Entwicklung des Fachkräftebedarfs in den sozialen Berufen

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Transkript:

Entwicklung des Fachkräftebedarfs in den sozialen Berufen Fachtagung: Wertvoll wie nie zuvor Personalbindung und Fachkräftesicherung in der AWO Berlin, 4. November 2013 Dr. Carsten Pohl IAB Nordrhein- Westfalen

Struktur des Vortrags Demografischer Wandel in Deutschland Konsequenzen für die sozialen Berufe (Alten-)Pflege Kindererziehung Fazit 2

Alterung der geburtenstarken Jahrgänge (Bevölkerungsentwicklung von 2010 bis 2030) Quelle: Statistisches Bundesamt. 3

Große Unterschiede zwischen den Bundesländern (Bevölkerungsentwicklung von 2010 bis 2030) Kleinräumige Trends Großstädte/Ballungsräume leichte Zuwächse/Rückgänge Ländliche Regionen: hohe Rückgänge Quelle: Statistisches Bundesamt. 4

Demografischer Wandel bis 2030 älter: Altersstruktur verschiebt sich nach oben Bevölkerung > 65 Jahre: von 16,7 Mill. auf 22,3 Mill. Bevölkerung < 6 Jahre: von 4,1 Mill. auf 3,6 Mill. weniger: Bevölkerung geht insgesamt zurück; Bevölkerungsrückgang: 81,8 Mill. 77,4 Mill. Regionale Unterschiede Welche Konsequenzen ergeben sich hieraus für die Entwicklung des Fachkräftebedarfs in den sozialen Berufen? (Alten-)Pflege Kinderbetreuung 5

Ausgangslage bei der (Alten-)Pflege (2011) 2,50 Millionen Pflegebedürftige insgesamt (SGB XI) zu Hause versorgt: 1,76 Millionen (70 %) in Heimen versorgt: 743.000 ausschließlich Angehörige: 1,18 Mill. (47%) ambulante Pflegedienste: 576.000 (23%) 291.000 Beschäftigte (193.000 VZÄ) = 30% aller Pflegebedürftigen 661.000 Beschäftigte (480.000 VZÄ) 952.000 Beschäftigte (673.000 VZÄ) ca. 100.000 150.000 Haushaltshilfen Quelle: Statistisches Bundesamt, Neuhaus et al. (2009). 6

Professionelle Pflege gewinnt weiter an Bedeutung 2,50 Mill. 2,02 Mill. Quelle: Statistisches Bundesamt; eigene Berechnungen. 7

Welche Faktoren spielen für die zukünftige Anzahl an Pflegebedürftigen eine Rolle? Jahrgangsstärkeneffekt: Geburtenstarke Jahrgänge altern und wachsen in die Pflegebedürftigkeit hinein ( Baby-Boomer ). Lebenserwartungseffekt: Welcher Zusammenhang besteht zwischen dem Anstieg der Restlebenserwartung und der Prävalenz (=Häufigkeit von Pflegebedürftigkeit in einer Altersgruppe)? Ausweitung der Prävalenz? Kompression der Prävalenz? Status quo? 8

Pflegebedürftige und Beschäftigte im Pflegebereich in Deutschland (2030) ca. 3,4 Millionen Pflegebedürftige (Status quo) zu Hause versorgt:??? in Heimen versorgt:??? ausschließlich Angehörige:??? ambulante Pflegedienste:?????? Vollzeitäquivalente??? Vollzeitäquivalente 9

Pflegebedürftige nach Pflegearrangement Wie viele Pflegebedürftige werden durch Angehörige, durch ambulante Pflegedienste und in Heimen versorgt? Basisszenario: Verteilung auf Pflegearrangements in 2030 wie in 2011 Alternativszenario: Obergrenze für familiäre Pflege bereits erreicht; nur Zunahme für ambulante Pflegedienste und stationäre Einrichtungen ( Verschiebung zu professioneller Pflege ) Familiäres Pflegepotenzial geht aufgrund der demografischen Entwicklung zurück (Rückgang der Zahl der Kinder pro Familie; Kinderlosigkeit) Abnahme der Familienpflege aufgrund räumlicher Entfernung zwischen Eltern und Kindern Anstieg in der Erwerbstätigkeit von Älteren, Frauen Zunahme von Demenzerkrankungen (zeitintensive Betreuung) 10

Pflegebedürftige und Beschäftigte im Pflegebereich in Deutschland (2030) - Alternativszenario ca. 3,4 Millionen Pflegebedürftige (Status quo) zu Hause versorgt: ca. 2,2 Mill. in Heimen versorgt: ca. 1,2 Mill. ausschließlich Angehörige: ca. 1,2 Mill. Pflegebedürftige ambulante Pflegedienste: ca. 960.000 Pflegebedürftige??? Vollzeitäquivalente??? Vollzeitäquivalente Quelle: eigene Berechnungen. 11

Entwicklung des Personaleinsatzes Verbesserung der Relation Personal pro Pflegebedürftigen in der Zukunft? Pro Medizinisch - technischer Fortschritt Abbau von Bürokratie Contra Arbeitsintensiv, wenig Effizienzgewinne Bürokratischer Aufwand nimmt zu Empirie: Leichter Anstieg zwischen 2003 und 2011 Hier Annahme: Keine Veränderung in der Relation! Modellrechnungen für Personal insgesamt und für Pflegefachkräfte (staatl. anerkannte/-r Altenpfleger/in, Gesundheits- und Krankenpfleger/in, Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger/in) 12

Alternativszenario zum Personalbedarf (VZÄ) in 2030 Annahme: Obergrenze für familiäre Pflege bereits erreicht Gesamtes Personal Pflegefachkräfte Ambulant 325.000 138.000 Stationär 797.000 268.000 Gesamt 1.122.000 406.000 Mehrbedarf Bund +449.000 +163.000 Quelle: eigene Berechnungen. 13

Ergebnisse für die Altenpflege Ermittlung des möglichen Personalbedarfs in der Altenpflege Zahl der Pflegebedürftigen könnte auf 3,4 Millionen bis 2030 zunehmen Mehrbedarf Personal 449.000, davon 163.000 Fachkräfte bis 2030 Tatsächliche künftige Entwicklung des Pflegearbeitsmarktes hängt von weiteren Faktoren ab Kosten für ambulante und/oder stationäre Pflege Erweiterung des Pflegebedürftigkeitsbegriffs Künftige Reformen?! 14

Ausgangslage bei der Kinderbetreuung 483.000 SV-Beschäftige in 2011 (keine VZÄ) Kindergärtner/in: Erzieher/in, Kinderpfleger/in, Kinderpflegerhelfer/in oder Leitung einer Kindertageseinrichtung 95% der Kindergärtner/innen sind weiblich Teilzeit: Frauen 54%, Männer 36% Insgesamt 2,49 Mill. Kinder unter 6 Jahren in einer Kindertageseinrichtung oder in öffentlich geförderter Kindertagespflege: Kinder < 3 Jahre: 558.000 Kinder 3 bis unter 6 Jahre: 1,93 Mill. Betreuungsquoten in Deutschland Kinder < 3 Jahre: 28% Kinder 3 bis unter 6 Jahre: 93% 15

Kinderbetreuung in Ost- und Westdeutschland (2011) West: 22,3 Ost: 51,1 Quelle: Bundesagentur für Arbeit (2013) West: 92,9 Ost: 96,1 16

Entwicklung der unter 6-Jährigen Bevölkerung 2,0 Mill. 2,05 Mill. 1,986 Mill. 1,988 Mill. Quelle: Statistisches Bundesamt. 17

Ergebnisse für die Kinderbetreuung In Folge der Ausweitung des Betreuungsangebotes dürfte die Zahl der betreuten Kinder trotz sinkender Kinderzahl weiter steigen. Unterschiedliche Szenarien für die Altersgruppen < 3 Jährige: Betreuungsquote von 35% West, 52% Ost 3 bis unter 6-Jährige: Betreuungsquote von 97% Ergebnisse: Die Zahl der betreuten Kinder unter 6 Jahre könnte von 2,49 Mill. in 2011 um rund 280.000 auf 2,77 Mill. in 2020 ansteigen. Bei gleicher Relation Personal / Kinder führt dies zu einem Anstieg im Personalbedarf von 483.000 auf 536.000. 18

Fazit Altenpflege starke Zunahme an Pflegebedürftigen aufgrund Alterung der geburtenstarken Jahrgänge: von 2,5 auf 3,4 Mill. bis 2030. Szenario Mehr professionelle Pflege : Anstieg des Personalbedarfs für Fachkräfte (VZÄ) um 163.000 auf 406.000 in 2030. Kinderbetreuung Zahl der betreuten Kinder unter 6 Jahre könnte von 2,49 Mill. in 2011 um rund 280.000 auf 2,77 Mill. bis 2020 ansteigen. Zunahme des Personalbedarfs für Kindergärtner/innen um 53.000 auf 536.000 in 2020. 19

Strategien zur Personalgewinnung Inland Erhöhung des Arbeitsangebotes bei den bereits beschäftigten Pflegekräften / Kindergärtner/innen Längere Verweildauer von ausgebildeten Pflegekräften in ihrem Beruf Bessere Arbeitsbedingungen: z. B. Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Verdienstmöglichkeiten, Weiterbildung Fachkräftegewinnung bei den jungen, neu in den Arbeitsmarkt eintretenden Personen; Umschulungen von geeigneten Personen Ausland Europäische Union (EU-27): Arbeitnehmerfreizügigkeit für Staatsangehörige der Europäischen Union Drittstaaten 20

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit Dr. Carsten Pohl Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung Regionales Forschungsnetz IAB Nordrhein-Westfalen Carsten.Pohl@iab.de www.iab.de www.iab.de