Kanton Zürich Gesundheitsdirektion Kommunikation 8. November 2016 Bedeutung der NCD-Strategie und anderer nationaler Strategien für die Kantone Präsentations-Workshop Referat von Regierungsrat Dr. Thomas Heiniger Sehr geehrte Damen und Herren Strategien sind eine gute Sache, darin sind wir uns heute wahrscheinlich einig. Sonst wären wir nicht hier, um die neue Strategie Herz- und Gefässkrankheiten, Hirnschlag und Diabetes (HGHD) kennenzulernen, einzuordnen und zu diskutieren Dass es für sinnvolles Handeln eine gute Strategie braucht, ist keine neue Erkenntnis: «Eine Vision ohne Handeln ist ein Tagtraum. Handeln ohne eine Vision ist ein Alptraum», besagt beispielsweise eine japanische Redewendung. Es braucht eine Strategie, einen Überblick, koordinierte und klare Ziele, nach denen das Handeln ausgerichtet wird. Ohne ein solches übergeordnetes Konzept, wenn jeder Akteur im Gesundheitswesen nur nach seinen eigenen, kurzfristigen Zielen agiert, entsteht schnell Chaos. Doch es kann auch zu viel des Guten geben. «Viele Strategien, die quer zueinander in der Landschaft stehen», so meine ganz persönliche, Schweizerische Weisheit, «sind auch nicht gerade traumhaft». Werden Strategien ausgearbeitet, ohne dabei bereits bestehende zu berücksichtigen, ohne sie in das Gesamtbild zu integrieren, so kann das Ergebnis dieselbe Kurzsichtigkeit und dasselbe widersprüchliche Handeln sein, das ohne Strategie riskiert wird.
2/7 Der Bundesrat hat 2013 mit der Strategie Gesundheit 2020 einen Rahmen für die Gesundheitspolitik der Schweiz geschaffen. Dabei soll die Gesundheitsversorgung gestärkt und gleichzeitig bestehende und kommenden Herausforderungen angegangen werden. Der Zunahme der chronischen Krankheiten wird durch Früherkennung, optimierte Versorgung für mehr Lebensqualität sowie Prävention begegnet. Die Versorgung soll weniger stark auf Akut- und stationäre Versorgung ausgerichtet sein, sondern differenzierter werden. Mit der Förderung von ehealth wird die Ineffizienz und Doppelspurigkeit im System angegangen. Die Rolle der Patientinnen und Patienten wird gestärkt, sie erhalten mehr Eigenverantwortung und werden zum Selbstmanagement angehalten. Die Weiterentwicklung der Versorgungsforschung sorgt für eine solide Datengrundlage und evidenzbasierende Entscheidungen. An dieser Strategie und der von ihr gesetzten Prioritäten orientieren sich die Kantone.
3/7 Neben der übergeordneten Strategie des Bundes gibt es eine Vielzahl von weiteren, meist krankheitsspezifischen, Strategien. Es besteht geradezu eine Strategie-Hochkonjunktur: sie wirken als Grundlage und Orientierung für zielgerichtetes, ganzheitliches und langfristiges Handeln. Es besteht aber die Gefahr, vor lauter strategischen Bäumen den gesundheitspolitischen Wald nicht mehr zu sehen. Wichtig ist daher eine Einbettung und Orientierung an übergeordneten Konzepten. Für die GDK bildet die NCD-Strategie einen übergeordneten Rahmen. Eine Strategie, die der Bundesrat und die Kantone gemeinsam verabschiedet haben. An solchen verbundenen Zielen und Ordnungen zeigt sich der Wert des Dialogs Nationaler Gesundheitspolitik, einer Plattform des Bundes und der GDK. Nichtübertragbare Krankheiten sind heute die häufigsten Todesursachen. Dazu bedeuten sie auch tiefe Einschnitte in die Lebensqualität und hohe Kosten. Die NCD Strategie umfasst die 5 wichtigsten nichtübertragbaren Krankheiten: Herz- und Kreislauferkrankungen inkl. Hirnschlag, Diabetes, Krebs, muskuloskelettale Erkrankungen und chronische Atemwegserkrankungen. Viele dieser Krankheiten können aber durch den individuellen Lebensstil beeinflusst werden. So setzt die NCD Strategie den Fokus auch auf Prävention und Früherkennung. Die in der Schweiz für die Prävention eingesetzten Mittel sind im internationalen Vergleich noch tief. 2013 wurden von den gesamten Ausgaben im Gesundheitswesen nur 2.2 Prozent für die Prävention verwendet. Dies obwohl nachweislich jeder zur Prävention verwendete Franken krankheitsbedingte Kosten einspart, die ein mehrfaches der Investition betragen. Zum Vergleich; NCD-Krankheiten verursachten im gleichen Jahr Kosten von 25 Mrd. Bei der bevölkerungsbezogenen Prävention, quasi der ersten Schiene, wird in erster Linie auf die Eigenverantwortung der Menschen gesetzt. Die meisten Menschen sind nicht an NCD erkrankt und sollen auch gesund bleiben. Sie sind für ihre Gesundheit selbst verantwortlich. Damit sie diese aber selbst fördern können, benötigen sie einerseits zuverlässige, klare und evidenzbasierende Informationen zu gesundheitsfördernden und schädigenden Faktoren. Auf der anderen Seite sind Rahmenbedingungen erforderlich, die ihnen die Umsetzung dieses Wissens in die Tat auch ermöglichen.
4/7 Bei der «Prävention in der Gesundheitsversorgung», der zweiten Schiene, hingegen wird bei bereits erkrankten Menschen oder Menschen mit erhöhtem Risiko angesetzt. Durch Früherkennung und -intervention sowie Unterstützung bei der Veränderung des Lebensstils soll die Lebensqualität gesteigert und Komplikationen sowie eventuelle Pflegebedürftigkeit vermieden werden. Auch die dritte Säule, die Prävention in der Arbeitswelt und der Wirtschaft, setzt dort an, wo für das Individuum, den Einzelnen und die Gemeinschaft, ein gemeinsames Interesse vorhanden ist. Prävention und Gesundheitsförderung fallen in die Zuständigkeit der Kantone. Eine Vielzahl der Programme umfassen Themen, die oft einen direkten Bezug zu NCD haben. Verhaltensbasierte Risikofaktoren wie Ernährung und Bewegung sowie übermässiger Alkohol- und Tabakkonsum steigern oder senken viele Krankheitsrisiken. Die frühe Förderung setzt in einer Phase an, die für die psychosoziale und gesundheitliche Entwicklung des Menschen von entscheidender Bedeutung ist. Die Gesundheitsförderung mit Seniorinnen und Senioren wiederum gewinnt mit der demographischen Entwicklung zunehmend an Bedeutung. Hier bietet sich grosses Potential, ein selbstständiges Leben in der vertrauten Umgebung und mit hoher Lebensqualität auch im hohen Alter noch zu ermöglichen.
5/7 Soviel zur übergeordneten Strategie. Daneben oder zusätzlich weisen krankheitsspezifische Strategien viele Pluspunkte auf. Sie sind Bindeglied zwischen einer übergeordneten, grossmaschig angelegten, politischen Strategie und der operativen Ebene. Sie ergänzen die Rahmenstrategien um den krankheitsspezifischen Blickwinkel und zeigen so auch Lücken auf. Sie können Verbindungen schaffen, um aus den Schnittstellen von Bereichen wie Prävention, Therapie und Rehabilitation Nahtstellen zu machen. Und sie zeigen das Engagement und die Bedeutung von privaten Organisationen. Das ist wichtig, das ist wertvoll. Aber, krankheitsspezifische, abgegrenzte, enge Strategien bergen auch Risiken: Die eigene Disziplin wird mit Scheuklappen betrachtet, wobei andere Disziplinen aber auch Finanzierbarkeit und Zweckmässigkeit ausgeblendet werden können. Die Strategie HGHD vermeidet diese Risiken. Bei ihrer Konzeption wurde über den eigenen «Gartenhaag» hinweg geschaut. Sie nimmt Bezug auf andere Disziplinen und
6/7 kann bei übergreifenden Strategien wie der NCD-Strategie eingeordnet werden und diese nutzbringend ergänzen. So kommt beispielsweise auch bei ihr der Prävention ein hoher Stellenwert zu. Die GDK begrüsst deshalb diese, Ihre Strategie. Lassen Sie mich nach der Qualität und dem entsprechenden Nutzen auch auf das Thema der Wirtschaftlichkeit, das Geld oder die Kosten eingehen. Der Gesundheitssektor wächst und mit ihm die Kosten. Neben bestehenden Ursachen wie dem demographischen Wandel, dem medizinisch-technischen Fortschritt und der zunehmenden Nachfrage, kommen neue hinzu, beispielsweise die personalisierte Medizin oder neue Medikamente für seltene Krankheiten. Dieses Kostenwachstum belastet die Bevölkerung durch immer höhere Prämien, die öffentliche Hand durch immer höhere Ausgaben und er raubt den Spielraum beim Handeln und bei Entscheidungen. Es ist deshalb besonders wichtig, solide, zuverlässige Strategien zu haben, die ein entschiedenes und koordiniertes Vorgehen zulassen. Unser Handeln muss ein Ziel vor Augen haben, einen klaren Nutzen verfolgen.
7/7 Was muss in einer Strategie berücksichtigt werden, damit sie in die richtige Richtung weist? Der Fokus muss auf Effizienz und Nutzen gelegt werden. Noch nicht ausgeschöpfte Potentiale, wie bspw. bei der Prävention, müssen genutzt werden. Wir müssen die Wirkung steigern. Die Kooperation zwischen Bund, Kantonen und Leistungserbringern muss gefördert werden. Wir müssen Doppelspurigkeiten vermeiden. Besonders im Hinblick auf die zunehmenden Fälle von Multimorbidität braucht es mehr interdisziplinäre Zusammenarbeit. Die heute vorgestellte Strategie HGHD leistest dazu einen wichtigen Beitrag. Vielen Dank für Ihre Arbeit. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.