Wesentliche Weichenstellungen des neuen Vergaberechts Umsetzung der EU-Vergaberichtlinien bis April 2016

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Transkript:

Wesentliche Weichenstellungen des neuen Vergaberechts Umsetzung der EU-Vergaberichtlinien bis April 2016 Dezember 2015 Das deutsche Vergaberecht für Vergaben oberhalb der europäischen Schwellenwerte steht vor einer umfassenden Neuregelung. Die Umsetzung der neuen EU- Vergaberichtlinien in nationales Recht steht unmittelbar bevor und bringt tiefgehende Änderungen mit sich. Die Reform weitet die vergaberechtlichen Handlungsspielräume aus Beschaffungen werden einfacher, schneller und flexibler. Auch wenn dieser Prozess noch nicht abgeschlossen ist, entfaltet das neue EU-Vergaberecht bereits eine Vorwirkung. Öffentliche Auftraggeber, Unternehmen und Berater müssen sich frühzeitig auf das neue Vergaberecht einstellen, um hier den Anschluss nicht zu verpassen. Entwürfe zum GWB und zur Mantelverordnung liegen vor Nachdem das Gesetz zur Modernisierung des Vergaberechts (Bundestags-Drucksache 18/6281 vom 8. Oktober 2015) in den Bundestag eingebracht worden ist und in den Fachausschüssen beraten wird, hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) mit Datum vom 9. November 2015 nunmehr auch einen Referentenentwurf für eine Verordnung zur Modernisierung des Vergaberechts vorgelegt (abrufbar auf der Internetseite des BMWi http://www.bmwi.de/de/themen/wirtschaft/ Oeffentliche-Auftraege-und-Vergabe.html). Diese Verordnung (sog. Mantelverordnung) ändert die Vergabeverordnung (VgV), die Sektorenverordnung (SektVO) und die Vergabeverordnung für die Bereiche Verteidigung und Sicherheit (VSVgV). Zudem führt sie zwei neue Verordnungen ein, nämlich die Konzessionsverordnung (KonzVO) und die Vergabestatistikverordnung (VergStatVO). Damit liegen alle Entwürfe zur Umsetzung des Richtlinienpakets mit Ausnahme der überarbeiteten Fassung der VOB/A vor. Der Gesetzgeber verfolgt wie schon mit dem Entwurf zum GWB auch mit den vorgelegten Verordnungsregelungen den Ansatz einer Eins-zu-Eins-Umsetzung der europäischen Vorgaben. Zugleich sollen die neue Regelungen aber einfacher und anwen-

Seite 2 von 6 derfreundlicher werden, der bürokratische Aufwand soll verringert und kommunale Handlungsspielräume sollen ausgebaut werden. Zudem sollen die Möglichkeiten erweitert werden, strategische Ziele und mittelständische Interessen im Vergabeverfahren zu berücksichtigen. Neue Struktur des Vergaberechts Die deutlich umfassendere Vergabeverordnung wird zahlreiche Detailregelungen zur Durchführung von Vergabeverfahren im Liefer- und Dienstleistungsbereich sowie für die Beschaffung freiberuflicher Leistungen enthalten, so dass VOL/A und VOF (im Oberschwellenbereich) künftig entfallen. Der 2. Abschnitt der VOB/A gilt hingegen fort, wird derzeit aber ebenfalls durch den Deutschen Vergabe- und Vertragsausschuss für Bauleistungen (DVA) überarbeitet. Insofern wird die VgV ihre Scharnierfunktion mit einem Verweis in die VOB/A behalten. Zugleich ist fest beabsichtigt, einen weitgehenden Gleichlauf von VOB/A und GWB / VgV zu erreichen, ohne der VOB/A den Charakter eines umfassenden Werkes für Bauvergaben zu nehmen. Gleiches gilt für die VOB-VS, welche bauspezifische Bestimmungen für die Bereiche Verteidigung und Sicherheit enthält. Wichtige inhaltliche Änderungen Das reformierte Vergaberecht zeichnet sich auch durch zahlreiche inhaltliche Änderungen aus: Ausnahmen vom Anwendungsbereich So wird erstmals die in der Praxis sehr relevante Inhouse-Vergabe nach jahrelanger Ausgestaltung in der europäischen und nationalen Rechtsprechung als Ausnahme vom Anwendungsbereich in 108 GWB-E kodifiziert. Geregelt werden dabei auch verschiedene Varianten der Inhouse-Vergabe, wie die Auftragsvergabe unter Schwestergesellschaften, von der Tochtergesellschaft an die Muttergesellschaft oder durch Zusammenschlüsse von öffentlichen Auftraggebern. Der europäische Gesetzgeber hat dabei den Gestaltungsspielraum der öffentlichen Auftraggeber insbesondere auf der kommunalen Ebene ausgeweitet, indem er das neben dem Kontrollkriterium (Kontrolle des öffentlichen Auftraggebers über den Auftragnehmer wie über eine eigene Dienststelle) geltende Wesentlichkeitskriterium gelockert hat. Nach den Vorgaben des Art. 12 Abs. 1 lit. b) Richtlinie 2014/24/EU, welche in 108 GWB-E umgesetzt worden sind, muss der Auftragnehmer nunmehr lediglich mehr als 80 % seiner Tätigkeiten für den ihn beauftragenden öffentlichen Auftraggeber erbringen. In der Rechtsprechung waren bislang wenigstens 90 % gefordert worden. Offen bleibt hingegen die Frage, ob es bei einer interkommunalen Kooperation für die Annahme einer Inhouse-Ausnahme genügt, wenn einer der Partner die Leistung erbringt und der andere ihn lediglich hierfür bezahlt. Das Oberlandesgericht Koblenz hatte in der Vergangenheit bezweifelt, dass dies die Voraussetzungen einer Kooperation erfüllt (Beschluss vom 3. Dezember 2014 Az.: Verg 8/14).

Seite 3 von 6 Innovationspartnerschaft als neues Verfahren und Gleichrang von offenem und nicht offenem Verfahren Mit der Innovationspartnerschaft tritt eine neue Verfahrensart für die Beschaffung hochkomplexer und innovativer Produkte und Dienstleistungen hinzu. Sie erlaubt die Beauftragung einer innovativen Leistung und gleichzeitig deren späteren Erwerb, so dass ein zweites Vergabeverfahren überflüssig wird. Der Zuschlag erfolgt aber nicht auf das Produkt, sondern auf die Eingehung der Innovationspartnerschaft, weshalb die Bewerber Konzepte werden vorlegen müssen. Zudem stehen offenes und nicht offenes Verfahren mit Teilnahmewettbewerb künftig gleichrangig nebeneinander, das vormalige Stufenverhältnis ist insoweit aufgehoben. Zur Beschleunigung der Verfahren werden die Verfahrensfristen deutlich verkürzt. So gilt für das offene Verfahren künftig eine Angebotsfrist von nur noch 35 Tagen, die durch Nutzung der elektronischen Vergabe und Vorabinformation weiter verkürzt werden kann. Im nicht offenen Verfahren beträgt die Teilnahmefrist künftig 30 Tage, wobei auch hier Fristverkürzungen möglich sind. Elektronisches Vergabeverfahren (E-Vergabe) Die elektronische Durchführung von Vergabeverfahren wird zur Pflicht (E-Vergabe). Dies umfasst insbesondere die elektronische Erstellung und Bereitstellung der Auftragsbekanntmachung und der Vergabeunterlagen auf einer Vergabeplattform, die elektronische Kommunikation während des gesamten Verfahrens und die elektronische Angebotsabgabe. Allerdings laufen die Umsetzungsfristen hier teilweise bis April 2018, um den öffentlichen Auftraggebern mehr Zeit zu geben, die technischen Voraussetzungen zu schaffen. Der Grundsatz der elektronischen Auftragsvergabe ist in 97 Abs. 5 GWB-E niedergelegt, die Detailregelungen finden sich im Entwurf der VgV. Der Begriff Bekanntmachung dient als Oberbegriff für die Auftragsbekanntmachung ( 37 VgV-E), die Vorinformation ( 38 VgV-E), die Vergabebekanntmachung ( 39 Abs. 1 ff. VgV-E) und die Bekanntmachung über Auftragsänderungen ( 39 Abs. 5 VgV-E). Alle Bekanntmachungen werden über das Portal Tenders Electronic Daily, kurz TED, veröffentlicht. Die Vergabeunterlagen müssen im Zeitpunkt der Veröffentlichung der Auftragsbekanntmachung unentgeltlich, uneingeschränkt, vollständig und direkt für die Bieter verfügbar sein. Für die Nutzer kostenpflichtige Internetplattformen können daher allenfalls noch ein Zusatzangebot darstellen. Für die weitere Kommunikation zwischen öffentlichem Auftraggeber und Bieter im laufenden Vergabeverfahren kann auch weiterhin eine Registrierung vorgesehen werden.

Seite 4 von 6 Bietereignung, Einheitliche Europäische Eigenerklärung und Selbstreinigung Für die Eignung der Bieter wird eine neue Systematik eingeführt. Die Begriffe Zuverlässigkeit und Gesetzestreue fallen weg. Stattdessen werden die darunter zu fassenden Aspekte der Bietereignung künftig durch obligatorische und fakultative Ausschlussgründe abgedeckt, 123 und 124 GWB-E. Die Eignungskriterien betreffen dann Fachkunde und Leistungsfähigkeit, aufgeteilt in die Eignungskategorien Befähigung und Erlaubnis zur Berufsausübung, wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit und technische und berufliche Leistungsfähigkeit. Im offenen Verfahren wird zudem die Prüfungsreihenfolge zwischen Eignungs- und Zuschlagskriterien gelockert, d. h. der öffentliche Auftraggeber hat künftig die Möglichkeit, zunächst zu prüfen, ob das Angebot eines Bieters überhaupt als das wirtschaftlichste Angebot in Betracht kommt. Die Bietereignung kann in einem ersten Schritt durch die Einreichung einer sog. Einheitlichen Europäischen Eigenerklärung (EEE) nach 48 Abs. 3, 50 VgV-E nachgewiesen werden. Nähere Einzelheiten werden durch eine europäische Durchführungsverordnung geregelt, die sich derzeit noch im Abstimmungsverfahren auf Ebene der Europäischen Union befindet. Die EEE beinhaltet die Eigenerklärung des Bewerbers/Bieters mit der Versicherung, dass keine Ausschlussgründe vorliegen, die Eignungsvoraussetzungen und bei mehrstufigen Verfahren die Kriterien zur Reduzierung der Bewerberzahlen erfüllt werden sowie Unterlagen ( supporting documents ) jederzeit erbracht werden können. Der öffentliche Auftraggeber fordert alle weiteren Unterlagen grundsätzlich nur von demjenigen Bieter an, an den er den Auftrag vergeben will. Damit soll der Verfahrensaufwand gerade für kleine und mittelständische Unternehmen verringert werden. Allerdings ist der öffentliche Auftraggeber berechtigt, auch während des Verfahrens Eignungsunterlagen einzufordern, wenn dies zur angemessenen Durchführung des Verfahrens erforderlich ist. Hiervon wiederum befreit sind aber solche Unternehmen, welche die Unterlagen in einer für den Auftraggeber kostenfreien Datenbank innerhalb der Europäischen Union bereithalten, insbesondere in einem Präqualifizierungsverzeichnis. Ein weiteres in der Rechtsprechung seit vielen Jahren anerkanntes Instrument, die sog. Selbstreinigung, wird ebenfalls nunmehr in 125 GWB-E normiert. Unternehmen, die aufgrund von Straftaten oder Fehlverhalten in der Vergangenheit Ausschlussgründe erfüllen, können durch geeignete Maßnahmen (Schadenswiedergutmachung, Zusammenarbeit mit den Ermittlungsbehörden, personelle Veränderung, Auf- und Ausbau eines Compliance Management Systems) ihre Bietereignung wiederherstellen. Sie haben einen Anspruch gegenüber dem öffentlichen Auftraggeber, dass dieser die Selbstreinigungsmaßnahmen prüft. Kommt der Auftraggeber zu dem Schluss, dass die Maßnahmen ausreichend sind, um künftig von einer ordnungsgemäßen Auftragserfüllung ausgehen zu können, muss er den Bieter im Verfahren belassen. Ein Ermessen kommt ihm nicht zu. Wenn er die Maßnahmen für nicht ausreichend hält, muss er seine Entscheidung begründen.

Seite 5 von 6 Zuschlagsentscheidung Das wirtschaftlichste Angebot bestimmt sich nach dem besten Preis-Leistungs- Verhältnis. Die Wertung muss immer die niedrigsten Kosten bzw. den niedrigsten Preis berücksichtigen und kann zusätzlich qualitative Zuschlagskriterien, insbesondere auch soziale und umweltbezogene Aspekte, einbeziehen. Entscheidend ist, dass die Zuschlagskriterien mit dem Auftragsgegenstand in Verbindung stehen. Bisher mussten sie sich aus diesem unmittelbar ableiten lassen. Damit wird die Bindung zwischen Auftragsgegenstand und zusätzlichen Wertungskriterien gelockert, um den öffentlichen Auftraggebern mehr Gestaltungsspielräume einzuräumen. Eine Verbindung ist etwa auch anzunehmen, wenn sich die Kriterien in irgendeiner Weise und in irgendeinem Lebenszyklus-Stadium auf die zu erbringende Bauleistung, Lieferung und Dienstleistung beziehen. Der Begriff dürfte künftig eher weit auszulegen sein. Nähere Vorgaben zu den Zuschlagskriterien enthalten 127 Abs. 3 GWB-E und 58 Abs. 2 VgV-E. Ausführungsbedingungen ( 128 Abs. 2 GWB-E) sind wie bisher möglich und können wirtschaftliche, innovationsbezogene, umweltbezogene, soziale oder beschäftigungspolitische Belange umfassen, sofern sie wie Zuschlagskriterien mit dem Auftragsgegenstand in Verbindung stehen. Für weitere Informationen sowie Fragen und Anregungen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung: Dr. Christian Teuber Rechtsanwalt, Partner Tel.: +49 231 77666-123 Fax: +49 231 77666-160 christian.teuber@bakertilly.de Dr. Robin Ricken Rechtsanwalt Tel.: +49 231 77666-225 Fax: +49 231 77666-49225 robin.ricken@bakertilly.de

Seite 6 von 6 Vergaberecht, Öffentliches Recht Sicherheit bei der öffentlichen Auftragsvergabe Öffentliche Aufträge haben eine erhebliche volkswirtschaftliche Bedeutung. Für ihre Vergabe haben der europäische und der nationale Gesetzgeber komplexe Regeln geschaffen, die öffentliche Auftraggeber bei der Konzeption und Durchführung von Vergabeverfahren sowie Bieter bei der Angebotserstellung zu beachten haben. Wir verfügen über jahrelange Expertise im Bereich der öffentlichen Auftragsvergabe. Wir begleiten unsere Mandanten in sämtlichen Phasen einer Vergabe einschließlich der Durchführung von Vergabenachprüfungsverfahren. Auf Wunsch konzipieren und steuern wir den gesamten Beschaffungsprozess von der Zeitplanung über das Erstellen und Prüfen der Vergabeunterlagen (Leistungsbeschreibung, Vertragsbedingungen, Bewerbungsbedingungen), die Beantwortung von Bieterfragen und Rügen bis hin zur juristischen Bewertung der Angebote. Gemeinsam mit Ihnen planen und gestalten wir effiziente und rechtssichere Vergabeverfahren. Sie bieten die Gewähr für eine wirtschaftliche Beschaffung. Gerne beantworten wir Ihre Fragen in einem informellen Gespräch. Nehmen Sie Kontakt zu uns auf! Impressum: Baker Tilly Roelfs, Cecilienallee 6-7, 40474 Düsseldorf, Tel.: +49 211 6901-01, www.bakertilly.de. Baker Tilly Roelfs ist unabhängiges Mitglied des internationalen Netzwerks Baker Tilly International. Redaktionsleitung/Koordination: RA Robin Ricken, robin.ricken@bakertilly.de Hinweis: Die in dieser Mandanteninformation enthaltenen Beiträge sind nach bestem Wissen und Kenntnisstand verfasst. Eine Haftung kann trotz sorgfältiger Bearbeitung nicht übernommen werden. Die Ausführungen dienen ausschließlich der allgemeinen Information und können daher eine qualifizierte, fachliche Beratung im Einzelfall weder ganz noch teilweise ersetzen. Baker Tilly Roelfs steht Ihnen dazu gerne zur Verfügung. www.bakertilly.de Baker Tilly Roelfs gehört zu den größten partnerschaftlich geführten Beratungsgesellschaften Deutschlands und ist unabhängiges Mitglied im weltweiten Netzwerk Baker Tilly International. Wirtschaftsprüfer, Rechtsanwälte und Steuerberater sowie Unternehmensberater bieten gemeinsam ein breites Spektrum individueller und innovativer Beratungsdienstleistungen an. Baker Tilly Roelfs entwickelt Lösungen, die exakt auf jeden einzelnen Mandanten ausgerichtet sind und setzt diese mit höchsten Ansprüchen an Effizienz und Qualität um. Auf Basis einer unternehmerischen Beratungsphilosophie stellen die mandatsverantwortlichen Partner interdisziplinäre Teams aus Spezialisten zusammen, die den jeweiligen Projektanforderungen genau entsprechen. Die interdisziplinären Kompetenzen sind gebündelt in den Competence Centern Financial Services, Fraud Risk Compliance, Health Care, Private Clients, Public Sector, Real Estate, Restructuring, Schifffahrt, Sport, Transactions, Valuation sowie Versorgungseinrichtungen. In Deutschland ist Baker Tilly Roelfs mit 1.050 Mitarbeitern an zwölf Standorten vertreten. Für die Beratung auf globaler Ebene sorgen 154 Partnerunternehmen mit über 27.000 Mitarbeitern in 133 Ländern innerhalb des weltweiten Netzwerks unabhängiger Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaften Baker Tilly International.