Entwicklungen im gesetzlichen Güterrecht und im Ehegattenunterhaltsrecht. unter dem Aspekt der Gleichberechtigung der Geschlechter.



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Entwicklungen im gesetzlichen Güterrecht und im Ehegattenunterhaltsrecht unter dem Aspekt der Gleichberechtigung der Geschlechter. Ein Vergleich der rechtsgeschichtlichen Entwicklung in den beiden deutschen Staaten bis zum Jahre 1965 Sabine Uta Mehnert

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Mehnert, Sabine Uta: Entwicklungen im gesetzlichen Güterrecht und im Ehegattenunterhaltsrecht unter dem Aspekt der Gleichberechtigung der Geschlechter : ein Vergleich der rechtsgeschichtlichen Entwicklung in den beiden deutschen Staaten bis zum Jahre 1965 / Sabine Uta Mehnert. - Als Ms. gedr. - Berlin : dissertation.de, 2002 Zugl.: Regensburg, Univ., Diss., 2002 ISBN 3-89825-510-7 Copyright dissertation.de Verlag im Internet GmbH 2002 Alle Rechte, auch das des auszugsweisen Nachdruckes, der auszugsweisen oder vollständigen Wiedergabe, der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, auf Datenträgern oder im Internet und der Übersetzung, vorbehalten. Es wird ausschließlich chlorfrei gebleichtes Papier (TCF) nach DIN-ISO 9706 verwendet. Printed in Germany dissertation.de - Verlag im Internet GmbH Pestalozzistraße 9 10 625 Berlin URL: http://www.dissertation.de

Danksagung Die vorliegende Arbeit wurde von der Juristischen Fakultät der Universität Regensburg als Dissertation angenommen. Tag der mündlichen Prüfung war der 1. August 2002. Mein besonderer Dank gilt meinem Doktorvater Prof. Dr. Hans-Jürgen Becker, der mich immer wieder zu dieser Arbeit ermutigt hat und dessen fachliche und persönliche Betreuung mir sehr geholfen haben, diese Arbeit überhaupt zu erstellen. Herrn Prof. Dr. Dieter Schwab danke ich für seine Unterstützung und Anregungen insbesondere bezüglich der familienrechtlichen Fragen meiner Arbeit. Berlin, im August 2002 1

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Inhaltsverzeichnis Einleitung 9 1. Abschnitt: Die Entwicklung der familienrechtlichen Stellung der Frau vor 1945 11 I. Die familienrechtlichen Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuches in der Fassung vom 18. August 1896 11 1. Darstellung und Bewertung der persönlichen Beziehungen der Ehegatten 11 2. Darstellung und Bewertung des gesetzlichen Güterstandes der Verwaltung und Nutznießung 12 2.1. Allgemeine Grundsätze 12 2.2. Verwaltung 13 2.3. Nutznießung 14 2.4. Rechtsstellung der Frau in Ansehung des eingebrachtes Gutes 15 2.5. Beendigung des gesetzlichen Güterstandes 15 2.6. Bewertung 15 3. Darstellung und Bewertung des Unterhaltsrechts 16 II. Die Gleichberechtigung in der Weimarer Reichsverfassung 18 III. Die rechtlichen und soziologischen Auswirkungen des zweiten Weltkrieges 19 2. Abschnitt: Die Entwicklung der Stellung der Frau nach 1945 23 Teil A: Allgemeine Entwicklung 23 I. Deutsche Demokratische Republik 23 1. Die Entwicklung in der SBZ bis zur Verfassung der DDR 23 2. Die Gleichberechtigung in der Verfassung der DDR vom 7. Oktober 1949 24 2.1. Das Verfahren der Verfassungsgesetzgebung 24 2.2. Ideologische Grundlagen 25 2.3. Die verfassungsrechtliche Statuierung der Gleichberechtigung 26 3. Das sofortige gesetzliche Vakuum als Folge des verfassungsmäßigen Gleichberechtigungsgrundsatzes 27 4. Das Gesetz über den Mutter- und Kinderschutz und die Rechte der Frau vom 27. September 1950 29 II. Bundesrepublik Deutschland 32 1. Entwicklung bis zum Bonner Grundgesetz 32 2. Die Gleichberechtigung im Bonner Grundgesetz 3

vom 8. Mai 1949 33 2.1. Gesetzgeberische Vorarbeiten 33 2.2. Die Einflussnahme verschiedener gesellschaftlicher Gruppierungen auf die Arbeiten des Parlamentarischen Rates zum Thema Gleichberechtigung 33 2.3. Die Diskussionen im Parlamentarischen Rat um Artikel 3 Absatz 2 als Zeichen widerstreitender Weltanschauungen 34 2.4. Die Verabschiedung des Art. 3 Absatz 2 GG 36 3. Die gescheiterte Familienrechtsreform Anfang der fünfziger Jahre 38 4. Das Gesetzesvakuum ab 1. April als Folge der gescheiterten Familienrechtsreform 41 4.1. Die ablehnenden Stimmen in der Rechtsprechung 42 4.2. Die bejahenden Stimmen in der Rechtsprechung 43 4.3. Die Entscheidung des Streits durch das BVerfG 43 III. Vergleich 45 1. Die Bestrebungen zwischen 1945 und 1949 45 2. Die verfassungsrechtliche Verankerung des Gleichberechtigungsgrundsatzes 45 2.1. Verfahren 45 2.2. Das Verständnis von Gleichberechtigung oder: Die Stellung der Ehefrau zwischen Beruf, Familie und Gesellschaft 46 Teil B: Die Entwicklungen im gesetzlichen Güterrecht 49 I. Deutsche Demokratische Republik 49 1. Die Stellung und Bedeutung des ehelichen Güterrechts im Rechtssystem der DDR 49 1.1. Bedeutung, Aufgabe und Funktion des sozialistischen Rechts 49 1.2. Die Sicherung der Gleichberechtigung 51 1.3. Die Auswirkungen der Eigentumsordnung 51 2. Die Tätigkeit der Rechtsprechung 52 2.1. Der neue gesetzliche Güterstand der Gütertrennung 52 2.1.1. Die sogenannte faktische Gütertrennung 53 1) Begründung der faktischen Gütertrennung 53 2) Inhalt 54 3) Ausnahmen 54 2.1.2. Die Umsetzung der Gütertrennung in der Rechtsprechung 55 2.2. Der Ausgleichsanspruch 55 2.2.1. Motivation 55 2.2.2. Die beiden Arten des Ausgleichsanspruches 57 1) Der Ausgleichsanspruch im engeren Sinne 57 2) Der Ausgleichsanspruch im weiteren Sinne 58 a) Kleine Warenwirtschaft 58 b) Kapitalistischer Privatbetrieb 59 4

2.2.3. Der rechtliche Charakter des Ausgleichsanspruches 59 2.2.4. Entstehungszeitpunkt, Fälligkeit und Berechnung des Ausgleichsanspruches 60 1) Entstehungszeitpunkt und Fälligkeit 60 2) Berechnung 61 3. Der Entwurf eines Familiengesetzbuches von 1954 63 3.1. Grundsätze 63 3.2. Güterrechtliche Regelungen 64 3.2.1. Das gemeinsame Vermögen 64 3.2.2. Verfügungsbeschränkungen 67 3.2.3. Auseinandersetzung 67 1) Zeitpunkt der Auseinandersetzung 67 2) Die beiden Arten des Anspruches auf Auseinandersetzung 68 3.2.4. Schuldenhaftung 68 3.2.5. Vertragliches Güterrecht 69 4. Das Familiengesetzbuch vom 20. Dezember 1965 69 4.1. Präambel und allgemeine Grundsätze 69 4.2. Das eheliche Güterrecht 70 4.2.1. Die Stellung des ehelichen Güterrechts 70 4.2.2. Die Vermögensgemeinschaft im Sinne einer Errungenschaftsgemeinschaft 71 1) Das Gesamtgut 72 a) Umfang 72 b) Entstehung 73 aa) Erwerb durch Arbeit 73 bb) Erwerb aus Arbeitseinkünften 73 cc) Dem Arbeitseinkommen gleichgestellte Einkünfte 74 dd) Art, Weise und Entstehungszeitpunkt des Gesamtgutes 74 c) Das Eigentum an Produktionsmitteln und Gesamtgut 75 aa) Das Eigentum der kleinen Warenwirtschaft 75 bb) Das kapitalistische Privateigentum 76 2) Das Sondergut 77 4.2.3. Verwaltung 77 1) Die normale Form der Verwaltung 78 2) Ausnahmen 79 4.2.4. Haftung und Vollstreckung 79 1) Haftungsumfang 79 2) Besonderer Vollstreckungsschutz für den nicht schuldenden Ehegatten 79 a) Der Widerspruch 79 b) Die vorzeitige Aufhebung der Eigentums- und Vermögensgemeinschaft nach 16 Abs. 3 FGB 80 4.2.5. Beendigung des gesetzlichen Güterstandes 80 1) Die Verteilung des gemeinschaftlichen Eigentums und Vermögens 80 5

a) Gleichmäßige Aufteilung 80 b) Ungleichmäßige Aufteilung 81 c) Komplette Übertragung an einen Ehegatten 82 d) Besonderheiten bei Scheidung oder Nichtigkeit der Ehe 82 2) Die vorzeitige Aufhebung 82 3) Der Ausgleichsanspruch 83 a) Anwendungsbereich 83 b) Entstehungsvoraussetzungen 83 c) Rechtlicher Charakter 84 d) Berechnung 84 e) Verjährung 84 4.2.6. Das vertragliche Güterrecht 85 II. Bundesrepublik Deutschland 86 1. Inhalt und Begründung des gesetzlichen Güterstandes des Regierungsentwurfes I 86 2. Die Überbrückung der gesetzeslosen Zeit 87 2.1. Die Rechtsprechung zum gesetzlichen Güterstand 87 2.1.1. Die Befürwortung der Gütertrennung 88 2.1.2. Die Befürwortung der Errungenschaftsgemeinschaft 89 2.2. Die Literatur zum gesetzliche Güterstand 90 2.2.1. Die Befürworter der Gütertrennung 90 2.2.2. Die Befürworter der Errungenschaftsgemeinschaft 92 2.3. Der BGH zum neuen gesetzlichen Güterstand 92 2.4. Die Mängel der Gütertrennung 94 2.5. Die vertraglichen Güterstände 95 3. Das Gleichberechtigungsgesetz vom 18. Juni 1957 95 3.1. Die Zugewinngemeinschaft als gesetzlicher Güterstand 96 3.1.1. Argumente gegen die reine Gütertrennung 96 3.1.2. Argumente gegen die Errungenschaftsgemeinschaft 96 3.1.3. Argumente für die Zugewinngemeinschaft 97 3.2. Begriffsbestimmung und Vermögensverwaltung 98 3.3. Zugewinnausgleich bei Beendigung der Ehe durch den Tod eines Ehegatten 99 3.4. Zugewinnausgleich in anderen Fällen 100 3.5. Die Protest-Erklärung des Art. 8 Abs. 1 Nr. 3, 4 GleichberG 103 3.6. Kritik am neuen gesetzlichen Güterstand nach Inkrafttreten des GleichberG und Bewertung im Verhältnis zum vorangegangenen Richterrecht 104 3.6.1. Kritik 104 3.6.2. Vergleich zum vorausgehenden Richterrecht 105 III. Vergleich der Entwicklungen im gesetzlichen Güterrecht zwischen der DDR und der Bundesrepublik Deutschland 107 1. Die Überbrückung der gesetzeslosen Zeit 107 6

2. Die neuen gesetzlichen Güterstände 109 3. Die Vertragsfreiheit im Ehegüterrecht 116 Teil C: Die Entwicklungen im Ehegattenunterhaltsrecht 119 I. Deutsche Demokratische Republik 119 1. Die Rechtsprechung zum neuen Unterhaltsrecht 119 1.1. Die Unterhaltsverpflichtungen der Ehegatten während des Bestehens der Ehe 119 1.1.1. Der Unterhalt der zusammenlebenden Ehegatten 119 1.1.2. Der Unterhalt der getrennt lebenden Ehegatten 121 1.2. Der Unterhalt der geschiedenen Ehegatten 122 1.2.1. Die Scheidung nach dem EheG 46 122 1.2.2. Die Unterhaltspflicht bei Scheidung wegen Verschuldens 123 1.2.3. Die Unterhaltspflicht bei Scheidung aus anderen Gründen 124 2. Der Entwurf eines Familiengesetzbuches von 1954 125 2.1. Die systematische Stellung des Unterhaltsrechts der Ehegatten 125 2.2. Die Unterhaltspflichten während der Ehe 125 2.2.1 Die Unterhaltspflichten während des Zusammenlebens 125 2.2.2 Der Unterhalt während des Getrenntlebens 126 2.3. Der Unterhalt bei Scheidung 127 3. Die Verordnung über Eheschließung und Eheauflösung vom 24. November 1955 128 3.1. Allgemeines 128 3.2. Der Unterhalt der geschiedenen Ehegatten 129 4. Das Familiengesetzbuch vom 20. Dezember 1965 131 4.1. Allgemeines 131 4.2. Familienaufwendungen 133 4.3. Der Unterhalt 135 4.3.1. Der Unterhalt während des Getrenntlebens 135 4.3.2. Der Unterhalt nach Scheidung 137 1) Allgemeines 137 2) Entstehungsvoraussetzungen des Unterhaltsanspruches 138 a) Bedürftigkeit 138 aa) Unterhalt wegen Krankheit, 29 Abs. 1 1. Alt. FGB 138 bb) Unterhalt wegen Erziehung der Kinder, 29 Abs. 1 2. Alt. FGB 139 cc) Unterhalt aus anderen Gründen, 29 Abs. 1 3. Alt. FGB 139 b) Leistungsfähigkeit 140 c) Ausschlusstatbestände 140 3) Bemessung des Unterhaltes 141 a) Dauer 141 b) Höhe 141 4) Verfahren 142 7

5) Unterhaltsvereinbarungen 142 II. Bundesrepublik Deutschland 144 1. Der Ehegattenunterhalt nach dem Regierungsentwurf I 144 1.1. Der Unterhalt während des Zusammenlebens 144 1.2. Der Unterhalt während des Getrenntlebens 145 1.3. Der Unterhalt der geschiedenen Ehegatten 146 2. Das Gesetzesvakuum im Unterhaltsrecht 147 2.1. Die Rechtsprechung 147 2.1.1. Der Unterhalt der zusammenlebenden Ehegatten 147 2.1.2. Der Unterhalt getrennt lebender Ehegatten 149 2.2. Die Literatur 149 2.2.1. Der Unterhalt der zusammenlebenden Ehegatten 150 2.2.2. Der Unterhalt der getrennt lebenden Ehegatten 150 2.3. Der Unterhalt der geschiedenen Ehegatten gemäß 58 ff. EheG 151 2.3.1. Die Anwendung von 58 ff. EheG 151 2.3.2. Voraussetzungen des Unterhaltsanspruches 153 2.3.3. Der Umfang des Unterhaltsanspruches 153 2.3.4. Die Anrechnung der Erträgnisse einer Erwerbstätigkeit des Berechtigten 154 3. Das Gleichberechtigungsgesetz vom 18. Juni 1957 154 3.1. Allgemeines 154 3.2. Der Familienunterhalt bei häuslicher Gemeinschaft der Ehegatten 155 3.3. Der Unterhaltsanspruch beim Getrenntleben 157 3.4. Das GleichberG im Vergleich zum Richterrecht 159 III. Vergleich der Entwicklungen im Ehegattenunterhaltsrecht zwischen der DDR und der Bundesrepublik Deutschland 161 1. Zur Entwicklung vor den Gesetzesreformen 161 1.1. Der Unterhalt der zusammenlebenden Ehegatten 161 1.2. Der Unterhalt der getrennt lebenden Ehegatten 161 1.3. Der Unterhalt der geschiedenen Ehegatten 162 2. Die Unterhaltsregelungen nach neuem Recht 163 2.1. Unterhaltspflichten in der Ehe 163 2.1.1. Familienaufwendungen bzw. Familienunterhalt 163 2.1.2. Unterhalt bei getrennt lebenden Ehegatten 165 2.2. Der Unterhalt zwischen geschiedenen Ehegatten 166 2.3. Resümee 168 Quellen- und Literaturverzeichnis 171 Abkürzungsverzeichnis 183 8

Einleitung In beiden deutschen Teilstaaten haben die Regelungen des Familienrechts bis zum Jahre 1965 weitgehende Veränderungen erfahren und sich - trotz gleicher historischer und kultureller Voraussetzungen - enorm auseinanderentwickelt. Zwar garantierten beide Verfassungen Ehe und Familie besonderen staatlichen Schutz und in beiden Staaten fanden umfassende Gesetzesreformen statt, dennoch standen sich bereits im Jahre 1965 stark verschiedene Normensysteme gegenüber. Der Gesetzgeber der Bundesrepublik ordnete Ehe und Familie dem privaten Raum zu, wohingegen in der DDR die Familie als Kollektiv verstanden wurde, dessen absolute Integration in die Gesellschaft angestrebt wurde. Diese Gegensätzlichkeiten sind insoweit nicht verwunderlich, als unterschiedliche Ideologien sich gerade im Familienrecht besonders stark niederschlagen, da das Familienrecht einen Staates auch ein Spiegel von dessen Gesellschafts- und Wirtschaftsordnung ist. In diesem Zusammenhang ist der Umstand von besonderer Bedeutung, dass sich beide deutsche Staaten beinahe zu gleicher Zeit mit einem veränderten Rollenverständnis der Geschlechter auseinanderzusetzen hatten. Während der Gesetzgeber der DDR die Gleichberechtigung der Frau als Gleichverpflichtung im Sinne einer Arbeitspflicht der Frau interpretierte, so hielt der Gesetzgeber der Bundesrepublik am Leitbild der Hausfrauenehe fest. Durch diesen gegensätzlichen Ansatzpunkt wurden Leitbilder geschaffen, die sich stark auch auf das Familienrecht, insbesondere das Ehegüterrecht und das Unterhaltsrecht, auswirkten. Gegenstand dieser Arbeit ist es deshalb, sowohl die Unterschiede als auch die wenigen Gemeinsamkeiten beider deutscher Staaten bezüglich des Ehegüterrechts und des Unterhaltsrechts unter dem besonderen Aspekt der Gleichberechtigung der Geschlechter darzustellen. Die Verfasserin bemüht sich dabei, es nicht allein bei der Theorie, also der bloßen Darstellung der Rechtsnormen, zu belassen, sondern auch der Wirklichkeit, soweit dies möglich ist, durch die Darstellung zahlreicher Gerichtsentscheidungen und statistischer Angaben Rechnung zu tragen. 9

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1. Abschnitt: Die Entwicklung der familienrechtlichen Stellung der Frau vor 1945 I. Die familienrechtlichen Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuches in der Fassung vom 18. August 1896 Nach dem Familienrecht des ersten einheitlichen bürgerlichen Gesetzbuches für das Deutsche Reich war die Frau weitgehend rechtlos an ihrem Vermögen und ihrer Arbeitskraft. Obwohl im Allgemeinen Teil des BGB Frauen die allgemeine Geschäfts- und Prozessfähigkeit zugestanden worden war, wurde sie verheirateten Frauen mit der Eheschließung durch die dann einschlägigen Normen des Familienrechts weitgehend wieder genommen. 1 1. Darstellung und Bewertung der persönlichen Beziehungen der Ehegatten Als Leitprinzip bestimmte 1354 a. F. 2 : "Dem Manne steht die Entscheidung in allen das gemeinschaftliche eheliche Leben betreffenden Angelegenheiten zu; er bestimmt insbesondere Wohnort und Wohnung. Die Frau ist nicht verpflichtet, der Entscheidung des Mannes Folge zu leisten, wenn sich die Entscheidung als Missbrauch seines Rechtes darstellt." Damit gewährte das BGB dem Mann ein generelles Entscheidungsrecht in allen Angelegenheiten des ehelichen Lebens. Die Frau hatte der Entscheidung des Mannes Folge zu leisten. Damit trat im Ausgangspunkt keine wesentliche Unterscheidung von den Vorstellungen des bisher geltenden Rechtes ein. 3 In den Vorschriften der 1356 4 und 1358 5 spiegelte sich die 1 H. Vaupel, Die Familienrechtsreform in den fünfziger Jahren im Zeichen widerstreitender Weltanschauungen, Diss. jur.,1998, S.23 2 Paragraphen ohne Zusatz sind solche des BGB in der Fassung von 1900. 3 Vergleiche Allgemeines Landrecht für die preußischen Staaten von 1794, 2.Teil, 1.Titel, 184: "Der Mann ist das Haupt der ehelichen Gesellschaft; und sein Entschluss gibt in den gemeinschaftlichen Angelegenheiten den Ausschlag."; vgl. Vaupel S.26. 4 1356 lautete: "Die Frau ist, unbeschadet der Vorschriften des 1354, berechtigt und verpflichtet, das gemeinschaftliche Hauswesen zu leiten. Zu Arbeiten im Hauswesen und im Geschäfte des Mannes ist die Frau verpflichtet, soweit eine solche Tätigkeit nach den Verhältnissen, in denen die Ehegatten leben, üblich ist." 5 1358 Abs.1 lautete: "Hat sich die Frau einem Dritten gegenüber zu einer von ihr in Person zu bewirkenden Leistung verpflichtet, so kann der Mann das Rechtsverhältnis ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen, wenn er auf seinen Antrag von dem Vormundschaftsgerichte 11

geschlechtsspezifische Arbeitsteilung wider, die das Gesetz den Ehepartnern zudachte. Das BGB hielt an einem System der Funktionsteilung zwischen Mann und Frau fest und war beherrscht von der alten deutschen Devise "Die Frau gehört ins Haus". 6 Dies fand besonderen Ausdruck in der Bestimmung des 1356. Dadurch wurde der Frau die Haushaltsführung als Aufgabenbereich zugewiesen und zwingend festgelegt, dass mit der Eheschließung jede Frau zur Leitung des Hauswesens verpflichtet war. Der Gesetzgeber wollte die eheliche Gemeinschaft jedoch nicht allein auf das Hauswesen beschränken. Er ordnete vielmehr auch das Geschäfts- und Berufsleben der ehelichen Gemeinschaft zu. Die Ehefrau sollte daher - je nach standesgemäßer Üblichkeit - Mithilfe im Geschäft des Mannes zu leisten haben. 7 Als Äquivalent zur Haushaltsführung verpflichtete das BGB grundsätzlich allein den Mann zur finanziellen Versorgung der Frau, insbesondere im Rahmen des Unterhaltsrechtes und des gesetzlichen Güterrechtes ( 1360 Abs. 1, 1389). Die Vorrangstellung des Mannes in der Ehe zog sich sehr konsequent auch durch die Bestimmungen über den Unterhalt unter Ehegatten und den gesetzlichen Güterstand. 2. Darstellung und Bewertung des gesetzlichen Güterstandes der Verwaltung und Nutznießung Nach der damaligen Auffassung bestand der Sinn und Zweck der Verwaltungsgemeinschaft darin, dass die Zuständigkeit des beiderseitigen Vermögens der Ehegatten durch die Ehe nicht geändert wurde und dass der Mann die Lasten der Ehe (den ehelichen Aufwand) allein zu tragen hatte, die Frau dazu aber dadurch beizutragen hatte, dass ihr Vermögen der Verwaltung und Nutzung des Mannes unterworfen werde. 8 2.1. Allgemeine Grundsätze Gemäß 1363 9 wurde grundsätzlich das gesamte Vermögen der Frau, sowohl das zur Zeit der Eheschließung vorhandene als das während der Ehe erworbene, eingebrachtes Gut, also solches, das der Verwaltung und Nutznießung des dazu ermächtigt worden ist. Das Vormundschaftsgericht hat die Ermächtigung zu erteilen, wenn sich ergibt, dass die Tätigkeit der Frau die ehelichen Interessen beeinträchtigt." 6 Vgl. G. Boehmer, Die Gleichberechtigung der Frau im Eherecht, MDR 1950, 385 (387); Vaupel S.34 7 Vgl. Vaupel S.35 8 Vgl. G. Planck, Bürgerliches Gesetzbuch, 4. Band, Familienrecht, Berlin 1901 9 1363 lautete: "Das Vermögen der Frau wird durch die Eheschließung der Verwaltung und Nutznießung des Mannes unterworfen (eingebrachtes Gut). Zum eingebrachten Gut gehört auch das Vermögen, das die Frau während der Ehe erwirbt." 12

Mannes zu unterwerfen war. 10 Einzige Ausnahme bildete das sogenannte Vorbehaltsgut, 1365. 11 Darunter war das Vermögen der Frau zu verstehen, auf das sich - ausnahmsweise - die Verwaltung und Nutznießung des Mannes nicht erstreckte. 12 Die Abgrenzung fand negativ statt, das heißt, dass alles, was gesetzlich nicht eindeutig als Vorbehaltsgut bezeichnet wurde, als eingebrachtes Gut anzusehen war. 13 Gemäß 1366 waren ausschließlich zum persönlichen Gebrauch der Frau bestimmte Sachen Vorbehaltsgut. Nach 1367 gehörte ferner zum Vorbehaltsgut, was die Frau durch ihre Arbeit oder durch den selbständigen Betrieb eines Erwerbsgeschäftes erwarb. 14 1368 bestimmte, dass das Vorbehaltsgut sei, was durch Ehevertrag dafür erklärt wurde. Ferner ordnete 1369 an, dass Vorbehaltsgut werde, was die Frau von Todes wegen oder durch Schenkung erwerbe, jedoch mit der Einschränkung, dass dies ausdrücklich bestimmt sein müsste. Konsequenzen ergaben sich aus der rechtlichen Behandlung des Vorbehaltsgutes. Gemäß 1371 fanden die für die Gütertrennung geltenden Vorschriften entsprechende Anwendung. 15 Das Vorhandensein von Vorbehaltsgut bedeutete somit eine teilweise Gütertrennung. 16 2.2. Verwaltung Der Mann hatte kraft Gesetzes das selbständige, gegen jeden Dritten verfolgbare (absolute) Recht, das eingebrachte Gut zu verwalten. Diesem Recht entsprach seine Pflicht, die Verwaltung ordnungsgemäß zu führen, 1374. 17 Er 10 E. Goldmann/L. Lilienthal/L. Sternberg, Das Bürgerliche Gesetzbuch, Band 3, Familienrecht, 1921, S.102 f. 11 1365 lautete: "Die Verwaltung und Nutznießung erstreckt sich nicht auf das Vorbehaltsgut der Frau." 12 Lilienthal /Goldmann /Sternberg S.104 13 Bis zum Beweise des Gegenteiles galt jeder Bestandteil des Frauenvermögens als eingebrachtes Gut; vgl. RG Band 65, 368; Lilienthal /Goldmann /Sternberg S.104. 14 1367 bestimmte jedoch nicht, wann eine Frau selbständig erwerben durfte, dafür waren die 1354, 1358 maßgeblich, wonach der Mann seiner Frau eine Erwerbstätigkeit unter Umständen untersagen konnte; ferner gehörte das, was die Frau im Rahmen ihrer Mitarbeitspflicht des 1356 Abs.2 im Hauswesen und Geschäfte des Mannes erwarb, allein dem Mann, eine Tätigkeit im Sinne des 1367 musste deshalb außerhalb dieses Wirkungskreises liegen; vgl. Planck S.103. 15 1371 1. HS lautete: "Auf das Vorbehaltsgut finden die bei der Gütertrennung für das Vermögen der Frau geltenden Vorschriften entsprechende Anwendung." 16 Goldmann /Lilienthal /Sternberg S.109 17 Der Mann hatte alle Handlungen vorzunehmen und alle Rechtsgeschäfte abzuschließen, welche zur Erhaltung und zu der durch eine ordnungsgemäße Verwaltung gebotenen Verbesserung des eingebrachten Gutes erforderlich waren; so oblag ihm z.b., die eingebrachten Sachen gegen Feuergefahr zu versichern; vgl. RG Bd.76 S, 136; Goldmann/Lilienthal/Sternberg S.111. Gemäß 1375 war der Mann jedoch nicht berechtigt, die Frau durch Rechtsgeschäfte zu verpflichten oder über eingebrachtes Gut ohne ihre Zustimmung 13

hatte der Frau dabei für diejenige Sorgfalt einzustehen, welche er in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegte, 1359. Um sein Recht zur Verwaltung wirksam ausüben und seiner Pflicht zur ordnungsgemäßen Verwaltung genügen zu können, war er aus 1373 berechtigt, sowohl von Dritten als auch von der Frau die Einräumung des Besitzes aller Sachen, die zum eingebrachten Gute gehören, zu verlangen. 18 2.3. Nutznießung An dem eingebrachten Gute stand dem Manne neben der Verwaltung das Recht der Nutznießung zu. Gemäß 1383 erwarb der Mann die Nutzungen des eingebrachten Gutes in derselben Weise wie ein Nießbraucher. Er wurde berechtigt, die Nutzungen der Sache selbst zu ziehen, mit der Trennung erwarb er das Eigentum an den natürlichen Früchten, er wurde unmittelbar Forderungsberechtigter derjenigen Leistungen, in welchen die Nutzungen eines Rechtes bestanden. Der Mann erwarb die Nutzungen auch in selbem Umfang wie ein Nießbraucher: Sein Recht erstreckte sich auf alle Nutzungen des eingebrachten Vermögens, auch auf diejenigen, welche er im Übermaße zog. Falls zum eingebrachten Gute eine Leibrente oder eine dingliches Recht gehörte, so standen dem Mann die einzelnen sich ergebenden Leistungen zu. Jedoch stand gemäß 1384 dem Recht des Mannes, sämtliche Leistungen zu ziehen, u.a. die Verpflichtung gegenüber, jegliche Kosten zu tragen, welche durch das Gewinnen der Nutzungen entstanden. 19 Der Überlassung sämtlicher Nutzungen des Frauenvermögens stand ferner die Verpflichtung des Mannes gegenüber, die Kosten des ehelichen Aufwandes allein und aus eigenen Mitteln zu tragen, 1389. Dazu gehörte an erste Stelle neben dem eigenen Lebensunterhalt des Mannes der seiner Frau und der gemeinschaftlichen Abkömmlinge. 20 Gemäß 1389 Abs. 2 hatte der Mann zum Bestreiten der zu verfügen. Folglich konnte er, war zur ordnungsgemäßen Verwaltung die Vornahme eines obligatorischen Rechtsgeschäftes erforderlich, es im eigenen Namen vornehmen und wurde selbst unmittelbar berechtigt und verpflichtet. Wollte er es im Namen der Frau vornehmen, so bedurfte er ihre Zustimmung. War eine Verfügung erforderlich, so konnte er sie nur in den Fällen des 1376: "Ohne Zustimmung der Frau kann der Mann: Nr.1: über Geld und andere verbrauchbare Sachen der Frau verfügen" ohne Zustimmung der Frau mit Wirksamkeit gegen sie und zwar sowohl im eigenen Namen wie im Namen der Frau vornehmen; jedoch konnte die Zustimmung auch bei Verfügungen gemäß 1379 vom Vormundschaftsgericht ersetzt werden, wenn die Frau sie ohne ausreichenden Grund verweigerte; vgl. Goldmann/Lilienthal/Sternberg S.112 ff. 18 Goldmann /Lilienthal /Sternberg S.110/111 19 aao. S.122f. 20 Die Verpflichtung des Mannes zur Gewährung des Unterhaltes an die Frau wurde auch im 1360 und zur Gewährung des Unterhaltes an die Kinder im 1601 bestimmt: Etwas Neues schrieb der 1389 folglich nur insofern vor, als die Verpflichtung des Mannes, den 14

dazu erforderlichen Kosten den Reinertrag der eingebrachten Gutes ohne Rücksicht auf anderweitige Verbindlichkeiten zu verwenden. 21 2.4. Die Rechtsstellung der Frau in Ansehung des eingebrachten Gutes Die Ehefrau wurde in ihren Rechten in Ansehung des eingebrachten Gutes stark beschränkt: Nach 1395 bedurfte sie zur Verfügung darüber der Einwilligung des Mannes. Verfügte sie ohne diese, so hing die Wirksamkeit des Vertrages von der Genehmigung des Mannes ab, 1396. Einseitige Rechtsgeschäfte, durch die die Frau ohne Einwilligung über eingebrachtes Gut verfügte, waren nach 1398 unwirksam. Gemäß 1400 Abs. 2 fehlte ihr für Klagen, durch die sie ein zum eingebrachten Gute gehörendes Recht geltend machte, die Aktivlegitimation; sie konnte einen derartigen Prozess nur mit der Zustimmung ihres Mannes führen. 2.5. Beendigung des gesetzlichen Güterstandes Die Verwaltung und Nutznießung endete mit der Scheidung der Ehe. Die Beendigung hatte zur Folge, dass der Mann das eingebrachte Gut der Frau herausgeben musste, das Nähere regelten die 1421 bis 1424. 22 2.6. Bewertung An dem von ihr in die Ehe eingebrachten Gute war die Frau weitgehend rechtlos: Gemäß 1395 ff. konnte sie ohne Zustimmung des Mannes nicht darüber verfügen. De jure war sie somit zwar Eigentümerin, konnte de facto aber kaum Rechte aus ihrem Eigentum ausüben. Die Nutzungen des eingebrachten Gutes erwarb der Mann wie ein Nießbraucher : Er wurde Eigentümer der natürlichen Früchte mit Trennung und unmittelbar Forderungsberechtigter der Leistungen, in denen die Nutzungen eines Rechtes bestanden. Somit stand der Frau an den Nutzungen nicht einmal de jure irgendeine Berechtigung zu. Zwar gehörte zum Vorbehaltsgut und somit zur freien Verfügung der Frau, was diese durch Arbeit oder durch den gemeinschaftlichen Abkömmlingen Unterhalt zu gewähren, auch gegenüber der Frau bestehen sollte; vgl. Planck S. 137. 21 Andernfalls würde nach 1360 eine Verletzung der Unterhaltspflicht, welche dem Mann der Frau gegenüber oblag, in den Fällen nicht vorgelegen haben, wenn der Mann den Unterhalt wegen Unvermögens nicht gewähren konnte, und zwar selbst dann nicht, falls der Reinertrag, welchen das eingebrachte Gut abwarf oder bei ordnungsgemäßer Verwaltung und Nutznießung abgeworfen hätte, zwar ausreichend gewesen wäre zur Bestreitung des Unterhaltes der Familie, der Mann jedoch so viele Schulden hatte, dass nach deren Abzug für den Unterhalt nicht genügend übrig geblieben wäre; vgl. Planck aao. 22 Planck S.173 15

selbständigen Betrieb eines Erwerbsgeschäftes erwarb, jedoch war der Mann gemäß 1353, 1354, 1358 bei Vorliegen der Voraussetzungen berechtigt, der Frau ein Arbeitsverhältnis zu untersagen bzw. zu kündigen. Ferner musste es sich bei 1367 um eine Tätigkeit handeln, die die Frau weder im Hauswesen noch im Geschäfte des Mannes vornahm, denn das, was die Frau im Rahmen ihrer Mitarbeitsverpflichtung im Hauswesen und dem Geschäfte des Mann, 1356 Abs. 2, erarbeitete, gehörte dem Mann allein. Somit erhielt die Frau keinerlei Beteiligung am erzielten Vermögenszuwachs in der Ehe. Dies war deshalb besonders ungerecht, weil die Frau zwar als Witwe einen Anteil am Vermögen erhielt, nicht aber bei der Scheidung, selbst wenn der Mann diese ausschließlich verschuldet hatte. 23 Die Bestimmungen über den gesetzlichen Güterstand waren deshalb eine konsequente Fortführung des in 1354 enthaltenen Leitbildes, der Vorrangstellung des Mannes. 24 3. Darstellung und Bewertung des Unterhaltsrechtes 1360 Abs. 1 ordnete die Voraussetzungen des Unterhaltsanspruches der Frau gegenüber dem Mann und das Maß des der Frau gebührenden Unterhaltes an. Danach bestand ein Anspruch nur, wenn der Mann nach Maßgabe seines Vermögens und seiner Erwerbsfähigkeit den Unterhalt zu leisten imstande war. Die Unterhaltspflicht fand demnach in der Leistungsgrenze des Mannes ihre Grenzen. Das Maß des Unterhaltes bestimmte sich allein nach der Lebensstellung, dem Vermögen und der Erwerbsfähigkeit des Mannes. 25 In Absatz 2 26 waren die Voraussetzungen des Unterhaltsanspruches des Mannes gegenüber der Frau geregelt. Die Unterhaltspflicht unterschied sich von der des Mannes dadurch, dass sie eine subsidiäre war. Voraussetzung war, dass der Mann außer Stande war, sich selbst zu unterhalten. Das war insbesondere dann gegeben, wenn er ohne Vermögen und erwerbsunfähig war. Diese beiden Begriffe, Vermögenslosigkeit und Erwerbsunfähigkeit, waren relativ zu verstehen: Der Mann war dann erwerbsunfähig, wenn und soweit er außer Stande war, aus dem Ertrag einer Arbeit, die ihm nach seiner Lebensstellung zumutbar war, seinen Unterhalt zu bestreiten. Getrenntleben hatte keinen Einfluss auf die Unterhaltsverpflichtungen, außer, dass die Entrichtung nunmehr in Form einer Geldrente zu erfolgen hatte. Die Voraussetzungen der 23 M. Weber, Ehefrau und Mutter in der Rechtsentwicklung, 1907, S.475; J. Offen, Von der Verwaltungsgemeinschaft des BGB zur Zugewinngemeinschaft des Gleichberechtigungsgesetzes von 1957, 1994, S.18 24 Vaupel S.49 25 Planck S.90f. 26 1360 Abs.2 lautete: "Die Frau hat dem Manne, wenn er außer Stande ist, sich selbst zu unterhalten, den seiner Lebensstellung entsprechenden Unterhalt nach Maßgabe ihres Vermögens und ihrer Erwerbsfähigkeit zu gewähren." 16

Anwendbarkeit des 1361 27 waren erstens, dass die Ehegatten getrennt lebten, zum anderen, dass einer der Ehegatten nach 1353 das Recht auf Trennung hatte. 28 Wenn die Ehe geschieden wurde, so entfiel damit auch die gegenseitige Unterhaltspflicht. Allein der für schuldig erklärte Ehegatte musste dem anderen den Unterhalt gewähren. Diese Unterhaltspflicht wurde in den 1579 bis 1582 besonders geregelt. 29 Die Arbeiten, welche die Ehefrau im Hauswesen und im Geschäft des Mannes ausführte, wozu sie gemäß 1356 Abs. 2 verpflichtet war, wurden somit nicht als Unterhaltsleistungen angesehen, sondern als unentgeltliche selbstverständliche Tätigkeiten, die sie als Ehefrau zu erfüllen hatte. Die Zunahme der weiblichen Berufstätigkeit in breiten Schichten der Bevölkerung 30 berücksichtigte das BGB zwar bei der Unterhaltsverpflichtung: Die Frau musste im Falle des männlichen Unvermögens nicht mehr nur ihr Vermögen, sondern auch ihre Arbeitskraft zur Leistung des von ihr geschuldeten Unterhaltes einsetzen. 31 Jedoch sah das BGB eine eigene Erwerbstätigkeit der Ehefrau als unüblich und unerwünscht an. Die sogenannte Berufsfrauenehe, eine ebenfalls in dieser Zeit existierende Eheform, wurde insofern nicht beachtet, vielmehr orientierte sich der Gesetzgeber an dem besitzenden, dem mittleren und gehobenen Bürgertum. Das zeigte sich u.a. an der Regelung des 1356 Abs. 2, welcher sich an die Frau des besitzendes Bürgers, des Landwirtes, des Ladeninhabers usw. richtete. Jedoch sah der Gesetzgeber eine Erwerbstätigkeit der Ehefrau dann als zulässig an, falls sie notwendig war, um die wirtschaftliche Existenz der Familie zu sichern. Damit schaffte das BGB im Ergebnis ein schichtenverschiedenes Eherecht: Der Frau 27 1361 Abs.1 1.HS. lautete: "Leben die Ehegatten getrennt, so ist, solange einer von ihnen die Herstellung des ehelichen Lebens verweigern darf und verweigert, der Unterhalt durch Entrichtung einer Geldrente zu gewähren." 28 Planck S.94 29 aao. S.92 30 Mit der seit 1800 fortschreitenden Industrialisierung ging die Verlagerung der Produktionsstätte aus dem Haus einher, womit sich auch die Stellung der Frau wesentlich wandelte. Ausführlich dazu H. Dörner, Industrialisierung und Familienrecht, 1974, S.67ff.; Vaupel S.47. Der Anteil der Frauen, welche (in steigendem Maße) aus dem Haus gingen, um durch ihre außerhäuslichen Tätigkeiten das Familieneinkommen aufzubessern, wurde stetig größer. Vor allem Ehefrauen aus der Arbeiterklasse trugen durch ihre Arbeitskraft zum Lebensunterhalt der Familie bei, und ihre Teilnahme am Berufsleben stieg ständig: 1816 waren in Deutschland noch fünfmal soviele Männer wie Frauen erwerbstätig, dreißig Jahre später waren es nur noch dreieinhalb mal soviele. Von 1875 bis 1882 verfünffachte sich die Anzahl der weiblichen Berufstätigen von 1,1 Millionen auf 5,5 Millionen. Im Jahre 1895 waren es bereits 6,6 Millionen (das entsprach knapp 25 % der weiblichen Bevölkerung). 1907 wurden 9,5 Millionen (das entsprach 33,8 %) gezählt. Vgl. Vaupel S. 47; Offen S.14; A. Möller, Unruhige Zeiten, 1963, S.40. 31 Dörner S.99 17

aus den arbeitenden Klassen, welche, ebenso wie ihr Mann, zu einer außerfamiliären Arbeit gezwungen war, um die Familie ernähren zu können, gewährte das BGB die ungehinderte berufliche Tätigkeit. Dem Mann blieb wegen der wirtschaftlichen Erforderlichkeit die Ausübung seines Rechtes aus 1358 Abs. 1 verwehrt, wobei sich jedoch die Frage der Untersagung einer Berufstätigkeit in der Regel auch nicht stellte. Darüber hinaus bildete die wirtschaftliche Mitverantwortung der Frau einen Faktor, welcher bei Entscheidungen über Dinge des Ehelebens zu berücksichtigen war und das männliche Alleinbestimmungsrecht relativierte. Im mittleren und gehobenen Bürgertum jedoch, in dem die Bestreitung des Lebensunterhaltes allein dem Mann oblag, entfalteten dessen Rechte aus 1354 Abs. 1, 1358 Abs. 1, sowie die Mitarbeitspflicht der Frau nach 1356 Abs. 2 ihre volle Wirksamkeit. 32 II. Die Gleichberechtigung in der Weimarer Reichsverfassung Eine Neuerung enthielt die Weimarer Reichsverfassung vom 18. November 1919, in der nicht nur die Gedanken der Gleichheit vor dem Gesetz, 33 sondern insbesondere die Gleichberechtigung von Mann und Frau in einigen Artikeln zum Ausdruck kam. So wurde beispielsweise in Art. 109 Abs. 2 WRV 34 die staatsbürgerliche Gleichheit von Mann und normiert. Art 119 Abs. 1 S. 2 WRV 35 bestimmte die Gleichberechtigung der Geschlechter als Basis der Ehe. Jedoch war die Gleichberechtigung auch für diese Bereiche nicht ohne Einschränkungen: Durch das Hinzufügen des Wortes "Grundsätzlich" in Art. 109 Abs. 2 WRV wurde der Vorbehalt für Ausnahmeregelungen geschaffen, so dass Normen des einfachen Gesetzesrechtes (Reichs- und Landesgesetze) eine Ungleichbehandlung allein wegen Geschlechtszugehörigkeit festlegen konnten. 36 Ferner sollte nach überwiegender Meinung dem Grundsatz der Gleichberechtigung in der Ehe keine unmittelbare Rechtswirkung dergestalt zugesprochen werden, dass entgegenstehende Bestimmungen, vor allem die des 32 Dörner S. 101; Vaupel S.51f. 33 Art.119 Abs.1 WRV lautete: "Alle Deutschen sind vor dem Gesetz gleich." Das Prinzip der Gleichheit vor dem Gesetz war dem deutschen Verfassungsrecht nicht neu. Es hieß beispielsweise in Art.4 der preußischen Verfassung vom 31. Januar 1850: "Alle Preußen sind vor dem Gesetz gleich."; vgl. Vaupel S.55. 34 Art.109 Abs.2 bestimmte:"männer und Frauen haben grundsätzlich dieselben staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten." 35 Art.119 Abs.1 lautete:"die Ehe steht als Grundlage des Familienlebens und der Erhaltung und Vermehrung der Nation unter dem besonderen Schutz der Verfassung. Sie beruht auf der Gleichberechtigung der beiden Geschlechter." 36 G. Anschütz, Die Verfassung des Deutschen Reiches vom 11. August 1919, Ein Kommentar für Wissenschaft und Praxis, 9. Auflage, 1929, S.309 18

BGB, außer Kraft gesetzt seien. 37 Art. 119 Abs. 1 S. 2 WRV wurde insbesondere eine direktive Funktion für zukünftiges Recht zugewiesen. 38 Bis zu dessen Erlass sollte es bei dem geltenden Recht bleiben. 39 Es wurden zahlreiche Reformvorschläge erarbeitet und diskutiert. 40 Art. 119 Abs. 1 S. 2 WRV intensivierte auch die Diskussion über die Reform des ehelichen Güterrechtes. 41 Die Reform war Thema auf zwei deutschen Juristentagen, dem 33. Deutschen Juristentag 1925 in Heidelberg mit der Frage, welche Richtlinien für die zukünftige Gestaltung des ehelichen Güterrechtes aufzustellen seien 42, und auf dem 36. Deutschen Juristentag 1931 in Lübeck im Rahmen der umfassenderen Fragestellung, inwieweit die familienrechtlichen Vorschriften des BGB mit Rücksicht auf den die Gleichberechtigung der Geschlechter aussprechenden Art. 119 Abs. 1 S. 2 WRV einer Änderung bedurften. In Lübeck kam man zu dem Ergebnis, dass die das Rechtsverhältnis der Ehegatten und Eltern regelnden Teile des BGB nicht nur mit Rücksicht auf Art. 119 Abs. 1 S. 2 WRV einer Umgestaltung bedurften, sondern auch wegen der veränderten wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Funktion der Frau und erarbeitete detaillierte Empfehlungen als Grundlage für den Gesetzgeber. 43 Eine Novellierung des Familienrechtes erfolgte während der Zeit der Weimarer Republik bekanntlich nicht, 44 so dass es bei den patriarchalischen Bestimmungen des BGB blieb. III. Die rechtlichen und soziologischen Auswirkungen des zweiten Weltkrieges Das Familienrecht nach dem zweiten Weltkrieg entsprach inhaltlich größtenteils der Fassung, die bei Inkrafttreten des BGB am 1. Januar 1900 galt. Der Alliierte Kontrollrat ließ in seiner Gesetzgebung der ersten Nachkriegsjahre das überkommenen Grundsystem des BGB unangetastet. 45 Die 37 Vgl. für alle Anschütz aao.; dagegen nur H. Kröger, DJZ 1922, 601; vgl. I. Schwanecke, Die Gleichberechtigung der Frau nach der Weimarer Reichsverfassung, Diss. jur Heidelberg, 1977, S.66. 38 Vaupel S.56 39 Anschütz S.326 40 A. Grandke, Rechtsordnung der DDR, 1995, S.177 41 Vgl. die zahlreichen Beiträge zu diesem Thema, z.b. Fuchs, Die Neuordnung des ehelichen Güter- und Erbrechtes, JW 1920, 60; Heinsheimer, Welche Richtlinien sind für die zukünftige Gestaltung des ehelichen Güterrechtes aufzustellen?, DJZ 1924, S.667; vgl. Schwanecke S.69. 42 Mit nur einer Gegenstimme wurde als neuer gesetzlicher Güterstand die Gütertrennung mit der Beteiligung beider Ehegatten an der Errungenschaft empfohlen; vgl. Schwanecke S.69. 43 Schwanecke S.69/70 44 Grandke S.177 45 H. Dilcher, Bürgerliches Recht in den Westzonen 1945 bis 1949, Ein Beitrag zur Privatrechtsgeschichte der Neuzeit, S.221 (223ff.); Vaupel S.91 19

Familienrechtskonzepte der Nationalsozialisten enthielten allesamt Elemente, die auf den bevölkerungspolitischen Ideen und auf der nationalsozialistischen Ehegesundheits- und Rassenideologie basierten. Das von rassistischen Leitbildern dominierte Ehegesetz von 1938 war die einzig größere Familienrechtsreform der Jahre 1933 bis 1945. 46 Es regelte nur das Recht über die Eheschließung- und Ehescheidung neu, die Regelungen über das Verhältnis der Ehegatten untereinander wurden folglich unberührt gelassen. Der Alliierte Kontrollrat hob dieses Ehegesetz am 20. Februar 1946 auf und setzte statt dessen mit dem Kontrollratsgesetz eine "entnazifizierte" Fassung in Kraft. 47 Damit behielt das Eheschließung- und Ehescheidungsrecht seine gesetzliche Grundlage außerhalb des BGB. 48 Im Widerspruch zu der patriarchalischen Vorherrschaft des Mannes über die Frau im Ehe- und Familienrecht stand jedoch die zentrale Stellung der Frau in der Kriegs- und Nachkriegsgesellschaft. Mit dem Beginn des Zweiten Weltkrieges hatte sich die Anzahl der erwerbstätigen verheirateten Frauen stark erhöht und alle Bevölkerungsschichten erfasst. Diese Entwicklung war u.a. die Folge einer Aufrüstungs- und Kriegspolitik, welche viele Arbeitskräfte erforderlich machte und große Bemühungen unternahm, verheiratete Frauen als Arbeiterinnen und Angestellte erwerbstätig bleiben oder werden zu lassen, um die sich im Kriegsdienst befindenden männlichen Arbeiter zu ersetzen. Daneben war es für viele Ehefrauen aus wirtschaftlichen Gründen erforderlich, den Ausfall des Verdienstes des an der Front stehenden Mannes durch eigene Berufstätigkeit auszugleichen. Von dieser Arbeit hing häufig die Existenz der Familie ab. 49 Dieser Prozess setzte sich in der Nachkriegszeit fort. Ein großer Teil der Männer war gefallen, in Kriegsgefangenschaft oder nicht mehr in der Lage, den erlernten Beruf auszuüben. 50 Ferner wurden die Frauen durch 46 Gesetz zur Vereinheitlichung des Rechts zur Eheschließung und Ehescheidung im Lande Österreich und im übrigen Reichsgebiet vom 6. Juli 1938, RGBl. I, S.807 47 Dilcher, S.225 48 Vaupel aao. 49 D. Wirth, Die Familie in der Nachkriegszeit, in Becker/Stammen/Waldmann (Hrsg.), Vorgeschichte der Bundesrepublik Deutschland, 1987, S.199 (205); Vaupel S.60 50 Insgesamt verloren im Zweiten Weltkrieg 3,76 Millionen Soldaten aus dem Gebiet des Deutschen Reiches ihr Leben und 11,7 Millionen befanden sich in Kriegsgefangenschaft. Für die Nichtausübung des erlernten Berufes lagen verschiedene Gründe vor: Arbeitsunfähigkeit als Folge kriegsbedingter Verletzungen oder Krankheiten, hohe Arbeitslosigkeit, berufliche Deklassierung aus politischen Gründen. Von einem damit verbundenen Abstieg war besonders die Mittelschicht betroffen. Insbesondere Beamte und Angestellte waren als Folge des Zusammenbruches der Verwaltung in Staat und Wirtschaft überproportional arbeitslos; vgl. Wirt S.204 f.; Vaupel S.60. 20

den Alliierten Kontrollrat zu Wiederaufbauarbeiten verpflichtet. 51 Die Frauen traten aber nicht nur im wirtschaftlichen Leben in erheblichem Umfang an die Stelle der abwesenden Männer. Sie mussten - neben der Versorgungsrolle - gleichzeitig die Erziehungsfunktion übernehmen. 2,5 Millionen Frauen, durch den Verlust des Ehemannes im Krieg alleinstehend, übernahmen die Verantwortung für sich und ihre Kinder und entschieden alle Angelegenheiten für die Familie selbständig, was vor dem Krieg in nur wenigen Fällen vorstellbar war. 52 Im Hinblick auf die Familienstrukturen der letzten Kriegszeit und der ersten Nachkriegsjahre wird in der Literatur zum Teil von einem "erzwungenen Matriarchat" gesprochen. 53 Die Frauen erwarben dadurch ein größeres Selbstbewusstsein, da sie in der Kriegs- und Nachkriegszeit unter Beweis gestellt hatten, dass sie fähig waren, Arbeit und Aufgaben der abwesenden Männer zu übernehmen. Deshalb wollten sich viele Frauen nicht wieder zurück in alte Abhängigkeiten begeben. Die dargestellten gesellschaftlichen Neuerungen wirkten sich in zweifacher Hinsicht auf die Ehe aus: Viele Frauen waren vom Haus in das Arbeitsleben übergewechselt. Als Folge dessen hatten die Arbeitskraft und die Arbeitsleistung des Mannes ihre Vorrangstellung verloren und war die bisherige geschlechtsspezifische Arbeitsteilung aufgehoben. Vor allem jedoch hatte ein Ausgleich der Autorität zwischen den Ehepartnern stattgefunden. 54 Der geschilderten gesellschaftlichen Stellung der Frau musste Rechnung getragen werden, das heißt, Folge der soziologischen Tatsachen musste die rechtliche Entwicklung sein. 51 Das Kontrollratsgesetz Nr. 32 vom 10. Juli 1946 regelte die Beschäftigung von Frauen bei Wiederaufbauarbeiten. Die Verordnung Nr. 54 setzte eine Dienstverpflichtung für Männer und Frauen fest; vgl. Vaupel aao. 52 Wirth S.202; Vaupel aao. 53 K.-J. Ruhl, Frauen in der Nachkriegszeit 1945 bis 1963, 1988, S.14; Wirth, S.205, schätzt die Zahl der Familien, in denen die Frau gezwungenermaßen die Ernährerin wurde, auf mindestens ein Drittel der deutschen Nachkriegsfamilien. 54 Vgl. zu der Problematik der Veränderung der Autorität innerhalb der Familie zu Gunsten der Ehefrau als Folge langer Abwesenheit des Mannes, bedingt durch Krieg oder Gefangenschaft, Wirth S.208; Vaupel S.61. 21

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