5. Übung (29.11.2011) Grundlagen und Grundfragen der Sozialpolitik WS 2011/2012 Dipl.-Ges.-Ök. Heike Marks Dipl.-Pol.-Wiss. Michael Sauer Dipl.-Kffr. Kristina Mann
Terminübersicht 1. Termin 25.10.11 Einführung Sozialpolitik und soziale Sicherung (Mann) 2. Termin 08.11.11 Entstehung Wohlfahrtsstaat (Mann) 3. Termin 15.11.11 Herausforderung demografischer Wandel (Mann) 4. Termin 22.11.11 Arbeitslosen- & Unfallversicherung (Sauer) 5. Termin 29.11.11 Reziprozität und Rentenversicherung (Mann) 6. Termin 06.12.11 Krankenversicherung und Pflege I (Marks) 7. Termin 13.12.11 Krankenversicherung und Pflege II (Marks) 8. Termin 20.12.11 Krankenversicherung und Pflege III (Marks) Frohe Weihnachten und ein gutes Neues Jahr!!!! 9. Termin 10.01.12 Ausgewählte Themen der Sozialpolitik I (Mitarbeiter) ggf. Gruppenarbeiten mit vorheriger Anmeldung. Infos folgen! 10. Termin 17.01.12 Ringvorlesung/ Übung fällt aus! 17.00 bis 18.30 Uhr http://www.medfak.unikoeln.de/index.php?id=312&tx_ttnews%5btt_news%5d=194&chash=97dc 30ed99d47ab09eb322c1fb427669 11. Termin 24.01.12 Ausgewählte Themen der Sozialpolitik II (Mitarbeiter) ggf. Gruppenarbeiten mit vorheriger Anmeldung. Infos folgen. Folie: 2
Reziprozität: 1) Was bedeutet Reziprozität 2) Formen der Reziprozität 3) Reziprozität & Sozialpolitik Gesetzliche Rentenversicherung: 1) Institutionenlehre 2) Reformoptionen 3) Diskussion Folie: 3
Was bedeutet Reziprozität Reziprozität ist die Logik des Gebens, Nehmens und Erwiderns: Austauschprozesse Gegenseitigkeitsbeziehungen und Erwartungen darüber soziale Bindungen Folie: 4
Reziprozitätsformen (nach Sahlins) negative Reziprozität Ressourcen ohne Gegenleistung zu erhalten Eigenen Nutzen auf Kosten der anderen zu maximieren Bsp.: Betrug, moral hazard, free rider unpersönlichste Art des Tausches ohne soziale Bindungen! ausgeglichene (balancierte) Reziprozität Bezieht sich auf den direkten Tausch Rückgabe eines entsprechenden Wertes oder Nutzens innerhalb eines begrenzten oder engen Zeitraums Es entstehen geringe soziale Bindungen/ Regulierungen Eine formaljuristische Absicherung ist daher nötig. Bsp. Kauf (Geld gegen Ware). generalisierte Reziprozität Leistung Gegenleistung Erwartung der Gegenleistung ist unbestimmt nach Zeit, Menge oder Wert Gegenleistung kann auch ganz ausbleiben Erwartung: dem Gebenden wird in einer ähnlichen Situation ebenso geholfen wie dem Nehmenden Extrem der Solidarbeziehung Quelle: Sahlins (2005): S. 79 ff. Folie: 5
Reziprozität und Sozialpolitik Generationenbeziehungen Netzwerke praktische Sozialpolitik als Interventionspraxis (hier Geben und Nehmen höchst bedeutsam!) Wohlfahrtsstaat als Reziprozitätsarrangement Sozialversicherung als Erscheinungsform von Reziprozität Folie: 6
Reziprozität und Sozialversicherung utilitaristisch anti-utilitaristisch reiner Markttausch ausgeglichene Reziprozität generalisierte Reziprozität unbedingte Gabe Zeitverzögerte Äquivalenz Gegenleistung bleibt unbestimmt Rentenversicherung (GRV) Solidarische Krankenversicherung (GKV) Folie: 7
Reziprozität: 1) Was bedeutet Reziprozität 2) Formen der Reziprozität 3) Reziprozität & Sozialpolitik Gesetzliche Rentenversicherung: 1) Sicherungsziel & -systematik 2) Institutionenlehre 3) Reformoptionen 4) Diskussion Folie: 8
Alterssicherung Sicherungsziel Geburt Kindheit und Jugend Erwerbs- und Reproduktionsphase Zahlung von Geldleistungen bei Invalidität, Erreichen der Altersgrenze und beim Tod des Ernährer. Nachberufliches Alter Sterben und Tod Mindestsicherung Grundsicherung Regelsicherung Folie: 9
1. Alterssicherung im Überblick Alterssicherung finanzielle Absicherung im Alter nach der Erwerbsphase Unsicherheit über Rentenphase Risiken Mitglieder sind gegen das Risiko versichert, bei Erwerbsminderung oder im Alter ihr Erwerbseinkommen zu verlieren. d.h. Risiken: Lebenserwartung Vorzeitige Erwerbsunfähigkeit Gesetzliches Rentenzugangsalter Bei Eintritt eines Versicherungsfalls erfolgt die Leistung in Form einer Versichertenrente. 2 Ziele in der finanziellen Absicherung im Alter: Vermeidung von Einkommensarmut Lebensstandardsicherung Folie: 10
3 Säulen Modell der Alterssicherung Altersversorgung Gesetzlich Betrieblich Privat Umlageverfahren (PAYG) Sozialversicherung Kapitaldeckungsverfahren Steuerfinanzierung Volksrente Folie: 11
Reziprozität: 1) Was bedeutet Reziprozität 2) Formen der Reziprozität 3) Reziprozität & Sozialpolitik Gesetzliche Rentenversicherung: 1) Sicherungsziel & -systematik 2) Institutionenlehre 3) Reformoptionen 4) Diskussion Folie: 12
Folie: 13 Quelle: www.sozialpolitik-aktuell.de/datensammlung/8/ab/abbviii41.pdf
Grundlagen - Entwicklung Größter Sozialversicherungszweig in Deutschland Über 50 Millionen Pflichtmitglieder Jährliche Ausgaben der gesetzlichen RV: ca. 230 Mrd. Deutsche Rentenversicherung ist größter gesetzlicher Rentenversicherer in Europa. Folie: 14
Entwicklung und wichtige Reformschritte der GRV (1) - Bei Einführung 1891 Finanzierung kapitalgedeckt, Altersrente mit 70 Jahren nach 30 Jahren Wartezeit, Invalidenrente bei Erwerbsunfähigkeit nach 5 Jahren Wartezeit. - 1911 Einführung Hinterbliebenenversorgung. Altersrente mit 65 Jahren - 1929/31 Weltwirtschaftskrise, hohe Arbeitslosigkeit, Leistungen sinken und eingezahlte Beiträge verlieren an Wert - 1957 Rentenversicherungs-Neuregelungsgesetz. Wichtigste Punkte sind Einführung der dynamischen Rente (dynamische bruttolohnbezogene Rentenanpassung), Übergang von Einkommensersatzprinzip zur Lebensstandardsicherung und Einführung Umlageverfahren - 1984-1988 Jahre verstärkte Frühverrentungspolitik - 1992 Reichsversicherungsordnung wird zu SGB VI
Entwicklung und wichtige Reformschritte der GRV (2) - 2001 Rentenreform (Beitragsfinanzierung und verstärkt Steuerzuschüsse): Kinderkomponente, partnerschaftliche Rentenverteilung bei Ehepartnern, Aufbau der Riester-Rente, Grundsicherung im Alter (4. Säule, ab 01.01.2003) - 2004 RV-Nachhaltigkeitsgesetz Ziel: Entwicklung des Rentenniveaus an die demographische Entwicklung koppeln. Mittel: Nachhaltigkeitsfaktor in die Rentenanpassungsformel integriert (geht zu 25 % ein): steigender Rentnerquotient führt ceteris paribus zu niedrigeren Rentenerhöhungen. - 2007 RV- Altersgrenzenanhebungsgesetz
Versichertenkreis Folie: 17
Aufgaben / Leistungen Rehabilitation Rentenleistungen medizinisch Einkommensersatz beruflich SGB VI Erwerbsminderung Alter Erziehung Hinterbliebene Anspruchsvoraussetzung: Wartezeit von 15 Jahren Anspruchsvoraussetzung: Wartezeit von 5 Jahren Das breite Leistungsspektrum der gesetzlichen Rentenversicherung muss bei Vergleichen mit privaten Altersvorsorgeprodukten berücksichtigt werden! Folie: 18
Leistungen Rentenformel Persönliche Entgeltpunkte X Lohn- und Gehaltsniveau (relativ zum Durchschnitt) anrechnungsfähige Versicherungszeiten Rentenab- bzw- -zuschläge Rentenartfaktor X aktueller Rentenwert = Monatliche Bruttorente Folie: 19
Finanzierung Beiträge (ca. 62 % der Einnahmen) Beitragssatz (2007): 19,9 % des versicherungspflichtigen Bruttoeinkommens. Beitragsbemessungsgrenze (2009): 5400 (West), 4550 (Ost) monatliches Bruttoeinkommen. Weitere Beiträge (ca. 11 % der Einnahmen) Beiträge der Träger von Lohnersatzleistungen (Bundesagentur für Arbeit, GKV, UV) Pflichtbeiträge für Pflegepersonen sowie für Kindererziehungszeiten und freiwillige Beiträge Bundeszuschüsse (ca. 26 % der Einnahmen) Folie: 20
Reziprozität: 1) Was bedeutet Reziprozität 2) Formen der Reziprozität 3) Reziprozität & Sozialpolitik Gesetzliche Rentenversicherung: 1) Sicherungsziel & -systematik 2) Institutionenlehre 3) Reformoptionen 4) Diskussion Folie: 21
Umlagefinanzierung vs. Kapitaldeckung Kriterien Umlageverfahren Kapitaldeckung (laufende Finanzierung) sofort funktionsfähig Beiträge können erhöht werden, um gestiegene Ausgaben zu decken, d.h. flexibel Kapital muss erst angespart werden, d.h. heute Konsumverzicht Beträge sind fest angelegt, d.h. können nicht nach Bedarf schnell erhöht werden (nicht flexibel) Funktionsfähigkeit Anpassungsflexibilität Kapitalsicherungskosten Rentabilität hier ist kaum Kapital zu sichern, da Ein- und Auszahlung in 1 Periode fallen. für die meisten sicherer höhere Kosten, da angespartes Kapital seinen Wert verlieren kann höher, aber riskantere Anlagen Folie: 22
Umlagefinanzierung vs. Kapitaldeckung Kriterien Umlageverfahren Kapitaldeckung Demographie abhängig unabhängig abhängig (vor allem Arbeitsmarkt) abhängig (vor allem Kapitalmärkte) Wirtschaftswachstum Langlebigkeitsrisiko Managementrisiko gering, da für gesamte Rentenzeit gezahlt wird gering hoch, da Beiträge nur für einen bestimmten Zeitraum kalkuliert werden hoch, da Gefahr der (Fehl-) Kalkulation Folie: 23
mögliche Diskussionspunkte Riester Rente Gesellschaft und Generationenbeziehung Rente mit 67 Folie: 24
Riester Rente Zur Schließung der Rentenlücke Seit 2001 Förderung kapitalgedeckte private Altersvorsorge Paradigmenwechsel in der Alterssicherung Bewertung: u.a. soziapolitischer Nutzen? Möglich anhand: 1. aus Sicht des Gesetzgebers: Erfüllt die Riester Rente die Erwartungen des Gesetzgebers? 2. aus Sicht der Nutzer: Ob und in welchem Umfang wird die Förderung der Riester Rente genutzt? 3. aus Sicht des (Versicherungs-)Marktes: Bietet der (Versicherungs-)Markt entsprechende Produkte, Informationen, Wahlmöglichkeiten Quelle: Florian Blank (2011): Die Riester Rente- Überblick zum Stand der Forschung und sozialpolitischen Bewertung nach zehn Jahren. In: Sozialer Fortschritt. Jahrgang 60/2011, Heft 6. Folie: 25
Gesellschaft und Generationenbeziehung Produktivität der Volkswirtschaft insgesamt Längsschnittbetrachtung: Nettozahler und Nettoempfänger Ältere Generation als Konsumenten/ Verbraucher Steuerzahler und Beitragszahler in der Krankenund Pflegeversicherung Bürgerschaftliches Engagement Generationenbeziehungen im familiären Verbund Quelle: Bäcker et al. (2008), S. 356 ff. Folie: 26
Renteneintrittsalter individuelle Beschäftigungsfähigkeit strukturelle Beschäftigungsmöglichkeiten Folie: 27