Marktmacht und Milchpreisbildung

Ähnliche Dokumente
Bedingungen für vollkommene Konkurrenz

SO ERZEUGEN WIR MILCH IN BADEN-WÜRTTEMBERG.

Skript zur Vorlesung Mikroökonomik II (WS 2009) Teil 3

Mit Milch in die Zukunft! Milchmarkt - Entwicklungen und Erwartungen. Hans Stöcker, Engelskirchen

Welchen Markt brauchen Bauer und Bäuerin? Prof. Dr. Mathias Binswanger

Von Thünen und die Folgen. Gunther Maier Wirtschaftsuniversität Wien

Kurs 9.3: Forschungsmethoden II

Immer weniger Bauern dank mehr Agrarfreihandel. Prof. Dr. Mathias Binswanger

Marktmacht und Monopolpreissetzung

Mikroökonomie Oligopol und Monopolistischer Wettbewerb

Marktbericht Juni

Meinungen und Einstellungen der Bürger zur Milchwirtschaft in Deutschland 2017

11. Oligopol. Literatur: Pindyck und Rubinfeld, Kapitel 12 Varian, Kapitel 27

Die Landwirtschaft im Spannungsfeld unserer Gesellschaft. Der Versuch einer Standortbestimmung

Determinanten der Marktmacht

Marktmacht und räumlicher Wettbewerb entlang der Wertschöpfungskette von Milch

Meinungen und Einstellungen der Bürger zur Milchwirtschaft in Deutschland. 18. Januar /Q5602 Gü, Le/Bü

Hoher Milchpreis auf wackeligen Beinen

Sichere Ernährung trotz internationalem Wettbewerb - Wie viel Markt verträgt der Bauer?

Marktbericht Oktober

Die Strategie der österreichischen Molkereien nach Quotenende

Unternehmensinteraktion (20119)

Übungsblatt 01. Lehrstuhl für Kommunal- und Umweltökonomie Übung zu den Grundzügen der VWL I/Mikroökonomie Johannes Wiebels/ Benjamin Hecker

Situation der Milchproduzenten und des Milchmarktes aus einer etwas anderen Sicht

Kompetenzorientierte Aufgabenstellung für die mündliche Reifeprüfung in GW: Agrarpolitik der EU und die Auswirkungen auf den Weltmarkt

Marktbericht Februar

VO Grundlagen der Mikroökonomie

Marktbericht September

Elastizität und ihre Anwendungen

Marktbericht Februar

Milchforum ZMP Die Erfahrungen Österreichs auf dem EU-Milchmarkt

Nachfragemacht: Theoretische Grundlagen und wettbewerbspolitische Folgerungen

Verwertungsdifferenzen bei Milchprodukten:

8., aktualisierte und erweiterte Auflage

6.4 Kointegration Definition

Oligopol und Kartell

10. Monopol. Literatur: Pindyck und Rubinfeld, Kapitel 10, 12 Varian, Kapitel 24 Frambach, Kapitel 5.2

Kointegration. Kapitel 19. Angewandte Ökonometrie / Ökonometrie III Michael Hauser

Einführung in die Mikroökonomie

Volatile Weltmarktpreise von Milchprodukten und ihr Einfluss auf die nationale Preisbildung: Der deutsche Käsemarkt

Grundzüge der. Kapitel 2 Mikroökonomie (Mikro I) Überblick bli zu Marktangebotu nd Nachfrage

Musterlösung zur Einsendearbeit zum Kurs Preisbildung auf unvollkommenen Märkten und allgemeines Gleichgewicht, Kurseinheit 1

Einkaufsstättenwahl, Einzelhandelscluster und räumliche Versorgungsdisparitäten

Marktbericht September

Marktbericht August

MARKTCHECK QUALITÄTSAUSSAGEN AUF MILCHPACKUNGEN

Milchmarkt 2018 Jahresstart Tendenz!

Realer Preis = [(CPI-Basisjahr) / (CPI-gegenwärtiges Jahr)] x nominaler Preis (gegenwärtiges Jahr)

Marktbericht November

VO Grundlagen der Mikroökonomie

Milchvermarktung aus österreichischer Sicht

Rogall 2013 Prof. Dr. Holger Rogall

Gläserne Molkerei GmbH. Bio-Landwirtschaft eine Perspektive für den ländlichen Raum Universität Rostock,

Kapitelübersicht. Weltagrarmärkte (74064) Einführung. Skalenerträge und internationaler Handel: ein Überblick

MikroÖkonomie PEARSON. Daniel L Rubinfeld. Robert S. Pindyck. 8., aktualisierte Auflage. Massachusetts Institute of Technology

Milch Durchblick gefragt. Der bayerische Milchmarkt im Spannungsfeld globaler und regionaler Vermarktung

VO Grundlagen der Mikroökonomie

Monopol, Kartell und Oligopol

Grundlagen der Volkswirtschaftslehre ( )

Einführung in die Mikroökonomie Angebot und Nachfrage

Klausur zur Veranstaltung Empirische Wirtschaftspolitik

Musterlösung zur Einsendearbeit zum Kurs Preisbildung auf unvollkommenen Märkten und allgemeines Gleichgewicht, Kurseinheit 1

Monopolistischer Wettbewerb

Der Markt für Milch und Milchprodukte

Marktbericht Februar

Der Bio-Milchmarkt Einführungskurs Plankstetten (gemeinsamer Teil) Montag,

Marktbericht Februar

Marktbericht März

tätigkeitsbericht 11 BUNDESANSTALT für Agrarwirtschaft

Bayerisches Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten

MikroÖkonomik. Austan Goolsbee/Steven Levitt/Chad Syverson. übersetzt von Ulrike Berger-Kögler, Reiner Flik, Oliver Letzgus und Gerhard Pfister

Grundlagen der Volkswirtschaftslehre ( )

Volkswirtschaft Modul 5

Marktbericht Mai

Mikroökonomie I Kapitel 2 Angebot und Nachfrage WS 2004/2005

Strukturen der Molkereien in Schleswig-Holstein von Entwicklungen, Ursachen, Ausblick

Milchbauern in der landwirtschaftlichen Tretmühle? Zur Situation der Landwirtschaft in der heutigen Wirtschaft

Präsentation zur Masterarbeit Transparente Preisbildung als Treiber nachhaltigen Konsumhandelns - Konzeptionelle Überlegungen dargestellt am Beispiel

4. Monopol, Monopson, dominante Firmen. Wie entstehen Monopole und wie bleiben sie erhalten? Können Monopole auch von Nutzen sein?

Marktnachfrage. Prof. Dr. M. Adams Wintersemester 2010/11. Universität Hamburg Institut für Recht der Wirtschaft

Internationale Preisdifferenzierung Drei Fallstudien mit Mikrodaten europäischer Konsumgütermärkte

Firmenverhalten und Branchenangebot: Kostenbegriffe, Verhalten bei vollständiger Konkurrenz ( , Kap )

Warum hat die Landwirtschaft Probleme mit Freihandel? Landwirtschaft in der Schweiz

Kap. 3 Landnutzung in Städten

Kampf um Marktanteile darf nicht auf dem Rücken der Bauern ausgetragen werden

Volkswirtschaft Modul 2

Volkswirtschaftliche Grundbegriffe

Übung 3: Arbeitsmarktgleichgewicht

4. Exkurs Milchmarkt Schweiz

Landvolk Niedersachsen Landesbauernverband e.v.

Entwicklungen am Milchmarkt - Perspektiven für brandenburgische Milcherzeuger

Mindestlohn Mindestlohn: Theorie und Empirie 1

Marktspiegel Biomilch Oktober 2017

DI Thomas Resl, MSc. Bundesanstalt für Agrarwirtschaft Marxergasse 2, 1030 Wien

Agrarpolitik

Preiselastizitäten, Preisschwellen und 9-er Endungen im Naturkostfachhandel

Aufgabenblatt 5: Steuerinzidenz

3.2. Auswirkungen unvollkommener Konkurrenz

IK Ökonomische Entscheidungen & Märkte ( )

Transkript:

Marktmacht und Milchpreisbildung Klaus Salhofer Lehrstuhl für VWL Umweltökonomie und Agrarpolitik Agrarwissenschaftliches Symposium 20. September 2010, TUM - Weihenstephan 1

Forschungsschwerpunkt Marktmacht Projekte: Preisbildung und Wettbewerb auf räumlich differenzierten Märkten Marktspannen und Marktmacht des österreichischen Lebensmittel- Einzelhandels am Beispiel von Milch Beteiligte Personen: Alfons Balmann, Marten Graubner Franz Sinabell Petra Huck, Ines Koller, Christoph Tribl (AWI), Klaus Salhofer 2

Inhalt 1 Motivation und Ziel 2 Theoretisches Modell 3 Empirisches Modell 4 Diskussion 3

Diskussion um gerechten Milchpreis 4

Marktmacht als Teil des Problems 5

Marktmacht in der Verarbeitungskette Konsument LEH Großhandel Molkerei LEH gegenüber Konsument LEH gegenüber Molkerei Molkerei gegenüber LW Landwirt Vorleistungen: z.b. Melkmaschinen Vorleistungen gegenüber LW 6

Ziel der Arbeit Zu untersuchen ob Molkereien gegenüber Landwirten Marktmacht besitzen und dies einen Einfluss auf die Auszahlungspreise hat. 7

Inhalt 1 Motivation und Ziel 2 Theoretisches Modell 3 Empirisches Modell 4 Diskussion 8

Landwirtschaft als spezieller Markt Landwirtschaftliche Produktion findet verstreut im Raum statt Produkte sind schwer, voluminös, verderblich Transportkosten relativ hoch Bsp.: Rohmilch wird nur über relativ geringe Distanzen transportiert Es kann räumliche Marktmacht entstehen 9

Eigenschaften des Milchmarktes Uniform delivered pricing und nicht Ab-Werk-Preis alle Landwirte bekommen den selben Auszahlungspreis Preisdiskriminierung! Überlappende Marktgebiete Erzeugergemeinschaften 10

Räumliches Monopson Molkerei als Monopsonist setzt den Erzeugerpreis abhängig von Transportkosten Molkereiabgabepreis Kosten der Rohmilch Verarbeitungskosten Erzeugerpreis Molkerei A Landwirte liegen entlang dieser Linie 11

Räumliches Duopson Molkereien im Wettbewerb setzen den Erzeugerpreis abhängig von Transportkosten Molkereiabgabepreis Verarbeitungskosten Verhalten des Konkurrenten Erzeugerpreis der Molkerei A Erzeugerpreisder Molkerei B Molkerei A Molkerei B 12

Wettbewerbsverhalten 1. Nichtkooperativer (Hotelling-Smithies) Wettbewerb: jeder Molkerei nimmt an, dass eine Änderung ihres Erzeugerpreises keinen Einfluss auf den Erzeugerpreis der anderen Firma hat es kommt zu gegenseitigem überbieten 2. Kooperativer (Price-matching) Wettbewerb: jeder Molkerei nimmt an, dass eine Änderung ihres Erzeugerpreises eine exakt gleiche Preisänderung des Konkurrenten mit sich zieht kooperatives Verhalten: implizite Kollusion (= das Ergebnis gleicht jenem einer Preisabsprache) 13

Rt ) Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät Hans Eisenmann Zentrum Lösung des Modells ( r ) ( p u tr ) q ( r ) 14 u opt y (2 p 2(1 td ) y ) ( ) ( u, u HS ') 0 tr dr ) R y 0 ( R, u ) u ( p u 2 tr ) dr 1 2 u y R (2 (2 p 2 u 1 p y ) t d y y PM 0 u yp R * (2 2 ) 2 * 2 ( p u tr dr u d p u dt PM y u d ( ) y HS ( u, u') u 0 ( p d ( 1 0 u opt HS (2 p td ) ) 1 y HS ( u, u ') u ( p u 2 ) u tr ) dr 2

Theoretische Ergebnisse Erzeugerpreis höher bei nichtkooperativem Wettbewerb Profite der Molkereien geringer bei nichtkooperativem Wettbewerb Erzeugerpreis sinkt mit steigenden Transportkosten Erzeugerpreis sinkt mit steigender Distanz zwischen Molkereien 15

Theoretische Ergebnisse Preistransmission: in welchem Ausmaß wird eine Erhöhung der Molkereiabgabepreise an die Landwirte weitergegeben Vollständige Preistransmission nur unter vollkommenen Wettbewerb Unvollständige Preistransmission ist ein Indiz für Marktmacht Theoretische Ergebnisse Vollständige Preistransmission bei nichtkooperativem Wettbewerb Unvollständige Preistransmission bei kooperativem Wettbewerb Preistransmission steigt mit der Angebotselastizität für Rohmilch 16

Inhalt 1 Motivation und Ziel 2 Theoretisches Modell 3 Empirisches Modell 4 Diskussion 17

Empirischer Test Ist die Preistransmission sehr hoch, (nahe 1) deutet dies auf nichtkooperativen Wettbewerb hin. Ist die Preistransmission sehr niedrig, deutet dies auf kooperativen Wettbewerb hin. 18

Vektor-Fehlerkorrekturmodell Mit einem Fehlerkorrekturmodell wird die kurzfristige Dynamik eines sonst langfristig gleichgewichtigen Systems ausgewiesen, um so die Möglichkeit zu eröffnen diese getrennt voneinander zu betrachten (WIKIPEDIA) Idee: Der Erzeugerpreis und der Molkereiabgabepreis haben ein langfristiges Gleichgewicht, aber sie können kurzfristig von einander abweichen. Wir schätzen diesen Zusammenhang mittels Zeitreihenverfahren (Granger, 2003 Nobelpreis). 19

Vektor-Fehlerkorrekturmodell Dickey-Fuller Stationaritätstest Zeitreihen stationär durch Bildung der ersten Differenz Johansen Kointegrationstest es besteht ein langfristiger Zusammenhang zwischen dem Molkereiabgabepreis und dem Erzeugerpreis Granger Kausalitätstest: es besteht eine gegenseitige Beziehung zwischen Molkereiabgabepreis und Erzeugerpreis 20

Daten Monatliche Preise für Deutschland Januar 1997 - Dezember 2006 (120 Beobachtungen) Erzeugerpreis In Cent pro Kilogramm ZMP Molkereiabgabepreis Gewischter Durchschnittspreis von Frischmilch, Käse, Butter, Milchpulver In Cent pro Kilogramm ZMP 21

Daten 48 Wholesale price Molkereiabgabepreis 35 Erzeugerpreis Producer price 34 Cent/kilogram Cent/Kilogramm 46 44 42 40 38 Cent/kilogram Cent/Kilogramm 33 32 31 30 29 28 27 36 97 98 99 00 01 02 03 04 05 06 26 1998 2000 2002 2004 2006 Year Jahr Year 22

Ergebnisse Fehlerkorrekturmodell Δu t P t-1 0.0070*** (4.1370) Δu t-1 0.461*** (4.826) Δu t-2 0.004 (0.039) Δu t-3-0.165* (-1.861) Δp t-1 0.114*** (3.206) Δp t-2 0.118*** (3.361) Δp t-3 0.080** (2.204) u t Erzeugerpreis p t Molkereiabgabepreis Δp t 0.0055 (1.1401) 0.323 (1.180) 0.614** (2.067) -0.392 (-1.547) 0.011 (0.110) -0.065 (-0.646) 0.052 (0.507) 23

Ergebnisse Fehlerkorrekturmodell 1 Cent Preiserhöhung beim Molkereiabgabepreis bewirken Δu t P t-1 0.0070*** (4.1370) Δu t-1 0.461*** (4.826) Δu t-2 0.004 (0.039) Δu t-3-0.165* (-1.861) Δp t-1 0.114*** (3.206) Δp t-2 0.118*** (3.361) Δp t-3 0.080** (2.204) Δp t 0.0055 (1.1401) 0.323 (1.180) 0.614** (2.067) -0.392 (-1.547) 0.011 (0.110) -0.065 (-0.646) =0.312 Cent beim Erzeugerpreis 0.052 (0.507) Preistransmission sehr gering kooperatives Wettbewerbsverhalten 24

Inhalt 1 Motivation und Ziel 2 Theoretisches Modell 3 Empirisches Modell 4 Diskussion 25

Diskussion Theoretisches Modell zeigt, dass bei kooperativem Verhalten Erzeugerpreis geringer Preistransmission geringer Die empirische Analyse deutet darauf hin, dass im deutschen Molkereisektor die Preistransmission gering ist und daher kooperatives Wettbewerbsverhalten naheliegt. Durch Aufhebung des Quotensystems sollte sich die Preistransmission c.p. erhöhen. Dies hat einen positiven Einfluss auf den Erzeugerpreis. Ein weiterer Konzentrationsprozess im Molkereisektor muss sich nicht unbedingt positiv auf den Erzeugerpreis auswirken. 26

Danke für Ihre Aufmerksamkeit Fragen? Ja! Nein! Vielleicht! 27

Preistransmission bei nichtkoop. Wettb. Preistransmission Angebotselastizität 28