerbsquoten: konstant innerhalb Geschlecht, Alter und Qualifikation (Szenarien) 6

Wie entwickelt sich das Angebot? Reduktion des Arbeitsangebotes von circa 43 Millionen auf 36 Millionen. 0-1.000-2.000-3.000-4.000-5.000-6.000-7.000-6.486 Angebotsprojektion Δ 2030 (2008) (in Tausend) -669-4.351-1.208-153 -105 gesamt oba1) mba M/T/FS FHS UNI 7

Projektion der Arbeitsnachfrage Wie viele und welche Personen werden benötigt, um Wohlstandswachstum pro Kopf zu erhalten? Empirische Produktionsfunktion mit Kapital K und Arbeit L: L: Arbeitsvolumen in Millionen Stunden (IAB) Y: reale Bruttowertschöpfung K: realer Kapitalstock Stützzeitraum: 1993-2008 und 1970-2008 8

Projektion der Arbeitsnachfrage Projektion Arbeitsvolumen L: Y: Trendfortschreibung pro-kopf, Bevölkerungsprognose K: Fortschreibung wie Y Parameter der Produktionsfunktion Arbeitsnachfrage in Personen Nachfrage = L / durchschnittliche Arbeitszeit (AZ) pro Jahr AZ sinkt um 5 Arbeitsstunden pro Jahr (10-Jahrestrend) Die gesamtwirtschaftliche Arbeitsnachfrage wird über Trendfortschreibung auf Wirtschaftszweige und innerhalb dieser auf Qualifikationsgruppen verteilt. 9

Wie entwickelt sich die Nachfrage? Reduktion der Arbeitsnachfrage von 38,7 auf 36 Millionen Nachfrageprojektionen Δ 2030 (2008) (in Tausend) AZ5 500 0 180 280 168-500 -1.000-1.500-2.000-2.500-337 gesamt oba1) mba M/T/FS FHS UNI -3.000-3.500-2.665-2.955 10

Qualifikationsspezifische Engpässe bis 2030 Der Arbeitsangebotsüberhang in 2008 von 3,8 Millionen reduziert sich auf 30 Tausend Personen. Verknappung in allen Gruppen insbesondere bei Hochqualifizierten. Angebots- undnachfrageüberhang in 2030 (in Tausend) UNI -99 174 FHS -334 98 M/T/FS mba -730 142 580 1.976 2008 28,1 Std. Woche (AZ -5) oba1) 553 1.402 gesamt -29 3.792-1.000 0 1.000 2.000 3.000 4.000 5.000 11

Handlungsoption: Arbeitszeit Konstante Jahresarbeitszeit: 3,8 2,8 Millionen Personen in 2030. Angebots- undnachfrageüberhang in 2030 (in Tausend) UNI FHS M/T/FS mba -99-513 -106-334 -604-496 -730-1.006-1.141 174 250 98 142 580 1.976 2.032 2008 30,5 Std. Woche (AZ konstant) 28,1 Std. Woche (AZ -5) 28,1 Std. Woche (AZ -10) oba1) -114 553 1.402 1.116 gesamt -3.379-29 2.795 3.792-4.000-3.000-2.000-1.000 0 1.000 2.000 3.000 4.000 5.000 12

Handlungsoption: Frauenerwerbsquote 5%, 10% Erhöhung der qualifikationsspezifischen Erwerbsquoten 120,00 Erwerbsquoten 2008 100,00 80,00 60,00 Männer Frauen Frauen 5% Frauen10% 40,00 20,00 0,00 1 6 11 16 21 26 31 36 41 46 51 56 61 66 71 76 81 86 91 96 13

Handlungsoption: Frauenerwerbsquote 10% Erhöhung der Frauenerwerbsquote: 3,8 Millionen Personen in 2008 1,2 in 2030. UNI -39-99 174 68 FHS M/T/FS mba -651-703 -730-247 -305-334 98 142 800 580 1.226 1.976 2008 Partizipationsrate +10% (AZ -5) Partizipationsrate +5% (AZ -5) oba1) 794 632 553 1.402 Partizipationsrate konstant (AZ -5) gesamt -29 386 1.189 3.792-1.000 0 1.000 2.000 3.000 4.000 5.000 14

Handlungsoption: Rente mit 67 Operationalsierung durch Verschiebung der Erwerbsquoten um 2 Jahre für über 45 Jährige Erwerbsquoten 2008 120 100 80 60 40 Frauen R67 Frauen R65 Männer R67 Männer R65 20 0 1 6 11 16 21 26 31 36 41 46 51 56 61 66 71 76 81 86 91 96 15

Handlungsoption: Rente mit 67 Realisierung der Rente mit 67: 3,8 Millionen Personen 1,7 in 2030 UNI FHS M/T/FS -556-730 -99-212 -334 174 87 98 142 2008 Rente67 (AZ -5) Rente65 (AZ -5) mba oba1) 580 752 553 1.402 1.976 1.629 gesamt -29 1.700 3.792-1.000 0 1.000 2.000 3.000 4.000 5.000 16

Handlungsbedarf in Politik und Wirtschaft Kann das pro Kopf Wachstum trotz des demographischen Wandels aufrechterhalten bleiben? Szenarien zeigen eine Verknappung in allen Qualifikationsgruppen. Variation der Arbeitszeit als auch der Erwerbsquoten reduzieren Verknappungen: Mittel und Geringqualifizierte keine Knappheiten Hochqualifizierte weiterhin Maßnahmen: Beseitigung steuerlicher Fehlanreize, familienfreundliche Arbeitsorganisation Engpässe bei Hochqualifizierten bedürfen darüber hinaus Mobilität zwischen Qualifikationen und Migration. 17

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