Spracherwerb bei Migranten - was soll der Kinderarzt raten? Corina Reber Braun, Logopädin Bern
Beratungskriterien Aus den Spracherwerbstheorien Aus der Zweitspracherwerbsforschung Aus der Praxis
SE-Theorien und ihr Nutzen Sprachaneignung ist ein impliziter, nicht bewusster Lernprozess, bei dem zwischen inneren Voraussetzungen und Mechanismen auf Seiten des Kindes und äusseren Lernbedingungen eine lernbegünstigende Passung besteht. (GRIMM und WEINERT, 2002)
WENN DANN Sprache gelernt wird soll Sprache mit Belohnung und Verstärkern geübt werden Behaviorismus
WENN DANN die Fähigkeit zur Sprache angeboren ist Nativismus als gutes Sprachmodell handeln, damit die Muster evoziert werden können
WENN DANN Sprachaneignung und Denkentwicklung eng zusammen hängen soll Sprache das Denken (innere Bilder und Abstraktionen) ausdrücken können Kognitivismus
WENN DANN Sprache über soziale Interaktion erworben wird Interaktionismus soll Sprache aus Ritualen und gemeinsamen Sprachhandeln abgeleitet und angewendet werden können.
WENN DANN Sprachaneignung eng mit Kontext verbunden ist und die Semantik mit Kategorien Konstruktivismus soll Sprache im alltäglichen Geschehen gebraucht und bewusst gemacht werden
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Zweitspracherwerb aus logopädischer Sicht Feststellungen aus der Theorie Konsequenzen für die Praxis
Entwicklungsmodell (nach GROHNFELDT 1983) Umwelt Anlage Umfeld Fähigkeit zur Auseinandersetzung Kognition Sensorik Motorik Sprache Emotion
Konsequenz 1
5 Phasen der Migration (nach LANFRANCHI 1993) 1.Vorbereitung und Entscheidung zur Migration 2.Erste Schritte im fremden Land 3.Nachzug der zurückgebliebenen Partner, Kinder. 4.Krise. 5.Anschluss an die 'neue Welt' durch eine Strukturtransformation = Offenheit den neuen Einflüssen gegenüber
Konsequenz 2
Gleichzeitiger Erwerb (nach NODARI 1999) 0 Jahre 2 Jahre... L1 Interferenz = L2 positive und negative Übertragungsmöglichkeit
Konsequenz 3
Sequentieller Spracherwerb (nach NODARI 1999) L1 L2 Beispiel: Wortschatz neue Wörter übergeneralisierte Fehler
Konsequenz 4
Konzept der Lernerstufen (nach SELINKER 1972) S3 S1 L2 S2 fossilierte Lernersprache Situation ist stabil. Einsicht, dass die Lernersprache nicht vollständig ist. Motivation zum Weiterlernen..
Konsequenz 5
Schwellenhypothese (nach HORN 1992) Additiver Bilingualismus: hohes Niveau in beiden Sprachen positive Wirkung auf Kognition Obere Schwelle Niveau der Zweisprachigkeit Untere Schwelle Semilingualismus niedriges Niveau in beiden Sprachen negative Wirkung auf Kognition
Konsequenz 6
Interdependenzhypothese (nach CUMMINS 1979) Oberflächen struktur Tiefen struktur L1 L2 beobachtbare Sprachproduktion Nicht beobachtbar Spezifische Kenntnisse für L1 Basale Kommunikationsfertigkeiten BICS Kognitiv-schulische Sprachfertigkeiten CALP spezifische Kenntnisse für L2
Um einander zu verstehen, braucht es nur wenige Worte. BICS Um einander nicht zu verstehen, braucht es viele Worte. CALP (Indianisches Sprichwort)
Konsequenz 7
5 Hinweise aus der Praxis
Konstitution, innere Voraussetzungen Gehör, Visus Sprechapparat Allgemeiner Zustand Fähigkeit zur Auseinandersetzung = Gesundheit beeinflusst den SE (Ernährung, Bewegung, Anregung, )
Fähigkeit zur Auseinandersetzung äussere Voraussetzungen Umwelt Umfeld Migrationsphase Motivation zur Integration Wohnort, Kontakte, Stabilität, = Eltern beeinflussen die Entwicklung Positiv: Kontakte schaffen, Kind am Alltag teilhaben lassen, erzählen, Rituale, mit dem Kind sprechen
Entwicklungsbereiche neben der Sprache Motorik Kognition Sensorik Soziabilität Emotion Basisfunktionen = beeinflussen sich gegenseitig (+ und - )
Sprache(n) Welche? Mit wem? Seit wann? (bilingual vs. sequentiell, mutig vs. abwartend, konsequent vs. Vermischt, ) Sprachleistungen auf den 4 Ebenen, in In- und Output = Sprachbewusstheit des Kindes, der Eltern
mündlich schriftlich Kommunikation Satz Wort Laut hören, sprechen lesen, schreiben
Zusammenarbeit Fachärzte (HNO,.) Kinder- und Jugendpsychiatrie Entwicklungs-, Kinder- und Jugendpsychologie Früherziehung Sozialarbeit Logopädie
Links Allgemeine Informationen zu freiberuflichen Logopädinnen und Logopäden in Österreich: www.logopaedieaustria.at
Fazit: Fünf Hinweise für die Praxis, woraus sich ein Handlungsbedarf ableiten lässt Entwicklungsbereiche Äussere Voraussetzungen Sprache (n) Innere Voraussetzungen Zusammenarbeit
Literatur GROHNFELDT, Manfred Störungen der Sprachentwicklung Marhold, 1983 GRIMM, H. und WEINERT, S Sprachentwicklung In: OERTER/MONTADA (Hrsg.), Entwicklungspsychologie, 5. Ausgabe, BELTZ, 2002 ZOLLINGER, B. Die Entdeckung der Sprache, HAUPT, 1995 BURKHARDT MONTANARI, Elke Wie Kinder mehrsprachig aufwachsen Brandes & Apsel, 2000
Danke für Ihre Aufmerksamkeit!