Eudoxos von Knidos. Erwachende Wissenschaft Teil 15. Von den Sumerern zu den Griechen. Wegbereiter der geozentrischen Planetentheorie

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Transkript:

Erwachende Wissenschaft Teil 15 Von den Sumerern zu den Griechen Eudoxos von Knidos Wegbereiter der geozentrischen Planetentheorie 408 v. Chr. 355 v. Chr.

Was wir über die Person Eudoxos von Knidos wissen Eudoxos wurde etwa 408 vor Christus in der Hafenstadt Knidos geboren. Er war ein Schüler des Philosophen und Mathematikers Archytas und studierte kurze Zeit bei Plato in Athen. Nach einem Aufenthalt bei den Priestern von Heliopolis in Ägypten gründete er eine eigene Schule in Kyzikos. Später lehrte er in Athen und starb schließlich um 355 in seiner Heimatstadt Knidos. - Begründer der Größenlehre (Problem der Würfelverdoppelung, Band V Euklid) - Entwickler der Exaustionsmethode zur Berechnung des Kugelvolumens und des Volumens eine Kreiskegels sowie einer Pyramide - Berechnung des Goldenen Schnitts - Beschäftigung mit Kegelschnitten Entwicklung eines mathematischen Modells zur Berechnung von Planetenbahnen am Sternhimmel mittels ineinander verschachtelter und verbundener Sphären (26) Himmelssphären des Eudoxos (verbessert durch Aristoteles)

Probleme der antiken griechischen Astronomie Das Problem der Ungleichheiten Sonne und Mond umlaufen die Mondbahn bzw. die Ekliptik mit ungleichmäßiger Winkelgeschwindigkeit. Dieses Phänomen war bereits den Babyloniern bekannt (ungleiche Dauer von Winter- und Sommerhalbjahr). Beispiel Mond: Die Mondposition schwankt gegenüber ihrem mittleren Ort um ± 6,3 mit einer Periode von 27,55 Tagen Anomalistischer Monat Der Wert von 6,3 wird als Große Ungleichheit des Mondes bezeichnet Beispiel Sonne: Frühling+Sommer = 94,5 Tage Herbst+Winter = 92,5 Tage

Das Problem der Rückläufigkeit der scheinbaren Planetenbahnen

Was man bereits damals mit genügender Genauigkeit wusste Die Achse der Fixsternsphäre ist gegenüber der Ekliptik um 23 geneigt oder - die Sonnenbahn am Himmel ist die Ekliptik, die nicht mit dem Himmelsäquator zusammenfällt Die Sonne und der Mond bewegen sich einmal schneller und dann wieder langsamer durch die Ekliptik Ungleichheiten, ungleiche Länge der Jahreszeiten Die scheinbaren Planetenbahnen sind um einen jeweils festen Winkel gegenüber der Ekliptik geneigt, wobei die Winkel recht klein sind Die siderischen Umlaufszeiten der 5 Planeten waren sehr genau bekannt Forschungsaufgabe Entwicklung eines geometrisch-mathematischen Modells der Planetenbewegung am Himmel mit Vorhersagekraft unter der Prämisse, dass Himmelskörper an ideale (göttliche) Kreisbewegungen gebunden sind.

Das Sphärenmodell des Eudoxos Grundannahmen: 1. Die Erde bildet das Zentrum des Universums, sie steht still 2. Alle himmlischen Bewegungen sind kreisförmig 3. Alle himmlischen Bewegungen haben das gleiche Zentrum 4. Dieses Zentrum fällt mit dem Mittelpunkt des Universums zusammen Das Modell der homozentrischen Sphären Der Himmel ist aus idealen kristallenen Sphären aufgebaut, die einen gemeinsamen Mittelpunkt = Mittelpunkt des Universums haben. Diese Sphären drehen sich mit einer jeden für sie eigenen Geschwindigkeit um ihre Achse. Die Sphären sind mittels ihrer Achsen miteinander verbunden Zu jedem Himmelskörper gehören mehrere solche Sphären (zwischen 3 und 4), wobei die innerste Sphäre auf ihrem Äquator den Himmelskörper trägt Nur die äußerste Fixsternsphäre ist bei allen Himmelskörpern gleich

4-Sphärenmodell des Mars 4-

Beispiel Mars Fixsternsphäre dreht sich in 24 Stunden einmal um die Erde Die dritte Marssphäre ist mit der Fixsternsphäre verbunden und dreht sich selbst zusätzlich in 687 Tagen relativ zur Fixsternsphäre Darunter befinden sich noch zwei weitere Sphären, welche die retrograde Bewegung des Planeten am Himmel modellieren sollen. Die innerste Sphäre enthält den Planeten selbst Die Umdrehungen der inneren Sphären relativ zur Fixsternsphäre sowie die Lage von deren Achsen relativ zur Umdrehungsachse der Fixsternsphäre sind die wesentlichen Modellparameter und müssen per Beobachtung bestimmt werden. Am Himmel sieht man dann die Bewegung des Planeten in Projektion von dessen Anheftpunkt auf der inneren Schale. 24 Stunden-Sphäre erklärt den täglichen Auf- und Untergang des Planeten 687 Tage -Sphäre erklärt einen vollständigen Umlauf des Planeten entlang der Ekliptik Die beiden 780 Tage-Sphären erzeugen eine Hyppopede, die in etwa die zeitweise Rückläufigkeit der Marsbahn am Himmel erklärt

Modellierung einer Schleifenbewegung mittels der zwei inneren Sphären (Weißer Punkt = Mars)

Modellierung einer Planetenbahn mit realistischer Parametrisierung der Sphären (Weißer Punkt = Mars)

Problem: Die Vorstellung miteinander verkoppelter Sphären beginnt dann schwierig zu werden, wenn man mehr als einen Himmelskörper betrachtet, dessen Bewegung ja mindestens durch drei separate Sphären determiniert ist. In Klammern: älteres Modell Die Ungleichheiten der Sonnen- und Mondbahn versuchte man durch Excenterkreise auszugleichen, was aber erst mit dem Epizykelmodell des Apoolonarius von Perge gelang. Aristoteles-Modell Die Sphären wurden dahingehend gestapelt, dass zwischen den planetentragenden Sphären weitere Sphären eingefügt wurden, welche die Bewegung quasi rückgängig machten und so eine neue Fixsternsphäre erschufen, an denen wiederum die Sphären des Folgeplaneten angeheftet wurden

Im Vergleich zu den Beobachtungen gelingt die Modellierung der Planetenbewegung entlang der Ekliptik nur bei den Planeten Jupiter und Saturn sowie Merkur einigermaßen zufriedenstellend. Die Abweichungen bei Mars und Venus sind sehr stark, was das Modell für Vorhersagen von Planetenpositionen nur wenig brauchbar macht. Um dem abzuhelfen müsste man aus heutiger Sicht weitere Sphären mit entsprechender Parametrisierung einführen. Das Eudoxos-Modell der Planetenbewegung ist ein Modell, welches die Phänomenologie der Planetenbewegung am Himmel darzustellen vermag, aber keinen Bezug zu deren Ursachen nimmt. Mathematisch beschreibt die Bewegung und Lage jeder einzelnen Sphäre ein Glied in einer Reihenentwicklung, an deren Ende man die Planetenposition für einen gegebenen Zeitpunkt berechnen kann und zwar mit beliebiger Genauigkeit - wenn die Parameter entsprechend viele Reihenglieder (= Sphären ) bekannt sind. Das Problem der wechselnden Helligkeiten der Planeten, die man in der Antike bereits mit deren wechselnden Entfernung assoziierte, konnte erst Appolonios von Perge mit seinem Epizykelmodell einigermaßen plausibel erklären. Es löste das Sphärenmodell des Eudoxos ab und wurde die theoretische Grundlage der geozentrischen Planetentheorie des Claudius Ptolemäus